Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

England zurück, begrub sich lebendig in dem Schooße
monarchischer Erde und wehrte mit grimmiger Hand
den Würmern, die an den Sarg seiner Freiheit
herankrochen. Trelawney haßte die ganze Welt, und
sein Herz, groß genug die ganze Welt zu lieben,
theilte er zwischen Zela und van Ruyter, seinem
Freunde und Seegenossen. Van Ruyter war der
edlere von beiden. Auch er kehrte nach Europa
zurück, gerieth in die Sonnenbahn des Kaisers
Napoleon, der ihn hoch hielt und ihn verwenden
wollte. Aber Ruyter ließ sich nur von Napoleon
gebrauchen, so lange er ihn gebrauchen wollte, und
wußte im Helden den Kaiser zu verachten. In
einem Treffen gegen ein englisches Schiff verlohr er
das Leben. Sie werden gern erfahren, wie van
Ruyter von Napoleon dachte.

"Er hat einige Dummköpfe von alten legitimen
"Königen, von ihren wurmstichigen Thronen herab¬
"geworfen; er hat ihnen den Purpur vom Leibe
"gerissen und sie dann wieder aufgerichtet, um mit
"der Menschheit seinen Spott zu treiben. Indem
"er dieses that, dachte er freilich die Tyrannei ver¬
"ewigen zu können, wenn er an die Stelle
"der zernichteten Mächte Militair-Despoten setzte,
"Aber er hoffte vergebens hierdurch seine Macht zu
"befestigen, und die Ehrgeizigen durch die Bande

England zurück, begrub ſich lebendig in dem Schooße
monarchiſcher Erde und wehrte mit grimmiger Hand
den Würmern, die an den Sarg ſeiner Freiheit
herankrochen. Trelawney haßte die ganze Welt, und
ſein Herz, groß genug die ganze Welt zu lieben,
theilte er zwiſchen Zela und van Ruyter, ſeinem
Freunde und Seegenoſſen. Van Ruyter war der
edlere von beiden. Auch er kehrte nach Europa
zurück, gerieth in die Sonnenbahn des Kaiſers
Napoleon, der ihn hoch hielt und ihn verwenden
wollte. Aber Ruyter ließ ſich nur von Napoleon
gebrauchen, ſo lange er ihn gebrauchen wollte, und
wußte im Helden den Kaiſer zu verachten. In
einem Treffen gegen ein engliſches Schiff verlohr er
das Leben. Sie werden gern erfahren, wie van
Ruyter von Napoleon dachte.

„Er hat einige Dummköpfe von alten legitimen
„Königen, von ihren wurmſtichigen Thronen herab¬
„geworfen; er hat ihnen den Purpur vom Leibe
„geriſſen und ſie dann wieder aufgerichtet, um mit
„der Menſchheit ſeinen Spott zu treiben. Indem
„er dieſes that, dachte er freilich die Tyrannei ver¬
„ewigen zu können, wenn er an die Stelle
„der zernichteten Mächte Militair-Despoten ſetzte,
„Aber er hoffte vergebens hierdurch ſeine Macht zu
„befeſtigen, und die Ehrgeizigen durch die Bande

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0194" n="182"/>
England zurück, begrub &#x017F;ich lebendig in dem Schooße<lb/>
monarchi&#x017F;cher Erde und wehrte mit grimmiger Hand<lb/>
den Würmern, die an den Sarg &#x017F;einer Freiheit<lb/>
herankrochen. Trelawney haßte die ganze Welt, und<lb/>
&#x017F;ein Herz, groß genug die ganze Welt zu lieben,<lb/>
theilte er zwi&#x017F;chen <hi rendition="#g">Zela</hi> und <hi rendition="#g">van Ruyter</hi>, &#x017F;einem<lb/>
Freunde und Seegeno&#x017F;&#x017F;en. Van Ruyter war der<lb/>
edlere von beiden. Auch er kehrte nach Europa<lb/>
zurück, gerieth in die Sonnenbahn des Kai&#x017F;ers<lb/>
Napoleon, der ihn hoch hielt und ihn verwenden<lb/>
wollte. Aber Ruyter ließ &#x017F;ich nur von Napoleon<lb/>
gebrauchen, &#x017F;o lange er ihn gebrauchen wollte, und<lb/>
wußte im Helden den Kai&#x017F;er zu verachten. In<lb/>
einem Treffen gegen ein engli&#x017F;ches Schiff verlohr er<lb/>
das Leben. Sie werden gern erfahren, wie van<lb/>
Ruyter von Napoleon dachte.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Er hat einige Dummköpfe von alten legitimen<lb/>
&#x201E;Königen, von ihren wurm&#x017F;tichigen Thronen herab¬<lb/>
&#x201E;geworfen; er hat ihnen den Purpur vom Leibe<lb/>
&#x201E;geri&#x017F;&#x017F;en und &#x017F;ie dann wieder aufgerichtet, um mit<lb/>
&#x201E;der Men&#x017F;chheit &#x017F;einen Spott zu treiben. Indem<lb/>
&#x201E;er die&#x017F;es that, dachte er freilich die Tyrannei ver¬<lb/>
&#x201E;ewigen zu können, wenn er an die Stelle<lb/>
&#x201E;der zernichteten Mächte Militair-Despoten &#x017F;etzte,<lb/>
&#x201E;Aber er hoffte vergebens hierdurch &#x017F;eine Macht zu<lb/>
&#x201E;befe&#x017F;tigen, und die Ehrgeizigen durch die Bande<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0194] England zurück, begrub ſich lebendig in dem Schooße monarchiſcher Erde und wehrte mit grimmiger Hand den Würmern, die an den Sarg ſeiner Freiheit herankrochen. Trelawney haßte die ganze Welt, und ſein Herz, groß genug die ganze Welt zu lieben, theilte er zwiſchen Zela und van Ruyter, ſeinem Freunde und Seegenoſſen. Van Ruyter war der edlere von beiden. Auch er kehrte nach Europa zurück, gerieth in die Sonnenbahn des Kaiſers Napoleon, der ihn hoch hielt und ihn verwenden wollte. Aber Ruyter ließ ſich nur von Napoleon gebrauchen, ſo lange er ihn gebrauchen wollte, und wußte im Helden den Kaiſer zu verachten. In einem Treffen gegen ein engliſches Schiff verlohr er das Leben. Sie werden gern erfahren, wie van Ruyter von Napoleon dachte. „Er hat einige Dummköpfe von alten legitimen „Königen, von ihren wurmſtichigen Thronen herab¬ „geworfen; er hat ihnen den Purpur vom Leibe „geriſſen und ſie dann wieder aufgerichtet, um mit „der Menſchheit ſeinen Spott zu treiben. Indem „er dieſes that, dachte er freilich die Tyrannei ver¬ „ewigen zu können, wenn er an die Stelle „der zernichteten Mächte Militair-Despoten ſetzte, „Aber er hoffte vergebens hierdurch ſeine Macht zu „befeſtigen, und die Ehrgeizigen durch die Bande

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/194
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/194>, abgerufen am 27.11.2024.