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Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.

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§ 51. Trochäische Verse.

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Trochäische Verse. Die weitaus bemerkenswertesten pbo_072.003
unter ihnen sind die von ihrer Herrschaft in der spanischen pbo_072.004
Litteratur so genannten spanischen vierfüßigen Trochäen. pbo_072.005
Durch Herders Nachdichtung der Cidromanzen*) und die lebendigen pbo_072.006
Einwirkungen des großen spanischen Theaters im Zeitalter pbo_072.007
der Romantik hat der früher wenig gepflegte Vers auch pbo_072.008
in Deutschland die ihm gebührende vornehme Stellung errungen. pbo_072.009
Kürzer als der fünffüßige Jambus und daher heilsam pbo_072.010
zum Lakonismus anregend, von Natur streng und schwer pbo_072.011
gegenüber dem leicht allzu glatt fließenden jambischen Viertakter pbo_072.012
(Achtsilbenvers) bietet er gerade der deutschen Wortmacherei pbo_072.013
im Verse ein vortreffliches Gegengewicht. Freilich pbo_072.014
verfällt er auch gerade im Deutschen wiederum am leichtesten pbo_072.015
der ihm anhaftenden Gefahr der Monotonie, da die deutschen pbo_072.016
zweisilbigen Wörter alle von Haus aus Trochäen sind und der pbo_072.017
Vers daher leicht in lauter Diäresen auseinanderfällt:

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Rückwärts | Rückwärts | stolzer | Cid.

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Die Dichter, die ihn im Epos verwendeten, haben daher pbo_072.020
zugleich mit Nutzen von dem Vorbild der spanischen epischen pbo_072.021
Romanzen Gebrauch gemacht und epische Gedichte in spanischen pbo_072.022
Trochäen in kürzeren liedmäßigen Abschnitten angelegt. Auf pbo_072.023
der Bühne kann man ihn trefflich unterscheidend beleben, indem pbo_072.024
man ihn im gewöhnlichen Dialog ungereimt, bei lyrischem pbo_072.025
und phantastischem Aufschwung aber gereimt verwendet. So pbo_072.026
meisterhaft Grillparzer in dem tiefsinnigen Phantasiespiel "Der pbo_072.027
Traum ein Leben". Ueberhaupt kann man bemerken, daß pbo_072.028
neben dem mehr rationalen Charakter des fünffüßigen Jambus pbo_072.029
sich der spanische Trochäus auf der Bühne als vorteilhafte

*) pbo_072.030
Vergl. Sammlung Göschen Nr. 36. Herders Cid.
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§ 51. Trochäische Verse.

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im Verse ein vortreffliches Gegengewicht. Freilich pbo_072.014
verfällt er auch gerade im Deutschen wiederum am leichtesten pbo_072.015
der ihm anhaftenden Gefahr der Monotonie, da die deutschen pbo_072.016
zweisilbigen Wörter alle von Haus aus Trochäen sind und der pbo_072.017
Vers daher leicht in lauter Diäresen auseinanderfällt:

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Rǘckwärts | Rǘckwärts | stólzer | Cíd.

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Die Dichter, die ihn im Epos verwendeten, haben daher pbo_072.020
zugleich mit Nutzen von dem Vorbild der spanischen epischen pbo_072.021
Romanzen Gebrauch gemacht und epische Gedichte in spanischen pbo_072.022
Trochäen in kürzeren liedmäßigen Abschnitten angelegt. Auf pbo_072.023
der Bühne kann man ihn trefflich unterscheidend beleben, indem pbo_072.024
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meisterhaft Grillparzer in dem tiefsinnigen Phantasiespiel „Der pbo_072.027
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Zitationshilfe: Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/borinski_poetik_1895/76>, abgerufen am 22.11.2024.