Thieres am Strande auf, da wo es das Wasser verlassen hatte, und konnte derselben bis in das benachbarte Dschungel folgen. Bei einer späteren Gelegenheit fand und tödtete man am Bord desselben Schiffes eine Cobra, wohin sie doch nur vermittels der Ankerkette emporgeklommen sein konnte: -- ein Beweis, daß sie recht wohl auch klettern kann. Tennent erfuhr, daß man eine in der Krone einer Kokosnußpalme gefunden hat, "angezogen, wie man sagte, durch den Palmensaft, welcher gerade abgezapft wurde": eine Annahme, welche freilich nicht gerade für die Glaubwürdigkeit der Erzählung spricht.
Die Nahrung der Cobra besteht ebenfalls nur in kleinen Thieren, wie es scheint, vorzugsweise in Kriechthieren und Lurchen; wenigstens gibt Tennent Echsen, Frösche und Kröten als die Beute an, auf welche sie lanert. Daß sie den jungen Hühnern, Mäusen und Ratten gefährlich werden muß, geht aus den bereits von mir gegebenen Mittheilungen desselben Forschers zur Genüge hervor. Um andere Schlangen bekümmert sie sich wenig: Beweis also, daß sie solchen nicht nachstellt.
Ueber die Fortpflanzung wissen wir bis jetzt noch nichts Gewisses. Keiner der mir bekannten Schriftsteller sagt, ob sie Eier legt und diese einer Nachreife bedürfen, oder ob sie dieselben im Leibe austrägt, bis sie vollständig gezeitigt sind. Auch über die Paarung selbst liegen, soweit mir bekannt, keine Beobachtungen vor; es wird nur erzählt, daß Männchen und Weibchen eine gewisse Anhänglich- keit an einander zeigen, daß man da, wo man eine Cobra gefangen habe, auch regelmäßig bald darauf die zweite bemerke u. s. w., kurz, daß sozusagen ein Eheleben, mindestens ein entschiedenes Zusammenhalten beider Geschlechter stattsinde. Plinius hat bereits genau Dasselbe vor zwei- tausend Jahren gesagt. Tennent bemerkt, daß er zweimal Gelegenheit gehabt habe, Beobachtungen zu machen, welche die alte Sage zu bewahrheiten scheinen. Eine ausgewachsene Cobra wurde im Bade des Regierungshauses zu Colombo getödtet und "ihr Genosse" am nächsten Tage an derselben Stelle gefunden, ebenso zu derjenigen, welche in den Wallgraben gefallen war, an demselben Morgen "ein Gefährte" in einem benachbarten Graben entdeckt. Ob Dies gerade während der Paarzeit stattfand, sich also auf diese Weise erklärt, darüber sagt Tennent freilich Nichts, und so wissen wir nicht, wieviel wir auf den Zufall zu setzen haben. Von den Jungen behaupten die Singalesen, daß sie nicht vor dem dreizehnten Tage, an welchem die erste Häutung vor sich gehen soll, giftig seien.
Jn wieweit sich die Verehrung, welche die Cobra de Capello bei den Hindus genießt, auf den mehr als starken Glauben dieses Volkes zurückführen läßt, bleibt fraglich; soviel aber ist gewiß, daß das Thier von jedem Eingeborenen mit einer Achtung, welche kaum als Scheu oder Furcht vor ihrer Gefährlichkeit aufgefaßt werden kann, angesehen und behandelt wird. Noch heutigentages bekundet sich die musterhafte Gläubigkeit der Hindus und Singalesen in der unzweideutigsten Weise; in früherer Zeit erwies man ihr wirklich göttliche Verehrung. Während sich Dellon zu Kuranur aufhielt, in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts etwa, wurde ein Geheimschreiber des Fürsten von einer Brillenschlange gebissen. Man brachte ihn und in einem wohlverwahrten Gefäße auch die Schlange zur Stadt. Der Fürst war über den Unfall sehr betrübt und ließ die Braminen herbeikommen, welche der Schlange in rührender Weise vorstellten, daß das Leben des verwundeten Schreibers für den Staat von großer Wichtigkeit sei. Zu solchen Vorstellungen gesellten sich, wie es bei allen Pfassen üblich, auch die nöthigen Drohungen: man erklärte der Schlange, daß sie mit dem Kranken auf demselben Scheiterhaufen verbrannt werden würde, wenn ihr Biß den Tod zur Folge haben sollte; das göttliche Thier aber ließ sich nicht erweichen, und der Schreiber starb. Tiefe Niedergeschlagenheit bemächtigte sich des Fürsten; zur rechten Zeit jedoch kam ihm der Gedanke, daß der Todte vielleicht durch eine heimliche Sünde sich den Zorn der Götter zugezogen habe, und die Schlange nur einen göttlichen Befehl ausgeführt haben könnte. Deshalb wurde sie in ihrem Gefäße vor das Haus getragen, hier in Freiheit gesetzt und durch tiefe Bücklinge gebührend um Verzeihung gebeten. Ein weiser Mann daraus ersieht, daß die hochgerühmte Gläubigkeit allerorten dieselben Früchte trägt und ungefähr in derselben Weise sich äußert; denn er bedenkt, daß Jtaliener und Spanier und vielleicht auch
Die Schlangen. Giſtnattern. Schildvipern.
