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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Schopf- und Helmwachtel
Rührigkeit der jungen Schopfwachteln schon gleich nach dem Ausschlüpfen", sagt Freyberg, "gewährt
es viel Vergnügen, ihnen zuzusehen. Die von Haushennen Ausgebrüteten bekümmerten sich nicht
um den Lockruf der Pflegemutter; sie gehen ihren eigenen Weg, suchen ihr Futter selbst und kehren
nur wieder, wenn sie sich wärmen wollen. Jch sah dieser Tage gleichalte Fasanen neben Wachteln
-- wie Simpel oder Dummköpfe erschienen sie gegen diese rührigen, sehr behenden Thiere." Von
besonderer Wichtigkeit scheint mir die Erfahrung Freyberg's zu sein, daß die Jungen, welche von
den Enkeln der ersterwähnten Schopfwachteln herrühren, ihren Eltern an Größe, Lebhaftigkeit und
Munterkeit bei weitem nachstanden, und sicherlich hat der scharfsinnige Beobachter Recht, wenn er
annimmt, daß ohne Kreuzung oder Zuführung frischen Blutes ein günstiges Ergebniß in der
Gefangenschaft nicht erzielt werden kann. Jm Freien thut die Natur das Jhrige; in der Gefangen-
schaft zeigen sich alle Uebelstände, welche Vermischung von so nahen Verwandten zur Folge hat.

Da es mir vor allen Dingen daran gelegen ist, Schopfwachteln in unsern Waldungen einzu-
bürgern, rieth ich meinem Freunde Becker in Ludwigslust, dem Großherzoge von Mecklenburg hierauf
bezügliche Vorschläge zu machen. Letzterer, welcher derartige Bestrebungen mit größter Theilnahme
verfolgt und so viel als möglich unterstützt, ging bereitwillig auf diesen Vorschlag ein, und so wurde
denn zunächst mit fünf Paaren ein Versuch gemacht. Von einem Ergebniß dieses Versuches kann ich
noch nicht berichten; denn die Ungunst des letztvergangenen Sommers (1866) und die geringe
Kenntniß, vielleicht auch geringe Willigkeit des betreffenden Wärters, welchem die Zucht anvertraut
war, haben die Ausführung einstweilen noch verhindert. "Als die Schopfwachteln", so schreibt
mir mein Freund, "denen der Fasanenwärter zunächst die Schwingen abgeschnitten hatte, nach Aus-
ziehen und Neubilden derselben, wieder fliegen konnten, suchte sich jeder Hahn eine Henne aus; denn
ich hatte, Jhrem Rathe folgend, alle in einem der fünf neben einander und unter sich verbundenen
Zuchtkäfige freigelassen. Es sonderte sich zunächst ein Paar ab und machte sich in einer Abtheilung
des Zwingers heimisch; darauf folgte ein zweites, drittes und viertes Paar, und innerhalb wenig
Tagen waren sämmtliche Räume besetzt. Am 18. April hatten alle Paare sich gefunden, häuslich
eingerichtet und waren anscheinend wohl zufrieden; am 11. Mai begann das Eierlegen. Die ersten
Eier, welche gefunden wurden, waren unvollkommen, d. h. sehr klein, nur halb so groß als die
später gelegten, kugelrund und auf erdfarbenem Grunde mit vielen dunklen Pünktchen bespritzt,
während die späteren die schöne Eiform und die regelmäßige, kräftigere Zeichnung hatten. Die ersten
Eier wurden auch nicht an einen bestimmten Ort, sondern hier und dorthin gelegt, und ebensowenig
hielten die Hennen eine bestimmte Zeit zwischen dem Legen des einen und andern Eies ein. Ein
Weibchen legte jeden dritten Tag, ein anderes einen Tag um den andern, ein drittes, wie ich bestimmt
anführen kann, in Pausen von fünf bis sechs Tagen. Erst das dritte und vierte Ei war vollkommen
ausgebildet; aber auch diese wurden noch ohne weiteres auf den Sand gelegt. Nunmehr grub ich
unter einer kleinen Fichte eine Mulde aus, sammelte in ihr die umherliegenden Eier, und siehe da:
die jungen Mütter nahmen Lehre an und legten die folgenden Eier ohne Ausnahme dahinein. Auch
ich machte jetzt die Bemerkung, daß drei Hennen ihr Nest zu verschönern suchten, indem sie Würzelchen,
Heuhälmchen etc. herbeisuchten und einen runden Kranz um das Nest durch beständiges Sichumdrehen
herstellten. Wenn sie die Eier verließen, deckten sie dieselben ausnahmslos mit dürren Blättern zu."

