Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

zeigten; und so war die Erklärung des Versuches von Pacchiani
gänzlich auf länger bekannte Principien zurückgeführt und seine
Meinung über die Zusammensetzung der Salzsäure widerlegt.

Aber diese Reihe von Versuchen hatte die wichtige Kenntniß,
daß die im Wasser nicht auflöslichen Körper dennoch von der elec-
trischen Einwirkung zersetzt würden, ergeben, und diese Erfahrung
weiter zu prüfen war Davy's nächstes Bestreben. Zwei Ge-
fäße aus Alabaster (schwefelsaurem Kalk) wurden mit reinem Wasser
gefüllt und durch einen feuchten Leiter verbunden; nach einer mäßig
langen Einwirkung der voltaischen Säule war in dem Gefäße, das
den negativen Drath enthielt, Kalk, in dem andern Schwefelsäure;
vom Alabaster war also ein Theil in seine Bestandtheile zerlegt und
einer dieser Bestandtheile in das eine Gefäß, der andre in das
andre Gefäß hinüber geführt. Zahlreiche andre Versuche zeigten
eben das; aber dieses Hinüberführen in die Ferne verdiente noch
genauer untersucht zu werden. Es wurde in dem Gefäße, das
den positiven Drath aufnahm, destillirtes Wasser, in dem Ge-
fäße, das den negativen Drath aufnahm, eine Auflösung von
schwefelsaurem Kali der Wirkung der electrischen Ströme ausgesetzt,
zwischen diesen Gefäßen aber ein Gefäß mit Wasser, das mit
Lackmuß gefärbt war, aufgestellt; diese Gefäße wurden so durch
feuchte Leiter verbunden, daß der positiv-electrische Strom vom
Wasser durch das gefärbte Wasser zu der Auflösung, der negativ-
electrische Strom von der Auflösung schwefelsauern Kali's durch
das gefärbte Wasser gehen mußte, und dennoch war nach kurzer
Zeit das Wasser am positiven Drathe mit Schwefelsäure gemischt,
ohne daß in dem gefärbten Wasser sich der ganze von der Säure
durchlaufene Weg durch eine Röthung der Lackmußtinctur kenntlich
gemacht hätte; die Röthung fand da zuerst statt, wo das letzte
Ziel des Hinstrebens der Säure lag, in der Nähe des positiven
Drathes, und nach und nach erst verbreitete sich diese Röthung
rückwärts weiter, aber ohne in dem Theile des Mittelgefäßes, der
der schwefelsauern Kali-Auflösung am nächsten war, irgend eine
Veränderung der Farbe hervorzubringen. Bei einem andern Ver-
suche war das Mittelgefäß mit einer Ammoniak-Auflösung gefüllt,
aber auch hier fand keine Verbindung der durch diese Auflösung
gehenden Schwefelsäure mit derselben statt, sondern die Säure

zeigten; und ſo war die Erklaͤrung des Verſuches von Pacchiani
gaͤnzlich auf laͤnger bekannte Principien zuruͤckgefuͤhrt und ſeine
Meinung uͤber die Zuſammenſetzung der Salzſaͤure widerlegt.

Aber dieſe Reihe von Verſuchen hatte die wichtige Kenntniß,
daß die im Waſſer nicht aufloͤslichen Koͤrper dennoch von der elec-
triſchen Einwirkung zerſetzt wuͤrden, ergeben, und dieſe Erfahrung
weiter zu pruͤfen war Davy's naͤchſtes Beſtreben. Zwei Ge-
faͤße aus Alabaſter (ſchwefelſaurem Kalk) wurden mit reinem Waſſer
gefuͤllt und durch einen feuchten Leiter verbunden; nach einer maͤßig
langen Einwirkung der voltaiſchen Saͤule war in dem Gefaͤße, das
den negativen Drath enthielt, Kalk, in dem andern Schwefelſaͤure;
vom Alabaſter war alſo ein Theil in ſeine Beſtandtheile zerlegt und
einer dieſer Beſtandtheile in das eine Gefaͤß, der andre in das
andre Gefaͤß hinuͤber gefuͤhrt. Zahlreiche andre Verſuche zeigten
eben das; aber dieſes Hinuͤberfuͤhren in die Ferne verdiente noch
genauer unterſucht zu werden. Es wurde in dem Gefaͤße, das
den poſitiven Drath aufnahm, deſtillirtes Waſſer, in dem Ge-
faͤße, das den negativen Drath aufnahm, eine Aufloͤſung von
ſchwefelſaurem Kali der Wirkung der electriſchen Stroͤme ausgeſetzt,
zwiſchen dieſen Gefaͤßen aber ein Gefaͤß mit Waſſer, das mit
Lackmuß gefaͤrbt war, aufgeſtellt; dieſe Gefaͤße wurden ſo durch
feuchte Leiter verbunden, daß der poſitiv-electriſche Strom vom
Waſſer durch das gefaͤrbte Waſſer zu der Aufloͤſung, der negativ-
electriſche Strom von der Aufloͤſung ſchwefelſauern Kali's durch
das gefaͤrbte Waſſer gehen mußte, und dennoch war nach kurzer
Zeit das Waſſer am poſitiven Drathe mit Schwefelſaͤure gemiſcht,
ohne daß in dem gefaͤrbten Waſſer ſich der ganze von der Saͤure
durchlaufene Weg durch eine Roͤthung der Lackmußtinctur kenntlich
gemacht haͤtte; die Roͤthung fand da zuerſt ſtatt, wo das letzte
Ziel des Hinſtrebens der Saͤure lag, in der Naͤhe des poſitiven
Drathes, und nach und nach erſt verbreitete ſich dieſe Roͤthung
ruͤckwaͤrts weiter, aber ohne in dem Theile des Mittelgefaͤßes, der
der ſchwefelſauern Kali-Aufloͤſung am naͤchſten war, irgend eine
Veraͤnderung der Farbe hervorzubringen. Bei einem andern Ver-
ſuche war das Mittelgefaͤß mit einer Ammoniak-Aufloͤſung gefuͤllt,
aber auch hier fand keine Verbindung der durch dieſe Aufloͤſung
gehenden Schwefelſaͤure mit derſelben ſtatt, ſondern die Saͤure