Thieres am Strande auf, da wo es das Waſſer verlaſſen hatte, und konnte derſelben bis in das benachbarte Dſchungel folgen. Bei einer ſpäteren Gelegenheit fand und tödtete man am Bord deſſelben Schiffes eine Cobra, wohin ſie doch nur vermittels der Ankerkette emporgeklommen ſein konnte: — ein Beweis, daß ſie recht wohl auch klettern kann. Tennent erfuhr, daß man eine in der Krone einer Kokosnußpalme gefunden hat, „angezogen, wie man ſagte, durch den Palmenſaft, welcher gerade abgezapft wurde“: eine Annahme, welche freilich nicht gerade für die Glaubwürdigkeit der Erzählung ſpricht.
Die Nahrung der Cobra beſteht ebenfalls nur in kleinen Thieren, wie es ſcheint, vorzugsweiſe in Kriechthieren und Lurchen; wenigſtens gibt Tennent Echſen, Fröſche und Kröten als die Beute an, auf welche ſie lanert. Daß ſie den jungen Hühnern, Mäuſen und Ratten gefährlich werden muß, geht aus den bereits von mir gegebenen Mittheilungen deſſelben Forſchers zur Genüge hervor. Um andere Schlangen bekümmert ſie ſich wenig: Beweis alſo, daß ſie ſolchen nicht nachſtellt.
Ueber die Fortpflanzung wiſſen wir bis jetzt noch nichts Gewiſſes. Keiner der mir bekannten Schriftſteller ſagt, ob ſie Eier legt und dieſe einer Nachreife bedürfen, oder ob ſie dieſelben im Leibe austrägt, bis ſie vollſtändig gezeitigt ſind. Auch über die Paarung ſelbſt liegen, ſoweit mir bekannt, keine Beobachtungen vor; es wird nur erzählt, daß Männchen und Weibchen eine gewiſſe Anhänglich- keit an einander zeigen, daß man da, wo man eine Cobra gefangen habe, auch regelmäßig bald darauf die zweite bemerke u. ſ. w., kurz, daß ſozuſagen ein Eheleben, mindeſtens ein entſchiedenes Zuſammenhalten beider Geſchlechter ſtattſinde. Plinius hat bereits genau Daſſelbe vor zwei- tauſend Jahren geſagt. Tennent bemerkt, daß er zweimal Gelegenheit gehabt habe, Beobachtungen zu machen, welche die alte Sage zu bewahrheiten ſcheinen. Eine ausgewachſene Cobra wurde im Bade des Regierungshauſes zu Colombo getödtet und „ihr Genoſſe“ am nächſten Tage an derſelben Stelle gefunden, ebenſo zu derjenigen, welche in den Wallgraben gefallen war, an demſelben Morgen „ein Gefährte“ in einem benachbarten Graben entdeckt. Ob Dies gerade während der Paarzeit ſtattfand, ſich alſo auf dieſe Weiſe erklärt, darüber ſagt Tennent freilich Nichts, und ſo wiſſen wir nicht, wieviel wir auf den Zufall zu ſetzen haben. Von den Jungen behaupten die Singaleſen, daß ſie nicht vor dem dreizehnten Tage, an welchem die erſte Häutung vor ſich gehen ſoll, giftig ſeien.
