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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Die Läufer. Scharrvögel.
sind meist kurz, breit und stumpf, zuweilen aber auch lang und schmal, stets jedoch wenig gebogen.
Bei gewissen Arten der Scharrvögel werden sie nach der Jahreszeit gewechselt, d. h. abgeworfen,
wie ein ausgezogener Schuh, und wiederum neugebildet. Der Flügel ist in der Regel kurz und dann
stark abgerundet und schildartig gewölbt; es macht sich aber auch das gerade Gegentheil bemerklich.
Am Handtheil desselben sitzen zehn, am Armtheil zwölf bis neunzehn Schwingen. Der Schwanz ist
sehr verschieden gebildet und gestaltet, kann auch gänzlich fehlen: er besteht aus zwölf oder vierzehn
bis aus achtzehn und zwanzig Steuerfedern (welche übrigens in so hoher Zahl nur dem Männchen
zukommen), ist bald kurz, bald mittel-, bald sehr lang und dann seitlich stark verkürzt. Das übrige
Gefieder der Scharrvögel ist im allgemeinen derb und großfederig; die einzelnen Federn sind an ihrer
Wurzel dunig; ihr Schaft verdickt sich, und von der Spule geht ein zweiter, sehr großer, aber nur
duniger, sogenannter Afterschaft aus. Beachtung verdient die ungewöhnliche Entwickelung der
Bürzel- oder Schwanzdeckfedern, welche gewissen Hühnern zum hauptsächlichsten Schmuck wer-
den, ebenso ferner die merkwürdige Ausbildung und Entfaltung, welche bei einzelnen Arten
die Oberarmschwingen zeigen. Das Gefieder bekleidet den Leib und Hals sehr reichlich, bei zwei
Familien auch die Fußwurzeln bis zu den Zehen herab, läßt dagegen oft kleinere oder größere Stellen
am Kopfe und an der Gurgel frei. Hier wuchert dann die Haut ebenso, wie an anderen Stellen
das Gefieder: es bilden sich schwielige Auftreibungen, Warzen, Lappen, Kämme, Klunkern und
andere Anhängsel, sogar kleine Hörnchen, und alles das Nackte glänzt und leuchtet in den leb-
haftesten Farben. An Pracht und Farbenschönheit stehen die Scharrvögel überhaupt wenig anderen
nach, und viele von ihnen können mit den glänzendsten aller Klassenverwandten wetteifern. Uebrigens
mag bemerkt sein, daß es nicht sowohl der Glanz oder die Schönheit der Farbe, als vielmehr die
Zierlichkeit der Zeichnung und die Farbenvertheilung ist, was uns anspricht. Die Verschiedenheit
der Trachten zeigt sich bei keinem Vogel größer als bei den Hühnern; die Männchen unterscheiden
sich wenigstens bei vielen so auffallend von den Weibchen, welche hier als der bescheidenere Theil
erscheinen, daß es für die Unkundigen schwer sein kann, in dem einen den Gatten des andern zu
erkennen. Das Jugendkleid weicht stets von dem der alten Vögel ab und durchläuft oft und meist in
überraschend kurzer Zeit mehrere Stufen der Entwickelung, bevor es zum Alterskleide wird.

Der innere Bau der Scharrvögel ist in mancher Hinsicht eigenthümlich. Das Geripp ist massig
und das Lustfüllungsvermögen der einzelnen Knochen gering; luftführend sind vor allen anderen die
Oberschenkelknochen. Der Brustbeinkörper ist nicht eigentlich knöchern, sondern häutig, nach hinten
jederseits doppelt ausgebuchtet; die innere dieser Buchten erstreckt sich so weit nach vorn, daß der
Brustbeinkörper selbst bis auf einen schmalen Knochenstreifen verkümmert erscheint; ein zweiter
Knochenstreifen trennt die eine Bucht von der andern. Der Kamm des Brustbeins ist minder hoch,
als bei den Tauben, vorn verbreitert, in seinem Laufe stark gewölbt. Das Gabelbein ist dünn und
schmächtig. Die Vorderglieder zeichnen sich durch die Breite des Vorderarms und die bogenförmige
Krümmung der Ellbogenröhre aus. Die mittleren Rückenwirbel verwachsen zu einem einzigen Stück.
Dreizehn bis funfzehn Wirbel bilden den Halstheil, sieben rippentragende den Brusttheil, fünf bis
sechs den Schwanztheil der Wirbelsäule. Diese Beschreibung paßt übrigens, wie ich nochmals
hervorheben will, nur für die eigentlichen Hühner. -- Die Zunge ist ziemlich gleichbreit, oben flach
und weich, vorn kurz gespitzt und meist ausgezasert, der Zungenkern einfach, vorn knöcherig,
hinten knorpelig, der Zungenbeinkörper schmal und länglich. Der Schlund erweitert sich zu einem
wahren Kropf von ansehnlicher Größe. Der Vormagen ist dickwandig und drüsenreich, der Magen
starkmuskelig. Die Blinddärme sind sehr lang und keulenförmig gestaltet. Die Leber ist mäßig groß,
ungleichlappig, die Gallenblase klein, die Milz klein und rundlich. Die Luftröhre ist weich, wird
nur aus knorpligen Ringen gebildet und bei den Männchen gewisser Arten in ihrem unteren Theile
mit einer zelligen gallertartigen Masse überkleidet etc.

