Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Beschicke dein Haus, denn du wirst sterben. 2 Kön. 10, 1. (HErr)
Lehre uns bedenken, daß wir sterben müssen, auf daß wir klug
werden.
Wer wol nicht grobe Laster hat, aber doch nicht die Welt ver-
leugnet, sondern manches mitmacht, den hält man für fromm, und auch für
klug, als der das rechte Mittel träfe, nicht zu weit ginge, und alles zur Sün-
de machte: aber diese thörichte Klugheit bestehet nicht im Tode; denn was
werden da die vertanzt, verschwätzt, verspielten Stunden nutzen?

HERR, lehre mich doch nur bey Zeiten, da ich doch einmal sterben muß,
Zu meinem Ende mich bereiten, auf daß des Lebens Ziel und Schluß,
Nicht schnell, eh' Herz und Haus bestellt, mich unbereitet überfällt.
Laß mir mit iedem Glockenschlage den letzten vorgestellet seyn:
Denn meine Zeit zum Sterbetage rückt damit immer näher ein;
Drum gib mir doch zu ieder Zeit des Geistes rechte Wachsamkeit.
Ach laß mich doch von alles scheiden, was nicht mit in den Himmel geht;
Ja laß mich alles, alles meiden, was in dem Tode nicht besteht,
Was manchem da erst Reu gebracht, und was das Sterben bitter macht.
Besonders laß den schnöden Lüsten, dem Haß und Stolz nicht Platz in mir,
Und wenn sich solche Greuel brüsten; so stelle bald den Tod mir für,
Auf daß sich ihre Wuth bald legt, und nicht im Tod erst Schmerz erregt.

Beſchicke dein Haus, denn du wirſt ſterben. 2 Kön. 10, 1. (HErr)
Lehre uns bedenken, daß wir ſterben müſſen, auf daß wir klug
werden.
Wer wol nicht grobe Laſter hat, aber doch nicht die Welt ver-
leugnet, ſondern manches mitmacht, den hält man für fromm, und auch für
klug, als der das rechte Mittel träfe, nicht zu weit ginge, und alles zur Sün-
de machte: aber dieſe thörichte Klugheit beſtehet nicht im Tode; denn was
werden da die vertanzt, verſchwätzt, verſpielten Stunden nutzen?