Jn wieweit ſich die Verehrung, welche die Cobra de Capello bei den Hindus genießt, auf den mehr als ſtarken Glauben dieſes Volkes zurückführen läßt, bleibt fraglich; ſoviel aber iſt gewiß, daß das Thier von jedem Eingeborenen mit einer Achtung, welche kaum als Scheu oder Furcht vor ihrer Gefährlichkeit aufgefaßt werden kann, angeſehen und behandelt wird. Noch heutigentages bekundet ſich die muſterhafte Gläubigkeit der Hindus und Singaleſen in der unzweideutigſten Weiſe; in früherer Zeit erwies man ihr wirklich göttliche Verehrung. Während ſich Dellon zu Kuranur aufhielt, in der Mitte des ſiebzehnten Jahrhunderts etwa, wurde ein Geheimſchreiber des Fürſten von einer Brillenſchlange gebiſſen. Man brachte ihn und in einem wohlverwahrten Gefäße auch die Schlange zur Stadt. Der Fürſt war über den Unfall ſehr betrübt und ließ die Braminen herbeikommen, welche der Schlange in rührender Weiſe vorſtellten, daß das Leben des verwundeten Schreibers für den Staat von großer Wichtigkeit ſei. Zu ſolchen Vorſtellungen geſellten ſich, wie es bei allen Pfaſſen üblich, auch die nöthigen Drohungen: man erklärte der Schlange, daß ſie mit dem Kranken auf demſelben Scheiterhaufen verbrannt werden würde, wenn ihr Biß den Tod zur Folge haben ſollte; das göttliche Thier aber ließ ſich nicht erweichen, und der Schreiber ſtarb. Tiefe Niedergeſchlagenheit bemächtigte ſich des Fürſten; zur rechten Zeit jedoch kam ihm der Gedanke, daß der Todte vielleicht durch eine heimliche Sünde ſich den Zorn der Götter zugezogen habe, und die Schlange nur einen göttlichen Befehl ausgeführt haben könnte. Deshalb wurde ſie in ihrem Gefäße vor das Haus getragen, hier in Freiheit geſetzt und durch tiefe Bücklinge gebührend um Verzeihung gebeten. Ein weiſer Mann daraus erſieht, daß die hochgerühmte Gläubigkeit allerorten dieſelben Früchte trägt und ungefähr in derſelben Weiſe ſich äußert; denn er bedenkt, daß Jtaliener und Spanier und vielleicht auch
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Die Schlangen. Giſtnattern. Schildvipern.
Thieres am Strande auf, da wo es das Waſſer verlaſſen hatte, und konnte derſelben bis in das
benachbarte Dſchungel folgen. Bei einer ſpäteren Gelegenheit fand und tödtete man am Bord
deſſelben Schiffes eine Cobra, wohin ſie doch nur vermittels der Ankerkette emporgeklommen ſein
konnte: — ein Beweis, daß ſie recht wohl auch klettern kann. Tennent erfuhr, daß man eine
in der Krone einer Kokosnußpalme gefunden hat, „angezogen, wie man ſagte, durch den Palmenſaft,
welcher gerade abgezapft wurde“: eine Annahme, welche freilich nicht gerade für die Glaubwürdigkeit
der Erzählung ſpricht.
Die Nahrung der Cobra beſteht ebenfalls nur in kleinen Thieren, wie es ſcheint, vorzugsweiſe
in Kriechthieren und Lurchen; wenigſtens gibt Tennent Echſen, Fröſche und Kröten als die Beute
an, auf welche ſie lanert. Daß ſie den jungen Hühnern, Mäuſen und Ratten gefährlich werden
muß, geht aus den bereits von mir gegebenen Mittheilungen deſſelben Forſchers zur Genüge hervor.
Um andere Schlangen bekümmert ſie ſich wenig: Beweis alſo, daß ſie ſolchen nicht nachſtellt.