Die Scharrvögel sind, wie bereits angedeutet, Weltbürger, in Asien aber am höchsten entwickelt.
Jeder Erdtheil beherbergt gewisse Familien mehr oder weniger ausschießlich, wobei freilich berücksichtigt

Die Läufer. Scharrvögel.
ſind meiſt kurz, breit und ſtumpf, zuweilen aber auch lang und ſchmal, ſtets jedoch wenig gebogen.
Bei gewiſſen Arten der Scharrvögel werden ſie nach der Jahreszeit gewechſelt, d. h. abgeworfen,
wie ein ausgezogener Schuh, und wiederum neugebildet. Der Flügel iſt in der Regel kurz und dann
ſtark abgerundet und ſchildartig gewölbt; es macht ſich aber auch das gerade Gegentheil bemerklich.
Am Handtheil deſſelben ſitzen zehn, am Armtheil zwölf bis neunzehn Schwingen. Der Schwanz iſt
ſehr verſchieden gebildet und geſtaltet, kann auch gänzlich fehlen: er beſteht aus zwölf oder vierzehn
bis aus achtzehn und zwanzig Steuerfedern (welche übrigens in ſo hoher Zahl nur dem Männchen
zukommen), iſt bald kurz, bald mittel-, bald ſehr lang und dann ſeitlich ſtark verkürzt. Das übrige
Gefieder der Scharrvögel iſt im allgemeinen derb und großfederig; die einzelnen Federn ſind an ihrer
Wurzel dunig; ihr Schaft verdickt ſich, und von der Spule geht ein zweiter, ſehr großer, aber nur
duniger, ſogenannter Afterſchaft aus. Beachtung verdient die ungewöhnliche Entwickelung der
Bürzel- oder Schwanzdeckfedern, welche gewiſſen Hühnern zum hauptſächlichſten Schmuck wer-
den, ebenſo ferner die merkwürdige Ausbildung und Entfaltung, welche bei einzelnen Arten
die Oberarmſchwingen zeigen. Das Gefieder bekleidet den Leib und Hals ſehr reichlich, bei zwei
Familien auch die Fußwurzeln bis zu den Zehen herab, läßt dagegen oft kleinere oder größere Stellen
am Kopfe und an der Gurgel frei. Hier wuchert dann die Haut ebenſo, wie an anderen Stellen
das Gefieder: es bilden ſich ſchwielige Auftreibungen, Warzen, Lappen, Kämme, Klunkern und
andere Anhängſel, ſogar kleine Hörnchen, und alles das Nackte glänzt und leuchtet in den leb-
hafteſten Farben. An Pracht und Farbenſchönheit ſtehen die Scharrvögel überhaupt wenig anderen
nach, und viele von ihnen können mit den glänzendſten aller Klaſſenverwandten wetteifern. Uebrigens
mag bemerkt ſein, daß es nicht ſowohl der Glanz oder die Schönheit der Farbe, als vielmehr die
Zierlichkeit der Zeichnung und die Farbenvertheilung iſt, was uns anſpricht. Die Verſchiedenheit
der Trachten zeigt ſich bei keinem Vogel größer als bei den Hühnern; die Männchen unterſcheiden
ſich wenigſtens bei vielen ſo auffallend von den Weibchen, welche hier als der beſcheidenere Theil
erſcheinen, daß es für die Unkundigen ſchwer ſein kann, in dem einen den Gatten des andern zu
erkennen. Das Jugendkleid weicht ſtets von dem der alten Vögel ab und durchläuft oft und meiſt in
überraſchend kurzer Zeit mehrere Stufen der Entwickelung, bevor es zum Alterskleide wird.

