der vorigen Ladung und beide gehen nun nahe genug auf die halbe Anzahl Grade, auf 20°, herab. Trennt man sie nun, entladet das eine durch Berührung mit dem Finger, und läßt durch neue Mittheilung bei Cc die Ladung sich wieder halbiren, so kommen beide auf 10°. So wenig strenge diese Vergleichung ist, so reicht sie doch in vielen Fällen um so mehr zu, da man den Strohhalm doch immer nur in einiger Entfernung von dem Bogen HI darf vorbeigehen lassen und deshalb die Beobachtung der Grade nur mittelmäßige Genauigkeit zuläßt. Wenn man ähnlich angeordnete Electrometer so einrichtet, daß das eine 30° zeigt, das zweite 20°, das dritte 10°, bei gleichen Ladungen, so kann man das letztere bei stärkern Ladungen anwenden, wo das erste nicht mehr brauchbar ist, und so doch noch eine ziemlich sichere Vergleichung zwischen stärkern und schwächern Ladungen erhalten.
Weit mehr zu genauer Abmessung brauchbar ist die Cou- lombsche Drehwaage, die jedoch nur bei schwachen Ladungen kleiner Körper anwendbar ist. Sie besteht aus einem Stäbchen AB, das in seinem Schwerpuncte (Fig. 45.) an dem sehr feinen Faden DE befestigt ist und daher horizontal schwebend an dem Faden hängt. Da der Faden sehr dünne ist und auch eine nicht zu geringe Länge FE hat, so wird er der Drehung nur eine höchst geringe Kraft entgegensetzen, und obgleich das Stäbchen AB in einer bestimmten Lage zur Ruhe kömmt, so wird doch selbst die unbedeutendste Kraft dasselbe um mehrere Grade fortrücken und dadurch eine Drehung des Fadens bewirken. Diese Drehung, die Anzahl Grade, um welche der Faden gedreht ist, giebt ein Maaß der drehenden Kraft, und es läßt sich zeigen, daß ganz genau die zehnfache Kraft das Stäb- chen um zehnmal so viele Grade fortdreht, als die einfache Kraft. Um nun diese Coulombsche Drehwaage bequem zu gebrau- chen, ist der Faden mit dem Stäbchen in einem cylindrischen Glase, so das E den Mittelpunct des Glases einnimmt, und auf dem Um- fange des Glases ist in der Höhe, wo der Waagebalken schwebt, eine Theilung in 360 Grade, um die Stellung von AB genau beobachten zu können. Der Faden wird oben bei F in einer Klemme festgehalten und diese ist mit einem Zeiger versehen; ändert man nun die Stellung der Klemme so, daß der Zeiger um 10 Gr. fortrückt, so wird sich auch die Stellung, wobei das Stäbchen zur
der vorigen Ladung und beide gehen nun nahe genug auf die halbe Anzahl Grade, auf 20°, herab. Trennt man ſie nun, entladet das eine durch Beruͤhrung mit dem Finger, und laͤßt durch neue Mittheilung bei Cc die Ladung ſich wieder halbiren, ſo kommen beide auf 10°. So wenig ſtrenge dieſe Vergleichung iſt, ſo reicht ſie doch in vielen Faͤllen um ſo mehr zu, da man den Strohhalm doch immer nur in einiger Entfernung von dem Bogen HI darf vorbeigehen laſſen und deshalb die Beobachtung der Grade nur mittelmaͤßige Genauigkeit zulaͤßt. Wenn man aͤhnlich angeordnete Electrometer ſo einrichtet, daß das eine 30° zeigt, das zweite 20°, das dritte 10°, bei gleichen Ladungen, ſo kann man das letztere bei ſtaͤrkern Ladungen anwenden, wo das erſte nicht mehr brauchbar iſt, und ſo doch noch eine ziemlich ſichere Vergleichung zwiſchen ſtaͤrkern und ſchwaͤchern Ladungen erhalten.