Ueber die Fortpflanzung wiſſen wir bis jetzt noch nichts Gewiſſes. Keiner der mir bekannten
Schriftſteller ſagt, ob ſie Eier legt und dieſe einer Nachreife bedürfen, oder ob ſie dieſelben im Leibe
austrägt, bis ſie vollſtändig gezeitigt ſind. Auch über die Paarung ſelbſt liegen, ſoweit mir bekannt,
keine Beobachtungen vor; es wird nur erzählt, daß Männchen und Weibchen eine gewiſſe Anhänglich-
keit an einander zeigen, daß man da, wo man eine Cobra gefangen habe, auch regelmäßig bald darauf
die zweite bemerke u. ſ. w., kurz, daß ſozuſagen ein Eheleben, mindeſtens ein entſchiedenes
Zuſammenhalten beider Geſchlechter ſtattſinde. Plinius hat bereits genau Daſſelbe vor zwei-
tauſend Jahren geſagt. Tennent bemerkt, daß er zweimal Gelegenheit gehabt habe, Beobachtungen
zu machen, welche die alte Sage zu bewahrheiten ſcheinen. Eine ausgewachſene Cobra wurde
im Bade des Regierungshauſes zu Colombo getödtet und „ihr Genoſſe“ am nächſten Tage
an derſelben Stelle gefunden, ebenſo zu derjenigen, welche in den Wallgraben gefallen war, an
demſelben Morgen „ein Gefährte“ in einem benachbarten Graben entdeckt. Ob Dies gerade während
der Paarzeit ſtattfand, ſich alſo auf dieſe Weiſe erklärt, darüber ſagt Tennent freilich Nichts, und
ſo wiſſen wir nicht, wieviel wir auf den Zufall zu ſetzen haben. Von den Jungen behaupten die
Singaleſen, daß ſie nicht vor dem dreizehnten Tage, an welchem die erſte Häutung vor ſich gehen
ſoll, giftig ſeien.
Jn wieweit ſich die Verehrung, welche die Cobra de Capello bei den Hindus genießt, auf den
mehr als ſtarken Glauben dieſes Volkes zurückführen läßt, bleibt fraglich; ſoviel aber iſt gewiß, daß
das Thier von jedem Eingeborenen mit einer Achtung, welche kaum als Scheu oder Furcht vor ihrer
Gefährlichkeit aufgefaßt werden kann, angeſehen und behandelt wird. Noch heutigentages bekundet
ſich die muſterhafte Gläubigkeit der Hindus und Singaleſen in der unzweideutigſten Weiſe; in früherer
Zeit erwies man ihr wirklich göttliche Verehrung. Während ſich Dellon zu Kuranur aufhielt,
in der Mitte des ſiebzehnten Jahrhunderts etwa, wurde ein Geheimſchreiber des Fürſten von einer
Brillenſchlange gebiſſen. Man brachte ihn und in einem wohlverwahrten Gefäße auch die Schlange
zur Stadt. Der Fürſt war über den Unfall ſehr betrübt und ließ die Braminen herbeikommen,
welche der Schlange in rührender Weiſe vorſtellten, daß das Leben des verwundeten Schreibers für
den Staat von großer Wichtigkeit ſei. Zu ſolchen Vorſtellungen geſellten ſich, wie es bei allen Pfaſſen
üblich, auch die nöthigen Drohungen: man erklärte der Schlange, daß ſie mit dem Kranken auf
demſelben Scheiterhaufen verbrannt werden würde, wenn ihr Biß den Tod zur Folge haben ſollte;
das göttliche Thier aber ließ ſich nicht erweichen, und der Schreiber ſtarb. Tiefe Niedergeſchlagenheit
bemächtigte ſich des Fürſten; zur rechten Zeit jedoch kam ihm der Gedanke, daß der Todte vielleicht
durch eine heimliche Sünde ſich den Zorn der Götter zugezogen habe, und die Schlange nur einen
göttlichen Befehl ausgeführt haben könnte. Deshalb wurde ſie in ihrem Gefäße vor das Haus
getragen, hier in Freiheit geſetzt und durch tiefe Bücklinge gebührend um Verzeihung gebeten. Ein
weiſer Mann daraus erſieht, daß die hochgerühmte Gläubigkeit allerorten dieſelben Früchte trägt und
ungefähr in derſelben Weiſe ſich äußert; denn er bedenkt, daß Jtaliener und Spanier und vielleicht auch
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/288>, abgerufen am 22.12.2024.
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