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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Bärenjagd in Jllyrien.
Schritte herankommen, bei der Dunkelheit oft noch näher, und schießt ihm die Kugel auf die Brust
oder auf den Kopf. Hier heißt es aber sicher abkommen!"

"Sobald es knallt, macht der Bär nur eine Seitenbewegung mit dem Kopf, ohne seine Stellung
zu verändern, -- wenn nämlich der Schuß aus Uebereilung oder Aengstlichkeit mißrathen ist. Nun
bleibt dem Schützen Nichts übrig, als sich zu einem Kampfe auf Leben und Tod anzuschicken; denn an
die Flucht oder Rettung durch Erklettern eines Baumes ist jetzt nicht mehr zu denken. Der Bär
räumt den Kampfplatz niemals: er bleibt auf demselben todt oder lebendig."

"Trotz der geringen Entfernung hat der Jäger noch immer Zeit, nach dem gefehlten Schusse
seinen Hirschfänger ziehen zu können, denn der Bär beschleunigt seine Schritte durchaus nicht. Wie
ein geschickter Fechtmeister parirt er Hieb und Stich mit seinen Prauken, wenn sie auch schon durch-
hauen herabhängen. Mit gefletschten Zähnen und vermehrter Wuth dringt er auf den Gegner ein.
Ein tiefer, aber schneller Stich desselben in die Brust bringt ihn wohl zum Wanken, aber nicht zum
Stürzen. Der Jäger muß nun alle Geschicklichkeit aufbieten, bei einer Wendung die Seite des
Bären zu gewinnen; dann hat der furchtbare Gegner das Spiel verloren: ein zweiter Stich hinter
dem Blatt durchbohrt die edleren Theile; er schwankt hin und her und stürzt röchelnd zusammen. --
Ein solcher Kampf dauert zuweilen länger als eine Viertelstunde, und der glückliche Sieger kann vor
Erschöpfung kaum Athem holen."

"Der Kampf geht indessen nicht immer so regelmäßig und glücklich ab, denn zuweilen schlägt der
Bär schon beim ersten Stich in die Brust die Klinge des Hirschfängers entzwei, was einer Pranke
wohl möglich ist, welche mit einem einzigen Schlage einen Ochsen niederwirft. Dann bleibt dem Jäger
Nichts übrig, als einige Schritte zurückzuweichen und das Bärenmesser zu ziehen oder den Doppel-
stutzen umgekehrt in beide Hände zu nehmen und dem Bären damit einen Schlag zwischen die Augen
zu geben, der stark genug ist, ihn zu betäuben. Das Bärenmesser mag dann das Werk vollenden.
Solche Kämpfe sind nichts weniger als selten, und so hat man denn auch hinlängliche Erfahrungen
darüber sammeln können. Ein richtig zwischen beiden Sehern angebrachter Schlag tödtet den Bären
auf der Stelle, trifft man aber etwas tiefer, die Schnauze, so folgt nur eine kurze Betäubung, von
welcher sich der Bär bald wieder erholt, wenn nicht schnell einige Schläge nachfolgen. -- Gewandtheit,
Muth, ein kräftiger Arm und vor allen Dingen kaltes Blut sind die Haupterfordernisse des Bären-
jägers, der allein eine solche Jagd unternehmen will; wer diese Eigenschaften nicht besitzt, der bleibe
lieber zu Hause, wenn er nicht seines Lebens müde ist."

"Alte Bärenjäger, die schon manchen Kampf dieser Art glücklich ausgefochten hatten, versicherten,
daß Derjenige, welcher den Bären von vorn durch einen Stich in die Brust augenblicklich zu tödten
meine, sich im vollständigen Jrrthum befinde. Die beste Art dieses Gefechts sei: dem Bären die weit
zur Umarmung ausgestreckten Pranken abzuhauen oder wenigstens deren Kraft zu lähmen, dann ihm
schnell die Seite abzugewinnen und einen Stich hinter dem Blatt anzubringen. Jedoch müsse man
darauf bedacht sein, die Klinge so schnell als möglich wieder herauszuziehen, da der Bär, besonders
zur Bärzeit, eine außerordentliche Lebenskraft besitzt, und stets noch einige gut angebrachte Stiche
nöthig werden, um ihn zu tödten."

