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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Marder. -- Grison. Edelmarder.
ausgezeichnet. Die Färbung des Thieres ist sehr eigenthümlich und besonders deshalb merkwürdig,
weil die Oberseite des Körpers lichter gefärbt ist, als die Unterseite. Die Schnauze, der untere Theil
des Nackens, der Bauch und die Kiefer sind dunkelbraun, während die ganze Oberseite von der Stirn
an bis zum Schwanze mit einem blaßgrauen Fell bedeckt ist, dessen Grannenhaare schwarz und weiß
geringelt sind. Von der Stirn läuft über die Wangen eine hellockergelbe Binde, welche gegen die
Schultern hin etwas stärker wird. Die Schwanzspitze und die kleinen Ohren sind ganz gelb, die
Sohlen und die Fersen dunkelschwarz gefärbt, die kurzen Streifen der Stirn und Wange glänzend
stahlgrau. Zwischen Männchen und Weibchen, sowie zwischen Alt und Jung, findet kein Unterschied in
der Färbung statt.

Der Grison bewohnt so ziemlich dieselben Gegenden, wie die vorhergehende Art. Schom-
burgk
nennt ihn eines der gewöhnlichen Raubthiere der Küste. Er hält sich in den Pflanzungen
und besonders gern in der Nähe der Gebäude auf, wo er hauptsächlich dem Federvieh großen
Schaden thut. Jn der Lebensweise ähnelt er dem Vorhergehenden sehr und geht auch, wie Dieser,
am Tag auf die Jagd aus. Hohle Bäume, Felsspalten und Erdlöcher sind seine Aufenthaltsorte.
Das Thier macht den Eindruck eines sehr unverschämten Wesens und hat eine eigenthümliche Ge-
wohnheit, den langen Hals emporzuheben, ganz wie es giftige Schlangen zu thun pflegen, mit deren
Kopf der seinige überhaupt viel Aehnlichkeit hat. Dabei blitzen die kleinen, dunklen Augen unter der
weißen Binde sehr lebendig hervor und geben der geistigen Regsamkeit, sowie auch dem mordlustigen
Wesen des Grison belebten Ausdruck. Man sagt, daß er ebenso blutgierig, wie unser Marder wäre
und ohne Hunger soviel Thiere würge, als er nur erhaschen könne. Sein Muth soll außerordentlich
groß sein. Ein Grison, welchen ein Engländer zahm hielt, verließ einigemal seinen Käfig und griff
einen jungen Alligator an, der sich in demselben Zimmer befand. Letzterer war, wie der Erzähler
bemerkt, dummzahm und hatte sich an einem Abende in die Nähe des Feuers gelegt, um sich der will-
kommenen Wärme zu erfreuen. Als am nächsten Morgen der Eigner eintrat, fand er, daß der Grison
die Flucht aus dem Käfig bewerkstelligt hatte. Zugleich entdeckte er die Spuren des Angriffs des
kleinen Geschöpfs an der riesigen Panzerechse. Gerade unter den Vorderbeinen, dort, wo die starken
Blutgefäße verlaufen, hatte der Grison den Alligator so furchtbar zerfleischt, daß das arme Vieh an
den Folgen seiner Wunden zu Grunde ging. Der zweite Alligator, welchen jener Forscher besaß, war
durch den Mord seines Gefährten so wüthend geworden, daß er ärgerlich nach Jedem schnappte,
welches sich ihm näherte. Auch Cuvier berichtet von den Angriffen unsers Thieres auf andere, ver-
hältnißmäßig stärkere Thiere. Ein Grison, welchem fortwährend Nahrung im Ueberfluß gereicht
wurde, stillte seinen Blutdurst an einem armen Lemur, dessen Anblick ihn vorher so aufgeregt hatte,
daß er endlich die Stäbe seines Käfigs zernagte und das harmlose Geschöpf überfiel und tödtete.
