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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Eigenschaften, Lebensweise und Betragen. Schaden und Nutzen.
nicht verschonen. Bei den meisten Arten macht sich die Geselligkeit, auch den ganz jungen gegenüber,
geltend. Die Mütter sorgen stets in wahrhaft aufopfernder Weise für ihr Gewölfe.

Wegen der großen Anzahl in der manche Hundearten auftreten, ist der Schaden, den die ganze
Familie durchschnittlich anrichtet, ein ziemlich bedeutender, und die den Menschen beeinträchtigenden
Arten werden deshalb auch überall unbarmherzig verfolgt. Dagegen leisten die kleineren Arten durch
Wegfangen schädlicher Nagethiere oder durch das Aufzehren von Aas und anderm Unrath gute Dienste
und liefern zudem noch ihren Balg, ihre Haut und ihre Zähne zur Benutzung. Und wenn man Schaden
und Nutzen, den die ganze Familie bringt, gegen einander abwägen will, kann man gar nicht in Zweifel
bleiben, welcher von beiden der überwiegende ist; denn die eine Gruppe oder, wenn man lieber will,
die eine Art der Hunde, unserer treuesten Hausfreunde, leisten dem Menschen so viele unberechenbare
und unersetzbare Dienste, daß der Schaden, welchen die übrigen Mitglieder anrichten, diesem Nutzen
gegenüber kaum in Betracht zu ziehen ist.

Man kann die Hunde in drei große Abtheilungen bringen und diese, wenn man will, wieder in
kleinere Gruppen zerfällen. Diese Abtheilungen sind die Wölfe oder eigentlichen Hunde mit rundem
Augenstern und mit kurzem Schwanz, die Füchse mit spaltenförmigem Augenstern und mit langem,
buschigen Schwanze, und die Hiänen, die eigentlichen Nachthunde, mit rundem Augenstern, plumpem
Leibesbau und mit abschüssigem Rücken, langem, lockern und rauhen Pelz und buschigem Schwanz.
Will man noch genauer eintheilen, so kann man dann die eigenthümlichen Uebergangsglieder von einer
dieser Gruppen zur andern oder selbst zu anderen Familien von den übrigen absondern, oder, wie Viele
es thun, die Hiäne als eigene Familie von den Hunden gänzlich trennen.



"Durch den Verstand des Hundes besteht die Welt." So steht im Vendidad, dem
ältesten und echtesten Theile des Zend-Avesta, eines der ältesten Werke der Menschheit.

Für die erste Bildungsstufe des Menschengeschlechts waren und sind noch heute diese Worte eine
goldene Wahrheit. Der wilde, rohe, ungesittete Mensch ist undenkbar ohne den Hund -- und der ge-
bildete, gesittete Bewohner des angebautesten Theiles der Erde nicht minder. Mensch und Hund
ergänzen sich hundert- und tausendfach; der Mensch und der Hund sind die treuesten aller Genossen.

Kein einziges Thier der ganzen Erde ist der vollsten und ungetheiltesten Achtung, der Freundschaft
und Liebe des Menschen würdiger, als der Hund. Er ist ein Theil des Menschen selbst; er ist zu dessen
Gedeihen, zu dessen Wohlfahrt unentbehrlich.

"Der Hund," sagt Friedrich Cuvier, "ist die merkwürdigste, vollendetste und nützlichste Er-
oberung, welche der Mensch jemals gemacht hat, denn die ganze Art ist unser Eigenthum geworden;
jedes Einzelwesen derselben gehört dem Menschen, seinem Herrn, gänzlich an, richtet sich nach seinen
Gebräuchen, kennt und vertheidigt dessen Eigenthum und bleibt ihm ergeben bis zum Tode. Und alles
Dieses springt weder aus Noth noch aus Furcht, sondern aus reiner Liebe und Anhänglichkeit. Die
Schnelligkeit, die Stärke des Geruchs haben für den Menschen aus ihm einen mächtigen Gehilfen ge-
macht, und vielleicht ist er sogar nothwendig zum Bestand der Gesellschaft des Menschenvereins. Der
Hund ist das einzige Thier, welches dem Menschen über den ganzen Erdboden gefolgt ist."

