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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung
derer übrigen Mohren/ indem sie viele Götzen und fal-
sche Gottheiten verehren/ wegen Kürtze meiner damah-
ligen Anwesenheit aber nicht erfahren können wer sie
seynd/ und was sie davon halten. Die wenige Scheu so
sie vor einander haben/ kan auch Beweiß genung ge-
ben/ daß ihr Regiment in schlechtem Stande/ so daß
schier ein jeder sein eigen Herr ist/ und nichts um ihren
König/ weniger noch um ihren Printzen geben; folglich
diese Herren nur den blossen Nahmen führen/ ohne die
geringste Autorität oder Ansehen zu haben.

Der heutige König lässet sich das Wohlseyn seines
Hauses trefflich angelegen seyn/ und arbeitet täglich mit
dem Schmiede-Handwerck etwas zu verdienen. An-
dern Theils ist er nicht säumig hin und wieder einige
Gewinste zu machen/ wenn er seine Weiber denen Eu-
ropäern Zeit ihres Daseyns vor einen billigen Preiß
abstehet. Sonsten ist er nicht ein Haar besser als der ge-
ringste von seinen Unterthanen.

Meistentheils seynd sie groß/ starck/ und ziemlich ge-
schickt von Leibe. Jhr Haar reiben sie mit Elephanten
und Büffel-Ochsen Schmaltz/ nebst einer gewissen
rothen Farbe/ dadurch sie ungemein stincken. Jnson-
der heit haben die Weiber einen so heßlichen Geruch/
daß man nebst ihnen ohne in Ohnmacht zu fallen/ nicht
dauren kan. Nichts destoweniger unterlassen sie nicht
dieselbige dem ersten den besten vor ein Billiges darzu-
bieten/ auch wol vor ein schlechtes Messer eine Zeitlang
abzustehen; wie wol man sehr verderbten Geschmack ha-
ben müste/ fals man sich mit diesen heßlichen Creatu-
ren einlassen wolte.

Sie leben wie ich glaube meistens von dem Fischfang
und Jägerey/ denn um den Landbau bekümmern sie

sich

Beſchreibung
derer uͤbrigen Mohren/ indem ſie viele Goͤtzen und fal-
ſche Gottheiten verehren/ wegen Kuͤrtze meiner damah-
ligen Anweſenheit aber nicht erfahren koͤnnen wer ſie
ſeynd/ und was ſie davon halten. Die wenige Scheu ſo
ſie vor einander haben/ kan auch Beweiß genung ge-
ben/ daß ihr Regiment in ſchlechtem Stande/ ſo daß
ſchier ein jeder ſein eigen Herr iſt/ und nichts um ihren
Koͤnig/ weniger noch um ihren Printzen geben; folglich
dieſe Herren nur den bloſſen Nahmen fuͤhren/ ohne die
geringſte Autoritaͤt oder Anſehen zu haben.

Der heutige Koͤnig laͤſſet ſich das Wohlſeyn ſeines
Hauſes trefflich angelegen ſeyn/ uñ arbeitet taͤglich mit
dem Schmiede-Handwerck etwas zu verdienen. An-
dern Theils iſt er nicht ſaͤumig hin und wieder einige
Gewinſte zu machen/ wenn er ſeine Weiber denen Eu-
ropaͤern Zeit ihres Daſeyns vor einen billigen Preiß
abſtehet. Sonſten iſt er nicht ein Haar beſſer als der ge-
ringſte von ſeinen Unterthanen.

Meiſtentheils ſeynd ſie groß/ ſtarck/ und ziemlich ge-
ſchickt von Leibe. Jhr Haar reiben ſie mit Elephanten
und Buͤffel-Ochſen Schmaltz/ nebſt einer gewiſſen
rothen Farbe/ dadurch ſie ungemein ſtincken. Jnſon-
der heit haben die Weiber einen ſo heßlichen Geruch/
daß man nebſt ihnen ohne in Ohnmacht zu fallen/ nicht
dauren kan. Nichts deſtoweniger unterlaſſen ſie nicht
dieſelbige dem erſten den beſten vor ein Billiges darzu-
bieten/ auch wol vor ein ſchlechtes Meſſer eine Zeitlang
abzuſtehen; wie wol man ſehr verderbten Geſchmack ha-
ben muͤſte/ fals man ſich mit dieſen heßlichen Creatu-
ren einlaſſen wolte.

Sie leben wie ich glaube meiſtens von dem Fiſchfang
und Jaͤgerey/ denn um den Landbau bekuͤmmern ſie

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[490/0550] Beſchreibung derer uͤbrigen Mohren/ indem ſie viele Goͤtzen und fal- ſche Gottheiten verehren/ wegen Kuͤrtze meiner damah- ligen Anweſenheit aber nicht erfahren koͤnnen wer ſie ſeynd/ und was ſie davon halten. Die wenige Scheu ſo ſie vor einander haben/ kan auch Beweiß genung ge- ben/ daß ihr Regiment in ſchlechtem Stande/ ſo daß ſchier ein jeder ſein eigen Herr iſt/ und nichts um ihren Koͤnig/ weniger noch um ihren Printzen geben; folglich dieſe Herren nur den bloſſen Nahmen fuͤhren/ ohne die geringſte Autoritaͤt oder Anſehen zu haben. Der heutige Koͤnig laͤſſet ſich das Wohlſeyn ſeines Hauſes trefflich angelegen ſeyn/ uñ arbeitet taͤglich mit dem Schmiede-Handwerck etwas zu verdienen. An- dern Theils iſt er nicht ſaͤumig hin und wieder einige Gewinſte zu machen/ wenn er ſeine Weiber denen Eu- ropaͤern Zeit ihres Daſeyns vor einen billigen Preiß abſtehet. Sonſten iſt er nicht ein Haar beſſer als der ge- ringſte von ſeinen Unterthanen. Meiſtentheils ſeynd ſie groß/ ſtarck/ und ziemlich ge- ſchickt von Leibe. Jhr Haar reiben ſie mit Elephanten und Buͤffel-Ochſen Schmaltz/ nebſt einer gewiſſen rothen Farbe/ dadurch ſie ungemein ſtincken. Jnſon- der heit haben die Weiber einen ſo heßlichen Geruch/ daß man nebſt ihnen ohne in Ohnmacht zu fallen/ nicht dauren kan. Nichts deſtoweniger unterlaſſen ſie nicht dieſelbige dem erſten den beſten vor ein Billiges darzu- bieten/ auch wol vor ein ſchlechtes Meſſer eine Zeitlang abzuſtehen; wie wol man ſehr verderbten Geſchmack ha- ben muͤſte/ fals man ſich mit dieſen heßlichen Creatu- ren einlaſſen wolte. Sie leben wie ich glaube meiſtens von dem Fiſchfang und Jaͤgerey/ denn um den Landbau bekuͤmmern ſie ſich

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/550>, abgerufen am 17.06.2024.