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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867.

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Rohrdommel. Sonnenreiher.
beträchtlich. Ein Männchen, welches Wodzicki im Brummen störte, flog auf und spritzte einen
Wasserstrahl weit von sich.

Unweit der Stelle, von welcher man das Brüllen am häufigsten vernimmt, steht in der Regel
das Nest, selbstverständlich an einem möglichst verborgenen und schwer zugänglichen Orte im Rohre
und deshalb gegen Zerstörung meist gesichert. Je nach seinem Stande ist es sehr verschieden gebaut.
Jn der Regel findet man es auf altem umgeknickten Rohre über dem Wasser, zuweilen auf Erd-
hügelchen oder kleinen Schilfinselchen, ausnahmsweise auch auf dem Wasserspiegel selbst und dann
schwimmend. Es ist bald ein sehr großer, hoher Klumpen, welcher liederlich zusammengeschichtet
wurde, bald ein kleiner und etwas besser aufgeführter Bau, aus dürrem Rohr, Blättern, Seggen,
Schilf, Wasserbinsen und dergleichen, innen mit alten Rohrrispen und dürrem Grase ausgelegt.
Von Ende Mai's an findet man das vollzählige Gelege, drei bis fünf Stück eiförmige, starkschalige,
glanzlose Eier von blaßgrünlichbrauner Färbung. Das Weibchen brütet allein, wird aber während-
dem mit Futter versorgt und von Zeit zu Zeit mit Gebrüll unterhalten. Vor dem sich nahenden
Menschen entflieht es erst, wenn derselbe sich bis auf wenige Schritte genaht hat; einen Hund läßt
es noch näher herankommen. Nach einundzwanzig bis dreiundzwanzig Tagen entschlüpfen die
Jungen, werden von der Mutter noch einige Tage gewärmt und in Gemeinschaft mit dem Vater geäzt.
Ungestört verweilen sie bis zum Flüggsein im Neste, gestört, entsteigen sie demselben, noch ehe sie
fliegen lernen und klettern dann im Rohre umher. Wenn sie ihre Jagd betreiben können, vereinzeln
sie sich und streifen bis zum Zuge im Lande umher.

Jn Dentschland wird die Rohrdommel nicht regelmäßig, zuweilen aber sehr eifrig gejagt
namentlich an Orten, wo sie sich nicht regelmäßig sehen läßt, durch ihr Brüllen die Aufmerksamkeit,
wo nicht abergläubische Furcht der Leute erregt. Ohne einen guten Hund läßt sie sich kaum zum
Schusse bringen; denn dem Jäger, welcher ins Rohr eindringt, weiß sie sich, Dank ihrer Kunst, sich zu
verstecken, in den meisten Fällen zu entziehen. Jn Griechenland oder in Südeuropa überhaupt jagt
man sie öfter und zwar des Fleisches wegen, welches trotz des thranigen, für uns höchst widrigen
Geschmackes gern gegessen wird.



Bevor wir zu den Sumpfhühnern übergehen, müssen wir eines südamerikanischen Vogels
gedenken, welchen man bisher gewöhnlich unter den Reihern eingereiht hat, in Folge der neueren
Beobachtungen aber ebensogut unter den Rallen seine Stelle anweisen kann. Wir dürfen ihn
ansehen als ein Bindeglied zwischen den einen und den anderen, da er, streng genommen, weder diesen
noch jenen gleicht, sondern eine jener Gruppen vertritt, welche unter den größeren eben nicht
eingeordnet werden können.

Der Sonnenreiher (Eurypyga Helias) kennzeichnet sich durch kleinen, schmächtigen Leib,
ziemlich langen, dünnen Hals reiherähnlichen Kopf, langen, geraden, starken, harten und spitzigen,
seitlich zusammengedrückten, auf der Firste sanft gewölbten Schnabel, hohe, schlanke Füße mit ziemlich
entwickelter Hinterzehe, sehr breite, große Flügel, unter deren Schwingen die dritte die längste, einen
auffallend langen, aus großen und breiten Federn gebildeten Schwanz und ein reiches, locker
anliegendes, äußerst buntfarbiges Gefieder. Kopf und Nacken sind schwarz, ein Augenbrauenstreifen
und ein zweites Band, welches vom Schnabelwinkel nach dem Hinterhalse verläuft, Kinn und Kehle
weiß, die Federn des Rückens, der Schultern und die Oberarmfedern auf schwarzem Grunde rost-
röthlich quer gestreift, die Bürzel- und oberen Schwanzdeckfedern schwarz und weiß, die Halsfedern
braun und schwarz gebändert, die der Untertheile gilblich oder bräunlichweiß, die Schwingen hellgrau,
weiß und schwarz marmorirt und braun gebändert, die Schwanzfedern ähnlich gezeichnet und durch
die schwarze, nach der Wurzel zu braun gesäumte, breite Endbinde noch besonders geziert. Eine

Rohrdommel. Sonnenreiher.
beträchtlich. Ein Männchen, welches Wodzicki im Brummen ſtörte, flog auf und ſpritzte einen
Waſſerſtrahl weit von ſich.

Unweit der Stelle, von welcher man das Brüllen am häufigſten vernimmt, ſteht in der Regel
das Neſt, ſelbſtverſtändlich an einem möglichſt verborgenen und ſchwer zugänglichen Orte im Rohre
und deshalb gegen Zerſtörung meiſt geſichert. Je nach ſeinem Stande iſt es ſehr verſchieden gebaut.
Jn der Regel findet man es auf altem umgeknickten Rohre über dem Waſſer, zuweilen auf Erd-
hügelchen oder kleinen Schilfinſelchen, ausnahmsweiſe auch auf dem Waſſerſpiegel ſelbſt und dann
ſchwimmend. Es iſt bald ein ſehr großer, hoher Klumpen, welcher liederlich zuſammengeſchichtet
wurde, bald ein kleiner und etwas beſſer aufgeführter Bau, aus dürrem Rohr, Blättern, Seggen,
Schilf, Waſſerbinſen und dergleichen, innen mit alten Rohrrispen und dürrem Graſe ausgelegt.
Von Ende Mai’s an findet man das vollzählige Gelege, drei bis fünf Stück eiförmige, ſtarkſchalige,
glanzloſe Eier von blaßgrünlichbrauner Färbung. Das Weibchen brütet allein, wird aber während-
dem mit Futter verſorgt und von Zeit zu Zeit mit Gebrüll unterhalten. Vor dem ſich nahenden
Menſchen entflieht es erſt, wenn derſelbe ſich bis auf wenige Schritte genaht hat; einen Hund läßt
es noch näher herankommen. Nach einundzwanzig bis dreiundzwanzig Tagen entſchlüpfen die
Jungen, werden von der Mutter noch einige Tage gewärmt und in Gemeinſchaft mit dem Vater geäzt.
Ungeſtört verweilen ſie bis zum Flüggſein im Neſte, geſtört, entſteigen ſie demſelben, noch ehe ſie
fliegen lernen und klettern dann im Rohre umher. Wenn ſie ihre Jagd betreiben können, vereinzeln
ſie ſich und ſtreifen bis zum Zuge im Lande umher.

Jn Dentſchland wird die Rohrdommel nicht regelmäßig, zuweilen aber ſehr eifrig gejagt
namentlich an Orten, wo ſie ſich nicht regelmäßig ſehen läßt, durch ihr Brüllen die Aufmerkſamkeit,
wo nicht abergläubiſche Furcht der Leute erregt. Ohne einen guten Hund läßt ſie ſich kaum zum
Schuſſe bringen; denn dem Jäger, welcher ins Rohr eindringt, weiß ſie ſich, Dank ihrer Kunſt, ſich zu
verſtecken, in den meiſten Fällen zu entziehen. Jn Griechenland oder in Südeuropa überhaupt jagt
man ſie öfter und zwar des Fleiſches wegen, welches trotz des thranigen, für uns höchſt widrigen
Geſchmackes gern gegeſſen wird.



Bevor wir zu den Sumpfhühnern übergehen, müſſen wir eines ſüdamerikaniſchen Vogels
gedenken, welchen man bisher gewöhnlich unter den Reihern eingereiht hat, in Folge der neueren
Beobachtungen aber ebenſogut unter den Rallen ſeine Stelle anweiſen kann. Wir dürfen ihn
anſehen als ein Bindeglied zwiſchen den einen und den anderen, da er, ſtreng genommen, weder dieſen
noch jenen gleicht, ſondern eine jener Gruppen vertritt, welche unter den größeren eben nicht
eingeordnet werden können.

Der Sonnenreiher (Eurypyga Helias) kennzeichnet ſich durch kleinen, ſchmächtigen Leib,
ziemlich langen, dünnen Hals reiherähnlichen Kopf, langen, geraden, ſtarken, harten und ſpitzigen,
ſeitlich zuſammengedrückten, auf der Firſte ſanft gewölbten Schnabel, hohe, ſchlanke Füße mit ziemlich
entwickelter Hinterzehe, ſehr breite, große Flügel, unter deren Schwingen die dritte die längſte, einen
auffallend langen, aus großen und breiten Federn gebildeten Schwanz und ein reiches, locker
anliegendes, äußerſt buntfarbiges Gefieder. Kopf und Nacken ſind ſchwarz, ein Augenbrauenſtreifen
und ein zweites Band, welches vom Schnabelwinkel nach dem Hinterhalſe verläuft, Kinn und Kehle
weiß, die Federn des Rückens, der Schultern und die Oberarmfedern auf ſchwarzem Grunde roſt-
röthlich quer geſtreift, die Bürzel- und oberen Schwanzdeckfedern ſchwarz und weiß, die Halsfedern
braun und ſchwarz gebändert, die der Untertheile gilblich oder bräunlichweiß, die Schwingen hellgrau,
weiß und ſchwarz marmorirt und braun gebändert, die Schwanzfedern ähnlich gezeichnet und durch
die ſchwarze, nach der Wurzel zu braun geſäumte, breite Endbinde noch beſonders geziert. Eine