Der Hund ist wohl würdig, daß wir ihn ausführlich behandeln, und trotz seiner scheinbaren All-
bekanntschaft, hier sehr mit Lust und Liebe seiner gedenken.

Jch sage "scheinbaren Allbekanntschaft," denn Jedermann glaubt ihn zu kennen, gründlich und
hinlänglich zu kennen, und nur der Naturforscher gesteht zu, daß er, trotz aller Nachforschungen und
Vergleichungen, eigentlich noch äußerst wenig und kaum irgend etwas Sicheres über den Hund weiß.

Der Hund hat sich mit dem Menschen über die ganze Erde verbreitet. Soweit sich das Menschen-
geschlecht ausgedehnt hat, soweit findet man auch ihn, und selbst die armseligsten, ungesittetsten und
ungebildetsten Völker haben ihn zu ihrem Genossen, Freund und Vertheidiger. Aber in keinem Lande
der Erde ist er noch wild zu treffen: man findet ihn überall nur gezähmt, überall blos in Gesellschaft

Eigenſchaften, Lebensweiſe und Betragen. Schaden und Nutzen.
nicht verſchonen. Bei den meiſten Arten macht ſich die Geſelligkeit, auch den ganz jungen gegenüber,
geltend. Die Mütter ſorgen ſtets in wahrhaft aufopfernder Weiſe für ihr Gewölfe.

Wegen der großen Anzahl in der manche Hundearten auftreten, iſt der Schaden, den die ganze
Familie durchſchnittlich anrichtet, ein ziemlich bedeutender, und die den Menſchen beeinträchtigenden
Arten werden deshalb auch überall unbarmherzig verfolgt. Dagegen leiſten die kleineren Arten durch
Wegfangen ſchädlicher Nagethiere oder durch das Aufzehren von Aas und anderm Unrath gute Dienſte
und liefern zudem noch ihren Balg, ihre Haut und ihre Zähne zur Benutzung. Und wenn man Schaden
und Nutzen, den die ganze Familie bringt, gegen einander abwägen will, kann man gar nicht in Zweifel
bleiben, welcher von beiden der überwiegende iſt; denn die eine Gruppe oder, wenn man lieber will,
die eine Art der Hunde, unſerer treueſten Hausfreunde, leiſten dem Menſchen ſo viele unberechenbare
und unerſetzbare Dienſte, daß der Schaden, welchen die übrigen Mitglieder anrichten, dieſem Nutzen
gegenüber kaum in Betracht zu ziehen iſt.

Man kann die Hunde in drei große Abtheilungen bringen und dieſe, wenn man will, wieder in
kleinere Gruppen zerfällen. Dieſe Abtheilungen ſind die Wölfe oder eigentlichen Hunde mit rundem
Augenſtern und mit kurzem Schwanz, die Füchſe mit ſpaltenförmigem Augenſtern und mit langem,
buſchigen Schwanze, und die Hiänen, die eigentlichen Nachthunde, mit rundem Augenſtern, plumpem
Leibesbau und mit abſchüſſigem Rücken, langem, lockern und rauhen Pelz und buſchigem Schwanz.
Will man noch genauer eintheilen, ſo kann man dann die eigenthümlichen Uebergangsglieder von einer
dieſer Gruppen zur andern oder ſelbſt zu anderen Familien von den übrigen abſondern, oder, wie Viele
es thun, die Hiäne als eigene Familie von den Hunden gänzlich trennen.



„Durch den Verſtand des Hundes beſteht die Welt.‟ So ſteht im Vendidad, dem
älteſten und echteſten Theile des Zend-Aveſta, eines der älteſten Werke der Menſchheit.

Für die erſte Bildungsſtufe des Menſchengeſchlechts waren und ſind noch heute dieſe Worte eine
goldene Wahrheit. Der wilde, rohe, ungeſittete Menſch iſt undenkbar ohne den Hund — und der ge-
bildete, geſittete Bewohner des angebauteſten Theiles der Erde nicht minder. Menſch und Hund
ergänzen ſich hundert- und tauſendfach; der Menſch und der Hund ſind die treueſten aller Genoſſen.