Gerade dieser Grison war sehr zahm und im hohen Grade spiellustig, obgleich seine Spielerei eigent-
lich nichts Anderes war, als ein versteckter Kampf. Sobald man sich ihm hingab, legte er sich auf den
Rücken und faßte die Finger seines menschlichen Spielkameraden zwischen seine Klauen, nahm dieselben
in das Maul und kniff sie leise mit den Zähnen. Niemals hatte er so heftig gebissen, daß solches
Spiel gefährlich geworden wäre, und um so verwunderter war man, daß er sich anderen Thieren
gegenüber ganz anders benahm. -- Das Gedächtniß dieses Thieres war merkwürdig. Der Grison
erkannte seine alten Freunde an den Fingern, mit welchen er früher gespielt hatte! Jn seinen Be-
wegungen war er flink und anmuthig, und während er sich in seinem Käfig bewegte, hörte man von
ihm, so lange er bei guter Laune war, beständig ein heuschreckenartiges Gezirp. Gereizt gab er einen
ziemlich starken, doch keineswegs unerträglichen Bisamgeruch von sich, welcher nach einigen Stunden
wieder verging. -- Das Weibchen des Grison bringt im Oktober zwei Junge zur Welt und pflegt
und liebt sie in eben dem Grade, wie seine Verwandten.

Die Guaraner, welche ihn "Yaquape" oder "niedrer Hund" nennen, fangen ihn, halten ihn
häufig in der Gefangenschaft, essen auch sein Fleisch und verwenden seinen Pelz. Die Ansiedler
tödten ihn, wo sie ihn nur erlangen können.



Die Raubthiere. Marder. — Griſon. Edelmarder.
ausgezeichnet. Die Färbung des Thieres iſt ſehr eigenthümlich und beſonders deshalb merkwürdig,
weil die Oberſeite des Körpers lichter gefärbt iſt, als die Unterſeite. Die Schnauze, der untere Theil
des Nackens, der Bauch und die Kiefer ſind dunkelbraun, während die ganze Oberſeite von der Stirn
an bis zum Schwanze mit einem blaßgrauen Fell bedeckt iſt, deſſen Grannenhaare ſchwarz und weiß
geringelt ſind. Von der Stirn läuft über die Wangen eine hellockergelbe Binde, welche gegen die
Schultern hin etwas ſtärker wird. Die Schwanzſpitze und die kleinen Ohren ſind ganz gelb, die
Sohlen und die Ferſen dunkelſchwarz gefärbt, die kurzen Streifen der Stirn und Wange glänzend
ſtahlgrau. Zwiſchen Männchen und Weibchen, ſowie zwiſchen Alt und Jung, findet kein Unterſchied in
der Färbung ſtatt.

Der Griſon bewohnt ſo ziemlich dieſelben Gegenden, wie die vorhergehende Art. Schom-
burgk
nennt ihn eines der gewöhnlichen Raubthiere der Küſte. Er hält ſich in den Pflanzungen
und beſonders gern in der Nähe der Gebäude auf, wo er hauptſächlich dem Federvieh großen
Schaden thut. Jn der Lebensweiſe ähnelt er dem Vorhergehenden ſehr und geht auch, wie Dieſer,
am Tag auf die Jagd aus. Hohle Bäume, Felsſpalten und Erdlöcher ſind ſeine Aufenthaltsorte.
Das Thier macht den Eindruck eines ſehr unverſchämten Weſens und hat eine eigenthümliche Ge-
wohnheit, den langen Hals emporzuheben, ganz wie es giftige Schlangen zu thun pflegen, mit deren
Kopf der ſeinige überhaupt viel Aehnlichkeit hat. Dabei blitzen die kleinen, dunklen Augen unter der
weißen Binde ſehr lebendig hervor und geben der geiſtigen Regſamkeit, ſowie auch dem mordluſtigen
Weſen des Griſon belebten Ausdruck. Man ſagt, daß er ebenſo blutgierig, wie unſer Marder wäre
und ohne Hunger ſoviel Thiere würge, als er nur erhaſchen könne. Sein Muth ſoll außerordentlich
groß ſein. Ein Griſon, welchen ein Engländer zahm hielt, verließ einigemal ſeinen Käfig und griff
einen jungen Alligator an, der ſich in demſelben Zimmer befand. Letzterer war, wie der Erzähler
bemerkt, dummzahm und hatte ſich an einem Abende in die Nähe des Feuers gelegt, um ſich der will-
kommenen Wärme zu erfreuen. Als am nächſten Morgen der Eigner eintrat, fand er, daß der Griſon
die Flucht aus dem Käfig bewerkſtelligt hatte. Zugleich entdeckte er die Spuren des Angriffs des
kleinen Geſchöpfs an der rieſigen Panzerechſe. Gerade unter den Vorderbeinen, dort, wo die ſtarken
Blutgefäße verlaufen, hatte der Griſon den Alligator ſo furchtbar zerfleiſcht, daß das arme Vieh an
den Folgen ſeiner Wunden zu Grunde ging. Der zweite Alligator, welchen jener Forſcher beſaß, war
durch den Mord ſeines Gefährten ſo wüthend geworden, daß er ärgerlich nach Jedem ſchnappte,
welches ſich ihm näherte. Auch Cuvier berichtet von den Angriffen unſers Thieres auf andere, ver-
hältnißmäßig ſtärkere Thiere. Ein Griſon, welchem fortwährend Nahrung im Ueberfluß gereicht
wurde, ſtillte ſeinen Blutdurſt an einem armen Lemur, deſſen Anblick ihn vorher ſo aufgeregt hatte,
daß er endlich die Stäbe ſeines Käfigs zernagte und das harmloſe Geſchöpf überfiel und tödtete.
