Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.Geheimnisse wie er besitzt, als wie: in der dreihundert¬ Geheimniſſe wie er beſitzt, als wie: in der dreihundert¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0148" n="136"/> Geheimniſſe wie er beſitzt, als wie: in der dreihundert¬<lb/> jährigen Unmenſchlichkeit der Oeſterreichiſchen Politik<lb/> eine erhabene Ausdauer zu finden, und in dem<lb/> Könige von Baiern einen der <hi rendition="#g">edelſten und geiſt¬<lb/> reichſten Fürſten</hi>, <hi rendition="#g">die je einen Thron geziert</hi>;<lb/> den König der Franzoſen, als hätte er das kalte<lb/> Fieber, an dem einen Tage für gut, an dem andern<lb/> für ſchlecht, am dritten wieder für gut, am vierten<lb/> wieder für ſchlecht zu erklären; wer es <hi rendition="#g">kühn und<lb/> großartig</hi> findet, daß die Herren von Rothſchild,<lb/> während der Cholera ruhig in Paris geblieben, aber<lb/> die unbezahlten Mühen der deutſchen Patrioten<lb/> lächerlich findet; und wer bei aller dieſer Weich¬<lb/> müthigkeit ſich ſelbſt noch für einen <hi rendition="#g">gefeſteten</hi><lb/> Mann hält — Wer ſo große Geheimniſſe beſitzt,<lb/> der mag noch größere haben, die das Räthſelhafte<lb/> ſeines Buches erklären; ich aber kenne ſie nicht.<lb/> Ich kann mich, nicht blos in das Denken und Fühlen<lb/> jedes Andern, ſondern auch in ſein Blut und ſeine<lb/> Nerven verſetzen, mich an die Quellen aller ſeiner<lb/> Geſinnungen und Gefühle ſtellen, und ihrem Laufe<lb/> nachgehen mit unermüdlicher Geduld. Doch muß<lb/> ich dabei mein eigenes Weſen nicht aufzuopfern haben,<lb/> ſondern nur zu beſeitigen auf eine Weile. Ich kann<lb/> Nachſicht haben mit Kinderſpielen, Nachſicht mit<lb/> den Leidenſchaften eines Jünglings. Wenn aber an<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [136/0148]
Geheimniſſe wie er beſitzt, als wie: in der dreihundert¬
jährigen Unmenſchlichkeit der Oeſterreichiſchen Politik
eine erhabene Ausdauer zu finden, und in dem
Könige von Baiern einen der edelſten und geiſt¬
reichſten Fürſten, die je einen Thron geziert;
den König der Franzoſen, als hätte er das kalte
Fieber, an dem einen Tage für gut, an dem andern
für ſchlecht, am dritten wieder für gut, am vierten
wieder für ſchlecht zu erklären; wer es kühn und
großartig findet, daß die Herren von Rothſchild,
während der Cholera ruhig in Paris geblieben, aber
die unbezahlten Mühen der deutſchen Patrioten
lächerlich findet; und wer bei aller dieſer Weich¬
müthigkeit ſich ſelbſt noch für einen gefeſteten
Mann hält — Wer ſo große Geheimniſſe beſitzt,
der mag noch größere haben, die das Räthſelhafte
ſeines Buches erklären; ich aber kenne ſie nicht.
Ich kann mich, nicht blos in das Denken und Fühlen
jedes Andern, ſondern auch in ſein Blut und ſeine
Nerven verſetzen, mich an die Quellen aller ſeiner
Geſinnungen und Gefühle ſtellen, und ihrem Laufe
nachgehen mit unermüdlicher Geduld. Doch muß
ich dabei mein eigenes Weſen nicht aufzuopfern haben,
ſondern nur zu beſeitigen auf eine Weile. Ich kann
Nachſicht haben mit Kinderſpielen, Nachſicht mit
den Leidenſchaften eines Jünglings. Wenn aber an
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