Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bohse, August: Des Frantzöischen Helicons auserlesene Winter-Früchte. [Bd. 1]. Leipzig, 1703.

Bild:
<< vorherige Seite

des Königreichs Franckreich.
nichts vom Tribute hören/ gehet mit seinem Vol-
cke vor Vienne, allwo sein Bruder Gondegisilus
sich aufhält. Dieser jaget alle unnützen Leute
aus der Stadt/ desto länger die Belagerung aus-
zuhalten: Unter denen Herausgejagten ist auch
ein Vornmeister/ welcher König Gondebalden
eine alte Wasserleitung verräth/ dadurch man
kan in die Stadt kommen. p. 114.

Gondebald läßt des Nachts von aussen hun-
dert Mann in solch unterirrdisch Gewölbe/ wo-
durch vor diesem das Wasser gelauffen/ sich in
aller Stille hinein begeben; Jndeß machet man
einen falschen Sturm an einer andern Seiten:
Weil nun nach selbiger die meisten der Belager-
ten sich hinziehen/ kommen diese durch die alte
Wasserleitung in die Stadt/ hauen die erste Wa-
che nieder; öffnen ein Thor/ und lassen durch sel-
biges die andern Völcker hinein.

Gondegisilus über so plötzliche Gefahr/ dar-
innen er sich siehet/ erschrocken/ fliehet in eine
Kirche: Allein sein tyrannischer Bruder Gon-
debald
läßt ihn allda vor dem Altare massacri-
ren. Und ist also Vienne der Ort/ wo er alle
seine drey Brüder elendiglich ums Leben ge-
bracht. Dieses geschiehet ums Jahr Christi 501.
Also nun siehet sich Gondebald alleine vom Bur-
gundischen Reiche Herr/ welches seine Brüder mit
ihm theilen wollen.

Clodo-
C 2

des Koͤnigreichs Franckreich.
nichts vom Tribute hoͤren/ gehet mit ſeinem Vol-
cke vor Vienne, allwo ſein Bruder Gondegiſilus
ſich aufhaͤlt. Dieſer jaget alle unnuͤtzen Leute
aus der Stadt/ deſto laͤnger die Belagerung aus-
zuhalten: Unter denen Herausgejagten iſt auch
ein Vornmeiſter/ welcher Koͤnig Gondebalden
eine alte Waſſerleitung verraͤth/ dadurch man
kan in die Stadt kommen. p. 114.

Gondebald laͤßt des Nachts von auſſen hun-
dert Mann in ſolch unterirrdiſch Gewoͤlbe/ wo-
durch vor dieſem das Waſſer gelauffen/ ſich in
aller Stille hinein begeben; Jndeß machet man
einen falſchen Sturm an einer andern Seiten:
Weil nun nach ſelbiger die meiſten der Belager-
ten ſich hinziehen/ kommen dieſe durch die alte
Waſſerleitung in die Stadt/ hauen die erſte Wa-
che nieder; oͤffnen ein Thor/ und laſſen durch ſel-
biges die andern Voͤlcker hinein.

Gondegiſilus uͤber ſo ploͤtzliche Gefahr/ dar-
innen er ſich ſiehet/ erſchrocken/ fliehet in eine
Kirche: Allein ſein tyranniſcher Bruder Gon-
debald
laͤßt ihn allda vor dem Altare maſſacri-
ren. Und iſt alſo Vienne der Ort/ wo er alle
ſeine drey Bruͤder elendiglich ums Leben ge-
bracht. Dieſes geſchiehet ums Jahr Chriſti 501.
Alſo nun ſiehet ſich Gondebald alleine vom Bur-
gundiſchen Reiche Herr/ welches ſeine Bruͤder mit
ihm theilen wollen.

