Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.pbo_109.001 § 71. Bühnentechnik. pbo_109.004 pbo_109.001 § 71. Bühnentechnik. pbo_109.004 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0113" n="109"/><lb n="pbo_109.001"/> Gebilde, wird hier die künstlerische <hi rendition="#g">Anordnung</hi> und <hi rendition="#g">Auswahl</hi> <lb n="pbo_109.002"/> des Stoffes sein müssen.</p> <lb n="pbo_109.003"/> </div> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c">§ 71. Bühnentechnik.</hi> </head> <p><lb n="pbo_109.004"/> Hierin begegnet sich der Poet im Dramaturgen mit dem <lb n="pbo_109.005"/> Techniker, der in dem engen Rahmen eines Theaterabends <lb n="pbo_109.006"/> (2–3 Stunden) auf einem beschränkten, vielfach bedingten <lb n="pbo_109.007"/> Lokal (der Bühne) vor einer bunt zusammengewürfelten Menge <lb n="pbo_109.008"/> von sehr verschiedener Bildung und Fassungskraft ein Stück <lb n="pbo_109.009"/> Welt lebendig und greifbar machen soll. Die Forderungen <lb n="pbo_109.010"/> des inneren Baues (der Konstruktion) des Dramas werden <lb n="pbo_109.011"/> verstärkt durch diejenigen seiner äußeren Einrichtung bei der <lb n="pbo_109.012"/> Aufführung (seiner Oekonomie). Zeit und Raum müssen <lb n="pbo_109.013"/> nach Kräften ausgenutzt werden, ohne daß mit der Zeit Langeweile <lb n="pbo_109.014"/> oder Ermüdung, im Raume Leere oder Verwirrung <lb n="pbo_109.015"/> eintrete. Die Handlung legt sich daher in Hauptstücke (<hi rendition="#g">Akte</hi>) <lb n="pbo_109.016"/> und diese wieder in einheitliche Auftritte (<hi rendition="#g">Scenen</hi>) auseinander, <lb n="pbo_109.017"/> in denen immer wieder je ein bestimmter Entscheidungspunkt <lb n="pbo_109.018"/> die Spannung in Atem hält und zugleich nach <lb n="pbo_109.019"/> Möglichkeit alles für das Gesamtbild Notwendige an seinem <lb n="pbo_109.020"/> Teile angebracht wird. Zwischen die Akte trat als Abwechselung <lb n="pbo_109.021"/> bei den Alten der Chor in rein lyrischer Verwendung, <lb n="pbo_109.022"/> bei uns gegenwärtig Ruhepausen, mitunter noch mit Jnstrumentalmusik <lb n="pbo_109.023"/> ausgefüllt. Der Bühnenraum bestreitet bei erhobenem <lb n="pbo_109.024"/> Vorhang (während der Akte) das Phantasiebild des <lb n="pbo_109.025"/> Zuschauers. Dies fordert die Handlung, er darf daher nicht <lb n="pbo_109.026"/> leer bleiben („scène vide“), es fordert Uebereinstimmung, er <lb n="pbo_109.027"/> darf daher nicht willkürlich sein, zumal in unserer Zeit, die <lb n="pbo_109.028"/> von den ursprünglichen allgemeinen scenischen Andeutungen <lb n="pbo_109.029"/> zu sehr bestimmter, oft unnötiger, überladener Dekoration <lb n="pbo_109.030"/> fortgeschritten ist.</p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [109/0113]
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Gebilde, wird hier die künstlerische Anordnung und Auswahl pbo_109.002
des Stoffes sein müssen.
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§ 71. Bühnentechnik. pbo_109.004
Hierin begegnet sich der Poet im Dramaturgen mit dem pbo_109.005
Techniker, der in dem engen Rahmen eines Theaterabends pbo_109.006
(2–3 Stunden) auf einem beschränkten, vielfach bedingten pbo_109.007
Lokal (der Bühne) vor einer bunt zusammengewürfelten Menge pbo_109.008
von sehr verschiedener Bildung und Fassungskraft ein Stück pbo_109.009
Welt lebendig und greifbar machen soll. Die Forderungen pbo_109.010
des inneren Baues (der Konstruktion) des Dramas werden pbo_109.011
verstärkt durch diejenigen seiner äußeren Einrichtung bei der pbo_109.012
Aufführung (seiner Oekonomie). Zeit und Raum müssen pbo_109.013
nach Kräften ausgenutzt werden, ohne daß mit der Zeit Langeweile pbo_109.014
oder Ermüdung, im Raume Leere oder Verwirrung pbo_109.015
eintrete. Die Handlung legt sich daher in Hauptstücke (Akte) pbo_109.016
und diese wieder in einheitliche Auftritte (Scenen) auseinander, pbo_109.017
in denen immer wieder je ein bestimmter Entscheidungspunkt pbo_109.018
die Spannung in Atem hält und zugleich nach pbo_109.019
Möglichkeit alles für das Gesamtbild Notwendige an seinem pbo_109.020
Teile angebracht wird. Zwischen die Akte trat als Abwechselung pbo_109.021
bei den Alten der Chor in rein lyrischer Verwendung, pbo_109.022
bei uns gegenwärtig Ruhepausen, mitunter noch mit Jnstrumentalmusik pbo_109.023
ausgefüllt. Der Bühnenraum bestreitet bei erhobenem pbo_109.024
Vorhang (während der Akte) das Phantasiebild des pbo_109.025
Zuschauers. Dies fordert die Handlung, er darf daher nicht pbo_109.026
leer bleiben („scène vide“), es fordert Uebereinstimmung, er pbo_109.027
darf daher nicht willkürlich sein, zumal in unserer Zeit, die pbo_109.028
von den ursprünglichen allgemeinen scenischen Andeutungen pbo_109.029
zu sehr bestimmter, oft unnötiger, überladener Dekoration pbo_109.030
fortgeschritten ist.
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