Der innere Bau der Scharrvögel iſt in mancher Hinſicht eigenthümlich. Das Geripp iſt maſſig
und das Luſtfüllungsvermögen der einzelnen Knochen gering; luftführend ſind vor allen anderen die
Oberſchenkelknochen. Der Bruſtbeinkörper iſt nicht eigentlich knöchern, ſondern häutig, nach hinten
jederſeits doppelt ausgebuchtet; die innere dieſer Buchten erſtreckt ſich ſo weit nach vorn, daß der
Bruſtbeinkörper ſelbſt bis auf einen ſchmalen Knochenſtreifen verkümmert erſcheint; ein zweiter
Knochenſtreifen trennt die eine Bucht von der andern. Der Kamm des Bruſtbeins iſt minder hoch,
als bei den Tauben, vorn verbreitert, in ſeinem Laufe ſtark gewölbt. Das Gabelbein iſt dünn und
ſchmächtig. Die Vorderglieder zeichnen ſich durch die Breite des Vorderarms und die bogenförmige
Krümmung der Ellbogenröhre aus. Die mittleren Rückenwirbel verwachſen zu einem einzigen Stück.
Dreizehn bis funfzehn Wirbel bilden den Halstheil, ſieben rippentragende den Bruſttheil, fünf bis
ſechs den Schwanztheil der Wirbelſäule. Dieſe Beſchreibung paßt übrigens, wie ich nochmals
hervorheben will, nur für die eigentlichen Hühner. — Die Zunge iſt ziemlich gleichbreit, oben flach
und weich, vorn kurz geſpitzt und meiſt ausgezaſert, der Zungenkern einfach, vorn knöcherig,
hinten knorpelig, der Zungenbeinkörper ſchmal und länglich. Der Schlund erweitert ſich zu einem
wahren Kropf von anſehnlicher Größe. Der Vormagen iſt dickwandig und drüſenreich, der Magen
ſtarkmuskelig. Die Blinddärme ſind ſehr lang und keulenförmig geſtaltet. Die Leber iſt mäßig groß,
ungleichlappig, die Gallenblaſe klein, die Milz klein und rundlich. Die Luftröhre iſt weich, wird
nur aus knorpligen Ringen gebildet und bei den Männchen gewiſſer Arten in ihrem unteren Theile
mit einer zelligen gallertartigen Maſſe überkleidet ꝛc.

Die Scharrvögel ſind, wie bereits angedeutet, Weltbürger, in Aſien aber am höchſten entwickelt.
Jeder Erdtheil beherbergt gewiſſe Familien mehr oder weniger ausſchießlich, wobei freilich berückſichtigt