HERR, lehre mich doch nur bey Zeiten, da ich doch einmal ſterben muß,
Zu meinem Ende mich bereiten, auf daß des Lebens Ziel und Schluß,
Nicht ſchnell, eh’ Herz und Haus beſtellt, mich unbereitet überfällt.
Laß mir mit iedem Glockenſchlage den letzten vorgeſtellet ſeyn:
Denn meine Zeit zum Sterbetage rückt damit immer näher ein;
Drum gib mir doch zu ieder Zeit des Geiſtes rechte Wachſamkeit.
Ach laß mich doch von alles ſcheiden, was nicht mit in den Himmel geht;
Ja laß mich alles, alles meiden, was in dem Tode nicht beſteht,
Was manchem da erſt Reu gebracht, und was das Sterben bitter macht.
Beſonders laß den ſchnöden Lüſten, dem Haß und Stolz nicht Platz in mir,
Und wenn ſich ſolche Greuel brüſten; ſo ſtelle bald den Tod mir für,
Auf daß ſich ihre Wuth bald legt, und nicht im Tod erſt Schmerz erregt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0026" n="14"/>
        <div n="2">
          <dateline>14. <hi rendition="#aq">Ian.</hi></dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">B</hi><hi rendition="#fr">e&#x017F;chicke dein Haus, denn du wir&#x017F;t &#x017F;terben.</hi> 2 Kön. 10, 1. (HErr)<lb/><hi rendition="#fr">Lehre uns bedenken, daß wir &#x017F;terben mü&#x017F;&#x017F;en, auf daß wir klug<lb/>
werden.</hi> Wer wol nicht grobe La&#x017F;ter hat, aber doch nicht die Welt ver-<lb/>
leugnet, &#x017F;ondern manches mitmacht, den hält man für fromm, und auch für<lb/>
klug, als der das rechte Mittel träfe, nicht zu weit ginge, und alles zur Sün-<lb/>
de machte: aber die&#x017F;e thörichte Klugheit be&#x017F;tehet nicht im Tode; denn was<lb/>
werden da die vertanzt, ver&#x017F;chwätzt, ver&#x017F;pielten Stunden nutzen?</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>HERR, lehre mich doch nur bey Zeiten, da ich doch einmal &#x017F;terben muß,</l><lb/>
            <l>Zu meinem Ende mich bereiten, auf daß des Lebens Ziel und Schluß,</l><lb/>
            <l>Nicht &#x017F;chnell, eh&#x2019; Herz und Haus be&#x017F;tellt, mich <hi rendition="#fr">unbereitet</hi> überfällt.</l><lb/>
            <l>Laß mir mit iedem Glocken&#x017F;chlage den letzten vorge&#x017F;tellet &#x017F;eyn:</l><lb/>
            <l>Denn meine Zeit zum Sterbetage rückt damit immer näher ein;</l><lb/>
            <l>Drum gib mir doch zu ieder Zeit des Gei&#x017F;tes rechte Wach&#x017F;amkeit.</l><lb/>
            <l>Ach laß mich doch von <hi rendition="#fr">alles</hi> &#x017F;cheiden, was nicht mit in den Himmel geht;</l><lb/>
            <l>Ja laß mich alles, <hi rendition="#fr">alles</hi> meiden, was in dem Tode nicht be&#x017F;teht,</l><lb/>
            <l>Was manchem da er&#x017F;t Reu gebracht, und was das Sterben bitter macht.</l><lb/>
            <l>Be&#x017F;onders laß den &#x017F;chnöden Lü&#x017F;ten, dem Haß und Stolz nicht Platz in mir,</l><lb/>
            <l>Und wenn &#x017F;ich &#x017F;olche Greuel brü&#x017F;ten; &#x017F;o &#x017F;telle bald den Tod mir für,</l><lb/>
            <l>Auf daß &#x017F;ich ihre Wuth bald legt, und nicht im Tod er&#x017F;t Schmerz erregt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0026] 14. Ian. Beſchicke dein Haus, denn du wirſt ſterben. 2 Kön. 10, 1. (HErr) Lehre uns bedenken, daß wir ſterben müſſen, auf daß wir klug werden. Wer wol nicht grobe Laſter hat, aber doch nicht die Welt ver- leugnet, ſondern manches mitmacht, den hält man für fromm, und auch für klug, als der das rechte Mittel träfe, nicht zu weit ginge, und alles zur Sün- de machte: aber dieſe thörichte Klugheit beſtehet nicht im Tode; denn was werden da die vertanzt, verſchwätzt, verſpielten Stunden nutzen? HERR, lehre mich doch nur bey Zeiten, da ich doch einmal ſterben muß, Zu meinem Ende mich bereiten, auf daß des Lebens Ziel und Schluß, Nicht ſchnell, eh’ Herz und Haus beſtellt, mich unbereitet überfällt. Laß mir mit iedem Glockenſchlage den letzten vorgeſtellet ſeyn: Denn meine Zeit zum Sterbetage rückt damit immer näher ein; Drum gib mir doch zu ieder Zeit des Geiſtes rechte Wachſamkeit. Ach laß mich doch von alles ſcheiden, was nicht mit in den Himmel geht; Ja laß mich alles, alles meiden, was in dem Tode nicht beſteht, Was manchem da erſt Reu gebracht, und was das Sterben bitter macht. Beſonders laß den ſchnöden Lüſten, dem Haß und Stolz nicht Platz in mir, Und wenn ſich ſolche Greuel brüſten; ſo ſtelle bald den Tod mir für, Auf daß ſich ihre Wuth bald legt, und nicht im Tod erſt Schmerz erregt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/26
Zitationshilfe: Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/26>, abgerufen am 03.12.2024.