"Das Eierlegen ging ohne Unterbrechung vorwärts, und bald war eine namhafte Anzahl der-
selben vorhanden. Verschiedene und starke Regengüsse, welche zuweilen das ganze Nest unter Wasser
setzten, schienen nicht viel geschadet zu haben."

"Am 1. Juli endlich hatte ich die Freude, zu sehen, daß das Weibchen, welches sich zuerst von
den übrigen absonderte und zuerst legte, fest sitzen blieb und brütete. Ganz allerliebst war es zu
beobachten, wie der Hahn dieses Paares aufbäumte und jeden Herannahenden durch helle, warnende
Töne anmeldete, und wie die Henne sich dann sofort fest niederdrückte, sodaß sie vom Erdboden kaum
oder wirklich nicht zu unterscheiden war. Jch schloß daraus, und wohl nicht mit Unrecht, daß die
Schopfwachteln auch ihre Nester besser zu verbergen wissen, als unsere Rebhühner, sowie sie diesen an

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Schopf- und Helmwachtel
Rührigkeit der jungen Schopfwachteln ſchon gleich nach dem Ausſchlüpfen“, ſagt Freyberg, „gewährt
es viel Vergnügen, ihnen zuzuſehen. Die von Haushennen Ausgebrüteten bekümmerten ſich nicht
um den Lockruf der Pflegemutter; ſie gehen ihren eigenen Weg, ſuchen ihr Futter ſelbſt und kehren
nur wieder, wenn ſie ſich wärmen wollen. Jch ſah dieſer Tage gleichalte Faſanen neben Wachteln
— wie Simpel oder Dummköpfe erſchienen ſie gegen dieſe rührigen, ſehr behenden Thiere.“ Von
beſonderer Wichtigkeit ſcheint mir die Erfahrung Freyberg’s zu ſein, daß die Jungen, welche von
den Enkeln der erſterwähnten Schopfwachteln herrühren, ihren Eltern an Größe, Lebhaftigkeit und
Munterkeit bei weitem nachſtanden, und ſicherlich hat der ſcharfſinnige Beobachter Recht, wenn er
annimmt, daß ohne Kreuzung oder Zuführung friſchen Blutes ein günſtiges Ergebniß in der
Gefangenſchaft nicht erzielt werden kann. Jm Freien thut die Natur das Jhrige; in der Gefangen-
ſchaft zeigen ſich alle Uebelſtände, welche Vermiſchung von ſo nahen Verwandten zur Folge hat.

