Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.Cagliostro und die Halsbandgeschichte betrachtete. Das andere Haus gehörte einst der Ninon de VI. 2
Caglioſtro und die Halsbandgeſchichte betrachtete. Das andere Haus gehörte einſt der Ninon de VI. 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div> <p><pb facs="#f0029" n="17"/> Caglioſtro und die Halsbandgeſchichte betrachtete.<lb/> Er ſah ſie als revolutionaire Erſcheinungen, als die<lb/> erſten Blitze an, mit welchen das Weltgewitter be¬<lb/> gann. Und ſie waren gerade das Gegentheil: das<lb/> helle Aufflackern einer verlöſchenden Zeit. Caglio¬<lb/> ſtro's Treiben war eine Parodie der monarchiſchen<lb/> Taſchenſchauſpielerkunſt. Ganz wie er, zu gleichen<lb/> Zwecken und mit gleichen Mitteln, haben die Für¬<lb/> ſten aller Zeiten, die Völker aller Länder betrogen,<lb/> ſo oft wegen unzureichender Macht die Liſt nöthig<lb/> geworden. Die Halsbandgeſchichte war die Sitten¬<lb/> verderbniß aller Höfe, nur daß ſie hier zum erſten¬<lb/> male öffentlich geworden. Freilich wenn wahr iſt,<lb/> was neulich die Monteskikelchen an der Ilm und der<lb/> Saale, die edlen Ritter des Thüringer Waldes,<lb/> die Großherzoglich-Sachſen-Weimar-Eisnach-Mos¬<lb/> kowitſche Adelskammer behauptet: <hi rendition="#g">Daß Oef¬<lb/> fentlichkeit der Anfang aller Revolutionen<lb/> geweſen</hi> — dann war die Halsbandgeſchichte wohl<lb/> eine revolutionaire Erſcheinung. Aber an wem die<lb/> Schuld, wenn keine Monarchie die Oeffentlichket er¬<lb/> tragen kann?</p><lb/> <p>Das andere Haus gehörte einſt der <hi rendition="#g">Ninon de<lb/> l'Enclos</hi>, der ſchönen Magdalene — ohne Reue —<lb/> die alle die unendliche Barmherzigkeit Gottes erſchö¬<lb/> pfen muß, wenn er ihr ſo viel vergeben will als ſie ge¬<lb/> liebt hat. Ihre Zeitgenoſſen wunderten ſich, daß ſie<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">VI</hi>. 2<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [17/0029]
Caglioſtro und die Halsbandgeſchichte betrachtete.
Er ſah ſie als revolutionaire Erſcheinungen, als die
erſten Blitze an, mit welchen das Weltgewitter be¬
gann. Und ſie waren gerade das Gegentheil: das
helle Aufflackern einer verlöſchenden Zeit. Caglio¬
ſtro's Treiben war eine Parodie der monarchiſchen
Taſchenſchauſpielerkunſt. Ganz wie er, zu gleichen
Zwecken und mit gleichen Mitteln, haben die Für¬
ſten aller Zeiten, die Völker aller Länder betrogen,
ſo oft wegen unzureichender Macht die Liſt nöthig
geworden. Die Halsbandgeſchichte war die Sitten¬
verderbniß aller Höfe, nur daß ſie hier zum erſten¬
male öffentlich geworden. Freilich wenn wahr iſt,
was neulich die Monteskikelchen an der Ilm und der
Saale, die edlen Ritter des Thüringer Waldes,
die Großherzoglich-Sachſen-Weimar-Eisnach-Mos¬
kowitſche Adelskammer behauptet: Daß Oef¬
fentlichkeit der Anfang aller Revolutionen
geweſen — dann war die Halsbandgeſchichte wohl
eine revolutionaire Erſcheinung. Aber an wem die
Schuld, wenn keine Monarchie die Oeffentlichket er¬
tragen kann?
Das andere Haus gehörte einſt der Ninon de
l'Enclos, der ſchönen Magdalene — ohne Reue —
die alle die unendliche Barmherzigkeit Gottes erſchö¬
pfen muß, wenn er ihr ſo viel vergeben will als ſie ge¬
liebt hat. Ihre Zeitgenoſſen wunderten ſich, daß ſie
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