"Der beste und sicherste Schuß bleibt immer der mit der Kugel. Mit Rollern oder Posten zu
schießen, ist selbst auf kurze Entfernungen unsicher und von geringerer Wirksamkeit, wenn das Ge-
wehr nicht ganz besonders scharf schießt und den Schuß zusammenhält."

"Hat der Bär eine lebensgefährliche Wunde erhalten und flieht, so sucht er gewöhnlich sein ver-
lassenes Lager wieder auf oder thut sich schon am ersten Dickicht oder Bruch nieder. Der Anschuß wird
sogleich verbrochen (bezeichnet), dem Verwundeten aber die nöthige Zeit zum Krankwerden gelassen. Wenn
der Bär auf der Flucht hustet, so ist Dies ein Zeichen, daß der Schuß gut war. Die Jäger bestimmen
aus dem vorgefundenen Schweiß ziemlich sicher, wo die Kugel sitzt. Jst der Schweiß schäumend und
sehr hellroth, so hat die Kugel die Lunge durchbohrt, sieht er aber schwarzbraun aus, so ist die Leber
zerrissen. Nach einer andern Farbe des Schweißes braucht sich der Jäger nicht umzusehen; denn, ist

Bärenjagd in Jllyrien.
Schritte herankommen, bei der Dunkelheit oft noch näher, und ſchießt ihm die Kugel auf die Bruſt
oder auf den Kopf. Hier heißt es aber ſicher abkommen!‟

„Sobald es knallt, macht der Bär nur eine Seitenbewegung mit dem Kopf, ohne ſeine Stellung
zu verändern, — wenn nämlich der Schuß aus Uebereilung oder Aengſtlichkeit mißrathen iſt. Nun
bleibt dem Schützen Nichts übrig, als ſich zu einem Kampfe auf Leben und Tod anzuſchicken; denn an
die Flucht oder Rettung durch Erklettern eines Baumes iſt jetzt nicht mehr zu denken. Der Bär
räumt den Kampfplatz niemals: er bleibt auf demſelben todt oder lebendig.‟

„Trotz der geringen Entfernung hat der Jäger noch immer Zeit, nach dem gefehlten Schuſſe
ſeinen Hirſchfänger ziehen zu können, denn der Bär beſchleunigt ſeine Schritte durchaus nicht. Wie
ein geſchickter Fechtmeiſter parirt er Hieb und Stich mit ſeinen Prauken, wenn ſie auch ſchon durch-
hauen herabhängen. Mit gefletſchten Zähnen und vermehrter Wuth dringt er auf den Gegner ein.
Ein tiefer, aber ſchneller Stich deſſelben in die Bruſt bringt ihn wohl zum Wanken, aber nicht zum
Stürzen. Der Jäger muß nun alle Geſchicklichkeit aufbieten, bei einer Wendung die Seite des
Bären zu gewinnen; dann hat der furchtbare Gegner das Spiel verloren: ein zweiter Stich hinter
dem Blatt durchbohrt die edleren Theile; er ſchwankt hin und her und ſtürzt röchelnd zuſammen. —
Ein ſolcher Kampf dauert zuweilen länger als eine Viertelſtunde, und der glückliche Sieger kann vor
Erſchöpfung kaum Athem holen.‟

„Der Kampf geht indeſſen nicht immer ſo regelmäßig und glücklich ab, denn zuweilen ſchlägt der
Bär ſchon beim erſten Stich in die Bruſt die Klinge des Hirſchfängers entzwei, was einer Pranke
wohl möglich iſt, welche mit einem einzigen Schlage einen Ochſen niederwirft. Dann bleibt dem Jäger
Nichts übrig, als einige Schritte zurückzuweichen und das Bärenmeſſer zu ziehen oder den Doppel-
ſtutzen umgekehrt in beide Hände zu nehmen und dem Bären damit einen Schlag zwiſchen die Augen
zu geben, der ſtark genug iſt, ihn zu betäuben. Das Bärenmeſſer mag dann das Werk vollenden.
Solche Kämpfe ſind nichts weniger als ſelten, und ſo hat man denn auch hinlängliche Erfahrungen
darüber ſammeln können. Ein richtig zwiſchen beiden Sehern angebrachter Schlag tödtet den Bären
auf der Stelle, trifft man aber etwas tiefer, die Schnauze, ſo folgt nur eine kurze Betäubung, von
welcher ſich der Bär bald wieder erholt, wenn nicht ſchnell einige Schläge nachfolgen. — Gewandtheit,
Muth, ein kräftiger Arm und vor allen Dingen kaltes Blut ſind die Haupterforderniſſe des Bären-
jägers, der allein eine ſolche Jagd unternehmen will; wer dieſe Eigenſchaften nicht beſitzt, der bleibe
lieber zu Hauſe, wenn er nicht ſeines Lebens müde iſt.‟

