Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

des Landes Gvinea.
daß dieser neue Gesetz-Geber vermittelst seiner vielfäl-
tigen Ungerechtigkeit aufs äusserste von jenen gehasset
worden; allein ich will schweigen/ und anitzo bloß von
dem Kauffmann zu Axim handeln/ was derselbige/
als Richter/ vor Vortheile machen könne.

Wenn demnach ein Mohr zum Exempel eine Geld-
Busse seines Verbrechens halber von hundert Thaler
bezahlen muß/ ziehet der Kauffmann zwey Drittheil
für sich ab/ daß übrige theilen die Caboceros insge-
samt. Dafern aber wegen Diebstahl/ Mord oder
andern auffgenommenen Schulden das Geld gege-
ben worden/ bekommt der Kläger drey Viertheil/ und
das übrige wird unter dem Kauffmann und Caboce-
ros
vertheilet/ nemlich zwey Drittheil für den Kauff-
mann/ und den Rest für die Caboceros. Sehet ihr
also/ daß es ungleich besser sey Richter zu Axim als in
Europa zu seyn/ wenigstens in Ansehung der Acci-
denti
en und Gewinste die er rechtmäßiger Weise ma-
chen kan/ denn ich rechne nicht was unbilliger Weise
geschiehet/ davon ich nichts sagen auch nichts wissen
mag. Denn die Mohren bezahlen sehr gerne und wil-
lig was dem Richter für seine Mühe gebühret/ bekla-
gen sich auch niemahls ob sey es zu viel/ (wenigstens
war es vor diesen so) ja selbst wenn der Kauffmann vor
einen andern wegen rechtmäßiger Schulden Anfo-
derung thut an jemanden/ wird ihm alsobald der vierte
Theil vom Gelde für seine Mühe von diesen zugestellet/
und dieses so richtig und gutwillig/ daß niemahls der
geringste Streit deßfalls sich eräugnet.

Anitzo muß ich euch erzehlen was mir zu Axim wi-
derfahren/ als ich daselbst als Kauffmann die Regie-
rung führete. Es waren im Lande Ancober, welches

lange
O

des Landes Gvinea.
daß dieſer neue Geſetz-Geber vermittelſt ſeiner vielfaͤl-
tigen Ungerechtigkeit aufs aͤuſſerſte von jenen gehaſſet
worden; allein ich will ſchweigen/ und anitzo bloß von
dem Kauffmann zu Axim handeln/ was derſelbige/
als Richter/ vor Vortheile machen koͤnne.

Wenn demnach ein Mohr zum Exempel eine Geld-
Buſſe ſeines Verbrechens halber von hundert Thaler
bezahlen muß/ ziehet der Kauffmann zwey Drittheil
fuͤr ſich ab/ daß uͤbrige theilen die Caboceros insge-
ſamt. Dafern aber wegen Diebſtahl/ Mord oder
andern auffgenommenen Schulden das Geld gege-
ben worden/ bekommt der Klaͤger drey Viertheil/ und
das uͤbrige wird unter dem Kauffmann und Caboce-
ros
vertheilet/ nemlich zwey Drittheil fuͤr den Kauff-
mann/ und den Reſt fuͤr die Caboceros. Sehet ihr
alſo/ daß es ungleich beſſer ſey Richter zu Axim als in
Europa zu ſeyn/ wenigſtens in Anſehung der Acci-
denti
en und Gewinſte die er rechtmaͤßiger Weiſe ma-
chen kan/ denn ich rechne nicht was unbilliger Weiſe
geſchiehet/ davon ich nichts ſagen auch nichts wiſſen
mag. Denn die Mohren bezahlen ſehr gerne und wil-
lig was dem Richter fuͤr ſeine Muͤhe gebuͤhret/ bekla-
gen ſich auch niemahls ob ſey es zu viel/ (wenigſtens
war es vor dieſen ſo) ja ſelbſt wenn der Kauffmann vor
einen andern wegen rechtmaͤßiger Schulden Anfo-
derung thut an jemanden/ wird ihm alſobald der vierte
Theil vom Gelde fuͤr ſeine Muͤhe von dieſen zugeſtellet/
und dieſes ſo richtig und gutwillig/ daß niemahls der
geringſte Streit deßfalls ſich eraͤugnet.

Anitzo muß ich euch erzehlen was mir zu Axim wi-
derfahren/ als ich daſelbſt als Kauffmann die Regie-
rung fuͤhrete. Es waren im Lande Ancober, welches

