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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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Ring E in seiner Fassung fort, so daß der Spiegel nach und nach
einen Umlauf um die Axe des Rohres macht, so sieht man das
Bild der Flamme, wenn man auch die Stellung P des Auges so
ändert, daß man sie im Spiegel sieht, allmählig matter werden,
und wenn die Drehung von der ersten Stellung an um 90 Grade
fort gegangen ist, verschwindet dieses Bild fast gänzlich, so daß
man beinahe strenge sagen kann, die einmal reflectirten Strahlen
sind nun für eine zweite Reflexion unfähig geworden.

Diese merkwürdige Erscheinung, daß die einmal reflectirten
Strahlen nur bei bestimmter Stellung des zweiten Spiegels zu-
rückgeworfen werden, läßt sich, wenn man die Stellung der Spie-
gel, so daß sie 34 Grad gegen den Strahl geneigt sind, voraussetzt,
so ausdrücken, daß die zweite Reflexion ohne Schwierigkeit statt
findet, wenn beide Reflexions-Ebnen zusammenfallen, und daß die
Reflexion gänzlich verschwindet, wenn eben diese Ebnen auf einan-
der senkrecht sind. Wenn Sie überlegen, daß bei paralleler Stel-
lung der Spiegel das zweimal zurückgeworfene Bild sich zeigt, daß
bei einer Drehung des Ringes E um 90° nach einer oder der an-
dern Seite das Bild verschwindet, und -- was ich zum Vorigen
noch hinzufügen muß, -- daß es bei einer über 90° fortgehenden
Drehung allmählig wieder erscheint und bei 180° seine ganze Hel-
ligkeit wieder erhält; so werden Sie diese Ausdrücke gewiß ver-
stehen.

Wählt man für die Stellung der Spiegel an den Gradbogen
einen von 34° verschiedenen Winkel, so verliert zwar bei der
Drehung des zweiten Spiegels das Bild an Glanz, aber nicht in
so bedeutendem Maaße, und jener Winkel heißt daher der eigent-
liche Polarisationswinkel, und die unter diesem Winkel
zurückgeworfenen Strahlen heißen polarisirte Strahlen,
polarisirtes Licht.

Da es angenehm ist, einen so merkwürdigen Versuch auch
ohne Hülfe von Instrumenten anstellen zu können, so will ich noch
eine zwar minder vollkommene, aber leicht einzurichtende Anord-
nung des Versuches angeben. Man legt (Fig. 142.) ein gewöhn-
liches dreieckiges Lineal, dessen Winkel A man zu 34 Grad hat
schneiden lassen, horizontal, stellt in ab ein gutes ebnes Glas, das
man an der Hinterseite mit Tusche geschwärzt hat, vertical auf,

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Ring E in ſeiner Faſſung fort, ſo daß der Spiegel nach und nach
einen Umlauf um die Axe des Rohres macht, ſo ſieht man das
Bild der Flamme, wenn man auch die Stellung P des Auges ſo
aͤndert, daß man ſie im Spiegel ſieht, allmaͤhlig matter werden,
und wenn die Drehung von der erſten Stellung an um 90 Grade
fort gegangen iſt, verſchwindet dieſes Bild faſt gaͤnzlich, ſo daß
man beinahe ſtrenge ſagen kann, die einmal reflectirten Strahlen
ſind nun fuͤr eine zweite Reflexion unfaͤhig geworden.

Dieſe merkwuͤrdige Erſcheinung, daß die einmal reflectirten
Strahlen nur bei beſtimmter Stellung des zweiten Spiegels zu-
ruͤckgeworfen werden, laͤßt ſich, wenn man die Stellung der Spie-
gel, ſo daß ſie 34 Grad gegen den Strahl geneigt ſind, vorausſetzt,
ſo ausdruͤcken, daß die zweite Reflexion ohne Schwierigkeit ſtatt
findet, wenn beide Reflexions-Ebnen zuſammenfallen, und daß die
Reflexion gaͤnzlich verſchwindet, wenn eben dieſe Ebnen auf einan-
der ſenkrecht ſind. Wenn Sie uͤberlegen, daß bei paralleler Stel-
lung der Spiegel das zweimal zuruͤckgeworfene Bild ſich zeigt, daß
bei einer Drehung des Ringes E um 90° nach einer oder der an-
dern Seite das Bild verſchwindet, und — was ich zum Vorigen
noch hinzufuͤgen muß, — daß es bei einer uͤber 90° fortgehenden
Drehung allmaͤhlig wieder erſcheint und bei 180° ſeine ganze Hel-
ligkeit wieder erhaͤlt; ſo werden Sie dieſe Ausdruͤcke gewiß ver-
ſtehen.

Waͤhlt man fuͤr die Stellung der Spiegel an den Gradbogen
einen von 34° verſchiedenen Winkel, ſo verliert zwar bei der
Drehung des zweiten Spiegels das Bild an Glanz, aber nicht in
ſo bedeutendem Maaße, und jener Winkel heißt daher der eigent-
liche Polariſationswinkel, und die unter dieſem Winkel
zuruͤckgeworfenen Strahlen heißen polariſirte Strahlen,
polariſirtes Licht.

Da es angenehm iſt, einen ſo merkwuͤrdigen Verſuch auch
ohne Huͤlfe von Inſtrumenten anſtellen zu koͤnnen, ſo will ich noch
eine zwar minder vollkommene, aber leicht einzurichtende Anord-
nung des Verſuches angeben. Man legt (Fig. 142.) ein gewoͤhn-
liches dreieckiges Lineal, deſſen Winkel A man zu 34 Grad hat
ſchneiden laſſen, horizontal, ſtellt in ab ein gutes ebnes Glas, das
man an der Hinterſeite mit Tuſche geſchwaͤrzt hat, vertical auf,

X 2
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[323/0337] Ring E in ſeiner Faſſung fort, ſo daß der Spiegel nach und nach einen Umlauf um die Axe des Rohres macht, ſo ſieht man das Bild der Flamme, wenn man auch die Stellung P des Auges ſo aͤndert, daß man ſie im Spiegel ſieht, allmaͤhlig matter werden, und wenn die Drehung von der erſten Stellung an um 90 Grade fort gegangen iſt, verſchwindet dieſes Bild faſt gaͤnzlich, ſo daß man beinahe ſtrenge ſagen kann, die einmal reflectirten Strahlen ſind nun fuͤr eine zweite Reflexion unfaͤhig geworden. Dieſe merkwuͤrdige Erſcheinung, daß die einmal reflectirten Strahlen nur bei beſtimmter Stellung des zweiten Spiegels zu- ruͤckgeworfen werden, laͤßt ſich, wenn man die Stellung der Spie- gel, ſo daß ſie 34 Grad gegen den Strahl geneigt ſind, vorausſetzt, ſo ausdruͤcken, daß die zweite Reflexion ohne Schwierigkeit ſtatt findet, wenn beide Reflexions-Ebnen zuſammenfallen, und daß die Reflexion gaͤnzlich verſchwindet, wenn eben dieſe Ebnen auf einan- der ſenkrecht ſind. Wenn Sie uͤberlegen, daß bei paralleler Stel- lung der Spiegel das zweimal zuruͤckgeworfene Bild ſich zeigt, daß bei einer Drehung des Ringes E um 90° nach einer oder der an- dern Seite das Bild verſchwindet, und — was ich zum Vorigen noch hinzufuͤgen muß, — daß es bei einer uͤber 90° fortgehenden Drehung allmaͤhlig wieder erſcheint und bei 180° ſeine ganze Hel- ligkeit wieder erhaͤlt; ſo werden Sie dieſe Ausdruͤcke gewiß ver- ſtehen. Waͤhlt man fuͤr die Stellung der Spiegel an den Gradbogen einen von 34° verſchiedenen Winkel, ſo verliert zwar bei der Drehung des zweiten Spiegels das Bild an Glanz, aber nicht in ſo bedeutendem Maaße, und jener Winkel heißt daher der eigent- liche Polariſationswinkel, und die unter dieſem Winkel zuruͤckgeworfenen Strahlen heißen polariſirte Strahlen, polariſirtes Licht. Da es angenehm iſt, einen ſo merkwuͤrdigen Verſuch auch ohne Huͤlfe von Inſtrumenten anſtellen zu koͤnnen, ſo will ich noch eine zwar minder vollkommene, aber leicht einzurichtende Anord- nung des Verſuches angeben. Man legt (Fig. 142.) ein gewoͤhn- liches dreieckiges Lineal, deſſen Winkel A man zu 34 Grad hat ſchneiden laſſen, horizontal, ſtellt in ab ein gutes ebnes Glas, das man an der Hinterſeite mit Tuſche geſchwaͤrzt hat, vertical auf, X 2

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/337>, abgerufen am 21.11.2024.