Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.Beschreibung lange Jahre unter Axim gestanden/ zwey Caboceros,beyde von grossen Ansehen/ lange Jahre unter einan- der streitig gewesen/ daß einer des andern gebohrner Sclave wäre/ und folglich ihm zugehörete. Diese nun waren einander schnur stracks mit ihrer Anfoderung zuwider/ da einjeder sein Recht mit so viel Gründen und Beweißthümern suchte zu behaupten/ daß auch die Gerichts-Herren zu Ancober die Sache nicht zu Ende bringen konnten. Weil sie aber gerne aus ein- ander seyn wolten/ wurden sie schlüßig die Sache vor mich und zu meiner gerichtlichen Erkennung gelangen zu lassen. Nicht weil sie mir mehr Geschickligkeit zu- traueten als ihren Landesleuten oder ansehnlichem Ge- richte/ sondern weil sie suchten durch meine Persohn geschieden zu seyn. Kahmen demnach in mein durch- lauchtiges Gerichte zum Verhör/ dazu ich einen gan- tzen Tag anwenden muste/ dennoch nicht leugnen kan/ daß ich am Ende so viel als am Anfang von der Sache gewußt habe; denn einjeder hatte so viele Zeugen/ daß sie beyderseits gleiches Recht zu haben schienen/ so daß dem einen oder andern weder zu noch abgesprochen werden konnte. Gleichwol um sie aus einander zu brin- gen/ fragte ich ob sie es beyde auf meinen Schluß wolten ankommen lassen/ daß sie mit Ja beantworteten. Darauf gab ich ihnen die allerbesten Worte/ vorstellend/ es wä- re beyderseitiges Vorbringen so wohl gegründet/ daß es ohnmöglich wäre zu sagen welcher Recht oder Un- recht hätte; daß ihre vorgestellete Zeugen viel zu jung wären ihre alte Zwistigkeiten zu bezeugen/ diejenigen aber welche hiezu tüchtig/ wären albereit verstorben/ ihre itzige aber nichts anders als von hören-sagen Zeugniß ablegen könnten. Nachdem ich also mit er- sinn-
Beſchreibung lange Jahre unter Axim geſtanden/ zwey Caboceros,beyde von groſſen Anſehen/ lange Jahre unter einan- der ſtreitig geweſen/ daß einer des andern gebohrner Sclave waͤre/ und folglich ihm zugehoͤrete. Dieſe nun waren einander ſchnur ſtracks mit ihrer Anfoderung zuwider/ da einjeder ſein Recht mit ſo viel Gruͤnden und Beweißthuͤmern ſuchte zu behaupten/ daß auch die Gerichts-Herren zu Ancober die Sache nicht zu Ende bringen konnten. Weil ſie aber gerne aus ein- ander ſeyn wolten/ wurden ſie ſchluͤßig die Sache vor mich und zu meiner gerichtlichen Erkennung gelangen zu laſſen. Nicht weil ſie mir mehr Geſchickligkeit zu- traueten als ihren Landesleuten oder anſehnlichem Ge- richte/ ſondern weil ſie ſuchten durch meine Perſohn geſchieden zu ſeyn. Kahmen demnach in mein durch- lauchtiges Gerichte zum Verhoͤr/ dazu ich einen gan- tzen Tag anwenden muſte/ dennoch nicht leugnen kan/ daß ich am Ende ſo viel als am Anfang von der Sache gewußt habe; denn einjeder hatte ſo viele Zeugen/ daß ſie beyderſeits gleiches Recht zu haben ſchienen/ ſo daß dem einen oder andern weder zu noch abgeſprochen werden konnte. Gleichwol um ſie aus einander zu brin- gen/ fragte ich ob ſie es beyde auf meinen Schluß wolten ankom̃en laſſen/ daß ſie mit Ja beantworteten. Darauf gab ich ihnen die allerbeſten Worte/ vorſtellend/ es waͤ- re beyderſeitiges Vorbringen ſo wohl gegruͤndet/ daß es ohnmoͤglich waͤre zu ſagen welcher Recht oder Un- recht haͤtte; daß ihre vorgeſtellete Zeugen viel zu jung waͤren ihre alte Zwiſtigkeiten zu bezeugen/ diejenigen aber welche hiezu tuͤchtig/ waͤren albereit verſtorben/ ihre itzige aber nichts anders als von hoͤren-ſagen Zeugniß ablegen koͤnnten. Nachdem ich alſo mit er- ſinn-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0254" n="210"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Beſchreibung</hi></fw><lb/> lange Jahre unter <hi rendition="#aq">Axim</hi> geſtanden/ zwey <hi rendition="#aq">Caboceros,</hi><lb/> beyde