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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Pfau.
auß seinen Federn, welche jhn dann zieren, sehr stoltz vnd hochmütig, dann damit macht er seine
zuseher forchtsam. Vnd zu Sommerszeit hat er seine anerborne, vnd nicht eine frembde decke. Wenn
er aber einen erschrecken wil, so streckt er seine Federn erstlich auß, darnach knastelt er mit denen, vnd
machet mit seinem hohen vnd stoltzen Haupt als einen dreyfachen Strauß. So er sich erkülen wil,
so streckt er allenthalbe die Federn für sich, machet jhm also einen schatten, vnd treibt alle hitz hinweg.
Wenn aber jhn hinden ein Wind anbläset, so streckt er allgemach seine Flügel auß, damit jhm die
Lufft darein gehe, vnd er also erkület werde. Lobt man jhn so erzeigt er seine Hoffart, als ein schön
Kind, oder ein schön Weib, dann also richtet er nach einer ordnung seine Federn auff, daß sie einem
schönen Lustgarten, oder einem vielfältigen Gemähl ähnlich werden. Er stellet sich auch für die
Mahler so jhn abconterfeyten wöllen gantz still, damit sie jhn gründtlich besichtigen vnd abmahlen
können, als Aelianus außweiset. Der Pfaw ist gar ein sauberer Vogel, darumb gehet er ordentlich
daher, damit er sich nicht verunreinige, vnd dieweil er noch jung, etwan nasß vnd vnfletig wirdt,
stirbt er offt darvon, als der nichts vnreines erleiden mag, sagt Albertus. Man schreibt gemeiniglich,
daß der Pfaw nicht allein ein hoffertig, sonder auch ein bößfertig Thier seye, als die Ganß scham-
hafstig. Die Pfawen sollen jhren eigenen Mist widerumb fressen, darumb, daß sie denselbigen den
Menschen vergönnen. Der Pfaw sol seinen Schwantz alle jar maussen zu der zeit wenn das Laub
anfahet zu wachsen, vnd so die Bäume anfahen zu blühen, wächst er jhm wider, dennzumal suchet er
ein heimlich vnd verborgen Ort, darumb daß er sich schämet, biß daß er jhm widerumb gewachsen.
Clearchus schreibt, daß ein Pfaw auff ein zeit ein Jungfrawen also geliebet habe, daß er, als sie
gestorben, auch verschieden seye. Die Pfawen vnd die Tauben sind freunde. Die wilden Fasanen
sind also grimm, daß sie auch dem Pfawen nicht verschonen, sonder den von stund an zerreissen. Der
Pfaw mag fünfundzwanzig jar leben, als Aristoteles außweiset."

"So der Pfaw hoch auffsteigt, ist es ein zeichen deß Regens, oder so er mehr schreyet dann sein
gewohnheit ist, fürauß zu Nacht. Mit seinem Geschrei erschreckt er die Schlangen, vnd vertreibt alle
gifftige Thier. Wenn die Pfawen vermercken daß man ein Gifft, etwan damit zu schaden zubereitet
hat, gehen sie an dasselbig Ort, schreyen vnd strecken jhre Flügel auß, vnd kratzen das Gifft auß
dem Geschirr, oder graben es auch auß dem Erdtrich da es dann vergraben ligt. Rasis vnd
Auicenna heissen die, so die gifftigen Thier fürchten, Pfawen vnnd Wiselein bei jhnen ernehren."

Auf das Fabelhafte vorstehender Schilderung brauche ich nicht hinzuweisen, bei der Allbekannt-
schaft dieser Vögel aber auch kaum Etwas hinzuzufügen; denn im wesentlichen sind wir noch
heute so ziemlich derselben Ansicht wie der alte Geßner. Der hervorstechendste Zug des Pfaues ist
allerdings Stolz und Eitelkeit, und er bekundet diese nicht blos seinem Weibchen, sondern auch dem
Menschen gegenüber. Aber er ist außerdem selbstbewußt und herrschsüchtig. Auf dem Hühner-
hofe macht er sich oft unleidlich, weil er, ohne erzürnt worden zu sein, schwächere Thiere überfällt
und mit hämischer Bosheit mißhandelt oder sogar tödtet. Zuweilen läßt er sich freilich auch verleiten,
mit Truthühnern anzubinden, und dann folgt dem frevelhaften Beginnen die Strafe regelmäßig auf
dem Fuße nach. Die Pfauen und Truthühner des hamburger Thiergartens, welche frei umher-
schweifen, liegen in beständigem Streite mit einander. Zuerst kämpfen gewöhnlich zwei Pfau-
hähne mit großer Erbitterung unter sich, dann pflegt der Geschlagne sich auf einen der umher-
stolzirenden Truthähne zu stürzen. Dieser aber ruft augenblicklich die Gefährten zu Hilfe, der Streit
ist sofort beendet, und alle Puterhähne, ja selbst alle Hennen vereinigen sich in dem Bestreben, den
stolzen Asiaten zu züchtigen. Dann muß dieser trotz seines Muthes unter allen Umständen Fersen-
geld geben und wird manchmal arg zerzaust und zerhackt.