Weit mehr zu genauer Abmeſſung brauchbar iſt die Cou- lombſche Drehwaage, die jedoch nur bei ſchwachen Ladungen kleiner Koͤrper anwendbar iſt. Sie beſteht aus einem Staͤbchen AB, das in ſeinem Schwerpuncte (Fig. 45.) an dem ſehr feinen Faden DE befeſtigt iſt und daher horizontal ſchwebend an dem Faden haͤngt. Da der Faden ſehr duͤnne iſt und auch eine nicht zu geringe Laͤnge FE hat, ſo wird er der Drehung nur eine hoͤchſt geringe Kraft entgegenſetzen, und obgleich das Staͤbchen AB in einer beſtimmten Lage zur Ruhe koͤmmt, ſo wird doch ſelbſt die unbedeutendſte Kraft dasſelbe um mehrere Grade fortruͤcken und dadurch eine Drehung des Fadens bewirken. Dieſe Drehung, die Anzahl Grade, um welche der Faden gedreht iſt, giebt ein Maaß der drehenden Kraft, und es laͤßt ſich zeigen, daß ganz genau die zehnfache Kraft das Staͤb- chen um zehnmal ſo viele Grade fortdreht, als die einfache Kraft. Um nun dieſe Coulombſche Drehwaage bequem zu gebrau- chen, iſt der Faden mit dem Staͤbchen in einem cylindriſchen Glaſe, ſo das E den Mittelpunct des Glaſes einnimmt, und auf dem Um- fange des Glaſes iſt in der Hoͤhe, wo der Waagebalken ſchwebt, eine Theilung in 360 Grade, um die Stellung von AB genau beobachten zu koͤnnen. Der Faden wird oben bei F in einer Klemme feſtgehalten und dieſe iſt mit einem Zeiger verſehen; aͤndert man nun die Stellung der Klemme ſo, daß der Zeiger um 10 Gr. fortruͤckt, ſo wird ſich auch die Stellung, wobei das Staͤbchen zur
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der vorigen Ladung und beide gehen nun nahe genug auf die halbe
Anzahl Grade, auf 20°, herab. Trennt man ſie nun, entladet
das eine durch Beruͤhrung mit dem Finger, und laͤßt durch neue
Mittheilung bei Cc die Ladung ſich wieder halbiren, ſo kommen
beide auf 10°. So wenig ſtrenge dieſe Vergleichung iſt, ſo reicht
ſie doch in vielen Faͤllen um ſo mehr zu, da man den Strohhalm
doch immer nur in einiger Entfernung von dem Bogen HI darf
vorbeigehen laſſen und deshalb die Beobachtung der Grade nur
mittelmaͤßige Genauigkeit zulaͤßt. Wenn man aͤhnlich angeordnete
Electrometer ſo einrichtet, daß das eine 30° zeigt, das zweite
20°, das dritte 10°, bei gleichen Ladungen, ſo kann man das
letztere bei ſtaͤrkern Ladungen anwenden, wo das erſte nicht mehr
brauchbar iſt, und ſo doch noch eine ziemlich ſichere Vergleichung
zwiſchen ſtaͤrkern und ſchwaͤchern Ladungen erhalten.
Weit mehr zu genauer Abmeſſung brauchbar iſt die Cou-
lombſche Drehwaage, die jedoch nur bei ſchwachen Ladungen kleiner
Koͤrper anwendbar iſt. Sie beſteht aus einem Staͤbchen AB, das
in ſeinem Schwerpuncte (Fig. 45.) an dem ſehr feinen Faden DE
befeſtigt iſt und daher horizontal ſchwebend an dem Faden haͤngt.
Da der Faden ſehr duͤnne iſt und auch eine nicht zu geringe Laͤnge
FE hat, ſo wird er der Drehung nur eine hoͤchſt geringe Kraft
entgegenſetzen, und obgleich das Staͤbchen AB in einer beſtimmten
Lage zur Ruhe koͤmmt, ſo wird doch ſelbſt die unbedeutendſte Kraft
dasſelbe um mehrere Grade fortruͤcken und dadurch eine Drehung des
Fadens bewirken. Dieſe Drehung, die Anzahl Grade, um welche
der Faden gedreht iſt, giebt ein Maaß der drehenden Kraft, und
es laͤßt ſich zeigen, daß ganz genau die zehnfache Kraft das Staͤb-
chen um zehnmal ſo viele Grade fortdreht, als die einfache Kraft.
Um nun dieſe Coulombſche Drehwaage bequem zu gebrau-
chen, iſt der Faden mit dem Staͤbchen in einem cylindriſchen Glaſe, ſo
das E den Mittelpunct des Glaſes einnimmt, und auf dem Um-
fange des Glaſes iſt in der Hoͤhe, wo der Waagebalken ſchwebt,
eine Theilung in 360 Grade, um die Stellung von AB genau
beobachten zu koͤnnen. Der Faden wird oben bei F in einer
Klemme feſtgehalten und dieſe iſt mit einem Zeiger verſehen; aͤndert
man nun die Stellung der Klemme ſo, daß der Zeiger um 10 Gr.
fortruͤckt, ſo wird ſich auch die Stellung, wobei das Staͤbchen zur
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/230>, abgerufen am 16.02.2025.
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