Braun, Karl: Die Vagabundenfrage. Berlin, 1883.oder wenigstens unter theilweiser Ignorirung und Verleugnung Insofern ist es allerdings eine Frage, und zwar eine solche, Ich kann dabei die Bemerkung nicht unterdrücken, daß, Jedenfalls fordert er unsere Aufmerksamkeit in sofern heraus, Ich werde zuerst sprechen von dem Begriff Vagabondage Ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten die Wahrnehmung oder wenigstens unter theilweiser Ignorirung und Verleugnung Insofern ist es allerdings eine Frage, und zwar eine solche, Ich kann dabei die Bemerkung nicht unterdrücken, daß, Jedenfalls fordert er unsere Aufmerksamkeit in sofern heraus, Ich werde zuerst sprechen von dem Begriff Vagabondage Ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten die Wahrnehmung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0006" n="4"/> oder wenigstens unter theilweiser Ignorirung und Verleugnung<lb/> von Thatsachen irgend einen Gegenstand willkürlich aufbauscht<lb/> und aus ihm Klagen gegen die liberale Gesetzgebung seit der<lb/> Existenz des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches<lb/> zu formuliren versucht.</p><lb/> <p>Insofern ist es allerdings eine Frage, und zwar eine solche,<lb/> die uns lebhaft erinnert an die Recriminationen, wie sie statt-<lb/> gefunden haben im 17. Jahrhundert, während des dreißigjährigen<lb/> Krieges und nach demselben, wo Deutschland in einem eminent<lb/> höheren Grade von dem Uebel der Vagabondage zu leiden hatte,<lb/> und wo auch die verschiedenen Parteien sich die Schuld gegen-<lb/> seitig in die Schuhe zu schieben versuchten.</p><lb/> <p>Ich kann dabei die Bemerkung nicht unterdrücken, daß,<lb/> wenn wir die Bestrebungen unserer heutigen rückschrittlichen<lb/> Parteien vergleichen mit denen des 17. Jahrhunderts, sich zu-<lb/> weilen eine Aehnlichkeit zeigt, die Einen bedenklich machen<lb/> könnte, wenn nicht die zwischenzeitige Culturentwickelung solche<lb/> Fortschritte gemacht hätte, daß wir sicher sein können, auch<lb/> diese Uebel und Irrthümer, die eigentlich blos eine schlechte<lb/> neue Auflage vergangenen alten Unsinns sind, zu überwinden.<lb/> Insofern verdient der Gegenstand allerdings als eine «Frage» be-<lb/> zeichnet und behandelt zu werden.</p><lb/> <p>Jedenfalls fordert er unsere Aufmerksamkeit in sofern heraus,<lb/> als das plötzliche Ueberhandnehmen der Vagabondage, welche<lb/> einen Theil unserer Mitbürger bis zu einem gewissen Grade der<lb/> Beunruhigung und Vergewaltigung schutzlos preisgiebt, die öffent-<lb/> liche Meinung aufregt; und es daher einer allseitigen Unter-<lb/> suchung und Prüfung des Gegenstandes bedarf, um zunächst die<lb/> Ansichten zu sammeln und zu klären, und sodann zu erwägen,<lb/> welche Stellung sowohl die Einzelnen, als auch der Staat und<lb/> die bürgerliche Gesellschaft gegenüber diesem Phänomen, das<lb/> allerdings nicht zum ersten Male unter uns auftritt, einzunehmen<lb/> haben.</p><lb/> <p>Ich werde zuerst sprechen von dem Begriff Vagabondage<lb/> und den Mitteln derselben zu steuern, und dann von den Contro-<lb/> versen, die sich in der letzten Zeit über die Vagabondage er-<lb/> hoben haben, namentlich von den parlamentarisch-dogmatischen<lb/> Controversen.</p><lb/> <p>Ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten die Wahrnehmung<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0006]
oder wenigstens unter theilweiser Ignorirung und Verleugnung
von Thatsachen irgend einen Gegenstand willkürlich aufbauscht
und aus ihm Klagen gegen die liberale Gesetzgebung seit der
Existenz des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches
zu formuliren versucht.
Insofern ist es allerdings eine Frage, und zwar eine solche,
die uns lebhaft erinnert an die Recriminationen, wie sie statt-
gefunden haben im 17. Jahrhundert, während des dreißigjährigen
Krieges und nach demselben, wo Deutschland in einem eminent
höheren Grade von dem Uebel der Vagabondage zu leiden hatte,
und wo auch die verschiedenen Parteien sich die Schuld gegen-
seitig in die Schuhe zu schieben versuchten.
Ich kann dabei die Bemerkung nicht unterdrücken, daß,
wenn wir die Bestrebungen unserer heutigen rückschrittlichen
Parteien vergleichen mit denen des 17. Jahrhunderts, sich zu-
weilen eine Aehnlichkeit zeigt, die Einen bedenklich machen
könnte, wenn nicht die zwischenzeitige Culturentwickelung solche
Fortschritte gemacht hätte, daß wir sicher sein können, auch
diese Uebel und Irrthümer, die eigentlich blos eine schlechte
neue Auflage vergangenen alten Unsinns sind, zu überwinden.
Insofern verdient der Gegenstand allerdings als eine «Frage» be-
zeichnet und behandelt zu werden.
Jedenfalls fordert er unsere Aufmerksamkeit in sofern heraus,
als das plötzliche Ueberhandnehmen der Vagabondage, welche
einen Theil unserer Mitbürger bis zu einem gewissen Grade der
Beunruhigung und Vergewaltigung schutzlos preisgiebt, die öffent-
liche Meinung aufregt; und es daher einer allseitigen Unter-
suchung und Prüfung des Gegenstandes bedarf, um zunächst die
Ansichten zu sammeln und zu klären, und sodann zu erwägen,
welche Stellung sowohl die Einzelnen, als auch der Staat und
die bürgerliche Gesellschaft gegenüber diesem Phänomen, das
allerdings nicht zum ersten Male unter uns auftritt, einzunehmen
haben.
Ich werde zuerst sprechen von dem Begriff Vagabondage
und den Mitteln derselben zu steuern, und dann von den Contro-
versen, die sich in der letzten Zeit über die Vagabondage er-
hoben haben, namentlich von den parlamentarisch-dogmatischen
Controversen.
Ich habe bei verschiedenen Gelegenheiten die Wahrnehmung
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