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[306/0330] Die Läufer. Scharrvögel. ſind meiſt kurz, breit und ſtumpf, zuweilen aber auch lang und ſchmal, ſtets jedoch wenig gebogen. Bei gewiſſen Arten der Scharrvögel werden ſie nach der Jahreszeit gewechſelt, d. h. abgeworfen, wie ein ausgezogener Schuh, und wiederum neugebildet. Der Flügel iſt in der Regel kurz und dann ſtark abgerundet und ſchildartig gewölbt; es macht ſich aber auch das gerade Gegentheil bemerklich. Am Handtheil deſſelben ſitzen zehn, am Armtheil zwölf bis neunzehn Schwingen. Der Schwanz iſt ſehr verſchieden gebildet und geſtaltet, kann auch gänzlich fehlen: er beſteht aus zwölf oder vierzehn bis aus achtzehn und zwanzig Steuerfedern (welche übrigens in ſo hoher Zahl nur dem Männchen zukommen), iſt bald kurz, bald mittel-, bald ſehr lang und dann ſeitlich ſtark verkürzt. Das übrige Gefieder der Scharrvögel iſt im allgemeinen derb und großfederig; die einzelnen Federn ſind an ihrer Wurzel dunig; ihr Schaft verdickt ſich, und von der Spule geht ein zweiter, ſehr großer, aber nur duniger, ſogenannter Afterſchaft aus. Beachtung verdient die ungewöhnliche Entwickelung der Bürzel- oder Schwanzdeckfedern, welche gewiſſen Hühnern zum hauptſächlichſten Schmuck wer- den, ebenſo ferner die merkwürdige Ausbildung und Entfaltung, welche bei einzelnen Arten die Oberarmſchwingen zeigen. Das Gefieder bekleidet den Leib und Hals ſehr reichlich, bei zwei Familien auch die Fußwurzeln bis zu den Zehen herab, läßt dagegen oft kleinere oder größere Stellen am Kopfe und an der Gurgel frei. Hier wuchert dann die Haut ebenſo, wie an anderen Stellen das Gefieder: es bilden ſich ſchwielige Auftreibungen, Warzen, Lappen, Kämme, Klunkern und andere Anhängſel, ſogar kleine Hörnchen, und alles das Nackte glänzt und leuchtet in den leb- hafteſten Farben. An Pracht und Farbenſchönheit ſtehen die Scharrvögel überhaupt wenig anderen nach, und viele von ihnen können mit den glänzendſten aller Klaſſenverwandten wetteifern. Uebrigens mag bemerkt ſein, daß es nicht ſowohl der Glanz oder die Schönheit der Farbe, als vielmehr die Zierlichkeit der Zeichnung und die Farbenvertheilung iſt, was uns anſpricht. Die Verſchiedenheit der Trachten zeigt ſich bei keinem Vogel größer als bei den Hühnern; die Männchen unterſcheiden ſich wenigſtens bei vielen ſo auffallend von den Weibchen, welche hier als der beſcheidenere Theil erſcheinen, daß es für die Unkundigen ſchwer ſein kann, in dem einen den Gatten des andern zu erkennen. Das Jugendkleid weicht ſtets von dem der alten Vögel ab und durchläuft oft und meiſt in überraſchend kurzer Zeit mehrere Stufen der Entwickelung, bevor es zum Alterskleide wird. Der innere Bau der Scharrvögel iſt in mancher Hinſicht eigenthümlich. Das Geripp iſt maſſig und das Luſtfüllungsvermögen der einzelnen Knochen gering; luftführend ſind vor allen anderen die Oberſchenkelknochen. Der Bruſtbeinkörper iſt nicht eigentlich knöchern, ſondern häutig, nach hinten jederſeits doppelt ausgebuchtet; die innere dieſer Buchten erſtreckt ſich ſo weit nach vorn, daß der Bruſtbeinkörper ſelbſt bis auf einen ſchmalen Knochenſtreifen verkümmert erſcheint; ein zweiter Knochenſtreifen trennt die eine Bucht von der andern. Der Kamm des Bruſtbeins iſt minder hoch, als bei den Tauben, vorn verbreitert, in ſeinem Laufe ſtark gewölbt. Das Gabelbein iſt dünn und ſchmächtig. Die Vorderglieder zeichnen ſich durch die Breite des Vorderarms und die bogenförmige Krümmung der Ellbogenröhre aus. Die mittleren Rückenwirbel verwachſen zu einem einzigen Stück. Dreizehn bis funfzehn Wirbel bilden den Halstheil, ſieben rippentragende den Bruſttheil, fünf bis ſechs den Schwanztheil der Wirbelſäule. Dieſe Beſchreibung paßt übrigens, wie ich nochmals hervorheben will, nur für die eigentlichen Hühner. — Die Zunge iſt ziemlich gleichbreit, oben flach und weich, vorn kurz geſpitzt und meiſt ausgezaſert, der Zungenkern einfach, vorn knöcherig, hinten knorpelig, der Zungenbeinkörper ſchmal und länglich. Der Schlund erweitert ſich zu einem wahren Kropf von anſehnlicher Größe. Der Vormagen iſt dickwandig und drüſenreich, der Magen ſtarkmuskelig. Die Blinddärme ſind ſehr lang und keulenförmig geſtaltet. Die Leber iſt mäßig groß, ungleichlappig, die Gallenblaſe klein, die Milz klein und rundlich. Die Luftröhre iſt weich, wird nur aus knorpligen Ringen gebildet und bei den Männchen gewiſſer Arten in ihrem unteren Theile mit einer zelligen gallertartigen Maſſe überkleidet ꝛc. Die Scharrvögel ſind, wie bereits angedeutet, Weltbürger, in Aſien aber am höchſten entwickelt. Jeder Erdtheil beherbergt gewiſſe Familien mehr oder weniger ausſchießlich, wobei freilich berückſichtigt

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/330>, abgerufen am 28.11.2024.