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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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aber sollte man nicht auch auf der andern Seite zu viel thun, wenn
man einzig an Mischung warmer und kalter Luftmassen denkt, und
Blitz und Donner als Erscheinungen betrachtet, die nur im Gefolge
jener Ereignisse, ohne allen weitern Einfluß, eintreten? Gewiß
wird die Luft bei den plötzlichen Ausbrüchen eines Gewitterregens
nicht so ihres Wasservorraths beraubt, wie es der Fall sein müßte,
wenn die über uns stehende Luftsäule allein ihre Dämpfe hergäbe,
wir sind daher genöthigt, einen sehr schnellen Zutritt der benachbar-
ten Dämpfe zuzugestehen, obgleich sich dieses Herandringen gar
nicht gerade durch eine stürmische Bewegung der Luft gegen die
Gewittergegend zu äußert, und ich glaube daher, daß wir genöthi-
get sind, unsre Unwissenheit über die Umstände, wodurch diese
Platzregen entstehen, zu bekennen. Einige hieher gehörige Be-
trachtungen werde ich noch bei Gelegenheit der Gewitter-Electricität
erwähnen.

Ebenso dunkel ist der Ursprung des Hagels. Wir wissen nicht,
woher die so sehr große Kälte in der Luft entsteht, die nicht allein
Schneeflocken hervorbringt, sondern so bedeutend ist, daß ganze
Eismassen sich an diese anlegen. Der Hagel scheint erst in den
niedrigern Gegenden der Atmosphäre seine volle Größe dadurch zu
erlangen, daß sich aus der warmen, mit Dämpfen erfüllten Luft
Wasser an ihm (wie an dem mit Eis gefüllten Glase im Sommer,)
niederschlägt; aber welche große Kälte muß die kleine Eismasse
besitzen, um durch diesen Zutritt warmer Dämpfe nicht geschmolzen
zu werden, sondern diese Dämpfe zum Gefrieren zu bringen? --
Wüßten wir diese große Kälte erst zu erklären, so ist allerdings diese
Vergrößerung der Hagelkörner, und ebenso der Regentropfen kalter
Gewitterregen, im Herabfallen, sehr gut durch jene Betrachtung
erklärt.

Der Thau.

Ich habe die Erscheinungen des Thaues bis zuletzt aufgespart,
weil die Mannigfaltigkeit, die sich bei dem Bethauen der Körper
zeigt, von einem Umstande abhängt, an den die Phänomene der
Wolken und des Regens uns nicht so sehr erinnern, nämlich von
dem Ausstrahlen der Wärme von der Oberfläche der Körper.


aber ſollte man nicht auch auf der andern Seite zu viel thun, wenn
man einzig an Miſchung warmer und kalter Luftmaſſen denkt, und
Blitz und Donner als Erſcheinungen betrachtet, die nur im Gefolge
jener Ereigniſſe, ohne allen weitern Einfluß, eintreten? Gewiß
wird die Luft bei den ploͤtzlichen Ausbruͤchen eines Gewitterregens
nicht ſo ihres Waſſervorraths beraubt, wie es der Fall ſein muͤßte,
wenn die uͤber uns ſtehende Luftſaͤule allein ihre Daͤmpfe hergaͤbe,
wir ſind daher genoͤthigt, einen ſehr ſchnellen Zutritt der benachbar-
ten Daͤmpfe zuzugeſtehen, obgleich ſich dieſes Herandringen gar
nicht gerade durch eine ſtuͤrmiſche Bewegung der Luft gegen die
Gewittergegend zu aͤußert, und ich glaube daher, daß wir genoͤthi-
get ſind, unſre Unwiſſenheit uͤber die Umſtaͤnde, wodurch dieſe
Platzregen entſtehen, zu bekennen. Einige hieher gehoͤrige Be-
trachtungen werde ich noch bei Gelegenheit der Gewitter-Electricitaͤt
erwaͤhnen.