Kein einziges Thier der ganzen Erde iſt der vollſten und ungetheilteſten Achtung, der Freundſchaft
und Liebe des Menſchen würdiger, als der Hund. Er iſt ein Theil des Menſchen ſelbſt; er iſt zu deſſen
Gedeihen, zu deſſen Wohlfahrt unentbehrlich.

„Der Hund,‟ ſagt Friedrich Cuvier, „iſt die merkwürdigſte, vollendetſte und nützlichſte Er-
oberung, welche der Menſch jemals gemacht hat, denn die ganze Art iſt unſer Eigenthum geworden;
jedes Einzelweſen derſelben gehört dem Menſchen, ſeinem Herrn, gänzlich an, richtet ſich nach ſeinen
Gebräuchen, kennt und vertheidigt deſſen Eigenthum und bleibt ihm ergeben bis zum Tode. Und alles
Dieſes ſpringt weder aus Noth noch aus Furcht, ſondern aus reiner Liebe und Anhänglichkeit. Die
Schnelligkeit, die Stärke des Geruchs haben für den Menſchen aus ihm einen mächtigen Gehilfen ge-
macht, und vielleicht iſt er ſogar nothwendig zum Beſtand der Geſellſchaft des Menſchenvereins. Der
Hund iſt das einzige Thier, welches dem Menſchen über den ganzen Erdboden gefolgt iſt.‟

Der Hund iſt wohl würdig, daß wir ihn ausführlich behandeln, und trotz ſeiner ſcheinbaren All-
bekanntſchaft, hier ſehr mit Luſt und Liebe ſeiner gedenken.

Jch ſage „ſcheinbaren Allbekanntſchaft,‟ denn Jedermann glaubt ihn zu kennen, gründlich und
hinlänglich zu kennen, und nur der Naturforſcher geſteht zu, daß er, trotz aller Nachforſchungen und
Vergleichungen, eigentlich noch äußerſt wenig und kaum irgend etwas Sicheres über den Hund weiß.

Der Hund hat ſich mit dem Menſchen über die ganze Erde verbreitet. Soweit ſich das Menſchen-
geſchlecht ausgedehnt hat, ſoweit findet man auch ihn, und ſelbſt die armſeligſten, ungeſittetſten und
ungebildetſten Völker haben ihn zu ihrem Genoſſen, Freund und Vertheidiger. Aber in keinem Lande
der Erde iſt er noch wild zu treffen: man findet ihn überall nur gezähmt, überall blos in Geſellſchaft

