Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

VII. Abschnitt. [Gleich. 249]
Wegen der Gleichungen 246) und 247) sind die Ausdrücke
248) und 249) einander gleich. Dieselben Moleküle liefern also
genau denselben Addenden zur Summe H1 wie zur Summe H'1
und da dies ganz allgemein von beliebigen Molekülen und für
beliebige Zeiten gilt, so ist klar, dass H1 und daher auch H
durch die intramolekulare Bewegung überhaupt nicht verändert
wird. Letzteres folgt, weil dasselbe auch von jeder anderen
Molekülgattung gilt.

§ 76. Charakterisirung des zunächst zu betrachtenden
speciellen Falles
.

Obwohl die Veränderung von H durch die Zusammen-
stösse für ideale Gase mit zusammengesetzten Molekülen noch
ganz allgemein berechnet werden kann, so wollen wir hier
zunächst doch einen speciellen Fall behandeln, in dem sich
diese Rechnung besonders einfach gestaltet.

Wir betrachten wie in den beiden vorigen Paragraphen
ein Gemisch beliebiger idealer Gase mit beliebig zusammen-
gesetzten Molekülen. In jedem Moleküle jeder Gasart soll
jedoch immer nur ein einziges Atom enthalten sein, welches
fähig ist, eine Kraft auf ein Atom irgend eines fremden Mole-
küles derselben oder einer anderen Gasart auszuüben und die
Wirkung zweier solcher Atome zweier verschiedener Moleküle
soll immer nur darin bestehen, dass sich dieselben wie zwei
vollkommen elastische, unendlich wenig deformirbare Kugeln
stossen. Es soll daher die Wechselwirkung zweier Moleküle
nur so kurze Zeit dauern, dass sich während derselben die
relative Lage der Bestandtheile beider Moleküle und auch
Geschwindigkeit und Geschwindigkeitsrichtung aller anderen
Atome, mit Ausnahme der zusammenstossenden, nur unendlich
wenig ändert.

Wir wollen nun die Veränderung berechnen, welche H
während einer unendlich kleinen Zeit d t durch die Zusammen-
stösse der Moleküle erster mit denen zweiter Gattung erfährt.
Wir haben den Zustand eines Moleküles erster Gattung durch
die Variabeln 235) und 237) und seine absolute Lage im Raume
durch die Coordinaten x, y, z seines Schwerpunktes charakte-

VII. Abschnitt. [Gleich. 249]
Wegen der Gleichungen 246) und 247) sind die Ausdrücke
248) und 249) einander gleich. Dieselben Moleküle liefern also
genau denselben Addenden zur Summe H1 wie zur Summe H'1
und da dies ganz allgemein von beliebigen Molekülen und für
beliebige Zeiten gilt, so ist klar, dass H1 und daher auch H
durch die intramolekulare Bewegung überhaupt nicht verändert
wird. Letzteres folgt, weil dasselbe auch von jeder anderen
Molekülgattung gilt.

§ 76. Charakterisirung des zunächst zu betrachtenden
speciellen Falles
.

Obwohl die Veränderung von H durch die Zusammen-
stösse für ideale Gase mit zusammengesetzten Molekülen noch
ganz allgemein berechnet werden kann, so wollen wir hier
zunächst doch einen speciellen Fall behandeln, in dem sich
diese Rechnung besonders einfach gestaltet.

Wir betrachten wie in den beiden vorigen Paragraphen
ein Gemisch beliebiger idealer Gase mit beliebig zusammen-
gesetzten Molekülen. In jedem Moleküle jeder Gasart soll
jedoch immer nur ein einziges Atom enthalten sein, welches
fähig ist, eine Kraft auf ein Atom irgend eines fremden Mole-
küles derselben oder einer anderen Gasart auszuüben und die
Wirkung zweier solcher Atome zweier verschiedener Moleküle
soll immer nur darin bestehen, dass sich dieselben wie zwei
vollkommen elastische, unendlich wenig deformirbare Kugeln
stossen. Es soll daher die Wechselwirkung zweier Moleküle
nur so kurze Zeit dauern, dass sich während derselben die
relative Lage der Bestandtheile beider Moleküle und auch
Geschwindigkeit und Geschwindigkeitsrichtung aller anderen
Atome, mit Ausnahme der zusammenstossenden, nur unendlich
wenig ändert.