Gerade dieſer Griſon war ſehr zahm und im hohen Grade ſpielluſtig, obgleich ſeine Spielerei eigent-
lich nichts Anderes war, als ein verſteckter Kampf. Sobald man ſich ihm hingab, legte er ſich auf den
Rücken und faßte die Finger ſeines menſchlichen Spielkameraden zwiſchen ſeine Klauen, nahm dieſelben
in das Maul und kniff ſie leiſe mit den Zähnen. Niemals hatte er ſo heftig gebiſſen, daß ſolches
Spiel gefährlich geworden wäre, und um ſo verwunderter war man, daß er ſich anderen Thieren
gegenüber ganz anders benahm. — Das Gedächtniß dieſes Thieres war merkwürdig. Der Griſon
erkannte ſeine alten Freunde an den Fingern, mit welchen er früher geſpielt hatte! Jn ſeinen Be-
wegungen war er flink und anmuthig, und während er ſich in ſeinem Käfig bewegte, hörte man von
ihm, ſo lange er bei guter Laune war, beſtändig ein heuſchreckenartiges Gezirp. Gereizt gab er einen
ziemlich ſtarken, doch keineswegs unerträglichen Biſamgeruch von ſich, welcher nach einigen Stunden
wieder verging. — Das Weibchen des Griſon bringt im Oktober zwei Junge zur Welt und pflegt
und liebt ſie in eben dem Grade, wie ſeine Verwandten.

Die Guaraner, welche ihn „Yaquape‟ oder „niedrer Hund‟ nennen, fangen ihn, halten ihn
häufig in der Gefangenſchaft, eſſen auch ſein Fleiſch und verwenden ſeinen Pelz. Die Anſiedler
tödten ihn, wo ſie ihn nur erlangen können.



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[524/0598] Die Raubthiere. Marder. — Griſon. Edelmarder. ausgezeichnet. Die Färbung des Thieres iſt ſehr eigenthümlich und beſonders deshalb merkwürdig, weil die Oberſeite des Körpers lichter gefärbt iſt, als die Unterſeite. Die Schnauze, der untere Theil des Nackens, der Bauch und die Kiefer ſind dunkelbraun, während die ganze Oberſeite von der Stirn an bis zum Schwanze mit einem blaßgrauen Fell bedeckt iſt, deſſen Grannenhaare ſchwarz und weiß geringelt ſind. Von der Stirn läuft über die Wangen eine hellockergelbe Binde, welche gegen die Schultern hin etwas ſtärker wird. Die Schwanzſpitze und die kleinen Ohren ſind ganz gelb, die Sohlen und die Ferſen dunkelſchwarz gefärbt, die kurzen Streifen der Stirn und Wange glänzend ſtahlgrau. Zwiſchen Männchen und Weibchen, ſowie zwiſchen Alt und Jung, findet kein Unterſchied in der Färbung ſtatt. Der Griſon bewohnt ſo ziemlich dieſelben Gegenden, wie die vorhergehende Art. Schom- burgk nennt ihn eines der gewöhnlichen Raubthiere der Küſte. Er hält ſich in den Pflanzungen und beſonders gern in der Nähe der Gebäude auf, wo er hauptſächlich dem Federvieh großen Schaden thut. Jn der Lebensweiſe ähnelt er dem Vorhergehenden ſehr und geht auch, wie Dieſer, am Tag auf die Jagd aus. Hohle Bäume, Felsſpalten und Erdlöcher ſind ſeine Aufenthaltsorte. Das Thier macht den Eindruck eines ſehr unverſchämten Weſens und hat eine eigenthümliche Ge- wohnheit, den langen Hals emporzuheben, ganz wie es giftige Schlangen zu thun pflegen, mit deren Kopf der ſeinige überhaupt viel Aehnlichkeit hat. Dabei blitzen die kleinen, dunklen Augen