Da es mir vor allen Dingen daran gelegen iſt, Schopfwachteln in unſern Waldungen einzu-
bürgern, rieth ich meinem Freunde Becker in Ludwigsluſt, dem Großherzoge von Mecklenburg hierauf
bezügliche Vorſchläge zu machen. Letzterer, welcher derartige Beſtrebungen mit größter Theilnahme
verfolgt und ſo viel als möglich unterſtützt, ging bereitwillig auf dieſen Vorſchlag ein, und ſo wurde
denn zunächſt mit fünf Paaren ein Verſuch gemacht. Von einem Ergebniß dieſes Verſuches kann ich
noch nicht berichten; denn die Ungunſt des letztvergangenen Sommers (1866) und die geringe
Kenntniß, vielleicht auch geringe Willigkeit des betreffenden Wärters, welchem die Zucht anvertraut
war, haben die Ausführung einſtweilen noch verhindert. „Als die Schopfwachteln“, ſo ſchreibt
mir mein Freund, „denen der Faſanenwärter zunächſt die Schwingen abgeſchnitten hatte, nach Aus-
ziehen und Neubilden derſelben, wieder fliegen konnten, ſuchte ſich jeder Hahn eine Henne aus; denn
ich hatte, Jhrem Rathe folgend, alle in einem der fünf neben einander und unter ſich verbundenen
Zuchtkäfige freigelaſſen. Es ſonderte ſich zunächſt ein Paar ab und machte ſich in einer Abtheilung
des Zwingers heimiſch; darauf folgte ein zweites, drittes und viertes Paar, und innerhalb wenig
Tagen waren ſämmtliche Räume beſetzt. Am 18. April hatten alle Paare ſich gefunden, häuslich
eingerichtet und waren anſcheinend wohl zufrieden; am 11. Mai begann das Eierlegen. Die erſten
Eier, welche gefunden wurden, waren unvollkommen, d. h. ſehr klein, nur halb ſo groß als die
ſpäter gelegten, kugelrund und auf erdfarbenem Grunde mit vielen dunklen Pünktchen beſpritzt,
während die ſpäteren die ſchöne Eiform und die regelmäßige, kräftigere Zeichnung hatten. Die erſten
Eier wurden auch nicht an einen beſtimmten Ort, ſondern hier und dorthin gelegt, und ebenſowenig
hielten die Hennen eine beſtimmte Zeit zwiſchen dem Legen des einen und andern Eies ein. Ein
Weibchen legte jeden dritten Tag, ein anderes einen Tag um den andern, ein drittes, wie ich beſtimmt
anführen kann, in Pauſen von fünf bis ſechs Tagen. Erſt das dritte und vierte Ei war vollkommen
ausgebildet; aber auch dieſe wurden noch ohne weiteres auf den Sand gelegt. Nunmehr grub ich
unter einer kleinen Fichte eine Mulde aus, ſammelte in ihr die umherliegenden Eier, und ſiehe da:
die jungen Mütter nahmen Lehre an und legten die folgenden Eier ohne Ausnahme dahinein. Auch
ich machte jetzt die Bemerkung, daß drei Hennen ihr Neſt zu verſchönern ſuchten, indem ſie Würzelchen,
Heuhälmchen ꝛc. herbeiſuchten und einen runden Kranz um das Neſt durch beſtändiges Sichumdrehen
herſtellten. Wenn ſie die Eier verließen, deckten ſie dieſelben ausnahmslos mit dürren Blättern zu.“

„Das Eierlegen ging ohne Unterbrechung vorwärts, und bald war eine namhafte Anzahl der-
ſelben vorhanden. Verſchiedene und ſtarke Regengüſſe, welche zuweilen das ganze Neſt unter Waſſer
ſetzten, ſchienen nicht viel geſchadet zu haben.“

„Am 1. Juli endlich hatte ich die Freude, zu ſehen, daß das Weibchen, welches ſich zuerſt von
den übrigen abſonderte und zuerſt legte, feſt ſitzen blieb und brütete. Ganz allerliebſt war es zu
beobachten, wie der Hahn dieſes Paares aufbäumte und jeden Herannahenden durch helle, warnende
Töne anmeldete, und wie die Henne ſich dann ſofort feſt niederdrückte, ſodaß ſie vom Erdboden kaum
oder wirklich nicht zu unterſcheiden war. Jch ſchloß daraus, und wohl nicht mit Unrecht, daß die
Schopfwachteln auch ihre Neſter beſſer zu verbergen wiſſen, als unſere Rebhühner, ſowie ſie dieſen an

