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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung

Bey Entledigung ihrer Gefangenschafft wird von
den Geistlichen ihnen scharff verboten/ nichts zu sa-
gen wie sie zu dieser Gefangenschafft gekommen/ nicht
anders als hätte die einige Schlange hieran Schuld/
mit dem Bedrohen/ falls sie etwas anders sich würden
mercken lassen/ zu dem Feuer solten verdammet wer-
den. Wozu es denn an Macht und Grausamkeit gar
nicht fehlet/ ihr Bedrohen zu vollführen/ im fall es
durch diese Leute auskäme.

Es erzehlte mir hiebey der obige Mohr eine sehr ar-
tige Begebenheit/ welche ihm mit seiner Weiber einer
begegnet. Es hätte nemlich diese auf Ansuchen derer
Geistlichen sich gestellet als wäre sie gantz toll und hätte
alles in Stücken gebrochen. Er hingegen hätte sol-
ches gantz andersverstanden/ und weil er wol wuste wo
diese Unsinnigkeit herrührte/ sie bey der Hand gefasset/
nicht anders als wolte er sie nach dem besagten Hause
hin leiten/ wie er aber an den Ort gekommen wo
recht gegen über die Brandenburgischen kurtz zuvor
wegen Erhandlung einiger Sclaven in Fida sich ein-
gefunden/ hätte er sie mit einem mahl herein gerissen/
und denen Brandenburgischen zum Verkauff darge-
stellet. Kaum hatte sein Weib diesen Handel gespü-
ret/ wäre sie augenblicklich ihrer Tollheit befreyet/ dem
Mann zu Fusse gefallen/ und flehentlich um Verzei-
hung angehalten/ mit dem Versprechen/ niemahls
hinführo wieder in Tollheit zu verfallen. Darauff er
dieses mahl gegen gethanes Versprechen sie noch über-
sehen/ indem sie der Unsinnigkeit und der Schlange ent-
lediget; er aber sonst gehöriger Unkosten entohniget wäre.
Jch muß gestehen/ daß dieses ein verwegenes Werck ge-

wesen/
Beſchreibung

Bey Entledigung ihrer Gefangenſchafft wird von
den Geiſtlichen ihnen ſcharff verboten/ nichts zu ſa-
gen wie ſie zu dieſer Gefangenſchafft gekommen/ nicht
anders als haͤtte die einige Schlange hieran Schuld/
mit dem Bedrohen/ falls ſie etwas anders ſich wuͤrden
mercken laſſen/ zu dem Feuer ſolten verdammet wer-
den. Wozu es denn an Macht und Grauſamkeit gar
nicht fehlet/ ihr Bedrohen zu vollfuͤhren/ im fall es
durch dieſe Leute auskaͤme.

Es erzehlte mir hiebey der obige Mohr eine ſehr ar-
tige Begebenheit/ welche ihm mit ſeiner Weiber einer
begegnet. Es haͤtte nemlich dieſe auf Anſuchen derer
Geiſtlichen ſich geſtellet als waͤre ſie gantz toll und haͤtte
alles in Stuͤcken gebrochen. Er hingegen haͤtte ſol-
ches gantz andersverſtanden/ und weil er wol wuſte wo
dieſe Unſinnigkeit herruͤhrte/ ſie bey der Hand gefaſſet/
nicht anders als wolte er ſie nach dem beſagten Hauſe
hin leiten/ wie er aber an den Ort gekommen wo
recht gegen uͤber die Brandenburgiſchen kurtz zuvor
wegen Erhandlung einiger Sclaven in Fida ſich ein-
gefunden/ haͤtte er ſie mit einem mahl herein geriſſen/
und denen Brandenburgiſchen zum Verkauff darge-
ſtellet. Kaum hatte ſein Weib dieſen Handel geſpuͤ-
ret/ waͤre ſie augenblicklich ihrer Tollheit befreyet/ dem
Mann zu Fuſſe gefallen/ und flehentlich um Verzei-
hung angehalten/ mit dem Verſprechen/ niemahls
hinfuͤhro wieder in Tollheit zu verfallen. Darauff er
dieſes mahl gegen gethanes Verſprechen ſie noch uͤber-
ſehen/ indem ſie der Unſinnigkeit und der Schlange ent-
lediget; er aber ſonſt gehoͤriger Unkoſtẽ entohniget waͤre.
Jch muß geſtehen/ daß dieſes ein verwegenes Werck ge-

weſen/
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[452/0508] Beſchreibung Bey Entledigung ihrer Gefangenſchafft wird von den Geiſtlichen ihnen ſcharff verboten/ nichts zu ſa- gen wie ſie zu dieſer Gefangenſchafft gekommen/ nicht anders als haͤtte die einige Schlange hieran Schuld/ mit dem Bedrohen/ falls ſie etwas anders ſich wuͤrden mercken laſſen/ zu dem Feuer ſolten verdammet wer- den. Wozu es denn an Macht und Grauſamkeit gar nicht fehlet/ ihr Bedrohen zu vollfuͤhren/ im fall es durch dieſe Leute auskaͤme. Es erzehlte mir hiebey der obige Mohr eine ſehr ar- tige Begebenheit/ welche ihm mit ſeiner Weiber einer begegnet. Es haͤtte nemlich dieſe auf Anſuchen derer Geiſtlichen ſich geſtellet als waͤre ſie gantz toll und haͤtte alles in Stuͤcken gebrochen. Er hingegen haͤtte ſol- ches gantz andersverſtanden/ und weil er wol wuſte wo dieſe Unſinnigkeit herruͤhrte/ ſie bey der Hand gefaſſet/ nicht anders als wolte er ſie nach dem beſagten Hauſe hin leiten/ wie er aber an den Ort gekommen wo recht gegen uͤber die Brandenburgiſchen kurtz zuvor wegen Erhandlung einiger Sclaven in Fida ſich ein- gefunden/ haͤtte er ſie mit einem mahl herein geriſſen/ und denen Brandenburgiſchen zum Verkauff darge- ſtellet. Kaum hatte ſein Weib dieſen Handel geſpuͤ- ret/ waͤre ſie augenblicklich ihrer Tollheit befreyet/ dem Mann zu Fuſſe gefallen/ und flehentlich um Verzei- hung angehalten/ mit dem Verſprechen/ niemahls hinfuͤhro wieder in Tollheit zu verfallen. Darauff er dieſes mahl gegen gethanes Verſprechen ſie noch uͤber- ſehen/ indem ſie der Unſinnigkeit und der Schlange ent- lediget; er aber ſonſt gehoͤriger Unkoſtẽ entohniget waͤre. Jch muß geſtehen/ daß dieſes ein verwegenes Werck ge- weſen/

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/508>, abgerufen am 17.06.2024.