Der Pfau hat sich bei uns vollständig eingebürgert und könnte wahrscheinlich ebensogut oder
noch besser als der Fasan sich selbst überlassen werden. Der Winter ficht ihn wenig an: er behält,
auch wenn er einen warmen Stall hat, selbst bei der strengsten Kälte die erhabenen Schlafplätze bei,
welche er sich im Sommer wählte, und läßt sich bei Schneefall unter Umständen ruhig einschneien; er
leidet davon auch keinen Schaden. Wenn er eine größere Freiheit genießt, zeigt er sich hinsichtlich

Pfau.
auß ſeinen Federn, welche jhn dann zieren, ſehr ſtoltz vnd hochmütig, dann damit macht er ſeine
zuſeher forchtſam. Vnd zu Sommerszeit hat er ſeine anerborne, vnd nicht eine frembde decke. Wenn
er aber einen erſchrecken wil, ſo ſtreckt er ſeine Federn erſtlich auß, darnach knaſtelt er mit denen, vnd
machet mit ſeinem hohen vnd ſtoltzen Haupt als einen dreyfachen Strauß. So er ſich erkülen wil,
ſo ſtreckt er allenthalbe die Federn für ſich, machet jhm alſo einen ſchatten, vnd treibt alle hitz hinweg.
Wenn aber jhn hinden ein Wind anbläſet, ſo ſtreckt er allgemach ſeine Flügel auß, damit jhm die
Lufft darein gehe, vnd er alſo erkület werde. Lobt man jhn ſo erzeigt er ſeine Hoffart, als ein ſchön
Kind, oder ein ſchön Weib, dann alſo richtet er nach einer ordnung ſeine Federn auff, daß ſie einem
ſchönen Luſtgarten, oder einem vielfältigen Gemähl ähnlich werden. Er ſtellet ſich auch für die
Mahler ſo jhn abconterfeyten wöllen gantz ſtill, damit ſie jhn gründtlich beſichtigen vnd abmahlen
können, als Aelianus außweiſet. Der Pfaw iſt gar ein ſauberer Vogel, darumb gehet er ordentlich
daher, damit er ſich nicht verunreinige, vnd dieweil er noch jung, etwan naſſz vnd vnfletig wirdt,
ſtirbt er offt darvon, als der nichts vnreines erleiden mag, ſagt Albertus. Man ſchreibt gemeiniglich,
daß der Pfaw nicht allein ein hoffertig, ſonder auch ein bößfertig Thier ſeye, als die Ganß ſcham-
hafſtig. Die Pfawen ſollen jhren eigenen Miſt widerumb freſſen, darumb, daß ſie denſelbigen den
Menſchen vergönnen. Der Pfaw ſol ſeinen Schwantz alle jar mauſſen zu der zeit wenn das Laub
anfahet zu wachſen, vnd ſo die Bäume anfahen zu blühen, wächſt er jhm wider, dennzumal ſuchet er
ein heimlich vnd verborgen Ort, darumb daß er ſich ſchämet, biß daß er jhm widerumb gewachſen.
Clearchus ſchreibt, daß ein Pfaw auff ein zeit ein Jungfrawen alſo geliebet habe, daß er, als ſie
geſtorben, auch verſchieden ſeye. Die Pfawen vnd die Tauben ſind freunde. Die wilden Faſanen
ſind alſo grimm, daß ſie auch dem Pfawen nicht verſchonen, ſonder den von ſtund an zerreiſſen. Der
Pfaw mag fünfundzwanzig jar leben, als Ariſtoteles außweiſet.“

„So der Pfaw hoch auffſteigt, iſt es ein zeichen deß Regens, oder ſo er mehr ſchreyet dann ſein
gewohnheit iſt, fürauß zu Nacht. Mit ſeinem Geſchrei erſchreckt er die Schlangen, vnd vertreibt alle
gifftige Thier. Wenn die Pfawen vermercken daß man ein Gifft, etwan damit zu ſchaden zubereitet
hat, gehen ſie an daſſelbig Ort, ſchreyen vnd ſtrecken jhre Flügel auß, vnd kratzen das Gifft auß
dem Geſchirr, oder graben es auch auß dem Erdtrich da es dann vergraben ligt. Raſis vnd
Auicenna heiſſen die, ſo die gifftigen Thier fürchten, Pfawen vnnd Wiſelein bei jhnen ernehren.“