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[419/0447] Schopf- und Helmwachtel Rührigkeit der jungen Schopfwachteln ſchon gleich nach dem Ausſchlüpfen“, ſagt Freyberg, „gewährt es viel Vergnügen, ihnen zuzuſehen. Die von Haushennen Ausgebrüteten bekümmerten ſich nicht um den Lockruf der Pflegemutter; ſie gehen ihren eigenen Weg, ſuchen ihr Futter ſelbſt und kehren nur wieder, wenn ſie ſich wärmen wollen. Jch ſah dieſer Tage gleichalte Faſanen neben Wachteln — wie Simpel oder Dummköpfe erſchienen ſie gegen dieſe rührigen, ſehr behenden Thiere.“ Von beſonderer Wichtigkeit ſcheint mir die Erfahrung Freyberg’s zu ſein, daß die Jungen, welche von den Enkeln der erſterwähnten Schopfwachteln herrühren, ihren Eltern an Größe, Lebhaftigkeit und Munterkeit bei weitem nachſtanden, und ſicherlich hat der ſcharfſinnige Beobachter Recht, wenn er annimmt, daß ohne Kreuzung oder Zuführung friſchen Blutes ein günſtiges Ergebniß in der Gefangenſchaft nicht erzielt werden kann. Jm Freien thut die Natur das Jhrige; in der Gefangen- ſchaft zeigen ſich alle Uebelſtände, welche Vermiſchung von ſo nahen Verwandten zur Folge hat. Da es mir vor allen Dingen daran gelegen iſt, Schopfwachteln in unſern Waldungen einzu- bürgern, rieth ich meinem Freunde Becker in Ludwigsluſt, dem Großherzoge von Mecklenburg hierauf bezügliche Vorſchläge zu machen. Letzterer, welcher derartige Beſtrebungen mit größter Theilnahme verfolgt und ſo viel als möglich unterſtützt, ging bereitwillig auf dieſen Vorſchlag ein, und ſo wurde denn zunächſt mit fünf Paaren ein Verſuch gemacht. Von einem Ergebniß dieſes Verſuches kann ich noch nicht berichten; denn die Ungunſt des letztvergangenen Sommers (1866) und die geringe Kenntniß, vielleicht auch geringe Willigkeit des betreffenden Wärters, welchem die Zucht anvertraut war, haben die Ausführung einſtweilen noch verhindert. „Als die Schopfwachteln“, ſo ſchreibt mir mein Freund, „denen der Faſanenwärter zunächſt die Schwingen abgeſchnitten hatte, nach Aus- ziehen und Neubilden derſelben, wieder fliegen konnten, ſuchte ſich jeder Hahn eine Henne aus; denn ich hatte, Jhrem Rathe folgend, alle in einem der fünf neben einander und unter ſich verbundenen Zuchtkäfige freigelaſſen. Es ſonderte ſich zunächſt ein Paar ab und machte ſich in einer Abtheilung des Zwingers heimiſch; darauf folgte ein zweites, drittes und viertes Paar, und innerhalb wenig Tagen waren ſämmtliche Räume beſetzt. Am 18. April hatten alle Paare ſich gefunden, häuslich eingerichtet und waren anſcheinend wohl zufrieden; am 11. Mai begann das Eierlegen. Die erſten Eier, welche gefunden wurden, waren unvollkommen, d. h. ſehr klein, nur halb ſo groß als die ſpäter gelegten, kugelrund und auf erdfarbenem Grunde mit vielen dunklen Pünktchen beſpritzt, während die ſpäteren die ſchöne Eiform und die regelmäßige, kräftigere Zeichnung hatten. Die erſten Eier wurden auch nicht an einen beſtimmten Ort, ſondern hier und dorthin gelegt, und ebenſowenig hielten die Hennen eine beſtimmte Zeit zwiſchen dem Legen des einen und andern Eies ein. Ein Weibchen legte jeden dritten Tag, ein anderes einen Tag um den andern, ein drittes, wie ich beſtimmt anführen kann, in Pauſen von fünf bis ſechs Tagen. Erſt das dritte und vierte Ei war vollkommen ausgebildet; aber auch dieſe wurden noch ohne weiteres auf den Sand gelegt. Nunmehr grub ich unter einer kleinen Fichte eine Mulde aus, ſammelte in ihr die umherliegenden Eier, und ſiehe da: die jungen Mütter nahmen Lehre an und legten die folgenden Eier ohne Ausnahme dahinein. Auch ich machte jetzt die Bemerkung, daß drei Hennen ihr Neſt zu verſchönern ſuchten, indem ſie Würzelchen, Heuhälmchen ꝛc. herbeiſuchten und einen runden Kranz um das Neſt durch beſtändiges Sichumdrehen herſtellten. Wenn ſie die Eier verließen, deckten ſie dieſelben ausnahmslos mit dürren Blättern zu.“ „Das Eierlegen ging ohne Unterbrechung vorwärts, und bald war eine namhafte Anzahl der- ſelben vorhanden. Verſchiedene und ſtarke Regengüſſe, welche zuweilen das ganze Neſt unter Waſſer ſetzten, ſchienen nicht viel geſchadet zu haben.“ „Am 1. Juli endlich hatte ich die Freude, zu ſehen, daß das Weibchen, welches ſich zuerſt von den übrigen abſonderte und zuerſt legte, feſt ſitzen blieb und brütete. Ganz allerliebſt war es zu beobachten, wie der Hahn dieſes Paares aufbäumte und jeden Herannahenden durch helle, warnende Töne anmeldete, und wie die Henne ſich dann ſofort feſt niederdrückte, ſodaß ſie vom Erdboden kaum oder wirklich nicht zu unterſcheiden war. Jch ſchloß daraus, und wohl nicht mit Unrecht, daß die Schopfwachteln auch ihre Neſter beſſer zu verbergen wiſſen, als unſere Rebhühner, ſowie ſie dieſen an 27*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/447>, abgerufen am 22.11.2024.