Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.Staatsgelehrten: was bezweckt denn der Staat? Er Staatsgelehrten: was bezweckt denn der Staat? Er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0215" n="203"/> Staatsgelehrten: was bezweckt denn der Staat? Er<lb/> antwortet Ihnen: die Sicherheit des <hi rendition="#g">Eigenthums</hi>,<lb/> der <hi rendition="#g">Freiheit</hi> und des <hi rendition="#g">Lebens</hi> der Bürger. Lachen<lb/> Sie wenn Sie nicht weinen müſſen. Das Eigen¬<lb/> thum wird ſo ſehr geſichert, daß die Abgaben um<lb/> die Koſten des Staatsſchutzes zu decken, den größten<lb/> Theil der Nation zu Bettlern machen. Die Freiheit<lb/> wird ſo ſehr geſichert, daß die Bürger darüber zu<lb/> Sklaven werden. Das Leben wird ſo ſehr geſichert,<lb/> daß man es hinter den Riegeln eines Kerkers bewahrt<lb/> und man ſein Bischen Leben, was ſie Einem in der<lb/> Freiheit laſſen, zehen Male im Tage verwünſcht.<lb/> Was bleibt nun übrig, das verdiente geſichert zu<lb/> werden? Jede Monarchie ohne Theilnahme des<lb/> Volkes an der Regierung — in der Geſetzgebung<lb/> durch Deputirte, in den Gerichten durch Geſchworne,<lb/> in der bewaffneten Macht durch Nationalgarden —<lb/> iſt nichts als eine organiſirte Räuberei; ich ziehe<lb/> die im Walde vor, wo man mit Muth ſich oft<lb/> retten kann, wo einem wenigſtens die Wahl bleibt,<lb/> ſich in die Räuberbande aufnehmen zu laſſen.<lb/> Sicherheit! Denken Sie ſich einen Geizigen, der<lb/> immer beſorgt wäre, man möchte ihm ſeine Schätze<lb/> ſtehlen. Er baut ſich ein großes mächtiges Haus,<lb/> ſie darin zu verwahren, und bringt tauſend künſtliche<lb/> Befeſtigungen darin an. Die Baukoſten verſchlingen<lb/> ſein ganzes Vermögen, jetzt hat er ein Schatzgebäude,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [203/0215]
Staatsgelehrten: was bezweckt denn der Staat? Er
antwortet Ihnen: die Sicherheit des Eigenthums,
der Freiheit und des Lebens der Bürger. Lachen
Sie wenn Sie nicht weinen müſſen. Das Eigen¬
thum wird ſo ſehr geſichert, daß die Abgaben um
die Koſten des Staatsſchutzes zu decken, den größten
Theil der Nation zu Bettlern machen. Die Freiheit
wird ſo ſehr geſichert, daß die Bürger darüber zu
Sklaven werden. Das Leben wird ſo ſehr geſichert,
daß man es hinter den Riegeln eines Kerkers bewahrt
und man ſein Bischen Leben, was ſie Einem in der
Freiheit laſſen, zehen Male im Tage verwünſcht.
Was bleibt nun übrig, das verdiente geſichert zu
werden? Jede Monarchie ohne Theilnahme des
Volkes an der Regierung — in der Geſetzgebung
durch Deputirte, in den Gerichten durch Geſchworne,
in der bewaffneten Macht durch Nationalgarden —
iſt nichts als eine organiſirte Räuberei; ich ziehe
die im Walde vor, wo man mit Muth ſich oft
retten kann, wo einem wenigſtens die Wahl bleibt,
ſich in die Räuberbande aufnehmen zu laſſen.
Sicherheit! Denken Sie ſich einen Geizigen, der
immer beſorgt wäre, man möchte ihm ſeine Schätze
ſtehlen. Er baut ſich ein großes mächtiges Haus,
ſie darin zu verwahren, und bringt tauſend künſtliche
Befeſtigungen darin an. Die Baukoſten verſchlingen
ſein ganzes Vermögen, jetzt hat er ein Schatzgebäude,
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