Auf das Fabelhafte vorſtehender Schilderung brauche ich nicht hinzuweiſen, bei der Allbekannt-
ſchaft dieſer Vögel aber auch kaum Etwas hinzuzufügen; denn im weſentlichen ſind wir noch
heute ſo ziemlich derſelben Anſicht wie der alte Geßner. Der hervorſtechendſte Zug des Pfaues iſt
allerdings Stolz und Eitelkeit, und er bekundet dieſe nicht blos ſeinem Weibchen, ſondern auch dem
Menſchen gegenüber. Aber er iſt außerdem ſelbſtbewußt und herrſchſüchtig. Auf dem Hühner-
hofe macht er ſich oft unleidlich, weil er, ohne erzürnt worden zu ſein, ſchwächere Thiere überfällt
und mit hämiſcher Bosheit mißhandelt oder ſogar tödtet. Zuweilen läßt er ſich freilich auch verleiten,
mit Truthühnern anzubinden, und dann folgt dem frevelhaften Beginnen die Strafe regelmäßig auf
dem Fuße nach. Die Pfauen und Truthühner des hamburger Thiergartens, welche frei umher-
ſchweifen, liegen in beſtändigem Streite mit einander. Zuerſt kämpfen gewöhnlich zwei Pfau-
hähne mit großer Erbitterung unter ſich, dann pflegt der Geſchlagne ſich auf einen der umher-
ſtolzirenden Truthähne zu ſtürzen. Dieſer aber ruft augenblicklich die Gefährten zu Hilfe, der Streit
iſt ſofort beendet, und alle Puterhähne, ja ſelbſt alle Hennen vereinigen ſich in dem Beſtreben, den
ſtolzen Aſiaten zu züchtigen. Dann muß dieſer trotz ſeines Muthes unter allen Umſtänden Ferſen-
geld geben und wird manchmal arg zerzauſt und zerhackt.

Der Pfau hat ſich bei uns vollſtändig eingebürgert und könnte wahrſcheinlich ebenſogut oder
noch beſſer als der Faſan ſich ſelbſt überlaſſen werden. Der Winter ficht ihn wenig an: er behält,
auch wenn er einen warmen Stall hat, ſelbſt bei der ſtrengſten Kälte die erhabenen Schlafplätze bei,
welche er ſich im Sommer wählte, und läßt ſich bei Schneefall unter Umſtänden ruhig einſchneien; er
leidet davon auch keinen Schaden. Wenn er eine größere Freiheit genießt, zeigt er ſich hinſichtlich

