Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.Beschreibung. um und sahe nach derjenigen so über unsern Köpffenauf dem Tisch lage/ mit Vermelden daß ich besorget wäre es müste diese von Hunger sterben/ weil sie all- bereit 15. Tage gefastet/ daferne sie nicht bald Abschied nehmen würde. Dar auf mir ein sicherer Herr ant- wortete es wüste die Schlange schon ihr bescheiden Theil aus gegenwärtigen Schüsseln zu nehmen/ ohn- geachtet ich solches nicht gewahr würde. Dieses nun macht ich mir trefflich zu Nutze/ denn als ich folgenden Morgen bey dem König kam/ sagte ich zu ihm in Bey- seyn vieler andere/ daß einer von ihren Göttern so kühn gewesen/ und zu meiner Taffel ohngeladen sich einge- funden hätte/ folglich nicht unbillig wäre daß man mich bezahlete/ anders ich genöthiget würde/ denselben zu verjagen. Der König bezeugete hierüber ein gnädi- ges Gefallen/ und sagte/ ich möchte die Schlange gantz zu frieden lassen/ so wolte er uns beyde mit gehöri- gen Nothwendigkeiten versehen; wie es denn auch würcklich geschahe/ da ich bey meiner Anheimkunfft einen trefflichen fetten Ochsen geschickt bekame/ zur Bezahlung dessen was die Schlange verzehret. Jn Warheit ich muß gestehen daß auf solche Art alle Gottheiten des gantzen Landes unterhalten wollte/ mas- sen ich nicht würde zu kurtz kommen. Das beste ist daß diese Schlangen dem Menschen hier-
Beſchreibung. um und ſahe nach derjenigen ſo uͤber unſern Koͤpffenauf dem Tiſch lage/ mit Vermelden daß ich beſorget waͤre es muͤſte dieſe von Hunger ſterben/ weil ſie all- bereit 15. Tage gefaſtet/ daferne ſie nicht bald Abſchied nehmen wuͤrde. Dar auf mir ein ſicherer Herr ant- wortete es wuͤſte die Schlange ſchon ihr beſcheiden Theil aus gegenwaͤrtigen Schuͤſſeln zu nehmen/ ohn- geachtet ich ſolches nicht gewahr wuͤrde. Dieſes nun macht ich mir trefflich zu Nutze/ denn als ich folgenden Morgen bey dem Koͤnig kam/ ſagte ich zu ihm in Bey- ſeyn vieler andere/ daß einer von ihren Goͤttern ſo kuͤhn geweſen/ und zu meiner Taffel ohngeladen ſich einge- funden haͤtte/ folglich nicht unbillig waͤre daß man mich bezahlete/ anders ich genoͤthiget wuͤrde/ denſelben zu verjagen. Der Koͤnig bezeugete hieruͤber ein gnaͤdi- ges Gefallen/ und ſagte/ ich moͤchte die Schlange gantz zu frieden laſſen/ ſo wolte er uns beyde mit gehoͤri- gen Nothwendigkeiten verſehen; wie es denn auch wuͤrcklich geſchahe/ da ich bey meiner Anheimkunfft einen trefflichen fetten Ochſen geſchickt bekame/ zur Bezahlung deſſen was die Schlange verzehret. Jn Warheit ich muß geſtehen daß auf ſolche Art alle Gottheiten des gantzen Landes unterhalten wollte/ maſ- ſen ich nicht wuͤrde zu kurtz kommen. Das beſte iſt daß dieſe Schlangen dem Menſchen hier-
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Beſchreibung.
um und ſahe nach derjenigen ſo uͤber unſern Koͤpffen
auf dem Tiſch lage/ mit Vermelden daß ich beſorget
waͤre es muͤſte dieſe von Hunger ſterben/ weil ſie all-
bereit 15. Tage gefaſtet/ daferne ſie nicht bald Abſchied
nehmen wuͤrde. Dar auf mir ein ſicherer Herr ant-
wortete es wuͤſte die Schlange ſchon ihr beſcheiden
Theil aus gegenwaͤrtigen Schuͤſſeln zu nehmen/ ohn-
geachtet ich ſolches nicht gewahr wuͤrde. Dieſes nun
macht ich mir trefflich zu Nutze/ denn als ich folgenden
Morgen bey dem Koͤnig kam/ ſagte ich zu ihm in Bey-
ſeyn vieler andere/ daß einer von ihren Goͤttern ſo kuͤhn
geweſen/ und zu meiner Taffel ohngeladen ſich einge-
funden haͤtte/ folglich nicht unbillig waͤre daß man mich
bezahlete/ anders ich genoͤthiget wuͤrde/ denſelben zu
verjagen. Der Koͤnig bezeugete hieruͤber ein gnaͤdi-
ges Gefallen/ und ſagte/ ich moͤchte die Schlange gantz
zu frieden laſſen/ ſo wolte er uns beyde mit gehoͤri-
gen Nothwendigkeiten verſehen; wie es denn auch
wuͤrcklich geſchahe/ da ich bey meiner Anheimkunfft
einen trefflichen fetten Ochſen geſchickt bekame/ zur
Bezahlung deſſen was die Schlange verzehret.
Jn Warheit ich muß geſtehen daß auf ſolche Art alle
Gottheiten des gantzen Landes unterhalten wollte/ maſ-
ſen ich nicht wuͤrde zu kurtz kommen.
Das beſte iſt daß dieſe Schlangen dem Menſchen
nichts uͤbels thun; man mag ſie entweder im Finſtern
treten oder von ihnen gebiſſen werden/ hat man vor dem
Stich ſo wenig ſich zu fuͤrchten/ als ob man von einer
Motte gebiſſen wuͤrde. Uberdem auch die Mohren uns
uͤberreden wollen/ es ſey gar geſund wenn man von ih-
nen gebiſſen wird/ angeſehen hernach man kein giffti-
ges Thier mehr zu beſorgen haͤtte. Allein ich geſtehe
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Zitationshilfe: | Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/514>, abgerufen am 17.06.2024. |