unter der weißen Binde ſehr lebendig hervor und geben der geiſtigen Regſamkeit, ſowie auch dem mordluſtigen Weſen des Griſon belebten Ausdruck. Man ſagt, daß er ebenſo blutgierig, wie unſer Marder wäre und ohne Hunger ſoviel Thiere würge, als er nur erhaſchen könne. Sein Muth ſoll außerordentlich groß ſein. Ein Griſon, welchen ein Engländer zahm hielt, verließ einigemal ſeinen Käfig und griff einen jungen Alligator an, der ſich in demſelben Zimmer befand. Letzterer war, wie der Erzähler bemerkt, dummzahm und hatte ſich an einem Abende in die Nähe des Feuers gelegt, um ſich der will- kommenen Wärme zu erfreuen. Als am nächſten Morgen der Eigner eintrat, fand er, daß der Griſon die Flucht aus dem Käfig bewerkſtelligt hatte. Zugleich entdeckte er die Spuren des Angriffs des kleinen Geſchöpfs an der rieſigen Panzerechſe. Gerade unter den Vorderbeinen, dort, wo die ſtarken Blutgefäße verlaufen, hatte der Griſon den Alligator ſo furchtbar zerfleiſcht, daß das arme Vieh an den Folgen ſeiner Wunden zu Grunde ging. Der zweite Alligator, welchen jener Forſcher beſaß, war durch den Mord ſeines Gefährten ſo wüthend geworden, daß er ärgerlich nach Jedem ſchnappte, welches ſich ihm näherte. Auch Cuvier berichtet von den Angriffen unſers Thieres auf andere, ver- hältnißmäßig ſtärkere Thiere. Ein Griſon, welchem fortwährend Nahrung im Ueberfluß gereicht wurde, ſtillte ſeinen Blutdurſt an einem armen Lemur, deſſen Anblick ihn vorher ſo aufgeregt hatte, daß er endlich die Stäbe ſeines Käfigs zernagte und das harmloſe Geſchöpf überfiel und tödtete. Gerade dieſer Griſon war ſehr zahm und im hohen Grade ſpielluſtig, obgleich ſeine Spielerei eigent- lich nichts Anderes war, als ein verſteckter Kampf. Sobald man ſich ihm hingab, legte er ſich auf den Rücken und faßte die Finger ſeines menſchlichen Spielkameraden zwiſchen ſeine Klauen, nahm dieſelben in das Maul und kniff ſie leiſe mit den Zähnen. Niemals hatte er ſo heftig gebiſſen, daß ſolches Spiel gefährlich geworden wäre, und um ſo verwunderter war man, daß er ſich anderen Thieren gegenüber ganz anders benahm. — Das Gedächtniß dieſes Thieres war merkwürdig. Der Griſon erkannte ſeine alten Freunde an den Fingern, mit welchen er früher geſpielt hatte! Jn ſeinen Be- wegungen war er flink und anmuthig, und während er ſich in ſeinem Käfig bewegte, hörte man von ihm, ſo lange er bei guter Laune war, beſtändig ein heuſchreckenartiges Gezirp. Gereizt gab er einen ziemlich ſtarken, doch keineswegs unerträglichen Biſamgeruch von ſich, welcher nach einigen Stunden wieder verging. — Das Weibchen des Griſon bringt im Oktober zwei Junge zur Welt und pflegt und liebt ſie in eben dem Grade, wie ſeine Verwandten. Die Guaraner, welche ihn „Yaquape‟ oder „niedrer Hund‟ nennen, fangen ihn, halten ihn häufig in der Gefangenſchaft, eſſen auch ſein Fleiſch und verwenden ſeinen Pelz. Die Anſiedler tödten ihn, wo ſie ihn nur erlangen können.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/598>, abgerufen am 24.11.2024.