Clodo-
C 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0055" n="35"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Ko&#x0364;nigreichs Franckreich.</hi></fw><lb/>
nichts vom Tribute ho&#x0364;ren/ gehet mit &#x017F;einem Vol-<lb/>
cke vor <hi rendition="#aq">Vienne,</hi> allwo &#x017F;ein Bruder <hi rendition="#aq">Gondegi&#x017F;ilus</hi><lb/>
&#x017F;ich aufha&#x0364;lt. Die&#x017F;er jaget alle unnu&#x0364;tzen Leute<lb/>
aus der Stadt/ de&#x017F;to la&#x0364;nger die Belagerung aus-<lb/>
zuhalten: Unter denen Herausgejagten i&#x017F;t auch<lb/>
ein Vornmei&#x017F;ter/ welcher Ko&#x0364;nig <hi rendition="#aq">Gondebalden</hi><lb/>
eine alte Wa&#x017F;&#x017F;erleitung verra&#x0364;th/ dadurch man<lb/>
kan in die Stadt kommen. <hi rendition="#aq">p.</hi> 114.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Gondebald</hi> la&#x0364;ßt des Nachts von au&#x017F;&#x017F;en hun-<lb/>
dert Mann in &#x017F;olch unterirrdi&#x017F;ch Gewo&#x0364;lbe/ wo-<lb/>
durch vor die&#x017F;em das Wa&#x017F;&#x017F;er gelauffen/ &#x017F;ich in<lb/>
aller Stille hinein begeben; Jndeß machet man<lb/>
einen fal&#x017F;chen Sturm an einer andern Seiten:<lb/>
Weil nun nach &#x017F;elbiger die mei&#x017F;ten der Belager-<lb/>
ten &#x017F;ich hinziehen/ kommen die&#x017F;e durch die alte<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;erleitung in die Stadt/ hauen die er&#x017F;te Wa-<lb/>
che nieder; o&#x0364;ffnen ein Thor/ und la&#x017F;&#x017F;en durch &#x017F;el-<lb/>
biges die andern Vo&#x0364;lcker hinein.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Gondegi&#x017F;ilus</hi> u&#x0364;ber &#x017F;o plo&#x0364;tzliche Gefahr/ dar-<lb/>
innen er &#x017F;ich &#x017F;iehet/ er&#x017F;chrocken/ fliehet in eine<lb/>
Kirche: Allein &#x017F;ein tyranni&#x017F;cher Bruder <hi rendition="#aq">Gon-<lb/>
debald</hi> la&#x0364;ßt ihn allda vor dem Altare <hi rendition="#aq">ma&#x017F;&#x017F;acri-</hi><lb/>
ren. Und i&#x017F;t al&#x017F;o <hi rendition="#aq">Vienne</hi> der Ort/ wo er alle<lb/>
&#x017F;eine drey Bru&#x0364;der elendiglich ums Leben ge-<lb/>
bracht. Die&#x017F;es ge&#x017F;chiehet ums Jahr Chri&#x017F;ti 501.<lb/>
Al&#x017F;o nun &#x017F;iehet &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Gondebald</hi> alleine vom Bur-<lb/>
gundi&#x017F;chen Reiche Herr/ welches &#x017F;eine Bru&#x0364;der mit<lb/>
ihm theilen wollen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">C 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Clodo-</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0055] des Koͤnigreichs Franckreich. nichts vom Tribute hoͤren/ gehet mit ſeinem Vol- cke vor Vienne, allwo ſein Bruder Gondegiſilus ſich aufhaͤlt. Dieſer jaget alle unnuͤtzen Leute aus der Stadt/ deſto laͤnger die Belagerung aus- zuhalten: Unter denen Herausgejagten iſt auch ein Vornmeiſter/ welcher Koͤnig Gondebalden eine alte Waſſerleitung verraͤth/ dadurch man kan in die Stadt kommen. p. 114. Gondebald laͤßt des Nachts von auſſen hun- dert Mann in ſolch unterirrdiſch Gewoͤlbe/ wo- durch vor dieſem das Waſſer gelauffen/ ſich in aller Stille hinein begeben; Jndeß machet man einen falſchen Sturm an einer andern Seiten: Weil nun nach ſelbiger die meiſten der Belager- ten ſich hinziehen/ kommen dieſe durch die alte Waſſerleitung in die Stadt/ hauen die erſte Wa- che nieder; oͤffnen ein Thor/ und laſſen durch ſel- biges die andern Voͤlcker hinein. Gondegiſilus uͤber ſo ploͤtzliche Gefahr/ dar- innen er ſich ſiehet/ erſchrocken/ fliehet in eine Kirche: Allein ſein tyranniſcher Bruder Gon- debald laͤßt ihn allda vor dem Altare maſſacri- ren. Und iſt alſo Vienne der Ort/ wo er alle ſeine drey Bruͤder elendiglich ums Leben ge- bracht. Dieſes geſchiehet ums Jahr Chriſti 501. Alſo nun ſiehet ſich Gondebald alleine vom Bur- gundiſchen Reiche Herr/ welches ſeine Bruͤder mit ihm theilen wollen. Clodo- C 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Diese Ausgabe ist ein Exemplar der Zeitschrift „D… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon01_1703
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon01_1703/55
Zitationshilfe: Bohse, August: Des Frantzöischen Helicons auserlesene Winter-Früchte. [Bd. 1]. Leipzig, 1703, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon01_1703/55>, abgerufen am 09.11.2024.