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[475/0505] Pfau. auß ſeinen Federn, welche jhn dann zieren, ſehr ſtoltz vnd hochmütig, dann damit macht er ſeine zuſeher forchtſam. Vnd zu Sommerszeit hat er ſeine anerborne, vnd nicht eine frembde decke. Wenn er aber einen erſchrecken wil, ſo ſtreckt er ſeine Federn erſtlich auß, darnach knaſtelt er mit denen, vnd machet mit ſeinem hohen vnd ſtoltzen Haupt als einen dreyfachen Strauß. So er ſich erkülen wil, ſo ſtreckt er allenthalbe die Federn für ſich, machet jhm alſo einen ſchatten, vnd treibt alle hitz hinweg. Wenn aber jhn hinden ein Wind anbläſet, ſo ſtreckt er allgemach ſeine Flügel auß, damit jhm die Lufft darein gehe, vnd er alſo erkület werde. Lobt man jhn ſo erzeigt er ſeine Hoffart, als ein ſchön Kind, oder ein ſchön Weib, dann alſo richtet er nach einer ordnung ſeine Federn auff, daß ſie einem ſchönen Luſtgarten, oder einem vielfältigen Gemähl ähnlich werden. Er ſtellet ſich auch für die Mahler ſo jhn abconterfeyten wöllen gantz ſtill, damit ſie jhn gründtlich beſichtigen vnd abmahlen können, als Aelianus außweiſet. Der Pfaw iſt gar ein ſauberer Vogel, darumb gehet er ordentlich daher, damit er ſich nicht verunreinige, vnd dieweil er noch jung, etwan naſſz vnd vnfletig wirdt, ſtirbt er offt darvon, als der nichts vnreines erleiden mag, ſagt Albertus. Man ſchreibt gemeiniglich, daß der Pfaw nicht allein ein hoffertig, ſonder auch ein bößfertig Thier ſeye, als die Ganß ſcham- hafſtig. Die Pfawen ſollen jhren eigenen Miſt widerumb freſſen, darumb, daß ſie denſelbigen den Menſchen vergönnen. Der Pfaw ſol ſeinen Schwantz alle jar mauſſen zu der zeit wenn das Laub anfahet zu wachſen, vnd ſo die Bäume anfahen zu blühen, wächſt er jhm wider, dennzumal ſuchet er ein heimlich vnd verborgen Ort, darumb daß er ſich ſchämet, biß daß er jhm widerumb gewachſen. Clearchus ſchreibt, daß ein Pfaw auff ein zeit ein Jungfrawen alſo geliebet habe, daß er, als ſie geſtorben, auch verſchieden ſeye. Die Pfawen vnd die Tauben ſind freunde. Die wilden Faſanen ſind alſo grimm, daß ſie auch dem Pfawen nicht verſchonen, ſonder den von ſtund an zerreiſſen. Der Pfaw mag fünfundzwanzig jar leben, als Ariſtoteles außweiſet.“ „So der Pfaw hoch auffſteigt, iſt es ein zeichen deß Regens, oder ſo er mehr ſchreyet dann ſein gewohnheit iſt, fürauß zu Nacht. Mit ſeinem Geſchrei erſchreckt er die Schlangen, vnd vertreibt alle gifftige Thier. Wenn die Pfawen vermercken daß man ein Gifft, etwan damit zu ſchaden zubereitet hat, gehen ſie an daſſelbig Ort, ſchreyen vnd ſtrecken jhre Flügel auß, vnd kratzen das Gifft auß dem Geſchirr, oder graben es auch auß dem Erdtrich da es dann vergraben ligt. Raſis vnd Auicenna heiſſen die, ſo die gifftigen Thier fürchten, Pfawen vnnd Wiſelein bei jhnen ernehren.“ Auf das Fabelhafte vorſtehender Schilderung brauche ich nicht hinzuweiſen, bei der Allbekannt- ſchaft dieſer Vögel aber auch kaum Etwas hinzuzufügen; denn im weſentlichen ſind wir noch heute ſo ziemlich derſelben Anſicht wie der alte Geßner. Der hervorſtechendſte Zug des Pfaues iſt allerdings Stolz und Eitelkeit, und er bekundet dieſe nicht blos ſeinem Weibchen, ſondern auch dem Menſchen gegenüber. Aber er iſt außerdem ſelbſtbewußt und herrſchſüchtig. Auf dem Hühner- hofe macht er ſich oft unleidlich, weil er, ohne erzürnt worden zu ſein, ſchwächere Thiere überfällt und mit hämiſcher Bosheit mißhandelt oder ſogar tödtet. Zuweilen läßt er ſich freilich auch verleiten, mit Truthühnern anzubinden, und dann folgt dem frevelhaften Beginnen die Strafe regelmäßig auf dem Fuße nach. Die Pfauen und Truthühner des hamburger Thiergartens, welche frei umher- ſchweifen, liegen in beſtändigem Streite mit einander. Zuerſt kämpfen gewöhnlich zwei Pfau- hähne mit großer Erbitterung unter ſich, dann pflegt der Geſchlagne ſich auf einen der umher- ſtolzirenden Truthähne zu ſtürzen. Dieſer aber ruft augenblicklich die Gefährten zu Hilfe, der Streit iſt ſofort beendet, und alle Puterhähne, ja ſelbſt alle Hennen vereinigen ſich in dem Beſtreben, den ſtolzen Aſiaten zu züchtigen. Dann muß dieſer trotz ſeines Muthes unter allen Umſtänden Ferſen- geld geben und wird manchmal arg zerzauſt und zerhackt. Der Pfau hat ſich bei uns vollſtändig eingebürgert und könnte wahrſcheinlich ebenſogut oder noch beſſer als der Faſan ſich ſelbſt überlaſſen werden. Der Winter ficht ihn wenig an: er behält, auch wenn er einen warmen Stall hat, ſelbſt bei der ſtrengſten Kälte die erhabenen Schlafplätze bei, welche er ſich im Sommer wählte, und läßt ſich bei Schneefall unter Umſtänden ruhig einſchneien; er leidet davon auch keinen Schaden. Wenn er eine größere Freiheit genießt, zeigt er ſich hinſichtlich

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/505>, abgerufen am 22.11.2024.