eine grade Richtung übergehen, wo das Theilchen tief genug in den Körper CDH eingedrungen ist, um von allen Seiten gleiche Wirkung zu erleiden. Hier zeigt nun die Mechanik, daß das Theil- chen, wenn es mit einer bestimmten Geschwindigkeit ankam, bei dem Eindringen in den stärker anziehenden Körper eine größere und zwar eine nur von der Natur des Körpers CDH abhängende Ge- schwindigkeit erlangt, die nicht von dem Winkel, unter welchem das Theilchen auftrifft, abhängt; und aus diesem fest begründeten Satze der Mechanik geht es als nothwendige Folgerung hervor, daß der Sinus des Einfallswinkels zum Sinus des Brechungswinkels bei allen Richtungen des Strahls ein gleiches Verhältniß behalten muß, wenn die Körper, aus welchem und in welchen der Strahl übergeht, dieselben bleiben. Dieser Satz ist leicht zu erweisen. Of- fenbar nämlich wird der Fortgang des Lichttheilchens nach einer mit der Oberfläche CD parallelen Richtung durch die anziehende Kraft weder befördert noch gehindert, und wenn der Lichtstrahl in einer bestimmten Zeit von I nach K kam vor dem Eintritte und von K nach Lnach dem Eintritte, so ist IN = LM; daraus aber er- giebt sich sogleich, daß für KP = IK das Verhältniß der Senk- rechten IN, PQ immer gleich ist für alle Einfallswinkel, weil das Verhältniß der Geschwindigkeiten IK, KL, nicht von dem Ein- fallswinkel abhängt. Ich kann nun auch wohl, ohne unverständ- lich zu sein, hinzufügen: das Verhältniß dieser Senkrechten IN PQ, (die, wenn sie zu gleichen Entfernungen KI, KP, gehören, Sinus der Winkel IKN, PKQ, heißen,) ist mit dem umgekehr- ten Verhältniß der Geschwindigkeiten oder der in gleichen Zeiten durchlaufenen Räume KL, IK, einerlei. In Beziehung auf die hier gemachten hypothetischen Voraussetzungen sagen wir also, in einer Glas-Art, wo die Sinus des Einfallswinkels und des Bre- chungswinkels wie 1 zu 2/3 beim Eindringen oder wie 1 zu 11/2 beim Hervordringen in den leeren Raum sich verhalten, da ist die Ge- schwindigkeit des Lichtes 11/2 mal so groß im Glase als im luftlee- ren Raume, und diese roße Vermehrung der Geschwindigkeit des Lichtes wird im Eindringen so schnell hervorgebracht und beim Herausdringen so schnell wieder zerstört, daß unsre Sinne den Raum, in welchem diese Veränderung als allmählig eintretend vorgeht, durchaus nicht wahrnehmen können. Daß aber die
eine grade Richtung uͤbergehen, wo das Theilchen tief genug in den Koͤrper CDH eingedrungen iſt, um von allen Seiten gleiche Wirkung zu erleiden. Hier zeigt nun die Mechanik, daß das Theil- chen, wenn es mit einer beſtimmten Geſchwindigkeit ankam, bei dem Eindringen in den ſtaͤrker anziehenden Koͤrper eine groͤßere und zwar eine nur von der Natur des Koͤrpers CDH abhaͤngende Ge- ſchwindigkeit erlangt, die nicht von dem Winkel, unter welchem das Theilchen auftrifft, abhaͤngt; und aus dieſem feſt begruͤndeten Satze der Mechanik geht es als nothwendige Folgerung hervor, daß der Sinus des Einfallswinkels zum Sinus des Brechungswinkels bei allen Richtungen des Strahls ein gleiches Verhaͤltniß behalten muß, wenn die Koͤrper, aus welchem und in welchen der Strahl uͤbergeht, dieſelben bleiben. Dieſer Satz iſt leicht zu erweiſen. Of- fenbar naͤmlich wird der Fortgang des Lichttheilchens nach einer mit der Oberflaͤche CD parallelen Richtung durch die anziehende Kraft weder befoͤrdert noch gehindert, und wenn der Lichtſtrahl in einer beſtimmten Zeit von I nach K kam vor dem Eintritte und von K nach Lnach dem Eintritte, ſo iſt IN = LM; daraus aber er- giebt ſich ſogleich, daß fuͤr KP = IK das Verhaͤltniß der Senk- rechten