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Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

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Die unterschiedlichen Kennzeichen
ob sie gleich immer beschäfftiget. Von Morgen an
biß auf den Abend habe sie denjenigen in ihren Ge-
dancken/ den sie liebe: Sie redete zu allen den/ was
ihr vor Augen käme/ und solte es auch ein klein Hünd-
chen seyn/ daß sie mit liebkosenden Discurse unter-
hielte.

Weil nun dergleichen Personen in stetem Müßig-
gange lebeten/ so sönnen sie auf unordentliches Ver-
langen und straffbare wie auch gefährliche Unter-
fangungen. Da höreten sie weder ihre Vernunfft
noch ihre Schuldigkeit/ sondern nähmen allein ihre
Affecten zur Richtschnur ihrer Handlungen. Und
wenn gleich eine Coquette guten Verstand hätte/ so
wendete sie ihn doch zu nichts anders an/ als nur de-
sto mehr das Mannsvolck zu betrügen.

Jhre Schönheit nähme nun zwar einige in Ver-
hafft; doch wie tausend Annehmlichkeiten einen rei-
tzeten/ sie zu suchen/ so wären wieder tausend Ursa-
chen/ sie zu fliehen: und man rede doch gegen sie mehr
aus Flaterie als daß man sich mit ihnen recht verbin-
den wolle.

Keine Ausschweiffung wäre so groß/ dazu eine
Coquette nicht geneigt sey. Denn/ weil die wahre
Tugend von ihrweit entfernet/ so habe sie niemahls
die rechte Maße bey sich. Wann sie liebe/ ob es
gleich nicht lange wehrete/ geschähe es doch| so heff-
tig/ daß sie fast rasend würde. Wenn sie hasse/ wer-
de sie durch nichts als Rache vergnüget. Wenn sie
was wündsche/ sey ihr Verlangen unersättlich:
wann sie fürchte/ geschähe es biß zur Verzweifelung.

Wie nun die Liebe/ welche sie einflößete/ eigennü-
tzig/ also wäre die Frucht davon der Ruin der Wol-

fahrt

Die unterſchiedlichen Kennzeichen
ob ſie gleich immer beſchaͤfftiget. Von Morgen an
biß auf den Abend habe ſie denjenigen in ihren Ge-
dancken/ den ſie liebe: Sie redete zu allen den/ was
ihr vor Augen kaͤme/ und ſolte es auch ein klein Huͤnd-
chen ſeyn/ daß ſie mit liebkoſenden Diſcurſe unter-
hielte.

Weil nun dergleichen Perſonen in ſtetem Muͤßig-
gange lebeten/ ſo ſoͤnnen ſie auf unordentliches Ver-
langen und ſtraffbare wie auch gefaͤhrliche Unter-
fangungen. Da hoͤreten ſie weder ihre Vernunfft
noch ihre Schuldigkeit/ ſondern naͤhmen allein ihre
Affecten zur Richtſchnur ihrer Handlungen. Und
wenn gleich eine Coquette guten Verſtand haͤtte/ ſo
wendete ſie ihn doch zu nichts anders an/ als nur de-
ſto mehr das Mannsvolck zu betruͤgen.

Jhre Schoͤnheit naͤhme nun zwar einige in Ver-
hafft; doch wie tauſend Annehmlichkeiten einen rei-
tzeten/ ſie zu ſuchen/ ſo waͤren wieder tauſend Urſa-
chen/ ſie zu fliehen: und man rede doch gegen ſie mehr
aus Flaterie als daß man ſich mit ihnen recht verbin-
den wolle.

Keine Ausſchweiffung waͤre ſo groß/ dazu eine
Coquette nicht geneigt ſey. Denn/ weil die wahre
Tugend von ihrweit entfernet/ ſo habe ſie niemahls
die rechte Maße bey ſich. Wann ſie liebe/ ob es
gleich nicht lange wehrete/ geſchaͤhe es doch| ſo heff-
tig/ daß ſie faſt raſend wuͤrde. Wenn ſie haſſe/ wer-
de ſie durch nichts als Rache vergnuͤget. Wenn ſie
was wuͤndſche/ ſey ihr Verlangen unerſaͤttlich:
wann ſie fuͤrchte/ geſchaͤhe es biß zur Verzweifelung.

Wie nun die Liebe/ welche ſie einfloͤßete/ eigennuͤ-
tzig/ alſo waͤre die Frucht davon der Ruin der Wol-

fahrt
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[284/0316] Die unterſchiedlichen Kennzeichen ob ſie gleich immer beſchaͤfftiget. Von Morgen an biß auf den Abend habe ſie denjenigen in ihren Ge- dancken/ den ſie liebe: Sie redete zu allen den/ was ihr vor Augen kaͤme/ und ſolte es auch ein klein Huͤnd- chen ſeyn/ daß ſie mit liebkoſenden Diſcurſe unter- hielte. Weil nun dergleichen Perſonen in ſtetem Muͤßig- gange lebeten/ ſo ſoͤnnen ſie auf unordentliches Ver- langen und ſtraffbare wie auch gefaͤhrliche Unter- fangungen. Da hoͤreten ſie weder ihre Vernunfft noch ihre Schuldigkeit/ ſondern naͤhmen allein ihre Affecten zur Richtſchnur ihrer Handlungen. Und wenn gleich eine Coquette guten Verſtand haͤtte/ ſo wendete ſie ihn doch zu nichts anders an/ als nur de- ſto mehr das Mannsvolck zu betruͤgen. Jhre Schoͤnheit naͤhme nun zwar einige in Ver- hafft; doch wie tauſend Annehmlichkeiten einen rei- tzeten/ ſie zu ſuchen/ ſo waͤren wieder tauſend Urſa- chen/ ſie zu fliehen: und man rede doch gegen ſie mehr aus Flaterie als daß man ſich mit ihnen recht verbin- den wolle. Keine Ausſchweiffung waͤre ſo groß/ dazu eine Coquette nicht geneigt ſey. Denn/ weil die wahre Tugend von ihrweit entfernet/ ſo habe ſie niemahls die rechte Maße bey ſich. Wann ſie liebe/ ob es gleich nicht lange wehrete/ geſchaͤhe es doch| ſo heff- tig/ daß ſie faſt raſend wuͤrde. Wenn ſie haſſe/ wer- de ſie durch nichts als Rache vergnuͤget. Wenn ſie was wuͤndſche/ ſey ihr Verlangen unerſaͤttlich: wann ſie fuͤrchte/ geſchaͤhe es biß zur Verzweifelung. Wie nun die Liebe/ welche ſie einfloͤßete/ eigennuͤ- tzig/ alſo waͤre die Frucht davon der Ruin der Wol- fahrt

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/316>, abgerufen am 21.11.2024.