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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
wisser Scribent sehr verstossen/ wenn er vom Lande
Gvinea handelend/ sich eingebildet/ daß dieses Geld
dem König zu gut komme/ da es doch weit gefehlet/ in-
dem dieser nichts mehr als gewisse Erkenntligkeit da-
von zu geniessen hat/ wenn er vermöge einer oder an-
dern Gelegenheit denen Freunden des Verstorbenen
behülfflich gewesen.

Doch ist dergleichen Geld-Busse nur für geringe
schlechte Leute/ denn sofern der Entleibete eines hohen
Standes gewesen/ ist dieselbige noch wol zehenmahl
so viel/ und gewiß nicht unbillig/ denn wie viel würden
sich sonsten finden/ die mit freudigem Muht 500. Thlr.
hinzahleten nur ihres Feindes entohniget zu seyn/ oder
ein und andern vornehmen Herrn der ihnen viel Ver-
druß angethan/ aus dem Wege zu räumen; daß also
jederzeit die Straffe gelindert oder verhöhet wird
nach Gelegenheit des Ermordeten.

Jst es nur ein Sclave der entseelet/ beläufft sich
das Geld nicht höher als 96. Thaler/ doch so/ daß wie
bey den ersten der Thäter nur die Helffte Bezahlet/ in-
sonderheit wenn er inständigst darum anhält/ da denn
der Herr des Sclaven gerne mit ein 32. Thaler und
einem andren Sclaven an des Entleibten Stelle ver-
gnügt ist.

Wenn nun aber jemand von ihnen den Mord be-
gangen/ der die auferlegte Geld-Buße weder vor sich
selbst noch seine Freunde vermögend wären zu bezahlen/
muß er (wie im Gesetze stehet) Auge um Auge/ Zahn
um Zahn geben/ und sich zum Tode bereiten/ der ihm
denn auffs allergraufamste und allerschmertzlichste
angethan wird/ denn er stirbt so zu sagen tausendmahl
vor seinen Todt/ indem sie ihm den Leib zerschneiden/

zer-

des Landes Gvinea.
wiſſer Scribent ſehr verſtoſſen/ wenn er vom Lande
Gvinea handelend/ ſich eingebildet/ daß dieſes Geld
dem Koͤnig zu gut komme/ da es doch weit gefehlet/ in-
dem dieſer nichts mehr als gewiſſe Erkenntligkeit da-
von zu genieſſen hat/ wenn er vermoͤge einer oder an-
dern Gelegenheit denen Freunden des Verſtorbenen
behuͤlfflich geweſen.

Doch iſt dergleichen Geld-Buſſe nur fuͤr geringe
ſchlechte Leute/ denn ſofern der Entleibete eines hohen
Standes geweſen/ iſt dieſelbige noch wol zehenmahl
ſo viel/ und gewiß nicht unbillig/ denn wie viel wuͤrden
ſich ſonſten finden/ die mit freudigem Muht 500. Thlr.
hinzahleten nur ihres Feindes entohniget zu ſeyn/ oder
ein und andern vornehmen Herrn der ihnen viel Ver-
druß angethan/ aus dem Wege zu raͤumen; daß alſo
jederzeit die Straffe gelindert oder verhoͤhet wird
nach Gelegenheit des Ermordeten.

Jſt es nur ein Sclave der entſeelet/ belaͤufft ſich
das Geld nicht hoͤher als 96. Thaler/ doch ſo/ daß wie
bey den erſten der Thaͤter nur die Helffte Bezahlet/ in-
ſonderheit wenn er inſtaͤndigſt darum anhaͤlt/ da denn
der Herr des Sclaven gerne mit ein 32. Thaler und
einem andren Sclaven an des Entleibten Stelle ver-
gnuͤgt iſt.

Wenn nun aber jemand von ihnen den Mord be-
gangen/ der die auferlegte Geld-Buße weder vor ſich
ſelbſt noch ſeine Fꝛeunde vermoͤgend waͤren zu bezahlen/
muß er (wie im Geſetze ſtehet) Auge um Auge/ Zahn
um Zahn geben/ und ſich zum Tode bereiten/ der ihm
denn auffs allergraufamſte und allerſchmertzlichſte
angethan wird/ denn er ſtirbt ſo zu ſagen tauſendmahl
vor ſeinen Todt/ indem ſie ihm den Leib zerſchneiden/

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[205/0249] des Landes Gvinea. wiſſer Scribent ſehr verſtoſſen/ wenn er vom Lande Gvinea handelend/ ſich eingebildet/ daß dieſes Geld dem Koͤnig zu gut komme/ da es doch weit gefehlet/ in- dem dieſer nichts mehr als gewiſſe Erkenntligkeit da- von zu genieſſen hat/ wenn er vermoͤge einer oder an- dern Gelegenheit denen Freunden des Verſtorbenen behuͤlfflich geweſen. Doch iſt dergleichen Geld-Buſſe nur fuͤr geringe ſchlechte Leute/ denn ſofern der Entleibete eines hohen Standes geweſen/ iſt dieſelbige noch wol zehenmahl ſo viel/ und gewiß nicht unbillig/ denn wie viel wuͤrden ſich ſonſten finden/ die mit freudigem Muht 500. Thlr. hinzahleten nur ihres Feindes entohniget zu ſeyn/ oder ein und andern vornehmen Herrn der ihnen viel Ver- druß angethan/ aus dem Wege zu raͤumen; daß alſo jederzeit die Straffe gelindert oder verhoͤhet wird nach Gelegenheit des Ermordeten. Jſt es nur ein Sclave der entſeelet/ belaͤufft ſich das Geld nicht hoͤher als 96. Thaler/ doch ſo/ daß wie bey den erſten der Thaͤter nur die Helffte Bezahlet/ in- ſonderheit wenn er inſtaͤndigſt darum anhaͤlt/ da denn der Herr des Sclaven gerne mit ein 32. Thaler und einem andren Sclaven an des Entleibten Stelle ver- gnuͤgt iſt. Wenn nun aber jemand von ihnen den Mord be- gangen/ der die auferlegte Geld-Buße weder vor ſich ſelbſt noch ſeine Fꝛeunde vermoͤgend waͤren zu bezahlen/ muß er (wie im Geſetze ſtehet) Auge um Auge/ Zahn um Zahn geben/ und ſich zum Tode bereiten/ der ihm denn auffs allergraufamſte und allerſchmertzlichſte angethan wird/ denn er ſtirbt ſo zu ſagen tauſendmahl vor ſeinen Todt/ indem ſie ihm den Leib zerſchneiden/ zer-

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/249>, abgerufen am 21.11.2024.