von groſſen Anſehen/ lange Jahre unter einan-<lb/> der ſtreitig geweſen/ daß einer des andern gebohrner<lb/> Sclave waͤre/ und folglich ihm zugehoͤrete. Dieſe nun<lb/> waren einander ſchnur ſtracks mit ihrer Anfoderung<lb/> zuwider/ da einjeder ſein Recht mit ſo viel Gruͤnden<lb/> und Beweißthuͤmern ſuchte zu behaupten/ daß auch<lb/> die Gerichts-Herren zu <hi rendition="#aq">Ancober</hi> die Sache nicht zu<lb/> Ende bringen konnten. Weil ſie aber gerne aus ein-<lb/> ander ſeyn wolten/ wurden ſie ſchluͤßig die Sache vor<lb/> mich und zu meiner gerichtlichen Erkennung gelangen<lb/> zu laſſen. Nicht weil ſie mir mehr Geſchickligkeit zu-<lb/> traueten als ihren Landesleuten oder anſehnlichem Ge-<lb/> richte/ ſondern weil ſie ſuchten durch meine Perſohn<lb/> geſchieden zu ſeyn. Kahmen demnach in mein durch-<lb/> lauchtiges Gerichte zum Verhoͤr/ dazu ich einen gan-<lb/> tzen Tag anwenden muſte/ dennoch nicht leugnen kan/<lb/> daß ich am Ende ſo viel als am Anfang von der Sache<lb/> gewußt habe; denn einjeder hatte ſo viele Zeugen/ daß<lb/> ſie beyderſeits gleiches Recht zu haben ſchienen/ ſo daß<lb/> dem einen oder andern weder zu noch abgeſprochen<lb/> werden konnte. Gleichwol um ſie aus einander zu brin-<lb/> gen/ fragte ich ob ſie es beyde auf meinen Schluß wolten<lb/> ankom̃en laſſen/ daß ſie mit Ja beantworteten. Darauf<lb/> gab ich ihnen die allerbeſten Worte/ vorſtellend/ es waͤ-<lb/> re beyderſeitiges Vorbringen ſo wohl gegruͤndet/ daß<lb/> es ohnmoͤglich waͤre zu ſagen welcher Recht oder Un-<lb/> recht haͤtte; daß ihre vorgeſtellete Zeugen viel zu jung<lb/> waͤren ihre alte Zwiſtigkeiten zu bezeugen/ diejenigen<lb/> aber welche hiezu tuͤchtig/ waͤren albereit verſtorben/<lb/> ihre itzige aber nichts anders als von hoͤren-ſagen<lb/> Zeugniß ablegen koͤnnten. Nachdem ich alſo mit er-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſinn-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [210/0254]
Beſchreibung
lange Jahre unter Axim geſtanden/ zwey Caboceros,
beyde von groſſen Anſehen/ lange Jahre unter einan-
der ſtreitig geweſen/ daß einer des andern gebohrner
Sclave waͤre/ und folglich ihm zugehoͤrete. Dieſe nun
waren einander ſchnur ſtracks mit ihrer Anfoderung
zuwider/ da einjeder ſein Recht mit ſo viel Gruͤnden
und Beweißthuͤmern ſuchte zu behaupten/ daß auch
die Gerichts-Herren zu Ancober die Sache nicht zu
Ende bringen konnten. Weil ſie aber gerne aus ein-
ander ſeyn wolten/ wurden ſie ſchluͤßig die Sache vor
mich und zu meiner gerichtlichen Erkennung gelangen
zu laſſen. Nicht weil ſie mir mehr Geſchickligkeit zu-
traueten als ihren Landesleuten oder anſehnlichem Ge-
richte/ ſondern weil ſie ſuchten durch meine Perſohn
geſchieden zu ſeyn. Kahmen demnach in mein durch-
lauchtiges Gerichte zum Verhoͤr/ dazu ich einen gan-
tzen Tag anwenden muſte/ dennoch nicht leugnen kan/
daß ich am Ende ſo viel als am Anfang von der Sache
gewußt habe; denn einjeder hatte ſo viele Zeugen/ daß
ſie beyderſeits gleiches Recht zu haben ſchienen/ ſo daß
dem einen oder andern weder zu noch abgeſprochen
werden konnte. Gleichwol um ſie aus einander zu brin-
gen/ fragte ich ob ſie es beyde auf meinen Schluß wolten
ankom̃en laſſen/ daß ſie mit Ja beantworteten. Darauf
gab ich ihnen die allerbeſten Worte/ vorſtellend/ es waͤ-
re beyderſeitiges Vorbringen ſo wohl gegruͤndet/ daß
es ohnmoͤglich waͤre zu ſagen welcher Recht oder Un-
recht haͤtte; daß ihre vorgeſtellete Zeugen viel zu jung
waͤren ihre alte Zwiſtigkeiten zu bezeugen/ diejenigen
aber welche hiezu tuͤchtig/ waͤren albereit verſtorben/
ihre itzige aber nichts anders als von hoͤren-ſagen
Zeugniß ablegen koͤnnten. Nachdem ich alſo mit er-
ſinn-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |