dem Schnabel zerkleinerten Nahrungsmittel aufnimmt und der Speiseröhre zuführt. Die Zungen- ränder sind sehr beweglich und können vorn von rechts und links her gegen einander gewölbt werden, so daß sie den ergriffenen Speisebissen wie in einer Röhre einschließen, in welcher er leicht zum Schlunde hinabgleitet. Bezeichnend für die Rüsselpapageien sind außerdem ihre bis über das Fersengelenk hin- auf nackten Füße und die kurzen und platten Fußwurzeln, auf welche sie bei dem Gehen auftreten sollen. Hierdurch schon würden sich die Thiere von allen übrigen Papageien unterscheiden.
Der Casmalos, wie die bekannteste Art der Rüsselpapageien auf Neuguinea genannt wird (Microglossus aterrimus), ist einer der größten aller Papageien überhaupt; er übertrifft noch die meisten Araras an Stärke. Sein Gefieder ist gleichmäßig tiefschwarz gefärbt und schillert etwas ins Grünliche, bei dem lebenden Vogel aber vorherrschend ins Grauliche, weil, wie bei so manchen andern Papageien, ein weißer mehliger Staub auf den Federn liegt. Die nackten, faltigen Wangen sind roth gefärbt. Die Holle besteht aus einer Anzahl einzelner Federn, welche lang und schmal sind; ihre Fär- bung spielt mehr ins Grauliche, als das übrige Gefieder.
Ueber das Freileben des Vogels ist wenig bekannt. "Der Rüsselpapagei", sagt von Rosenberg, niederländisch-indischer Regierungsbeamter, welcher neuerdings einige Nachrichten über die Papageien der Jnseln des stillen Meeres gab, "ist nicht selten auf Waigiu, Misool, Salawati und an der Küste von Neuguinea selbst. Meistens sitzt er in der Krone der höchsten Bäume, ist daselbst beständig in Bewegung und läßt während des Sitzens oder, wenn er mit kräftigem Flügelschlag in hoher Luft dahinfliegt, seine schnarrende, von der weißer Kakadus ganz verschiedene Stimme hören. Die Ein- gebornen nehmen die jungen Vögel aus dem Nest, ziehen sie auf und verkaufen sie nachher an Händler."
"Jn der Gefangenschaft verzehren sie am liebsten die Frucht des Kanaribaumes, deren eisenharte Schale sie ganz gemächlich aufsprengen. Sie werden sehr zahm. Einer dieser sogenannten Kakadus, einem Bewohner von Amboina gehörig, streicht fliegend in der ganzen Stadt umher und kommt zu gehöriger Zeit nach Haus, um zu essen und zu schlafen."
Von Martens sah einen Gefangenen dieser Art auf Mahai. "Der schwarze Kakadu", bemerkt er, "ist ein drolliger Gesell. Steif da sitzend mit dem rothen Gesicht, dem mächtigen Schnabel und seinem stets aufgerichteten Federbusche sieht er aus wie ein alter General, und macht namentlich wegen seiner Häßlichkeit einen lebhaften Eindruck. Auch er ist ruhig und langweilig, läßt aber bei Annähe- rung eines Fremden, wie auch sonst zuweilen zum Vergnügen eine ebenso unschöne, als wätschende (schnarchende, knarrende) Stimme hören. Die Eingebornen und deshalb natürlich auch die einheimisch gewordenen Europäer behaupten, die Speiseröhre sitze bei ihm in der Zunge."
Auf Amboina wird der Rüsselpapagei nach Rosenberg's Angabe oft gesehen. Das Stück kostet dort 20 bis 25 Gulden. Jn Europa gehört er zu den größten Seltenheiten der Sammlungen. Gegenwärtig lebt einer dieser merkwürdigen Vögel im Thiergarten zu Amsterdam. Mein Berusgenosse, Westermann, der Vorsteher dieser ausgezeichneten Anstalt, hat die Güte gehabt, mir Nachstehendes über ihn mitzutheilen:
"Wir besitzen unseren Casmalos seit dem 28. Mai 1860. Es ist uns nur mit großer Mühe geglückt, ihn an ein geeignetes Futter zu gewöhnen. Jn der Freiheit scheinen diese Vögel ausschließlich von Kernfrüchten zu leben; der unsrige ist auf der ganzen Reise mit Kanarikörnern gefüttert worden und hat sich erst nach und nach zu anderem Futter bequemt. Jetzt frißt er Hanf und Alles, was ich esse, Fleisch ausgenommen. Bei dieser Nahrung befindet er sich gesund und wohl."
"Abweichend von allen anderen mir bekannten Papageien, gebraucht der Casmalos seine eigen- thümlich gestaltete Zunge in absonderlicher Weise. Er nimmt das Futter mit dem Fuße an, bringt es an den Schnabel, zerstückelt es und drückt nur die Spitze seiner Zunge, welche mit einem runden hornartigen Blättchen versehen ist, auf den abgetrennten Bissen, welcher auf dem Blättchen kleben bleibt. Nun wird die Zunge zurückgezogen und der Bissen verschluckt. Das geht langsam vor sich, und daraus folgt, daß die Mahlzeit sehr lange währt."
Brehm, Thierleben. III. 4
Casmalos.
dem Schnabel zerkleinerten Nahrungsmittel aufnimmt und der Speiſeröhre zuführt. Die Zungen- ränder ſind ſehr beweglich und können vorn von rechts und links her gegen einander gewölbt werden, ſo daß ſie den ergriffenen Speiſebiſſen wie in einer Röhre einſchließen, in welcher er leicht zum Schlunde hinabgleitet. Bezeichnend für die Rüſſelpapageien ſind außerdem ihre bis über das Ferſengelenk hin- auf nackten Füße und die kurzen und platten Fußwurzeln, auf welche ſie bei dem Gehen auftreten ſollen. Hierdurch ſchon würden ſich die Thiere von allen übrigen Papageien unterſcheiden.
Der Casmalos, wie die bekannteſte Art der Rüſſelpapageien auf Neuguinea genannt wird (Microglossus aterrimus), iſt einer der größten aller Papageien überhaupt; er übertrifft noch die meiſten Araras an Stärke. Sein Gefieder iſt gleichmäßig tiefſchwarz gefärbt und ſchillert etwas ins Grünliche, bei dem lebenden Vogel aber vorherrſchend ins Grauliche, weil, wie bei ſo manchen andern Papageien, ein weißer mehliger Staub auf den Federn liegt. Die nackten, faltigen Wangen ſind roth gefärbt. Die Holle beſteht aus einer Anzahl einzelner Federn, welche lang und ſchmal ſind; ihre Fär- bung ſpielt mehr ins Grauliche, als das übrige Gefieder.
Ueber das Freileben des Vogels iſt wenig bekannt. „Der Rüſſelpapagei‟, ſagt von Roſenberg, niederländiſch-indiſcher Regierungsbeamter, welcher neuerdings einige Nachrichten über die Papageien der Jnſeln des ſtillen Meeres gab, „iſt nicht ſelten auf Waigiu, Miſool, Salawati und an der Küſte von Neuguinea ſelbſt. Meiſtens ſitzt er in der Krone der höchſten Bäume, iſt daſelbſt beſtändig in Bewegung und läßt während des Sitzens oder, wenn er mit kräftigem Flügelſchlag in hoher Luft dahinfliegt, ſeine ſchnarrende, von der weißer Kakadus ganz verſchiedene Stimme hören. Die Ein- gebornen nehmen die jungen Vögel aus dem Neſt, ziehen ſie auf und verkaufen ſie nachher an Händler.‟
„Jn der Gefangenſchaft verzehren ſie am liebſten die Frucht des Kanaribaumes, deren eiſenharte Schale ſie ganz gemächlich aufſprengen. Sie werden ſehr zahm. Einer dieſer ſogenannten Kakadus, einem Bewohner von Amboina gehörig, ſtreicht fliegend in der ganzen Stadt umher und kommt zu gehöriger Zeit nach Haus, um zu eſſen und zu ſchlafen.‟
Von Martens ſah einen Gefangenen dieſer Art auf Mahai. „Der ſchwarze Kakadu‟, bemerkt er, „iſt ein drolliger Geſell. Steif da ſitzend mit dem rothen Geſicht, dem mächtigen Schnabel und ſeinem ſtets aufgerichteten Federbuſche ſieht er aus wie ein alter General, und macht namentlich wegen ſeiner Häßlichkeit einen lebhaften Eindruck. Auch er iſt ruhig und langweilig, läßt aber bei Annähe- rung eines Fremden, wie auch ſonſt zuweilen zum Vergnügen eine ebenſo unſchöne, als wätſchende (ſchnarchende, knarrende) Stimme hören. Die Eingebornen und deshalb natürlich auch die einheimiſch gewordenen Europäer behaupten, die Speiſeröhre ſitze bei ihm in der Zunge.‟
Auf Amboina wird der Rüſſelpapagei nach Roſenberg’s Angabe oft geſehen. Das Stück koſtet dort 20 bis 25 Gulden. Jn Europa gehört er zu den größten Seltenheiten der Sammlungen. Gegenwärtig lebt einer dieſer merkwürdigen Vögel im Thiergarten zu Amſterdam. Mein Beruſgenoſſe, Weſtermann, der Vorſteher dieſer ausgezeichneten Anſtalt, hat die Güte gehabt, mir Nachſtehendes über ihn mitzutheilen:
„Wir beſitzen unſeren Casmalos ſeit dem 28. Mai 1860. Es iſt uns nur mit großer Mühe geglückt, ihn an ein geeignetes Futter zu gewöhnen. Jn der Freiheit ſcheinen dieſe Vögel ausſchließlich von Kernfrüchten zu leben; der unſrige iſt auf der ganzen Reiſe mit Kanarikörnern gefüttert worden und hat ſich erſt nach und nach zu anderem Futter bequemt. Jetzt frißt er Hanf und Alles, was ich eſſe, Fleiſch ausgenommen. Bei dieſer Nahrung befindet er ſich geſund und wohl.‟
„Abweichend von allen anderen mir bekannten Papageien, gebraucht der Casmalos ſeine eigen- thümlich geſtaltete Zunge in abſonderlicher Weiſe. Er nimmt das Futter mit dem Fuße an, bringt es an den Schnabel, zerſtückelt es und drückt nur die Spitze ſeiner Zunge, welche mit einem runden hornartigen Blättchen verſehen iſt, auf den abgetrennten Biſſen, welcher auf dem Blättchen kleben bleibt. Nun wird die Zunge zurückgezogen und der Biſſen verſchluckt. Das geht langſam vor ſich, und daraus folgt, daß die Mahlzeit ſehr lange währt.‟
Brehm, Thierleben. III. 4
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[49/0063]
Casmalos.
dem Schnabel zerkleinerten Nahrungsmittel aufnimmt und der Speiſeröhre zuführt. Die Zungen-
ränder ſind ſehr beweglich und können vorn von rechts und links her gegen einander gewölbt werden,
ſo daß ſie den ergriffenen Speiſebiſſen wie in einer Röhre einſchließen, in welcher er leicht zum Schlunde
hinabgleitet. Bezeichnend für die Rüſſelpapageien ſind außerdem ihre bis über das Ferſengelenk hin-
auf nackten Füße und die kurzen und platten Fußwurzeln, auf welche ſie bei dem Gehen auftreten
ſollen. Hierdurch ſchon würden ſich die Thiere von allen übrigen Papageien unterſcheiden.
Der Casmalos, wie die bekannteſte Art der Rüſſelpapageien auf Neuguinea genannt wird
(Microglossus aterrimus), iſt einer der größten aller Papageien überhaupt; er übertrifft noch die
meiſten Araras an Stärke. Sein Gefieder iſt gleichmäßig tiefſchwarz gefärbt und ſchillert etwas ins
Grünliche, bei dem lebenden Vogel aber vorherrſchend ins Grauliche, weil, wie bei ſo manchen andern
Papageien, ein weißer mehliger Staub auf den Federn liegt. Die nackten, faltigen Wangen ſind roth
gefärbt. Die Holle beſteht aus einer Anzahl einzelner Federn, welche lang und ſchmal ſind; ihre Fär-
bung ſpielt mehr ins Grauliche, als das übrige Gefieder.
Ueber das Freileben des Vogels iſt wenig bekannt. „Der Rüſſelpapagei‟, ſagt von Roſenberg,
niederländiſch-indiſcher Regierungsbeamter, welcher neuerdings einige Nachrichten über die Papageien
der Jnſeln des ſtillen Meeres gab, „iſt nicht ſelten auf Waigiu, Miſool, Salawati und an der Küſte
von Neuguinea ſelbſt. Meiſtens ſitzt er in der Krone der höchſten Bäume, iſt daſelbſt beſtändig in
Bewegung und läßt während des Sitzens oder, wenn er mit kräftigem Flügelſchlag in hoher Luft
dahinfliegt, ſeine ſchnarrende, von der weißer Kakadus ganz verſchiedene Stimme hören. Die Ein-
gebornen nehmen die jungen Vögel aus dem Neſt, ziehen ſie auf und verkaufen ſie nachher an Händler.‟
„Jn der Gefangenſchaft verzehren ſie am liebſten die Frucht des Kanaribaumes, deren eiſenharte
Schale ſie ganz gemächlich aufſprengen. Sie werden ſehr zahm. Einer dieſer ſogenannten Kakadus,
einem Bewohner von Amboina gehörig, ſtreicht fliegend in der ganzen Stadt umher und kommt zu
gehöriger Zeit nach Haus, um zu eſſen und zu ſchlafen.‟
Von Martens ſah einen Gefangenen dieſer Art auf Mahai. „Der ſchwarze Kakadu‟, bemerkt
er, „iſt ein drolliger Geſell. Steif da ſitzend mit dem rothen Geſicht, dem mächtigen Schnabel und
ſeinem ſtets aufgerichteten Federbuſche ſieht er aus wie ein alter General, und macht namentlich wegen
ſeiner Häßlichkeit einen lebhaften Eindruck. Auch er iſt ruhig und langweilig, läßt aber bei Annähe-
rung eines Fremden, wie auch ſonſt zuweilen zum Vergnügen eine ebenſo unſchöne, als wätſchende
(ſchnarchende, knarrende) Stimme hören. Die Eingebornen und deshalb natürlich auch die einheimiſch
gewordenen Europäer behaupten, die Speiſeröhre ſitze bei ihm in der Zunge.‟
Auf Amboina wird der Rüſſelpapagei nach Roſenberg’s Angabe oft geſehen. Das Stück
koſtet dort 20 bis 25 Gulden. Jn Europa gehört er zu den größten Seltenheiten der Sammlungen.
Gegenwärtig lebt einer dieſer merkwürdigen Vögel im Thiergarten zu Amſterdam. Mein Beruſgenoſſe,
Weſtermann, der Vorſteher dieſer ausgezeichneten Anſtalt, hat die Güte gehabt, mir Nachſtehendes
über ihn mitzutheilen:
„Wir beſitzen unſeren Casmalos ſeit dem 28. Mai 1860. Es iſt uns nur mit großer Mühe
geglückt, ihn an ein geeignetes Futter zu gewöhnen. Jn der Freiheit ſcheinen dieſe Vögel ausſchließlich
von Kernfrüchten zu leben; der unſrige iſt auf der ganzen Reiſe mit Kanarikörnern gefüttert worden
und hat ſich erſt nach und nach zu anderem Futter bequemt. Jetzt frißt er Hanf und Alles, was ich
eſſe, Fleiſch ausgenommen. Bei dieſer Nahrung befindet er ſich geſund und wohl.‟
„Abweichend von allen anderen mir bekannten Papageien, gebraucht der Casmalos ſeine eigen-
thümlich geſtaltete Zunge in abſonderlicher Weiſe. Er nimmt das Futter mit dem Fuße an, bringt
es an den Schnabel, zerſtückelt es und drückt nur die Spitze ſeiner Zunge, welche mit einem runden
hornartigen Blättchen verſehen iſt, auf den abgetrennten Biſſen, welcher auf dem Blättchen kleben
bleibt. Nun wird die Zunge zurückgezogen und der Biſſen verſchluckt. Das geht langſam vor ſich,
und daraus folgt, daß die Mahlzeit ſehr lange währt.‟
Brehm, Thierleben. III. 4
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/63>, abgerufen am 23.11.2024.
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