Wir wollen nun die Veränderung berechnen, welche H
während einer unendlich kleinen Zeit d t durch die Zusammen-
stösse der Moleküle erster mit denen zweiter Gattung erfährt.
Wir haben den Zustand eines Moleküles erster Gattung durch
die Variabeln 235) und 237) und seine absolute Lage im Raume
durch die Coordinaten x, y, z seines Schwerpunktes charakte-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0240" n="222"/><fw place="top" type="header">VII. Abschnitt. [Gleich. 249]</fw><lb/>
Wegen der Gleichungen 246) und 247) sind die Ausdrücke<lb/>
248) und 249) einander gleich. Dieselben Moleküle liefern also<lb/>
genau denselben Addenden zur Summe <hi rendition="#i">H</hi><hi rendition="#sub">1</hi> wie zur Summe <hi rendition="#i">H'</hi><hi rendition="#sub">1</hi><lb/>
und da dies ganz allgemein von beliebigen Molekülen und für<lb/>
beliebige Zeiten gilt, so ist klar, dass <hi rendition="#i">H</hi><hi rendition="#sub">1</hi> und daher auch <hi rendition="#i">H</hi><lb/>
durch die intramolekulare Bewegung überhaupt nicht verändert<lb/>
wird. Letzteres folgt, weil dasselbe auch von jeder anderen<lb/>
Molekülgattung gilt.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§ 76. <hi rendition="#g">Charakterisirung des zunächst zu betrachtenden<lb/>
speciellen Falles</hi>.</head><lb/>
          <p>Obwohl die Veränderung von <hi rendition="#i">H</hi> durch die Zusammen-<lb/>
stösse für ideale Gase mit zusammengesetzten Molekülen noch<lb/>
ganz allgemein berechnet werden kann, so wollen wir hier<lb/>
zunächst doch einen speciellen Fall behandeln, in dem sich<lb/>
diese Rechnung besonders einfach gestaltet.</p><lb/>
          <p>Wir betrachten wie in den beiden vorigen Paragraphen<lb/>
ein Gemisch beliebiger idealer Gase mit beliebig zusammen-<lb/>
gesetzten Molekülen. In jedem Moleküle jeder Gasart soll<lb/>
jedoch immer nur ein einziges Atom enthalten sein, welches<lb/>
fähig ist, eine Kraft auf ein Atom irgend eines fremden Mole-<lb/>
küles derselben oder einer anderen Gasart auszuüben und die<lb/>
Wirkung zweier solcher Atome zweier verschiedener Moleküle<lb/>
soll immer nur darin bestehen, dass sich dieselben wie zwei<lb/>
vollkommen elastische, unendlich wenig deformirbare Kugeln<lb/>
stossen. Es soll daher die Wechselwirkung zweier Moleküle<lb/>
nur so kurze Zeit dauern, dass sich während derselben die<lb/>
relative Lage der Bestandtheile beider Moleküle und auch<lb/>
Geschwindigkeit und Geschwindigkeitsrichtung aller anderen<lb/>
Atome, mit Ausnahme der zusammenstossenden, nur unendlich<lb/>
wenig ändert.</p><lb/>
          <p>Wir wollen nun die Veränderung berechnen, welche <hi rendition="#i">H</hi><lb/>
während einer unendlich kleinen Zeit <hi rendition="#i">d t</hi> durch die Zusammen-<lb/>
stösse der Moleküle erster mit denen zweiter Gattung erfährt.<lb/>
Wir haben den Zustand eines Moleküles erster Gattung durch<lb/>
die Variabeln 235) und 237) und seine absolute Lage im Raume<lb/>
durch die Coordinaten <hi rendition="#i">x</hi>, <hi rendition="#i">y</hi>, <hi rendition="#i">z</hi> seines Schwerpunktes charakte-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[222/0240] VII. Abschnitt. [Gleich. 249] Wegen der Gleichungen 246) und 247) sind die Ausdrücke 248) und 249) einander gleich. Dieselben Moleküle liefern also genau denselben Addenden zur Summe H1 wie zur Summe H'1 und da dies ganz allgemein von beliebigen Molekülen und für beliebige Zeiten gilt, so ist klar, dass H1 und daher auch H durch die intramolekulare Bewegung überhaupt nicht verändert wird. Letzteres folgt, weil dasselbe auch von jeder anderen Molekülgattung gilt. § 76. Charakterisirung des zunächst zu betrachtenden speciellen Falles. Obwohl die Veränderung von H durch die Zusammen- stösse für ideale Gase mit zusammengesetzten Molekülen noch ganz allgemein berechnet werden kann, so wollen wir hier zunächst doch einen speciellen Fall behandeln, in dem sich diese Rechnung besonders einfach gestaltet. Wir betrachten wie in den beiden vorigen Paragraphen ein Gemisch beliebiger idealer Gase mit beliebig zusammen- gesetzten Molekülen. In jedem Moleküle jeder Gasart soll jedoch immer nur ein einziges Atom enthalten sein, welches fähig ist, eine Kraft auf ein Atom irgend eines fremden Mole- küles derselben oder einer anderen Gasart auszuüben und die Wirkung zweier solcher Atome zweier verschiedener Moleküle soll immer nur darin bestehen, dass sich dieselben wie zwei vollkommen elastische, unendlich wenig deformirbare Kugeln stossen. Es soll daher die Wechselwirkung zweier Moleküle nur so kurze Zeit dauern, dass sich während derselben die relative Lage der Bestandtheile beider Moleküle und auch Geschwindigkeit und Geschwindigkeitsrichtung aller anderen Atome, mit Ausnahme der zusammenstossenden, nur unendlich wenig ändert. Wir wollen nun die Veränderung berechnen, welche H während einer unendlich kleinen Zeit d t durch die Zusammen- stösse der Moleküle erster mit denen zweiter Gattung erfährt. Wir haben den Zustand eines Moleküles erster Gattung durch die Variabeln 235) und 237) und seine absolute Lage im Raume durch die Coordinaten x, y, z seines Schwerpunktes charakte-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/240
Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/240>, abgerufen am 24.11.2024.