Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.pbo_014.001 Kapitel 2. Die Dichtung als Kunst. pbo_014.002 § 6. Stellung der Dichtung im Kreise der Künste. pbo_014.003 pbo_014.014 § 7. Jdee, Schönheit, Geschmack. pbo_014.015 pbo_014.001 Kapitel 2. Die Dichtung als Kunst. pbo_014.002 § 6. Stellung der Dichtung im Kreise der Künste. pbo_014.003 pbo_014.014 § 7. Jdee, Schönheit, Geschmack. pbo_014.015 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0018" n="14"/> <lb n="pbo_014.001"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c">Kapitel 2. Die Dichtung als Kunst.</hi> </head> <div n="4"> <lb n="pbo_014.002"/> <head> <hi rendition="#c">§ 6. Stellung der Dichtung im Kreise der Künste.</hi> </head> <p><lb n="pbo_014.003"/> Die <hi rendition="#g">Dichtung als Kunst</hi> wahrt natürlich ihre allgemeine <lb n="pbo_014.004"/> beziehungsreiche Stellung im Kreise der Schwesterkünste. <lb n="pbo_014.005"/> Auf der einen Seite in Fühlung mit jeder einzelnen <lb n="pbo_014.006"/> Kunst, im Stande, sie alle zu deuten und als ursprünglichste <lb n="pbo_014.007"/> Kunst sich über sie alle hinauszuschwingen durch Energie <lb n="pbo_014.008"/> der Wirkung, steht sie auf der anderen Seite am nächsten <lb n="pbo_014.009"/> der völligen Unkunst, dem Bedürfnis, der Lehre, der <hi rendition="#g">Prosa.</hi> <lb n="pbo_014.010"/> Denn ihr Ausdrucksmittel, das abstrakte Klangbild zum Zwecke <lb n="pbo_014.011"/> der Bezeichnung der Dinge, das <hi rendition="#g">Wort,</hi> ist zugleich der Vermittler <lb n="pbo_014.012"/> des gemeinen Lebensbedürfnisses und des rein verstandesmäßigen <lb n="pbo_014.013"/> Wissens.</p> </div> <div n="4"> <lb n="pbo_014.014"/> <head> <hi rendition="#c">§ 7. Jdee, Schönheit, Geschmack.</hi> </head> <p><lb n="pbo_014.015"/> Schwieriger als irgend einer anderen Kunst wird es <lb n="pbo_014.016"/> demzufolge der Poesie, immer ihre künstlerischen Rechte zu <lb n="pbo_014.017"/> wahren. Als Aufgabe jeder Kunst erscheint Ausdruck des <lb n="pbo_014.018"/> unbegrenzten, wirren, wüsten Daseins unter einem bestimmten, <lb n="pbo_014.019"/> klar und rein in sich abgeschlossenen Bilde. Jhr Prinzip ist <lb n="pbo_014.020"/> also die planmäßige, in sich übereinstimmende Form. Die <lb n="pbo_014.021"/> Voraussetzung dazu in unserem Geiste nennt man seit Plato <lb n="pbo_014.022"/> <hi rendition="#g">Jdee</hi> (Urbild); ihre sinnliche Erscheinung ist die <hi rendition="#g">Schönheit.</hi> <lb n="pbo_014.023"/> Man darf diesen wissenschaftlichen Begriff der Schönheit nicht <lb n="pbo_014.024"/> mit dem verwechseln, was nach sinnlicher Schätzung <hi rendition="#g">gefällt.</hi> <lb n="pbo_014.025"/> Denn das ist individuell verschieden und für das <hi rendition="#g">Formungsprinzip</hi> <lb n="pbo_014.026"/> der Kunst ohne Belang. Wohl aber für ihre Aufnahme. <lb n="pbo_014.027"/> Es bildet sich im Laufe der Zeit überall, wo Kunst <lb n="pbo_014.028"/> getrieben wird, ein künstlerischer Gemeinsinn (common sense, </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [14/0018]
pbo_014.001
Kapitel 2. Die Dichtung als Kunst. pbo_014.002
§ 6. Stellung der Dichtung im Kreise der Künste. pbo_014.003
Die Dichtung als Kunst wahrt natürlich ihre allgemeine pbo_014.004
beziehungsreiche Stellung im Kreise der Schwesterkünste. pbo_014.005
Auf der einen Seite in Fühlung mit jeder einzelnen pbo_014.006
Kunst, im Stande, sie alle zu deuten und als ursprünglichste pbo_014.007
Kunst sich über sie alle hinauszuschwingen durch Energie pbo_014.008
der Wirkung, steht sie auf der anderen Seite am nächsten pbo_014.009
der völligen Unkunst, dem Bedürfnis, der Lehre, der Prosa. pbo_014.010
Denn ihr Ausdrucksmittel, das abstrakte Klangbild zum Zwecke pbo_014.011
der Bezeichnung der Dinge, das Wort, ist zugleich der Vermittler pbo_014.012
des gemeinen Lebensbedürfnisses und des rein verstandesmäßigen pbo_014.013
Wissens.
pbo_014.014
§ 7. Jdee, Schönheit, Geschmack. pbo_014.015
Schwieriger als irgend einer anderen Kunst wird es pbo_014.016
demzufolge der Poesie, immer ihre künstlerischen Rechte zu pbo_014.017
wahren. Als Aufgabe jeder Kunst erscheint Ausdruck des pbo_014.018
unbegrenzten, wirren, wüsten Daseins unter einem bestimmten, pbo_014.019
klar und rein in sich abgeschlossenen Bilde. Jhr Prinzip ist pbo_014.020
also die planmäßige, in sich übereinstimmende Form. Die pbo_014.021
Voraussetzung dazu in unserem Geiste nennt man seit Plato pbo_014.022
Jdee (Urbild); ihre sinnliche Erscheinung ist die Schönheit. pbo_014.023
Man darf diesen wissenschaftlichen Begriff der Schönheit nicht pbo_014.024
mit dem verwechseln, was nach sinnlicher Schätzung gefällt. pbo_014.025
Denn das ist individuell verschieden und für das Formungsprinzip pbo_014.026
der Kunst ohne Belang. Wohl aber für ihre Aufnahme. pbo_014.027
Es bildet sich im Laufe der Zeit überall, wo Kunst pbo_014.028
getrieben wird, ein künstlerischer Gemeinsinn (common sense,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: manuell (doppelt erfasst). Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja; Hervorhebungen durch Wechsel von Fraktur zu Antiqua: nicht gekennzeichnet
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |