festgeknüpft, indem an B die erhaltende Kraft aufwärts zieht, so braucht diese offenbar nur so groß, als die Hälfte von P zu sein, da der Haken die eine Hälfte der Last trägt. Sind zwei verbundene Rollen F, G, die um ihre Axen frei beweglich sind, in I aufgehängt (Fig. 36.), und ist an den beiden andern ver- bundenen Rollen K, L, die Last P befestigt, so hängt diese, wenn das in M festgeknüpfte Seil, so wie MKNOQRSTV zeigt, um die Rollen geht, an vier Seilen MK, ON, QR, TS, und jedes Seil trägt nur ein Viertel der Last; die nach V ziehende Kraft von 10 Pfunden erhält ein Gewicht T = 40 Pfund. Soll aber die Last um 1 Fuß gehoben werden, so müssen alle vier Seile um 1 Fuß verkürzt werden, die in V angreifende Kraft muß also das Seil um 4 Fuß fortziehen, und der Gewinn an Kraft fordert einen in eben dem Verhältnisse größern Aufwand an Geschwindigkeit.
Moment.
Die ungleiche Wirksamkeit einer in größerer oder kleinerer Entfernung vom Drehungspuncte angebrachten Kraft nennt man ihr Moment, und man sagt daher, daß die Momente zweier Kräfte am Hebel oder am Rade mit der Welle gleich sind, wenn das Gleichgewicht besteht. Hieraus ist es denn auch verständlich warum man in gewissen Fällen die Reibung, wenn sie gleich an sich ebenso stark wirkt, für weniger nachtheilig als in andern Fällen zu halten hat, nämlich dann, wenn sie ein geringes Mo- ment hat. Wenn man die Welle AB des Rades CD (Fig. 29.) auf einer Unterlage ruhen läßt, so findet die Reibung an diesem Umfange statt; die Reibung selbst wird nicht geringer, wenn man die Welle auf dem dünnen Zapfen C ruhen läßt, aber jetzt wirkt der Widerstand der Reibung sehr nahe am Mittelpuncte und hat daher ein geringes Moment; -- wäre der Zapfen nur ein Zehntel so dick als die Welle, so würde die Reibung jetzt mit einer nur ein Zehntel so großen Kraft, als vorhin, überwunden werden. Aus diesem Grunde drehen sich die auf einem dünnen Fuße laufenden Kreisel so ungemein lange. Sie leiden allerdings an dem Fußpuncte eine Reibung, aber diese wirkt so nahe an der Drehungs-Axe, daß sie nur in geringem Grade zu Ver-
feſtgeknuͤpft, indem an B die erhaltende Kraft aufwaͤrts zieht, ſo braucht dieſe offenbar nur ſo groß, als die Haͤlfte von P zu ſein, da der Haken die eine Haͤlfte der Laſt traͤgt. Sind zwei verbundene Rollen F, G, die um ihre Axen frei beweglich ſind, in I aufgehaͤngt (Fig. 36.), und iſt an den beiden andern ver- bundenen Rollen K, L, die Laſt P befeſtigt, ſo haͤngt dieſe, wenn das in M feſtgeknuͤpfte Seil, ſo wie MKNOQRSTV zeigt, um die Rollen geht, an vier Seilen MK, ON, QR, TS, und jedes Seil traͤgt nur ein Viertel der Laſt; die nach V ziehende Kraft von 10 Pfunden erhaͤlt ein Gewicht T = 40 Pfund. Soll aber die Laſt um 1 Fuß gehoben werden, ſo muͤſſen alle vier Seile um 1 Fuß verkuͤrzt werden, die in V angreifende Kraft muß alſo das Seil um 4 Fuß fortziehen, und der Gewinn an Kraft fordert einen in eben dem Verhaͤltniſſe groͤßern Aufwand an Geſchwindigkeit.
Moment.