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[717/0761] Rohrdommel. Sonnenreiher. beträchtlich. Ein Männchen, welches Wodzicki im Brummen ſtörte, flog auf und ſpritzte einen Waſſerſtrahl weit von ſich. Unweit der Stelle, von welcher man das Brüllen am häufigſten vernimmt, ſteht in der Regel das Neſt, ſelbſtverſtändlich an einem möglichſt verborgenen und ſchwer zugänglichen Orte im Rohre und deshalb gegen Zerſtörung meiſt geſichert. Je nach ſeinem Stande iſt es ſehr verſchieden gebaut. Jn der Regel findet man es auf altem umgeknickten Rohre über dem Waſſer, zuweilen auf Erd- hügelchen oder kleinen Schilfinſelchen, ausnahmsweiſe auch auf dem Waſſerſpiegel ſelbſt und dann ſchwimmend. Es iſt bald ein ſehr großer, hoher Klumpen, welcher liederlich zuſammengeſchichtet wurde, bald ein kleiner und etwas beſſer aufgeführter Bau, aus dürrem Rohr, Blättern, Seggen, Schilf, Waſſerbinſen und dergleichen, innen mit alten Rohrrispen und dürrem Graſe ausgelegt. Von Ende Mai’s an findet man das vollzählige Gelege, drei bis fünf Stück eiförmige, ſtarkſchalige, glanzloſe Eier von blaßgrünlichbrauner Färbung. Das Weibchen brütet allein, wird aber während- dem mit Futter verſorgt und von Zeit zu Zeit mit Gebrüll unterhalten. Vor dem ſich nahenden Menſchen entflieht es erſt, wenn derſelbe ſich bis auf wenige Schritte genaht hat; einen Hund läßt es noch näher herankommen. Nach einundzwanzig bis dreiundzwanzig Tagen entſchlüpfen die Jungen, werden von der Mutter noch einige Tage gewärmt und in Gemeinſchaft mit dem Vater geäzt. Ungeſtört verweilen ſie bis zum Flüggſein im Neſte, geſtört, entſteigen ſie demſelben, noch ehe ſie fliegen lernen und klettern dann im Rohre umher. Wenn ſie ihre Jagd betreiben können, vereinzeln ſie ſich und ſtreifen bis zum Zuge im Lande umher. Jn Dentſchland wird die Rohrdommel nicht regelmäßig, zuweilen aber ſehr eifrig gejagt namentlich an Orten, wo ſie ſich nicht regelmäßig ſehen läßt, durch ihr Brüllen die Aufmerkſamkeit, wo nicht abergläubiſche Furcht der Leute erregt. Ohne einen guten Hund läßt ſie ſich kaum zum Schuſſe bringen; denn dem Jäger, welcher ins Rohr eindringt, weiß ſie ſich, Dank ihrer Kunſt, ſich zu verſtecken, in den meiſten Fällen zu entziehen. Jn Griechenland oder in Südeuropa überhaupt jagt man ſie öfter und zwar des Fleiſches wegen, welches trotz des thranigen, für uns höchſt widrigen Geſchmackes gern gegeſſen wird. Bevor wir zu den Sumpfhühnern übergehen, müſſen wir eines ſüdamerikaniſchen Vogels gedenken, welchen man bisher gewöhnlich unter den Reihern eingereiht hat, in Folge der neueren Beobachtungen aber ebenſogut unter den Rallen ſeine Stelle anweiſen kann. Wir dürfen ihn anſehen als ein Bindeglied zwiſchen den einen und den anderen, da er, ſtreng genommen, weder dieſen noch jenen gleicht, ſondern eine jener Gruppen vertritt, welche unter den größeren eben nicht eingeordnet werden können. Der Sonnenreiher (Eurypyga Helias) kennzeichnet ſich durch kleinen, ſchmächtigen Leib, ziemlich langen, dünnen Hals reiherähnlichen Kopf, langen, geraden, ſtarken, harten und ſpitzigen, ſeitlich zuſammengedrückten, auf der Firſte ſanft gewölbten Schnabel, hohe, ſchlanke Füße mit ziemlich entwickelter Hinterzehe, ſehr breite, große Flügel, unter deren Schwingen die dritte die längſte, einen auffallend langen, aus großen und breiten Federn gebildeten Schwanz und ein reiches, locker anliegendes, äußerſt buntfarbiges Gefieder. Kopf und Nacken ſind ſchwarz, ein Augenbrauenſtreifen und ein zweites Band, welches vom Schnabelwinkel nach dem Hinterhalſe verläuft, Kinn und Kehle weiß, die Federn des Rückens, der Schultern und die Oberarmfedern auf ſchwarzem Grunde roſt- röthlich quer geſtreift, die Bürzel- und oberen Schwanzdeckfedern ſchwarz und weiß, die Halsfedern braun und ſchwarz gebändert, die der Untertheile gilblich oder bräunlichweiß, die Schwingen hellgrau, weiß und ſchwarz marmorirt und braun gebändert, die Schwanzfedern ähnlich gezeichnet und durch die ſchwarze, nach der Wurzel zu braun geſäumte, breite Endbinde noch beſonders geziert. Eine

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 4. Hildburghausen, 1867, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben04_1867/761>, abgerufen am 22.11.2024.