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[313/0379] Eigenſchaften, Lebensweiſe und Betragen. Schaden und Nutzen. nicht verſchonen. Bei den meiſten Arten macht ſich die Geſelligkeit, auch den ganz jungen gegenüber, geltend. Die Mütter ſorgen ſtets in wahrhaft aufopfernder Weiſe für ihr Gewölfe. Wegen der großen Anzahl in der manche Hundearten auftreten, iſt der Schaden, den die ganze Familie durchſchnittlich anrichtet, ein ziemlich bedeutender, und die den Menſchen beeinträchtigenden Arten werden deshalb auch überall unbarmherzig verfolgt. Dagegen leiſten die kleineren Arten durch Wegfangen ſchädlicher Nagethiere oder durch das Aufzehren von Aas und anderm Unrath gute Dienſte und liefern zudem noch ihren Balg, ihre Haut und ihre Zähne zur Benutzung. Und wenn man Schaden und Nutzen, den die ganze Familie bringt, gegen einander abwägen will, kann man gar nicht in Zweifel bleiben, welcher von beiden der überwiegende iſt; denn die eine Gruppe oder, wenn man lieber will, die eine Art der Hunde, unſerer treueſten Hausfreunde, leiſten dem Menſchen ſo viele unberechenbare und unerſetzbare Dienſte, daß der Schaden, welchen die übrigen Mitglieder anrichten, dieſem Nutzen gegenüber kaum in Betracht zu ziehen iſt. Man kann die Hunde in drei große Abtheilungen bringen und dieſe, wenn man will, wieder in kleinere Gruppen zerfällen. Dieſe Abtheilungen ſind die Wölfe oder eigentlichen Hunde mit rundem Augenſtern und mit kurzem Schwanz, die Füchſe mit ſpaltenförmigem Augenſtern und mit langem, buſchigen Schwanze, und die Hiänen, die eigentlichen Nachthunde, mit rundem Augenſtern, plumpem Leibesbau und mit abſchüſſigem Rücken, langem, lockern und rauhen Pelz und buſchigem Schwanz. Will man noch genauer eintheilen, ſo kann man dann die eigenthümlichen Uebergangsglieder von einer dieſer Gruppen zur andern oder ſelbſt zu anderen Familien von den übrigen abſondern, oder, wie Viele es thun, die Hiäne als eigene Familie von den Hunden gänzlich trennen. „Durch den Verſtand des Hundes beſteht die Welt.‟ So ſteht im Vendidad, dem älteſten und echteſten Theile des Zend-Aveſta, eines der älteſten Werke der Menſchheit. Für die erſte Bildungsſtufe des Menſchengeſchlechts waren und ſind noch heute dieſe Worte eine goldene Wahrheit. Der wilde, rohe, ungeſittete Menſch iſt undenkbar ohne den Hund — und der ge- bildete, geſittete Bewohner des angebauteſten Theiles der Erde nicht minder. Menſch und Hund ergänzen ſich hundert- und tauſendfach; der Menſch und der Hund ſind die treueſten aller Genoſſen. Kein einziges Thier der ganzen Erde iſt der vollſten und ungetheilteſten Achtung, der Freundſchaft und Liebe des Menſchen würdiger, als der Hund. Er iſt ein Theil des Menſchen ſelbſt; er iſt zu deſſen Gedeihen, zu deſſen Wohlfahrt unentbehrlich. „Der Hund,‟ ſagt Friedrich Cuvier, „iſt die merkwürdigſte, vollendetſte und nützlichſte Er- oberung, welche der Menſch jemals gemacht hat, denn die ganze Art iſt unſer Eigenthum geworden; jedes Einzelweſen derſelben gehört dem Menſchen, ſeinem Herrn, gänzlich an, richtet ſich nach ſeinen Gebräuchen, kennt und vertheidigt deſſen Eigenthum und bleibt ihm ergeben bis zum Tode. Und alles Dieſes ſpringt weder aus Noth noch aus Furcht, ſondern aus reiner Liebe und Anhänglichkeit. Die Schnelligkeit, die Stärke des Geruchs haben für den Menſchen aus ihm einen mächtigen Gehilfen ge- macht, und vielleicht iſt er ſogar nothwendig zum Beſtand der Geſellſchaft des Menſchenvereins. Der Hund iſt das einzige Thier, welches dem Menſchen über den ganzen Erdboden gefolgt iſt.‟ Der Hund iſt wohl würdig, daß wir ihn ausführlich behandeln, und trotz ſeiner ſcheinbaren All- bekanntſchaft, hier ſehr mit Luſt und Liebe ſeiner gedenken. Jch ſage „ſcheinbaren Allbekanntſchaft,‟ denn Jedermann glaubt ihn zu kennen, gründlich und hinlänglich zu kennen, und nur der Naturforſcher geſteht zu, daß er, trotz aller Nachforſchungen und Vergleichungen, eigentlich noch äußerſt wenig und kaum irgend etwas Sicheres über den Hund weiß. Der Hund hat ſich mit dem Menſchen über die ganze Erde verbreitet. Soweit ſich das Menſchen- geſchlecht ausgedehnt hat, ſoweit findet man auch ihn, und ſelbſt die armſeligſten, ungeſittetſten und ungebildetſten Völker haben ihn zu ihrem Genoſſen, Freund und Vertheidiger. Aber in keinem Lande der Erde iſt er noch wild zu treffen: man findet ihn überall nur gezähmt, überall blos in Geſellſchaft

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/379>, abgerufen am 24.11.2024.