sogleich völlig aus, wenn man den bei A gehaltenen Finger wegnimmt, indem dann ab die hinaufgehende, und bc, die herab- gehende Heberröhre ist. Daß der Scherz darin besteht, den, der das Gefäß gefüllt empfängt, durch die unvermuthete Aus- leerung, während er es ruhig hält, zu überraschen, erhellt leicht.
Die Natur scheint sich zuweilen der Heberröhre zu be- dienen, um ein ungleiches Abfließen der Gewässer hervorzu- bringen. Es giebt Quellen, die periodisch Wasser geben und dann eine Zeit lang zu fließen aufhören, nach einem gewissen Zeitverlaufe aber aufs Neue fortfließen. Diese Erscheinung kann man sich durch eine heberförmig an einander gereihte Folge von Röhren oder Höhlen erklären. Es sei nämlich AB (Fig. 129.) ein Behälter, der seinen immer gleichen Zufluß anders woher bei C empfängt, und DEF sei eine Heberröhre, so wird das Wasser bei F auszufließen anfangen, wenn der Behälter sich bis an GH gefüllt hat; dann aber wird durch den Druck der Luft bei GH das Ausfließen in F auch dann noch unterhalten, wenn die Oberfläche wegen zu geringen Zu- flusses unter G hinabsinkt, und der Behälter leert sich, während immer etwas Wasser bei C zufließt, dennoch ganz bis an D aus. Nachdem dies geschehen ist, hört das Abfließen auf, und die bei F Wasser gebende Quelle scheint versiegt zu sein, bis das zuströmende Wasser ein neues Anfüllen bis an G bewirkt hat. Auf ähnliche Weise erklärt man die Erscheinungen des Czirknitzer Sees, der zu gewissen Jahreszeiten ganz frei von Wasser wird, und in dessen Boden man Oeffnungen bemerkt, die zu solchen Zeiten dem Wasser einen schnellen Abfluß gestatten.
Noch einen sehr merkwürdigen Vortheil kann uns der Heber gewähren. Wir wünschen manchmal eine Flüssigkeit, die sich unter einer leichtern befindet, abzuzapfen, ohne diese mit ab- fließen zu lassen, und dies läßt sich vermittelst des Hebers aus- führen. Man bringt nämlich eine enge Heberröhre (Fig. 127.) mit dem Ende B, während man A mit dem Finger geschlossen hält, durch die obere Schichte hindurch, die man nicht stören will, saugt nun bei A, damit der Heber sich mit der untern Flüssigkeit fülle, und läßt die bei B eintretende Flüssigkeit aus-
ſogleich voͤllig aus, wenn man den bei A gehaltenen Finger wegnimmt, indem dann ab die hinaufgehende, und bc, die herab- gehende Heberroͤhre iſt. Daß der Scherz darin beſteht, den, der das Gefaͤß gefuͤllt empfaͤngt, durch die unvermuthete Aus- leerung, waͤhrend er es ruhig haͤlt, zu uͤberraſchen, erhellt leicht.
Die Natur ſcheint ſich zuweilen der Heberroͤhre zu be- dienen, um ein ungleiches Abfließen der Gewaͤſſer hervorzu- bringen. Es giebt Quellen, die periodiſch Waſſer geben und dann eine Zeit lang zu fließen aufhoͤren, nach einem gewiſſen Zeitverlaufe aber aufs Neue fortfließen. Dieſe Erſcheinung kann man ſich durch eine heberfoͤrmig an einander gereihte Folge von Roͤhren oder Hoͤhlen erklaͤren. Es ſei naͤmlich AB (Fig. 129.) ein Behaͤlter, der ſeinen immer gleichen Zufluß anders woher bei C empfaͤngt, und DEF ſei eine Heberroͤhre, ſo wird das Waſſer bei F auszufließen anfangen, wenn der Behaͤlter ſich bis an GH gefuͤllt hat; dann aber wird durch den Druck der Luft bei GH das Ausfließen in F auch dann noch unterhalten, wenn die Oberflaͤche wegen zu geringen Zu- fluſſes unter G hinabſinkt, und der Behaͤlter leert ſich, waͤhrend immer etwas Waſſer bei C zufließt, dennoch ganz bis an D aus. Nachdem dies geſchehen iſt, hoͤrt das Abfließen auf, und die bei F Waſſer gebende Quelle ſcheint verſiegt zu ſein, bis das zuſtroͤmende Waſſer ein neues Anfuͤllen bis an G bewirkt hat. Auf aͤhnliche Weiſe erklaͤrt man die Erſcheinungen des Czirknitzer Sees, der zu gewiſſen Jahreszeiten ganz frei von Waſſer wird, und in deſſen Boden man Oeffnungen bemerkt, die zu ſolchen Zeiten dem Waſſer einen ſchnellen Abfluß geſtatten.
Noch einen ſehr merkwuͤrdigen Vortheil kann uns der Heber gewaͤhren. Wir wuͤnſchen manchmal eine Fluͤſſigkeit, die ſich unter einer leichtern befindet, abzuzapfen, ohne dieſe mit ab- fließen zu laſſen, und dies laͤßt ſich vermittelſt des Hebers aus- fuͤhren. Man bringt naͤmlich eine enge Heberroͤhre (Fig. 127.) mit dem Ende B, waͤhrend man A mit dem Finger geſchloſſen haͤlt, durch die obere Schichte hindurch, die man nicht ſtoͤren will, ſaugt nun bei A, damit der Heber ſich mit der untern Fluͤſſigkeit fuͤlle, und laͤßt die bei B eintretende Fluͤſſigkeit aus-
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der das Gefaͤß gefuͤllt empfaͤngt, durch die unvermuthete Aus-
leerung, waͤhrend er es ruhig haͤlt, zu uͤberraſchen, erhellt leicht.
Die Natur ſcheint ſich zuweilen der Heberroͤhre zu be-
dienen, um ein ungleiches Abfließen der Gewaͤſſer hervorzu-
bringen. Es giebt Quellen, die periodiſch Waſſer geben und
dann eine Zeit lang zu fließen aufhoͤren, nach einem gewiſſen
Zeitverlaufe aber aufs Neue fortfließen. Dieſe Erſcheinung
kann man ſich durch eine heberfoͤrmig an einander gereihte
Folge von Roͤhren oder Hoͤhlen erklaͤren. Es ſei naͤmlich AB
(Fig. 129.) ein Behaͤlter, der ſeinen immer gleichen Zufluß
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Behaͤlter ſich bis an GH gefuͤllt hat; dann aber wird durch
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immer etwas Waſſer bei C zufließt, dennoch ganz bis an D
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das zuſtroͤmende Waſſer ein neues Anfuͤllen bis an G bewirkt
hat. Auf aͤhnliche Weiſe erklaͤrt man die Erſcheinungen des
Czirknitzer Sees, der zu gewiſſen Jahreszeiten ganz frei von
Waſſer wird, und in deſſen Boden man Oeffnungen bemerkt,
die zu ſolchen Zeiten dem Waſſer einen ſchnellen Abfluß geſtatten.
Noch einen ſehr merkwuͤrdigen Vortheil kann uns der Heber
gewaͤhren. Wir wuͤnſchen manchmal eine Fluͤſſigkeit, die ſich
unter einer leichtern befindet, abzuzapfen, ohne dieſe mit ab-
fließen zu laſſen, und dies laͤßt ſich vermittelſt des Hebers aus-
fuͤhren. Man bringt naͤmlich eine enge Heberroͤhre (Fig. 127.)
mit dem Ende B, waͤhrend man A mit dem Finger geſchloſſen
haͤlt, durch die obere Schichte hindurch, die man nicht ſtoͤren
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/260>, abgerufen am 16.07.2024.
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