Die ungleiche Wirkſamkeit einer in groͤßerer oder kleinerer Entfernung vom Drehungspuncte angebrachten Kraft nennt man ihr Moment, und man ſagt daher, daß die Momente zweier Kraͤfte am Hebel oder am Rade mit der Welle gleich ſind, wenn das Gleichgewicht beſteht. Hieraus iſt es denn auch verſtaͤndlich warum man in gewiſſen Faͤllen die Reibung, wenn ſie gleich an ſich ebenſo ſtark wirkt, fuͤr weniger nachtheilig als in andern Faͤllen zu halten hat, naͤmlich dann, wenn ſie ein geringes Mo- ment hat. Wenn man die Welle AB des Rades CD (Fig. 29.) auf einer Unterlage ruhen laͤßt, ſo findet die Reibung an dieſem Umfange ſtatt; die Reibung ſelbſt wird nicht geringer, wenn man die Welle auf dem duͤnnen Zapfen C ruhen laͤßt, aber jetzt wirkt der Widerſtand der Reibung ſehr nahe am Mittelpuncte und hat daher ein geringes Moment; — waͤre der Zapfen nur ein Zehntel ſo dick als die Welle, ſo wuͤrde die Reibung jetzt mit einer nur ein Zehntel ſo großen Kraft, als vorhin, uͤberwunden werden. Aus dieſem Grunde drehen ſich die auf einem duͤnnen Fuße laufenden Kreiſel ſo ungemein lange. Sie leiden allerdings an dem Fußpuncte eine Reibung, aber dieſe wirkt ſo nahe an der Drehungs-Axe, daß ſie nur in geringem Grade zu Ver-
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[59/0081]
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in I aufgehaͤngt (Fig. 36.), und iſt an den beiden andern ver-
bundenen Rollen K, L, die Laſt P befeſtigt, ſo haͤngt dieſe, wenn
das in M feſtgeknuͤpfte Seil, ſo wie MKNOQRSTV zeigt, um
die Rollen geht, an vier Seilen MK, ON, QR, TS, und
jedes Seil traͤgt nur ein Viertel der Laſt; die nach V ziehende
Kraft von 10 Pfunden erhaͤlt ein Gewicht T = 40 Pfund. Soll
aber die Laſt um 1 Fuß gehoben werden, ſo muͤſſen alle vier
Seile um 1 Fuß verkuͤrzt werden, die in V angreifende Kraft
muß alſo das Seil um 4 Fuß fortziehen, und der Gewinn an
Kraft fordert einen in eben dem Verhaͤltniſſe groͤßern Aufwand
an Geſchwindigkeit.
Moment.
Die ungleiche Wirkſamkeit einer in groͤßerer oder kleinerer
Entfernung vom Drehungspuncte angebrachten Kraft nennt man
ihr Moment, und man ſagt daher, daß die Momente zweier
Kraͤfte am Hebel oder am Rade mit der Welle gleich ſind, wenn
das Gleichgewicht beſteht. Hieraus iſt es denn auch verſtaͤndlich
warum man in gewiſſen Faͤllen die Reibung, wenn ſie gleich an
ſich ebenſo ſtark wirkt, fuͤr weniger nachtheilig als in andern
Faͤllen zu halten hat, naͤmlich dann, wenn ſie ein geringes Mo-
ment hat. Wenn man die Welle AB des Rades CD (Fig. 29.)
auf einer Unterlage ruhen laͤßt, ſo findet die Reibung an dieſem
Umfange ſtatt; die Reibung ſelbſt wird nicht geringer, wenn man
die Welle auf dem duͤnnen Zapfen C ruhen laͤßt, aber jetzt wirkt
der Widerſtand der Reibung ſehr nahe am Mittelpuncte und
hat daher ein geringes Moment; — waͤre der Zapfen nur ein
Zehntel ſo dick als die Welle, ſo wuͤrde die Reibung jetzt mit
einer nur ein Zehntel ſo großen Kraft, als vorhin, uͤberwunden
werden. Aus dieſem Grunde drehen ſich die auf einem duͤnnen
Fuße laufenden Kreiſel ſo ungemein lange. Sie leiden allerdings
an dem Fußpuncte eine Reibung, aber dieſe wirkt ſo nahe an
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/81>, abgerufen am 16.02.2025.
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