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0382" n="368"/>
zeigten; und &#x017F;o war die Erkla&#x0364;rung des Ver&#x017F;uches von <hi rendition="#g">Pacchiani</hi><lb/>
ga&#x0364;nzlich auf la&#x0364;nger bekannte Principien zuru&#x0364;ckgefu&#x0364;hrt und &#x017F;eine<lb/>
Meinung u&#x0364;ber die Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung der Salz&#x017F;a&#x0364;ure widerlegt.</p><lb/>
          <p>Aber die&#x017F;e Reihe von Ver&#x017F;uchen hatte die wichtige Kenntniß,<lb/>
daß die im Wa&#x017F;&#x017F;er nicht auflo&#x0364;slichen Ko&#x0364;rper dennoch von der elec-<lb/>
tri&#x017F;chen Einwirkung zer&#x017F;etzt wu&#x0364;rden, ergeben, und die&#x017F;e Erfahrung<lb/>
weiter zu pru&#x0364;fen war <hi rendition="#g">Davy's</hi> na&#x0364;ch&#x017F;tes Be&#x017F;treben. Zwei Ge-<lb/>
fa&#x0364;ße aus Alaba&#x017F;ter (&#x017F;chwefel&#x017F;aurem Kalk) wurden mit reinem Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
gefu&#x0364;llt und durch einen feuchten Leiter verbunden; nach einer ma&#x0364;ßig<lb/>
langen Einwirkung der voltai&#x017F;chen Sa&#x0364;ule war in dem Gefa&#x0364;ße, das<lb/>
den negativen Drath enthielt, Kalk, in dem andern Schwefel&#x017F;a&#x0364;ure;<lb/>
vom Alaba&#x017F;ter war al&#x017F;o ein Theil in &#x017F;eine Be&#x017F;tandtheile zerlegt und<lb/>
einer die&#x017F;er Be&#x017F;tandtheile in das eine Gefa&#x0364;ß, der andre in das<lb/>
andre Gefa&#x0364;ß hinu&#x0364;ber gefu&#x0364;hrt. Zahlreiche andre Ver&#x017F;uche zeigten<lb/>
eben das; aber die&#x017F;es Hinu&#x0364;berfu&#x0364;hren in die Ferne verdiente noch<lb/>
genauer unter&#x017F;ucht zu werden. Es wurde in dem Gefa&#x0364;ße, das<lb/>
den po&#x017F;itiven Drath aufnahm, de&#x017F;tillirtes Wa&#x017F;&#x017F;er, in dem Ge-<lb/>
fa&#x0364;ße, das den negativen Drath aufnahm, eine Auflo&#x0364;&#x017F;ung von<lb/>
&#x017F;chwefel&#x017F;aurem Kali der Wirkung der electri&#x017F;chen Stro&#x0364;me ausge&#x017F;etzt,<lb/>
zwi&#x017F;chen die&#x017F;en Gefa&#x0364;ßen aber ein Gefa&#x0364;ß mit Wa&#x017F;&#x017F;er, das mit<lb/>
Lackmuß gefa&#x0364;rbt war, aufge&#x017F;tellt; die&#x017F;e Gefa&#x0364;ße wurden &#x017F;o durch<lb/>
feuchte Leiter verbunden, daß der po&#x017F;itiv-electri&#x017F;che Strom vom<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er durch das gefa&#x0364;rbte Wa&#x017F;&#x017F;er zu der Auflo&#x0364;&#x017F;ung, der negativ-<lb/>
electri&#x017F;che Strom von der Auflo&#x0364;&#x017F;ung &#x017F;chwefel&#x017F;auern Kali's durch<lb/>
das gefa&#x0364;rbte Wa&#x017F;&#x017F;er gehen mußte, und dennoch war nach kurzer<lb/>
Zeit das Wa&#x017F;&#x017F;er am po&#x017F;itiven Drathe mit Schwefel&#x017F;a&#x0364;ure gemi&#x017F;cht,<lb/>
ohne daß in dem gefa&#x0364;rbten Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ich der ganze von der Sa&#x0364;ure<lb/>
durchlaufene Weg durch eine Ro&#x0364;thung der Lackmußtinctur kenntlich<lb/>
gemacht ha&#x0364;tte; die Ro&#x0364;thung fand da zuer&#x017F;t &#x017F;tatt, wo das letzte<lb/>
Ziel des Hin&#x017F;trebens der Sa&#x0364;ure lag, in der Na&#x0364;he des po&#x017F;itiven<lb/>
Drathes, und nach und nach er&#x017F;t verbreitete &#x017F;ich die&#x017F;e Ro&#x0364;thung<lb/>
ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts weiter, aber ohne in dem Theile des Mittelgefa&#x0364;ßes, der<lb/>
der &#x017F;chwefel&#x017F;auern Kali-Auflo&#x0364;&#x017F;ung am na&#x0364;ch&#x017F;ten war, irgend eine<lb/>
Vera&#x0364;nderung der Farbe hervorzubringen. Bei einem andern Ver-<lb/>
&#x017F;uche war das Mittelgefa&#x0364;ß mit einer Ammoniak-Auflo&#x0364;&#x017F;ung gefu&#x0364;llt,<lb/>
aber auch hier fand keine Verbindung der durch die&#x017F;e Auflo&#x0364;&#x017F;ung<lb/>
gehenden Schwefel&#x017F;a&#x0364;ure mit der&#x017F;elben &#x017F;tatt, &#x017F;ondern die Sa&#x0364;ure<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[368/0382] zeigten; und ſo war die Erklaͤrung des Verſuches von Pacchiani gaͤnzlich auf laͤnger bekannte Principien zuruͤckgefuͤhrt und ſeine Meinung uͤber die Zuſammenſetzung der Salzſaͤure widerlegt. Aber dieſe Reihe von Verſuchen hatte die wichtige Kenntniß, daß die im Waſſer nicht aufloͤslichen Koͤrper dennoch von der elec- triſchen Einwirkung zerſetzt wuͤrden, ergeben, und dieſe Erfahrung weiter zu pruͤfen war Davy's naͤchſtes Beſtreben. Zwei Ge- faͤße aus Alabaſter (ſchwefelſaurem Kalk) wurden mit reinem Waſſer gefuͤllt und durch einen feuchten Leiter verbunden; nach einer maͤßig langen Einwirkung der voltaiſchen Saͤule war in dem Gefaͤße, das den negativen Drath enthielt, Kalk, in dem andern Schwefelſaͤure; vom Alabaſter war alſo ein Theil in ſeine Beſtandtheile zerlegt und einer dieſer Beſtandtheile in das eine Gefaͤß, der andre in das andre Gefaͤß hinuͤber gefuͤhrt. Zahlreiche andre Verſuche zeigten eben das; aber dieſes Hinuͤberfuͤhren in die Ferne verdiente noch genauer unterſucht zu werden. Es wurde in dem Gefaͤße, das den poſitiven Drath aufnahm, deſtillirtes Waſſer, in dem Ge- faͤße, das den negativen Drath aufnahm, eine Aufloͤſung von ſchwefelſaurem Kali der Wirkung der electriſchen Stroͤme ausgeſetzt, zwiſchen dieſen Gefaͤßen aber ein Gefaͤß mit Waſſer, das mit Lackmuß gefaͤrbt war, aufgeſtellt; dieſe Gefaͤße wurden ſo durch feuchte Leiter verbunden, daß der poſitiv-electriſche Strom vom Waſſer durch das gefaͤrbte Waſſer zu der Aufloͤſung, der negativ- electriſche Strom von der Aufloͤſung ſchwefelſauern Kali's durch das gefaͤrbte Waſſer gehen mußte, und dennoch war nach kurzer Zeit das Waſſer am poſitiven Drathe mit Schwefelſaͤure gemiſcht, ohne daß in dem gefaͤrbten Waſſer ſich der ganze von der Saͤure durchlaufene Weg durch eine Roͤthung der Lackmußtinctur kenntlich gemacht haͤtte; die Roͤthung fand da zuerſt ſtatt, wo das letzte Ziel des Hinſtrebens der Saͤure lag, in der Naͤhe des poſitiven Drathes, und nach und nach erſt verbreitete ſich dieſe Roͤthung ruͤckwaͤrts weiter, aber ohne in dem Theile des Mittelgefaͤßes, der der ſchwefelſauern Kali-Aufloͤſung am naͤchſten war, irgend eine Veraͤnderung der Farbe hervorzubringen. Bei einem andern Ver- ſuche war das Mittelgefaͤß mit einer Ammoniak-Aufloͤſung gefuͤllt, aber auch hier fand keine Verbindung der durch dieſe Aufloͤſung gehenden Schwefelſaͤure mit derſelben ſtatt, ſondern die Saͤure

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/382
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/382>, abgerufen am 24.11.2024.