Ebenſo dunkel iſt der Urſprung des Hagels. Wir wiſſen nicht,
woher die ſo ſehr große Kaͤlte in der Luft entſteht, die nicht allein
Schneeflocken hervorbringt, ſondern ſo bedeutend iſt, daß ganze
Eismaſſen ſich an dieſe anlegen. Der Hagel ſcheint erſt in den
niedrigern Gegenden der Atmoſphaͤre ſeine volle Groͤße dadurch zu
erlangen, daß ſich aus der warmen, mit Daͤmpfen erfuͤllten Luft
Waſſer an ihm (wie an dem mit Eis gefuͤllten Glaſe im Sommer,)
niederſchlaͤgt; aber welche große Kaͤlte muß die kleine Eismaſſe
beſitzen, um durch dieſen Zutritt warmer Daͤmpfe nicht geſchmolzen
zu werden, ſondern dieſe Daͤmpfe zum Gefrieren zu bringen? —
Wuͤßten wir dieſe große Kaͤlte erſt zu erklaͤren, ſo iſt allerdings dieſe
Vergroͤßerung der Hagelkoͤrner, und ebenſo der Regentropfen kalter
Gewitterregen, im Herabfallen, ſehr gut durch jene Betrachtung
erklaͤrt.

Der Thau.

Ich habe die Erſcheinungen des Thaues bis zuletzt aufgeſpart,
weil die Mannigfaltigkeit, die ſich bei dem Bethauen der Koͤrper
zeigt, von einem Umſtande abhaͤngt, an den die Phaͤnomene der
Wolken und des Regens uns nicht ſo ſehr erinnern, naͤmlich von
dem Ausſtrahlen der Waͤrme von der Oberflaͤche der Koͤrper.


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[162/0176] aber ſollte man nicht auch auf der andern Seite zu viel thun, wenn man einzig an Miſchung warmer und kalter Luftmaſſen denkt, und Blitz und Donner als Erſcheinungen betrachtet, die nur im Gefolge jener Ereigniſſe, ohne allen weitern Einfluß, eintreten? Gewiß wird die Luft bei den ploͤtzlichen Ausbruͤchen eines Gewitterregens nicht ſo ihres Waſſervorraths beraubt, wie es der Fall ſein muͤßte, wenn die uͤber uns ſtehende Luftſaͤule allein ihre Daͤmpfe hergaͤbe, wir ſind daher genoͤthigt, einen ſehr ſchnellen Zutritt der benachbar- ten Daͤmpfe zuzugeſtehen, obgleich ſich dieſes Herandringen gar nicht gerade durch eine ſtuͤrmiſche Bewegung der Luft gegen die Gewittergegend zu aͤußert, und ich glaube daher, daß wir genoͤthi- get ſind, unſre Unwiſſenheit uͤber die Umſtaͤnde, wodurch dieſe Platzregen entſtehen, zu bekennen. Einige hieher gehoͤrige Be- trachtungen werde ich noch bei Gelegenheit der Gewitter-Electricitaͤt erwaͤhnen. Ebenſo dunkel iſt der Urſprung des Hagels. Wir wiſſen nicht, woher die ſo ſehr große Kaͤlte in der Luft entſteht, die nicht allein Schneeflocken hervorbringt, ſondern ſo bedeutend iſt, daß ganze Eismaſſen ſich an dieſe anlegen. Der Hagel ſcheint erſt in den niedrigern Gegenden der Atmoſphaͤre ſeine volle Groͤße dadurch zu erlangen, daß ſich aus der warmen, mit Daͤmpfen erfuͤllten Luft Waſſer an ihm (wie an dem mit Eis gefuͤllten Glaſe im Sommer,) niederſchlaͤgt; aber welche große Kaͤlte muß die kleine Eismaſſe beſitzen, um durch dieſen Zutritt warmer Daͤmpfe nicht geſchmolzen zu werden, ſondern dieſe Daͤmpfe zum Gefrieren zu bringen? — Wuͤßten wir dieſe große Kaͤlte erſt zu erklaͤren, ſo iſt allerdings dieſe Vergroͤßerung der Hagelkoͤrner, und ebenſo der Regentropfen kalter Gewitterregen, im Herabfallen, ſehr gut durch jene Betrachtung erklaͤrt. Der Thau. Ich habe die Erſcheinungen des Thaues bis zuletzt aufgeſpart, weil die Mannigfaltigkeit, die ſich bei dem Bethauen der Koͤrper zeigt, von einem Umſtande abhaͤngt, an den die Phaͤnomene der Wolken und des Regens uns nicht ſo ſehr erinnern, naͤmlich von dem Ausſtrahlen der Waͤrme von der Oberflaͤche der Koͤrper.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/176>, abgerufen am 23.11.2024.