IN, PQ immer gleich iſt fuͤr alle Einfallswinkel, weil das Verhaͤltniß der Geſchwindigkeiten IK, KL, nicht von dem Ein- fallswinkel abhaͤngt. Ich kann nun auch wohl, ohne unverſtaͤnd- lich zu ſein, hinzufuͤgen: das Verhaͤltniß dieſer Senkrechten IN PQ, (die, wenn ſie zu gleichen Entfernungen KI, KP, gehoͤren, Sinus der Winkel IKN, PKQ, heißen,) iſt mit dem umgekehr- ten Verhaͤltniß der Geſchwindigkeiten oder der in gleichen Zeiten durchlaufenen Raͤume KL, IK, einerlei. In Beziehung auf die hier gemachten hypothetiſchen Vorausſetzungen ſagen wir alſo, in einer Glas-Art, wo die Sinus des Einfallswinkels und des Bre- chungswinkels wie 1 zu ⅔ beim Eindringen oder wie 1 zu 1½ beim Hervordringen in den leeren Raum ſich verhalten, da iſt die Ge- ſchwindigkeit des Lichtes 1½ mal ſo groß im Glaſe als im luftlee- ren Raume, und dieſe roße Vermehrung der Geſchwindigkeit des Lichtes wird im Eindringen ſo ſchnell hervorgebracht und beim Herausdringen ſo ſchnell wieder zerſtoͤrt, daß unſre Sinne den Raum, in welchem dieſe Veraͤnderung als allmaͤhlig eintretend vorgeht, durchaus nicht wahrnehmen koͤnnen. Daß aber die
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eine grade Richtung uͤbergehen, wo das Theilchen tief genug in
den Koͤrper CDH eingedrungen iſt, um von allen Seiten gleiche
Wirkung zu erleiden. Hier zeigt nun die Mechanik, daß das Theil-
chen, wenn es mit einer beſtimmten Geſchwindigkeit ankam, bei
dem Eindringen in den ſtaͤrker anziehenden Koͤrper eine groͤßere und
zwar eine nur von der Natur des Koͤrpers CDH abhaͤngende Ge-
ſchwindigkeit erlangt, die nicht von dem Winkel, unter welchem
das Theilchen auftrifft, abhaͤngt; und aus dieſem feſt begruͤndeten
Satze der Mechanik geht es als nothwendige Folgerung hervor, daß
der Sinus des Einfallswinkels zum Sinus des Brechungswinkels
bei allen Richtungen des Strahls ein gleiches Verhaͤltniß behalten
muß, wenn die Koͤrper, aus welchem und in welchen der Strahl
uͤbergeht, dieſelben bleiben. Dieſer Satz iſt leicht zu erweiſen. Of-
fenbar naͤmlich wird der Fortgang des Lichttheilchens nach einer mit
der Oberflaͤche CD parallelen Richtung durch die anziehende Kraft
weder befoͤrdert noch gehindert, und wenn der Lichtſtrahl in einer
beſtimmten Zeit von I nach K kam vor dem Eintritte und von K
nach L nach dem Eintritte, ſo iſt IN = LM; daraus aber er-
giebt ſich ſogleich, daß fuͤr KP = IK das Verhaͤltniß der Senk-
rechten IN, PQ immer gleich iſt fuͤr alle Einfallswinkel, weil das
Verhaͤltniß der Geſchwindigkeiten IK, KL, nicht von dem Ein-
fallswinkel abhaͤngt. Ich kann nun auch wohl, ohne unverſtaͤnd-
lich zu ſein, hinzufuͤgen: das Verhaͤltniß dieſer Senkrechten IN
PQ, (die, wenn ſie zu gleichen Entfernungen KI, KP, gehoͤren,
Sinus der Winkel IKN, PKQ, heißen,) iſt mit dem umgekehr-
ten Verhaͤltniß der Geſchwindigkeiten oder der in gleichen Zeiten
durchlaufenen Raͤume KL, IK, einerlei. In Beziehung auf die
hier gemachten hypothetiſchen Vorausſetzungen ſagen wir alſo, in
einer Glas-Art, wo die Sinus des Einfallswinkels und des Bre-
chungswinkels wie 1 zu ⅔ beim Eindringen oder wie 1 zu 1½ beim
Hervordringen in den leeren Raum ſich verhalten, da iſt die Ge-
ſchwindigkeit des Lichtes 1½ mal ſo groß im Glaſe als im luftlee-
ren Raume, und dieſe roße Vermehrung der Geſchwindigkeit des
Lichtes wird im Eindringen ſo ſchnell hervorgebracht und beim
Herausdringen ſo ſchnell wieder zerſtoͤrt, daß unſre Sinne den
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/249>, abgerufen am 21.11.2024.
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