bringt aber doch kaum merklichen Schaden, da ihre kurzen Beine ihr eine Jagd in tieferem Wasser nicht gestatten.
Günstige Rohrteiche, d. h. solche, welche wegen ihrer Lage oder Größe von dem Menschen wenig beunruhigt werden, beherbergen alljährlich Rohrdommeln, jeder Teich gewöhnlich ein Pärchen, nur sehr ausgedehnte Rohrwaldungen deren mehrere. Das Vorhandensein der Vögel wird bald durch das Männchen selbst bekundet; denn dieses läßt jetzt seinen sonderbaren Liebesgesang vernehmen, jenes merkwürdige und fürchterliche Brummen, welches dem Gebrüll eines Ochsen sehr ähnelt, und ihm auch an Stärke kaum nachsteht, sodaß es wirklich auf eine halbe Meile hin vernommen werden kann. Das Gebrüll ist aus einem Vorschlage und einem Haupttone zusammengesetzt und klingt, nach der Naumann'schen Uebersetzung, wie "Ueprumb". Dabei vernimmt man, wenn man sehr nahe ist, noch das Geräusch, welches klingt, als ob Jemand mit einem Rohrstengel auf das Wasser schlüge. Ehe der Vogel ordentlich in Zug kommt, klingt sein Lied ungefähr so "Uü ü prumb", sodann "Ue prumb, ü prumb, ü prumb". Zuweilen, aber selten, schließt sich dem "Prumb" noch ein "Buh" an. Zum Anfange der Begattungszeit brüllt das Männchen am fleißigsten, beginnt damit in der Dämmerung, ist am lebendigsten vor Mitternacht, setzt es bis zu Ende der Morgendämmerung fort und läßt sich zwischen sieben und neun Uhr noch einmal vernehmen. Naumann hat sich große Mühe gegeben, ein brüllendes Rohrdommelmännchen zu beobachten, um den Grund oder Ungrund der alten Behauptung zu erforschen, ist aber nie so glücklich gewesen, sein Ziel zu erreichen. Erst dem Grafen Wodzicki gelang es, Sicheres zu erfahren. Das Brüllen ist nicht der Hochzeits-, sondern der Liebesgesang der Rohrdommel; denn das Männchen brüllt schon lange vor dem Eierlegen und auch anfangs fleißig bei Tage und in der Nacht; aber es verstummt augenblicklich, sowie es von dem Vorhandensein eines Lauschers auch nur die leiseste Ahnung hat. Wodzicki hatte stundenlang wie eine Bildsäule im Wasser gestanden und oft die Rohrdommel herumwaten hören, ohne sie jemals zu Gesicht zu bekommen. Ein verspäteter Schneesturm aber brachte ihn endlich ans Ziel. "Jch wußte", sagt er, "die Standorte genau, schlich mich bei starkem Winde an und sah das Weibchen auf zehn Schritte vom Männchen im seichten Wasser stehen, den Kropf aufgeblasen, den Hals eingezogen, süßem Nichtsthun hingegeben, wie ein florentiner Musikliebhaber, welcher halbschlummernd die schönste Melodie anhört. Dieses entzückte Weibchen mit halbgeschlossenen Augen hatte vollkommen Recht, seinen so reich begabten Künstler zu bewundern; denn er war ein Bassist wie Lablache. Der Künstler stand auf beiden Füßen, den Leib wagrecht gehalten, den Schnabel im Wasser, und das Brummen ging los; das Wasser spritzte immer auf. Nach einigen Noten hörte ich das Nau- mann'sche "Ue", und das Männchen erhob den Kopf, schleuderte ihn hinter, steckte den Schnabel sodann schnell ins Wasser, und da erschallte das Brummen, sodaß ich erschrak. Dies machte mir klar, daß diejenigen Töne, welche nur im Anfang so laut tönen, hervorgebracht werden, wenn der Vogel das Wasser tief in den Hals genommen hat und mit viel größerer Kraft heraus- schleudert als sonst. Die Musik ging weiter, er schlug aber den Kopf nicht mehr zurück, und ich hörte auch die lauten Noten nicht mehr. Es scheint also, daß dieser Laut die höchste Steigerung des Balzens ist und daß er ihn, sobald seine Leidenschaft befriedigt ist, nicht mehr wiederholt. Nach einigen Akkorden hebt er behutsam den Schnabel aus dem Wasser und lauscht; denn, wie es mir scheinen will, kann er sich nicht auf das entzückte Weibchen verlassen." Die Rohrdommel steht beim Balzen nicht im dichtesten Rohr, sondern vielmehr auf einem kleinen, freien Plätzchen; denn das Weibchen muß ihren Künstler ansehen können. Das Geplätscher, als schlüge Jemand mit einem Rohrstengel auf das Wasser, bringt das Männchen mit dem Schnabel hervor, indem es, wenn es laut wird, zwei bis drei Mal das Wasser schlägt und dann endlich den Schnabel hineinsteckt. Andere Töne, wenn man so sagen darf, Wassertöne sind die, welche durch mehr oder weniger übriggebliebene, herabfallende Wassertropfen hervorgebracht werden. Das letzte dumpfe "Buh", welches man vernimmt, wird durch das Ausstoßen des noch im Schnabel befindlichen Wassers beim Herausziehen des ersteren hervorgebracht. Die Menge von Wasser, welches die Rohrdommel einschlürft, ist sehr
Die Läufer. Stelzvögel. Reiher.
bringt aber doch kaum merklichen Schaden, da ihre kurzen Beine ihr eine Jagd in tieferem Waſſer nicht geſtatten.
Günſtige Rohrteiche, d. h. ſolche, welche wegen ihrer Lage oder Größe von dem Menſchen wenig beunruhigt werden, beherbergen alljährlich Rohrdommeln, jeder Teich gewöhnlich ein Pärchen, nur ſehr ausgedehnte Rohrwaldungen deren mehrere. Das Vorhandenſein der Vögel wird bald durch das Männchen ſelbſt bekundet; denn dieſes läßt jetzt ſeinen ſonderbaren Liebesgeſang vernehmen, jenes merkwürdige und fürchterliche Brummen, welches dem Gebrüll eines Ochſen ſehr ähnelt, und ihm auch an Stärke kaum nachſteht, ſodaß es wirklich auf eine halbe Meile hin vernommen werden kann. Das Gebrüll iſt aus einem Vorſchlage und einem Haupttone zuſammengeſetzt und klingt, nach der Naumann’ſchen Ueberſetzung, wie „Ueprumb“. Dabei vernimmt man, wenn man ſehr nahe iſt, noch das Geräuſch, welches klingt, als ob Jemand mit einem Rohrſtengel auf das Waſſer ſchlüge. Ehe der Vogel ordentlich in Zug kommt, klingt ſein Lied ungefähr ſo „Uü ü prumb“, ſodann „Ue prumb, ü prumb, ü prumb“. Zuweilen, aber ſelten, ſchließt ſich dem „Prumb“ noch ein „Buh“ an. Zum Anfange der Begattungszeit brüllt das Männchen am fleißigſten, beginnt damit in der Dämmerung, iſt am lebendigſten vor Mitternacht, ſetzt es bis zu Ende der Morgendämmerung fort und läßt ſich zwiſchen ſieben und neun Uhr noch einmal vernehmen. Naumann hat ſich große Mühe gegeben, ein brüllendes Rohrdommelmännchen zu beobachten, um den Grund oder Ungrund der alten Behauptung zu erforſchen, iſt aber nie ſo glücklich geweſen, ſein Ziel zu erreichen. Erſt dem Grafen Wodzicki gelang es, Sicheres zu erfahren. Das Brüllen iſt nicht der Hochzeits-, ſondern der Liebesgeſang der Rohrdommel; denn das Männchen brüllt ſchon lange vor dem Eierlegen und auch anfangs fleißig bei Tage und in der Nacht; aber es verſtummt augenblicklich, ſowie es von dem Vorhandenſein eines Lauſchers auch nur die leiſeſte Ahnung hat. Wodzicki hatte ſtundenlang wie eine Bildſäule im Waſſer geſtanden und oft die Rohrdommel herumwaten hören, ohne ſie jemals zu Geſicht zu bekommen. Ein verſpäteter Schneeſturm aber brachte ihn endlich ans Ziel. „Jch wußte“, ſagt er, „die Standorte genau, ſchlich mich bei ſtarkem Winde an und ſah das Weibchen auf zehn Schritte vom Männchen im ſeichten Waſſer ſtehen, den Kropf aufgeblaſen, den Hals eingezogen, ſüßem Nichtsthun hingegeben, wie ein florentiner Muſikliebhaber, welcher halbſchlummernd die ſchönſte Melodie anhört. Dieſes entzückte Weibchen mit halbgeſchloſſenen Augen hatte vollkommen Recht, ſeinen ſo reich begabten Künſtler zu bewundern; denn er war ein Baſſiſt wie Lablache. Der Künſtler ſtand auf beiden Füßen, den Leib wagrecht gehalten, den Schnabel im Waſſer, und das Brummen ging los; das Waſſer ſpritzte immer auf. Nach einigen Noten hörte ich das Nau- mann’ſche „Ue“, und das Männchen erhob den Kopf, ſchleuderte ihn hinter, ſteckte den Schnabel ſodann ſchnell ins Waſſer, und da erſchallte das Brummen, ſodaß ich erſchrak. Dies machte mir klar, daß diejenigen Töne, welche nur im Anfang ſo laut tönen, hervorgebracht werden, wenn der Vogel das Waſſer tief in den Hals genommen hat und mit viel größerer Kraft heraus- ſchleudert als ſonſt. Die Muſik ging weiter, er ſchlug aber den Kopf nicht mehr zurück, und ich hörte auch die lauten Noten nicht mehr. Es ſcheint alſo, daß dieſer Laut die höchſte Steigerung des Balzens iſt und daß er ihn, ſobald ſeine Leidenſchaft befriedigt iſt, nicht mehr wiederholt. Nach einigen Akkorden hebt er behutſam den Schnabel aus dem Waſſer und lauſcht; denn, wie es mir ſcheinen will, kann er ſich nicht auf das entzückte Weibchen verlaſſen.“ Die Rohrdommel ſteht beim Balzen nicht im dichteſten Rohr, ſondern vielmehr auf einem kleinen, freien Plätzchen; denn das Weibchen muß ihren Künſtler anſehen können. Das Geplätſcher, als ſchlüge Jemand mit einem Rohrſtengel auf das Waſſer, bringt das Männchen mit dem Schnabel hervor, indem es, wenn es laut wird, zwei bis drei Mal das Waſſer ſchlägt und dann endlich den Schnabel hineinſteckt. Andere Töne, wenn man ſo ſagen darf, Waſſertöne ſind die, welche durch mehr oder weniger übriggebliebene, herabfallende Waſſertropfen hervorgebracht werden. Das letzte dumpfe „Buh“, welches man vernimmt, wird durch das Ausſtoßen des noch im Schnabel befindlichen Waſſers beim Herausziehen des erſteren hervorgebracht. Die Menge von Waſſer, welches die Rohrdommel einſchlürft, iſt ſehr
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[716/0760]
Die Läufer. Stelzvögel. Reiher.
bringt aber doch kaum merklichen Schaden, da ihre kurzen Beine ihr eine Jagd in tieferem Waſſer
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Günſtige Rohrteiche, d. h. ſolche, welche wegen ihrer Lage oder Größe von dem Menſchen wenig
beunruhigt werden, beherbergen alljährlich Rohrdommeln, jeder Teich gewöhnlich ein Pärchen, nur
ſehr ausgedehnte Rohrwaldungen deren mehrere. Das Vorhandenſein der Vögel wird bald durch das
Männchen ſelbſt bekundet; denn dieſes läßt jetzt ſeinen ſonderbaren Liebesgeſang vernehmen, jenes
merkwürdige und fürchterliche Brummen, welches dem Gebrüll eines Ochſen ſehr ähnelt, und ihm
auch an Stärke kaum nachſteht, ſodaß es wirklich auf eine halbe Meile hin vernommen werden kann.
Das Gebrüll iſt aus einem Vorſchlage und einem Haupttone zuſammengeſetzt und klingt, nach der
Naumann’ſchen Ueberſetzung, wie „Ueprumb“. Dabei vernimmt man, wenn man ſehr nahe iſt,
noch das Geräuſch, welches klingt, als ob Jemand mit einem Rohrſtengel auf das Waſſer ſchlüge.
Ehe der Vogel ordentlich in Zug kommt, klingt ſein Lied ungefähr ſo „Uü ü prumb“, ſodann
„Ue prumb, ü prumb, ü prumb“. Zuweilen, aber ſelten, ſchließt ſich dem „Prumb“ noch ein „Buh“
an. Zum Anfange der Begattungszeit brüllt das Männchen am fleißigſten, beginnt damit in der
Dämmerung, iſt am lebendigſten vor Mitternacht, ſetzt es bis zu Ende der Morgendämmerung fort
und läßt ſich zwiſchen ſieben und neun Uhr noch einmal vernehmen. Naumann hat ſich große
Mühe gegeben, ein brüllendes Rohrdommelmännchen zu beobachten, um den Grund oder Ungrund
der alten Behauptung zu erforſchen, iſt aber nie ſo glücklich geweſen, ſein Ziel zu erreichen. Erſt dem
Grafen Wodzicki gelang es, Sicheres zu erfahren. Das Brüllen iſt nicht der Hochzeits-, ſondern
der Liebesgeſang der Rohrdommel; denn das Männchen brüllt ſchon lange vor dem Eierlegen und
auch anfangs fleißig bei Tage und in der Nacht; aber es verſtummt augenblicklich, ſowie es von dem
Vorhandenſein eines Lauſchers auch nur die leiſeſte Ahnung hat. Wodzicki hatte ſtundenlang wie
eine Bildſäule im Waſſer geſtanden und oft die Rohrdommel herumwaten hören, ohne ſie jemals zu
Geſicht zu bekommen. Ein verſpäteter Schneeſturm aber brachte ihn endlich ans Ziel. „Jch wußte“,
ſagt er, „die Standorte genau, ſchlich mich bei ſtarkem Winde an und ſah das Weibchen auf zehn
Schritte vom Männchen im ſeichten Waſſer ſtehen, den Kropf aufgeblaſen, den Hals eingezogen,
ſüßem Nichtsthun hingegeben, wie ein florentiner Muſikliebhaber, welcher halbſchlummernd die
ſchönſte Melodie anhört. Dieſes entzückte Weibchen mit halbgeſchloſſenen Augen hatte vollkommen
Recht, ſeinen ſo reich begabten Künſtler zu bewundern; denn er war ein Baſſiſt wie Lablache. Der
Künſtler ſtand auf beiden Füßen, den Leib wagrecht gehalten, den Schnabel im Waſſer, und das
Brummen ging los; das Waſſer ſpritzte immer auf. Nach einigen Noten hörte ich das Nau-
mann’ſche „Ue“, und das Männchen erhob den Kopf, ſchleuderte ihn hinter, ſteckte den Schnabel
ſodann ſchnell ins Waſſer, und da erſchallte das Brummen, ſodaß ich erſchrak. Dies machte mir
klar, daß diejenigen Töne, welche nur im Anfang ſo laut tönen, hervorgebracht werden, wenn der
Vogel das Waſſer tief in den Hals genommen hat und mit viel größerer Kraft heraus-
ſchleudert als ſonſt. Die Muſik ging weiter, er ſchlug aber den Kopf nicht mehr zurück, und ich
hörte auch die lauten Noten nicht mehr. Es ſcheint alſo, daß dieſer Laut die höchſte Steigerung des
Balzens iſt und daß er ihn, ſobald ſeine Leidenſchaft befriedigt iſt, nicht mehr wiederholt. Nach
einigen Akkorden hebt er behutſam den Schnabel aus dem Waſſer und lauſcht; denn, wie es mir
ſcheinen will, kann er ſich nicht auf das entzückte Weibchen verlaſſen.“ Die Rohrdommel ſteht beim
Balzen nicht im dichteſten Rohr, ſondern vielmehr auf einem kleinen, freien Plätzchen; denn das
Weibchen muß ihren Künſtler anſehen können. Das Geplätſcher, als ſchlüge Jemand mit einem
Rohrſtengel auf das Waſſer, bringt das Männchen mit dem Schnabel hervor, indem es, wenn es
laut wird, zwei bis drei Mal das Waſſer ſchlägt und dann endlich den Schnabel hineinſteckt. Andere
Töne, wenn man ſo ſagen darf, Waſſertöne ſind die, welche durch mehr oder weniger übriggebliebene,
herabfallende Waſſertropfen hervorgebracht werden. Das letzte dumpfe „Buh“, welches man
vernimmt, wird durch das Ausſtoßen des noch im Schnabel befindlichen Waſſers beim Herausziehen
des erſteren hervorgebracht. Die Menge von Waſſer, welches die Rohrdommel einſchlürft, iſt ſehr
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/760>, abgerufen am 22.11.2024.
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