lange
O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0253" n="209"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Landes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gvinea.</hi></hi></hi></fw><lb/>
daß die&#x017F;er neue Ge&#x017F;etz-Geber vermittel&#x017F;t &#x017F;einer vielfa&#x0364;l-<lb/>
tigen Ungerechtigkeit aufs a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te von jenen geha&#x017F;&#x017F;et<lb/>
worden; allein ich will &#x017F;chweigen/ und anitzo bloß von<lb/>
dem Kauffmann zu <hi rendition="#aq">Axim</hi> handeln/ was der&#x017F;elbige/<lb/>
als Richter/ vor Vortheile machen ko&#x0364;nne.</p><lb/>
        <p>Wenn demnach ein Mohr zum Exempel eine Geld-<lb/>
Bu&#x017F;&#x017F;e &#x017F;eines Verbrechens halber von hundert Thaler<lb/>
bezahlen muß/ ziehet der Kauffmann zwey Drittheil<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich ab/ daß u&#x0364;brige theilen die <hi rendition="#aq">Caboceros</hi> insge-<lb/>
&#x017F;amt. Dafern aber wegen Dieb&#x017F;tahl/ Mord oder<lb/>
andern auffgenommenen Schulden das Geld gege-<lb/>
ben worden/ bekommt der Kla&#x0364;ger drey Viertheil/ und<lb/>
das u&#x0364;brige wird unter dem Kauffmann und <hi rendition="#aq">Caboce-<lb/>
ros</hi> vertheilet/ nemlich zwey Drittheil fu&#x0364;r den Kauff-<lb/>
mann/ und den Re&#x017F;t fu&#x0364;r die <hi rendition="#aq">Caboceros.</hi> Sehet ihr<lb/>
al&#x017F;o/ daß es ungleich be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ey Richter zu <hi rendition="#aq">Axim</hi> als in<lb/><hi rendition="#aq">Europa</hi> zu &#x017F;eyn/ wenig&#x017F;tens in An&#x017F;ehung der <hi rendition="#aq">Acci-<lb/>
denti</hi>en und Gewin&#x017F;te die er rechtma&#x0364;ßiger Wei&#x017F;e ma-<lb/>
chen kan/ denn ich rechne nicht was unbilliger Wei&#x017F;e<lb/>
ge&#x017F;chiehet/ davon ich nichts &#x017F;agen auch nichts wi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
mag. Denn die Mohren bezahlen &#x017F;ehr gerne und wil-<lb/>
lig was dem Richter fu&#x0364;r &#x017F;eine Mu&#x0364;he gebu&#x0364;hret/ bekla-<lb/>
gen &#x017F;ich auch niemahls ob &#x017F;ey es zu viel/ (wenig&#x017F;tens<lb/>
war es vor die&#x017F;en &#x017F;o) ja &#x017F;elb&#x017F;t wenn der Kauffmann vor<lb/>
einen andern wegen rechtma&#x0364;ßiger Schulden Anfo-<lb/>
derung thut an jemanden/ wird ihm al&#x017F;obald der vierte<lb/>
Theil vom Gelde fu&#x0364;r &#x017F;eine Mu&#x0364;he von die&#x017F;en zuge&#x017F;tellet/<lb/>
und die&#x017F;es &#x017F;o richtig und gutwillig/ daß niemahls der<lb/>
gering&#x017F;te Streit deßfalls &#x017F;ich era&#x0364;ugnet.</p><lb/>
        <p>Anitzo muß ich euch erzehlen was mir zu <hi rendition="#aq">Axim</hi> wi-<lb/>
derfahren/ als ich da&#x017F;elb&#x017F;t als Kauffmann die Regie-<lb/>
rung fu&#x0364;hrete. Es waren im Lande <hi rendition="#aq">Ancober,</hi> welches<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O</fw><fw place="bottom" type="catch">lange</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0253] des Landes Gvinea. daß dieſer neue Geſetz-Geber vermittelſt ſeiner vielfaͤl- tigen Ungerechtigkeit aufs aͤuſſerſte von jenen gehaſſet worden; allein ich will ſchweigen/ und anitzo bloß von dem Kauffmann zu Axim handeln/ was derſelbige/ als Richter/ vor Vortheile machen koͤnne. Wenn demnach ein Mohr zum Exempel eine Geld- Buſſe ſeines Verbrechens halber von hundert Thaler bezahlen muß/ ziehet der Kauffmann zwey Drittheil fuͤr ſich ab/ daß uͤbrige theilen die Caboceros insge- ſamt. Dafern aber wegen Diebſtahl/ Mord oder andern auffgenommenen Schulden das Geld gege- ben worden/ bekommt der Klaͤger drey Viertheil/ und das uͤbrige wird unter dem Kauffmann und Caboce- ros vertheilet/ nemlich zwey Drittheil fuͤr den Kauff- mann/ und den Reſt fuͤr die Caboceros. Sehet ihr alſo/ daß es ungleich beſſer ſey Richter zu Axim als in Europa zu ſeyn/ wenigſtens in Anſehung der Acci- dentien und Gewinſte die er rechtmaͤßiger Weiſe ma- chen kan/ denn ich rechne nicht was unbilliger Weiſe geſchiehet/ davon ich nichts ſagen auch nichts wiſſen mag. Denn die Mohren bezahlen ſehr gerne und wil- lig was dem Richter fuͤr ſeine Muͤhe gebuͤhret/ bekla- gen ſich auch niemahls ob ſey es zu viel/ (wenigſtens war es vor dieſen ſo) ja ſelbſt wenn der Kauffmann vor einen andern wegen rechtmaͤßiger Schulden Anfo- derung thut an jemanden/ wird ihm alſobald der vierte Theil vom Gelde fuͤr ſeine Muͤhe von dieſen zugeſtellet/ und dieſes ſo richtig und gutwillig/ daß niemahls der geringſte Streit deßfalls ſich eraͤugnet. Anitzo muß ich euch erzehlen was mir zu Axim wi- derfahren/ als ich daſelbſt als Kauffmann die Regie- rung fuͤhrete. Es waren im Lande Ancober, welches lange O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/253
Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/253>, abgerufen am 22.11.2024.