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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Bären. -- Gemeiner Waschbär. Krebsfresser.

"Mit einem großen Hühnerhunde hatte jener Waschbär dagegen ein Schutz- und Trutzbündniß
geschlossen. Er ließ sich gern mit ihm zusammenkoppeln, und beide folgten ihrem Herrn dann Schritt
für Schritt, während der Waschbär allein selbst an der Leine stets seinen eignen Weg gehen wollte.
Sobald er morgens von der Kette befreit wurde, eilte er in freudigen Sprüngen, seinen Freund
aufzusuchen. Auf den Hinterfüßen stehend umschlang er dann den Hals des Hundes mit seinen ge-
schmeidigen Vorderpfoten und schmiegte den Kopf höchst empfindsam an; dann betrachtete und betastete
er den Körper seines vierbeinigen Freundes neugierig von allen Seiten. Es schien, als ob er täglich
neue Schönheiten an ihm entdecke und bewundere. Etwaige Mängel in der Behaarung suchte er
sofort durch Lecken und Streichen zu beseitigen. Der Hund stand während dieser oft über eine Viertel-
stunde dauernden Musterung unbeweglich mit würdevollem Ernst und hob willig einen Lauf um den
andern empor, sobald der Waschbär Dies für nöthig erachtete. Wenn dieser aber den Versuch machte,
seinen Rücken zu besteigen, ward er unwillig, und nun entspann sich eine endlose Rauferei, wobei der
Waschbär viel Muth, Kaltblütigkeit und erstaunliche Gewandtheit zeigte. Seine gewöhnliche Augriffs-
kunst bestand darin, dem ihm an Größe und Stärke weit überlegenen Gegner in einem unbewachten
Augenblick unter die Gurgel zu springen. Den Hals des Hundes von unten auf mit den Vorder-
pfoten umschlingend, schleuderte er im Nu seinen Körper zwischen den Vorderbeinen des Geguers
hindurch und suchte sich sofort mit den beweglichen Hinterpfoten auf dessen Rücken oder an den Seiten
fest anzuklammern. Gelang ihm Letzteres, so war der Hund kampfunfähig und mußte nun versuchen,
durch anhaltendes Wälzen auf dem Rasen sich von der inbrünstigen Umarmung feines Freundes zu
befreien. Zum Lobe des Schupp sei erwähnt, daß er den Vortheil seiner Stellung niemals miß-
brauchte. Er begnügte sich damit, den Kopf fortwährend so dicht unter die Kehle des Hundes zu
drängen, daß dieser ihn mit dem Gebisse nicht erreichen konnte."

"Mit den kleinen, bissigen Dachshunden hatte er nicht gern zu schaffen; doch wandelte ihn mit-
unter plötzlich die Laune an, ein solches Krummbein von oben herab zu umarmen. War der Streich
geglückt, so machte er vor Wonne einen hohen Bocksprung nach rückwärts und schnappte dabei in der
Luft zwischen den weitgespreizten Vorderbeinen hindurch nach dem rundgeringelten, baumelnden
Schweif. Dann aber suchte er, steifen Schrittes rückwärts gehend und den zornigen Dächsel fort-
während im Auge behaltend, den Rücken zu decken und kauerte sich schließlich unter dumpfem Schnurren
und unruhigem Schweifwedeln wie eine sprungbereite Katze platt auf dem Erdboden nieder. Von
verschiedenen Seiten angegriffen, warf er sich sofort auf den Rücken, strampelte mit allen Vieren und
biß unter gellendem Zetergeschrei wüthend um sich."

"Kleinere Säugethiere und jede Art Geflügel fiel er sofort mörderisch an, und äußerst schwer
hielt es, ihm den Raub zu entreißen. Mäuse, Ratten und anderes Gethier tödtete er durch einen
raschen Biß ins Genick und verzehrte sie mit Haut und Haar, da ihm das Abstreifen des Felles trotz
alles Zerrens und Reibens nur unvollständig gelingen wollte. An schönen Sommermorgen schlich er
gern in der Frühe im hohen, thaubedeckten Grase herum. Es war eine Lust, ihn hierbei zu beobachten.
Hier und da hält er an, wie ein vorstehender Hühnerhund, plötzlich springt er ein -- er hat einen
Frosch erwischt, den er nun durch heftiges Hin- und Herreiben auf dem Boden vorläufig außer
Fassung zu bringen sucht. Dann setzt er sich vergnügt auf die Hinterschenkel, hält seinen Frosch, wie
ein Kind sein Butterbrod, zwischen den Fingern, beißt ihm wohlgemuth den Kopf herunter und ver-
zehrt ihn bis auf die letzte Zehe. Während des Kauens summt die erste Biene heran. Der Schupp
horcht auf, schlägt beide Pfoten in der Luft zusammen und steckt das so gefangene Kerbthier nach Ent-
fernung des Stachels in die Schnauze. Jm nächsten Augenblick richtet er sich am nahen Gemäuer auf,
klatscht eine ruhende Fliege mit der flachen Pfote breit und kratzt seinen Fang sorgfältig mit den
Nägeln ab. Schneckengehäuse knackt er, wie eine Haselnuß, mit den Zähnen, worauf der unglückliche
Bewohner durch anhaltendes Reiben im nassen Grase von den Scherben seiner Behausung gründlich
befreit und dann ebenfalls verspeist wird. Die große Wegeschnecke liebt er nicht; die großen, gold-
grünen Laufkäfer aber scheinen ihm besonderes Vergnügen zu gewähren; denn er spielt lange und

Die Raubthiere. Bären. — Gemeiner Waſchbär. Krebsfreſſer.

„Mit einem großen Hühnerhunde hatte jener Waſchbär dagegen ein Schutz- und Trutzbündniß
geſchloſſen. Er ließ ſich gern mit ihm zuſammenkoppeln, und beide folgten ihrem Herrn dann Schritt
für Schritt, während der Waſchbär allein ſelbſt an der Leine ſtets ſeinen eignen Weg gehen wollte.
Sobald er morgens von der Kette befreit wurde, eilte er in freudigen Sprüngen, ſeinen Freund
aufzuſuchen. Auf den Hinterfüßen ſtehend umſchlang er dann den Hals des Hundes mit ſeinen ge-
ſchmeidigen Vorderpfoten und ſchmiegte den Kopf höchſt empfindſam an; dann betrachtete und betaſtete
er den Körper ſeines vierbeinigen Freundes neugierig von allen Seiten. Es ſchien, als ob er täglich
neue Schönheiten an ihm entdecke und bewundere. Etwaige Mängel in der Behaarung ſuchte er
ſofort durch Lecken und Streichen zu beſeitigen. Der Hund ſtand während dieſer oft über eine Viertel-
ſtunde dauernden Muſterung unbeweglich mit würdevollem Ernſt und hob willig einen Lauf um den
andern empor, ſobald der Waſchbär Dies für nöthig erachtete. Wenn dieſer aber den Verſuch machte,
ſeinen Rücken zu beſteigen, ward er unwillig, und nun entſpann ſich eine endloſe Rauferei, wobei der
Waſchbär viel Muth, Kaltblütigkeit und erſtaunliche Gewandtheit zeigte. Seine gewöhnliche Augriffs-
kunſt beſtand darin, dem ihm an Größe und Stärke weit überlegenen Gegner in einem unbewachten
Augenblick unter die Gurgel zu ſpringen. Den Hals des Hundes von unten auf mit den Vorder-
pfoten umſchlingend, ſchleuderte er im Nu ſeinen Körper zwiſchen den Vorderbeinen des Geguers
hindurch und ſuchte ſich ſofort mit den beweglichen Hinterpfoten auf deſſen Rücken oder an den Seiten
feſt anzuklammern. Gelang ihm Letzteres, ſo war der Hund kampfunfähig und mußte nun verſuchen,
durch anhaltendes Wälzen auf dem Raſen ſich von der inbrünſtigen Umarmung feines Freundes zu
befreien. Zum Lobe des Schupp ſei erwähnt, daß er den Vortheil ſeiner Stellung niemals miß-
brauchte. Er begnügte ſich damit, den Kopf fortwährend ſo dicht unter die Kehle des Hundes zu
drängen, daß dieſer ihn mit dem Gebiſſe nicht erreichen konnte.‟

„Mit den kleinen, biſſigen Dachshunden hatte er nicht gern zu ſchaffen; doch wandelte ihn mit-
unter plötzlich die Laune an, ein ſolches Krummbein von oben herab zu umarmen. War der Streich
geglückt, ſo machte er vor Wonne einen hohen Bockſprung nach rückwärts und ſchnappte dabei in der
Luft zwiſchen den weitgeſpreizten Vorderbeinen hindurch nach dem rundgeringelten, baumelnden
Schweif. Dann aber ſuchte er, ſteifen Schrittes rückwärts gehend und den zornigen Dächſel fort-
während im Auge behaltend, den Rücken zu decken und kauerte ſich ſchließlich unter dumpfem Schnurren
und unruhigem Schweifwedeln wie eine ſprungbereite Katze platt auf dem Erdboden nieder. Von
verſchiedenen Seiten angegriffen, warf er ſich ſofort auf den Rücken, ſtrampelte mit allen Vieren und
biß unter gellendem Zetergeſchrei wüthend um ſich.‟

„Kleinere Säugethiere und jede Art Geflügel fiel er ſofort mörderiſch an, und äußerſt ſchwer
hielt es, ihm den Raub zu entreißen. Mäuſe, Ratten und anderes Gethier tödtete er durch einen
raſchen Biß ins Genick und verzehrte ſie mit Haut und Haar, da ihm das Abſtreifen des Felles trotz
alles Zerrens und Reibens nur unvollſtändig gelingen wollte. An ſchönen Sommermorgen ſchlich er
gern in der Frühe im hohen, thaubedeckten Graſe herum. Es war eine Luſt, ihn hierbei zu beobachten.
Hier und da hält er an, wie ein vorſtehender Hühnerhund, plötzlich ſpringt er ein — er hat einen
Froſch erwiſcht, den er nun durch heftiges Hin- und Herreiben auf dem Boden vorläufig außer
Faſſung zu bringen ſucht. Dann ſetzt er ſich vergnügt auf die Hinterſchenkel, hält ſeinen Froſch, wie
ein Kind ſein Butterbrod, zwiſchen den Fingern, beißt ihm wohlgemuth den Kopf herunter und ver-
zehrt ihn bis auf die letzte Zehe. Während des Kauens ſummt die erſte Biene heran. Der Schupp
horcht auf, ſchlägt beide Pfoten in der Luft zuſammen und ſteckt das ſo gefangene Kerbthier nach Ent-
fernung des Stachels in die Schnauze. Jm nächſten Augenblick richtet er ſich am nahen Gemäuer auf,
klatſcht eine ruhende Fliege mit der flachen Pfote breit und kratzt ſeinen Fang ſorgfältig mit den
Nägeln ab. Schneckengehäuſe knackt er, wie eine Haſelnuß, mit den Zähnen, worauf der unglückliche
Bewohner durch anhaltendes Reiben im naſſen Graſe von den Scherben ſeiner Behauſung gründlich
befreit und dann ebenfalls verſpeiſt wird. Die große Wegeſchnecke liebt er nicht; die großen, gold-
grünen Laufkäfer aber ſcheinen ihm beſonderes Vergnügen zu gewähren; denn er ſpielt lange und

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/708>, abgerufen am 24.11.2024.