„Alte Bärenjäger, die ſchon manchen Kampf dieſer Art glücklich ausgefochten hatten, verſicherten,
daß Derjenige, welcher den Bären von vorn durch einen Stich in die Bruſt augenblicklich zu tödten
meine, ſich im vollſtändigen Jrrthum befinde. Die beſte Art dieſes Gefechts ſei: dem Bären die weit
zur Umarmung ausgeſtreckten Pranken abzuhauen oder wenigſtens deren Kraft zu lähmen, dann ihm
ſchnell die Seite abzugewinnen und einen Stich hinter dem Blatt anzubringen. Jedoch müſſe man
darauf bedacht ſein, die Klinge ſo ſchnell als möglich wieder herauszuziehen, da der Bär, beſonders
zur Bärzeit, eine außerordentliche Lebenskraft beſitzt, und ſtets noch einige gut angebrachte Stiche
nöthig werden, um ihn zu tödten.‟

„Der beſte und ſicherſte Schuß bleibt immer der mit der Kugel. Mit Rollern oder Poſten zu
ſchießen, iſt ſelbſt auf kurze Entfernungen unſicher und von geringerer Wirkſamkeit, wenn das Ge-
wehr nicht ganz beſonders ſcharf ſchießt und den Schuß zuſammenhält.‟

