Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.ein christliches Begräbniß wird Euch zu Theil. Seht Lucrecia Borgia bleibt allein im Saale zurück; ein chriſtliches Begräbniß wird Euch zu Theil. Seht Lucrecia Borgia bleibt allein im Saale zurück; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0135" n="123"/> ein chriſtliches Begräbniß wird Euch zu Theil. Seht<lb/> dort! Auf ihren Wink treten die ſchwarzen Kutten<lb/> zurück, die im Hintergrund des Trauerzimmers bis<lb/> jetzt verborgen und man ſieht fünf Särge neben<lb/> einander, mit ſchwarzen Tüchern und weißen Kreuzen<lb/> behängt und von Wachskerzen umſtellt. Ueber jedem<lb/> Sarge iſt der Name ſeines künftigen Bewohners<lb/> geſchrieben. Die vergifteten jungen Leute, von den<lb/> ſingenden Mönchen umgeben, wankten zu ihren Särgen<lb/> hinab. Das Trauerzimmer ſchließt ſich.</p><lb/> <p>Lucrecia Borgia bleibt allein im Saale zurück;<lb/> da gewahrt ſie einen Jüngling und ruft entſetzt:<lb/><hi rendition="#g">Gennaro</hi>! Daß der auch beim Mahle geweſen, daß<lb/> er auch vergiftet worden, das wußte ich nicht. Sie<lb/> liebt ihn leidenſchaftlich, er iſt alles in der Welt<lb/> was ſie liebt. Sie fleht ihn an, er möchte ſein<lb/> Leben erhalten, er beſitze ja noch das Gegengift.<lb/> Gennaro zieht ein Fläſchchen aus der Taſche und<lb/> fragt, ob das hinreiche alle ſeine Freunde zu retten?<lb/> Lucrecia jammert: nein. Da wirft er das Fläſchchen<lb/> weg und ſagt: ſo wolle er ſterben, aber ſie ſterbe<lb/> vorher. Er greift nach einem Meſſer und zückt es<lb/> nach ihr. Lucrecia wehklagt zu ſeinen Füßen: tödte<lb/> mich nicht! Du nicht. Gennaro bleibt entſchloſſen.<lb/> Da geſteht Lucrecia, ſie wäre ſeine Tante; deſto<lb/> ſchlimmer! ſchreit Gennaro und ſtößt ihr das<lb/> Meſſer in die Bruſt. Lucrecia röchelt: ich bin<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0135]
ein chriſtliches Begräbniß wird Euch zu Theil. Seht
dort! Auf ihren Wink treten die ſchwarzen Kutten
zurück, die im Hintergrund des Trauerzimmers bis
jetzt verborgen und man ſieht fünf Särge neben
einander, mit ſchwarzen Tüchern und weißen Kreuzen
behängt und von Wachskerzen umſtellt. Ueber jedem
Sarge iſt der Name ſeines künftigen Bewohners
geſchrieben. Die vergifteten jungen Leute, von den
ſingenden Mönchen umgeben, wankten zu ihren Särgen
hinab. Das Trauerzimmer ſchließt ſich.
Lucrecia Borgia bleibt allein im Saale zurück;
da gewahrt ſie einen Jüngling und ruft entſetzt:
Gennaro! Daß der auch beim Mahle geweſen, daß
er auch vergiftet worden, das wußte ich nicht. Sie
liebt ihn leidenſchaftlich, er iſt alles in der Welt
was ſie liebt. Sie fleht ihn an, er möchte ſein
Leben erhalten, er beſitze ja noch das Gegengift.
Gennaro zieht ein Fläſchchen aus der Taſche und
fragt, ob das hinreiche alle ſeine Freunde zu retten?
Lucrecia jammert: nein. Da wirft er das Fläſchchen
weg und ſagt: ſo wolle er ſterben, aber ſie ſterbe
vorher. Er greift nach einem Meſſer und zückt es
nach ihr. Lucrecia wehklagt zu ſeinen Füßen: tödte
mich nicht! Du nicht. Gennaro bleibt entſchloſſen.
Da geſteht Lucrecia, ſie wäre ſeine Tante; deſto
ſchlimmer! ſchreit Gennaro und ſtößt ihr das
Meſſer in die Bruſt. Lucrecia röchelt: ich bin
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