vor dem Eingange ihrer Höhlen faul und träge zu liegen, bei Ankunst eines Menschen aber regel- mäßig so eilig als möglich sich zurückzuziehen und nur, wenn sie in die Enge getrieben wird, ihrem Angreifer zu Leibe zu gehen. Jhre Bewegungen werden von allen Beobachtern als langsam bezeichnet; doch ist sie geschickter als man glaubt: denn sie versteht nicht allein zu schwimmen, sondern auch in einem gewissen Grade zu klettern.
Eine Cobra de Capello (oder, wie man der Kürze halber zu sagen pflegt: eine Cobra), welche in einen Wallgraben gefallen war und an den steilen Wänden desselben nicht wieder emporkommen
[Abbildung]
Die indische Brillenschlange(Naja tripudians) 1/4 der nat. Größe.
konnte, schwamm, "Kopf und Hut" über das Wasser erhoben, mehrere Stunden lang mit Leichtigkeit und Gemächlichkeit; andere begaben sich sogar freiwillig in die See. Als der "Wellington", ein Regierungsschiff, zur Beaufsichtigung der Fischerei in der Bai von Kudremele ungefähr eine Viertel- meile vom Lande vor Anker lag, entdeckte man etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang eine Brillen- schlange, welche in gerader Linie auf das Schiff zuschwamm und bis etwa zwölf Ellen sich näherte, von den Matrosen aber durch entgegengeschleuderte Holzstücke und andere Wurfgegenstände gezwungen wurde, nach dem Lande zurückzukehren. Am folgenden Morgen fand man die Spur des
Jndiſche Brillenſchlange.
vor dem Eingange ihrer Höhlen faul und träge zu liegen, bei Ankunſt eines Menſchen aber regel- mäßig ſo eilig als möglich ſich zurückzuziehen und nur, wenn ſie in die Enge getrieben wird, ihrem Angreifer zu Leibe zu gehen. Jhre Bewegungen werden von allen Beobachtern als langſam bezeichnet; doch iſt ſie geſchickter als man glaubt: denn ſie verſteht nicht allein zu ſchwimmen, ſondern auch in einem gewiſſen Grade zu klettern.
Eine Cobra de Capello (oder, wie man der Kürze halber zu ſagen pflegt: eine Cobra), welche in einen Wallgraben gefallen war und an den ſteilen Wänden deſſelben nicht wieder emporkommen
[Abbildung]
Die indiſche Brillenſchlange(Naja tripudians) ¼ der nat. Größe.
konnte, ſchwamm, „Kopf und Hut“ über das Waſſer erhoben, mehrere Stunden lang mit Leichtigkeit und Gemächlichkeit; andere begaben ſich ſogar freiwillig in die See. Als der „Wellington“, ein Regierungsſchiff, zur Beaufſichtigung der Fiſcherei in der Bai von Kudremele ungefähr eine Viertel- meile vom Lande vor Anker lag, entdeckte man etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang eine Brillen- ſchlange, welche in gerader Linie auf das Schiff zuſchwamm und bis etwa zwölf Ellen ſich näherte, von den Matroſen aber durch entgegengeſchleuderte Holzſtücke und andere Wurfgegenſtände gezwungen wurde, nach dem Lande zurückzukehren. Am folgenden Morgen fand man die Spur des
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Jndiſche Brillenſchlange.
vor dem Eingange ihrer Höhlen faul und träge zu liegen, bei Ankunſt eines Menſchen aber regel-
mäßig ſo eilig als möglich ſich zurückzuziehen und nur, wenn ſie in die Enge getrieben wird, ihrem
Angreifer zu Leibe zu gehen. Jhre Bewegungen werden von allen Beobachtern als langſam bezeichnet;
doch iſt ſie geſchickter als man glaubt: denn ſie verſteht nicht allein zu ſchwimmen, ſondern auch in
einem gewiſſen Grade zu klettern.
Eine Cobra de Capello (oder, wie man der Kürze halber zu ſagen pflegt: eine Cobra), welche in
einen Wallgraben gefallen war und an den ſteilen Wänden deſſelben nicht wieder emporkommen
[Abbildung Die indiſche Brillenſchlange (Naja tripudians) ¼ der nat. Größe.]
konnte, ſchwamm, „Kopf und Hut“ über das Waſſer erhoben, mehrere Stunden lang mit Leichtigkeit
und Gemächlichkeit; andere begaben ſich ſogar freiwillig in die See. Als der „Wellington“, ein
Regierungsſchiff, zur Beaufſichtigung der Fiſcherei in der Bai von Kudremele ungefähr eine Viertel-
meile vom Lande vor Anker lag, entdeckte man etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang eine Brillen-
ſchlange, welche in gerader Linie auf das Schiff zuſchwamm und bis etwa zwölf Ellen ſich näherte,
von den Matroſen aber durch entgegengeſchleuderte Holzſtücke und andere Wurfgegenſtände
gezwungen wurde, nach dem Lande zurückzukehren. Am folgenden Morgen fand man die Spur des
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/287>, abgerufen am 22.12.2024.
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