„Hat der Bär eine lebensgefährliche Wunde erhalten und flieht, ſo ſucht er gewöhnlich ſein ver-
laſſenes Lager wieder auf oder thut ſich ſchon am erſten Dickicht oder Bruch nieder. Der Anſchuß wird
ſogleich verbrochen (bezeichnet), dem Verwundeten aber die nöthige Zeit zum Krankwerden gelaſſen. Wenn
der Bär auf der Flucht huſtet, ſo iſt Dies ein Zeichen, daß der Schuß gut war. Die Jäger beſtimmen
aus dem vorgefundenen Schweiß ziemlich ſicher, wo die Kugel ſitzt. Jſt der Schweiß ſchäumend und
ſehr hellroth, ſo hat die Kugel die Lunge durchbohrt, ſieht er aber ſchwarzbraun aus, ſo iſt die Leber
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[589/0665] Bärenjagd in Jllyrien. Schritte herankommen, bei der Dunkelheit oft noch näher, und ſchießt ihm die Kugel auf die Bruſt oder auf den Kopf. Hier heißt es aber ſicher abkommen!‟ „Sobald es knallt, macht der Bär nur eine Seitenbewegung mit dem Kopf, ohne ſeine Stellung zu verändern, — wenn nämlich der Schuß aus Uebereilung oder Aengſtlichkeit mißrathen iſt. Nun bleibt dem Schützen Nichts übrig, als ſich zu einem Kampfe auf Leben und Tod anzuſchicken; denn an die Flucht oder Rettung durch Erklettern eines Baumes iſt jetzt nicht mehr zu denken. Der Bär räumt den Kampfplatz niemals: er bleibt auf demſelben todt oder lebendig.‟ „Trotz der geringen Entfernung hat der Jäger noch immer Zeit, nach dem gefehlten Schuſſe ſeinen Hirſchfänger ziehen zu können, denn der Bär beſchleunigt ſeine Schritte durchaus nicht. Wie ein geſchickter Fechtmeiſter parirt er Hieb und Stich mit ſeinen Prauken, wenn ſie auch ſchon durch- hauen herabhängen. Mit gefletſchten Zähnen und vermehrter Wuth dringt er auf den Gegner ein. Ein tiefer, aber ſchneller Stich deſſelben in die Bruſt bringt ihn wohl zum Wanken, aber nicht zum Stürzen. Der Jäger muß nun alle Geſchicklichkeit aufbieten, bei einer Wendung die Seite des Bären zu gewinnen; dann hat der furchtbare Gegner das Spiel verloren: ein zweiter Stich hinter dem Blatt durchbohrt die edleren Theile; er ſchwankt hin und her und ſtürzt röchelnd zuſammen. — Ein ſolcher Kampf dauert zuweilen länger als eine Viertelſtunde, und der glückliche Sieger kann vor Erſchöpfung kaum Athem holen.‟ „Der Kampf geht indeſſen nicht immer ſo regelmäßig und glücklich ab, denn zuweilen ſchlägt der Bär ſchon beim erſten Stich in die Bruſt die Klinge des Hirſchfängers entzwei, was einer Pranke wohl möglich iſt, welche mit einem einzigen Schlage einen Ochſen niederwirft. Dann bleibt dem Jäger Nichts übrig, als einige Schritte zurückzuweichen und das Bärenmeſſer zu ziehen oder den Doppel- ſtutzen umgekehrt in beide Hände zu nehmen und dem Bären damit einen Schlag zwiſchen die Augen zu geben, der ſtark genug iſt, ihn zu betäuben. Das Bärenmeſſer mag dann das Werk vollenden. Solche Kämpfe ſind nichts weniger als ſelten, und ſo hat man denn auch hinlängliche Erfahrungen darüber ſammeln können. Ein richtig zwiſchen beiden Sehern angebrachter Schlag tödtet den Bären auf der Stelle, trifft man aber etwas tiefer, die Schnauze, ſo folgt nur eine kurze Betäubung, von welcher ſich der Bär bald wieder erholt, wenn nicht ſchnell einige Schläge nachfolgen. — Gewandtheit, Muth, ein kräftiger Arm und vor allen Dingen kaltes Blut ſind die Haupterforderniſſe des Bären- jägers, der allein eine ſolche Jagd unternehmen will; wer dieſe Eigenſchaften nicht beſitzt, der bleibe lieber zu Hauſe, wenn er nicht ſeines Lebens müde iſt.‟ „Alte Bärenjäger, die ſchon manchen Kampf dieſer Art glücklich ausgefochten hatten, verſicherten, daß Derjenige, welcher den Bären von vorn durch einen Stich in die Bruſt augenblicklich zu tödten meine, ſich im vollſtändigen Jrrthum befinde. Die beſte Art dieſes Gefechts ſei: dem Bären die weit zur Umarmung ausgeſtreckten Pranken abzuhauen oder wenigſtens deren Kraft zu lähmen, dann ihm ſchnell die Seite abzugewinnen und einen Stich hinter dem Blatt anzubringen. Jedoch müſſe man darauf bedacht ſein, die Klinge ſo ſchnell als möglich wieder herauszuziehen, da der Bär, beſonders zur Bärzeit, eine außerordentliche Lebenskraft beſitzt, und ſtets noch einige gut angebrachte Stiche nöthig werden, um ihn zu tödten.‟ „Der beſte und ſicherſte Schuß bleibt immer der mit der Kugel. Mit Rollern oder Poſten zu ſchießen, iſt ſelbſt auf kurze Entfernungen unſicher und von geringerer Wirkſamkeit, wenn das Ge- wehr nicht ganz beſonders ſcharf ſchießt und den Schuß zuſammenhält.‟ „Hat der Bär eine lebensgefährliche Wunde erhalten und flieht, ſo ſucht er gewöhnlich ſein ver- laſſenes Lager wieder auf oder thut ſich ſchon am erſten Dickicht oder Bruch nieder. Der Anſchuß wird ſogleich verbrochen (bezeichnet), dem Verwundeten aber die nöthige Zeit zum Krankwerden gelaſſen. Wenn der Bär auf der Flucht huſtet, ſo iſt Dies ein Zeichen, daß der Schuß gut war. Die Jäger beſtimmen aus dem vorgefundenen Schweiß ziemlich ſicher, wo die Kugel ſitzt. Jſt der Schweiß ſchäumend und ſehr hellroth, ſo hat die Kugel die Lunge durchbohrt, ſieht er aber ſchwarzbraun aus, ſo iſt die Leber zerriſſen. Nach einer andern Farbe des Schweißes braucht ſich der Jäger nicht umzuſehen; denn, iſt

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/665>, abgerufen am 22.11.2024.