Wasser, welche auch die brennenden Schmerzen im Magen zu lindern schien. Nunmehr vermochte sie mir die Stelle anzugeben, an welcher sie verwundet worden war. Jch ließ sie mit der Aristolochia reiben, und sie war in Folge dessen im Stande, ohne Hilfe umherzugehen. Jch befahl ihr, noch mindestens zwei Stunden auf- und niederzugehen, theilte ihr sodann mit, daß sie vollständig genesen sei und erlaubte ihr, sich zu verabschieden."
Lowther erzählt noch ähnliche Fälle und versichert, daß er mindestens zwanzig behandelt habe, bei denen die Anwendung der Aristolochia von dem vollständigsten Erfolge gekrönt gewesen sei. Bei Versuchen, welche an vergifteten Hunden gemacht wurden, stellte sich heraus, daß diese Pflanze nicht als ein in allen Fällen brauchbares Mittel angesehen werden darf, daß sie bei gedachten Thieren ein entsetzliches Fieber hervorriefen, an welchem sie jedesmal zu Grunde gingen. Diese verschiedenartige Wirkung glaubt Lowther leicht erklären zu können, da sich, nach seiner Behauptung, die Folgen der Vergiftung in sehr verschiedenartiger Weise zeigen.
Undenkbar ist es nicht, daß der alte Ruf der Aristolochia sich bewährt und sie bei Schlangenver- giftungen als Heilmittel wirkt; bevor jedoch genaue Untersuchungen gewissenhafter und vorurtheils- freier Aerzte vorliegen, dürfen wir uns schwerlich schmeicheln, nunmehr endlich ein unfehlbares Mittel gegen Schlangenvergiftungen gefunden zu haben.
Wenn man die Russenberg'sche Angabe kennt, daß im Jahre 1834 auf Ceylon zwanzig Menschen durch den Biß giftiger Schlangen, vorzüglich der Brillenschlange, starben, oder durch Tennent erfährt, daß von den hundert und zwölf Menschen, welche vom Jahre 1851 bis 1855 auf demselben Eilande von wilden Thieren getödtet wurden, achtundsechzig dem Biß giftiger Schlangen erlagen, gelangt man nothwendigerweise zu der Ansicht, daß die Anzahl der Feinde dieser gefährlichen Kriechthiere nicht eben groß sein kann. Und doch wissen die Jndier von einer ziemlichen Anzahl kleinerer Raubsäugethiere, den Mungos voran, und von verschiedenen Raubvögeln zu erzählen, welche dem giftigen Gewürm eifrig nachstellen sollen. Als beachtenswerth möge noch erwähnt sein, daß man eine Vermehrung der Schlangen überall da gefunden hat oder doch gefunden haben will, wo man Pfauen und anderen Wildhühnern eifrig nachstellte und sie demzufolge sehr verminderte. Hier- aus würde also hervorgehen, daß diese großen und stolzen Hühner mit den Brillenschlangen ebenso verfahren, wie unsere Haushühner mit der Kreuzotter. Auch von den Hirschen Ceylons behauptet man, daß sie viele Schlangen vertilgen, indem sie plötzlich mit allen vier Läufen zugleich auf sie springen und sie durch Stampfen tödten.
Eine zweite Art der Sippe bewohnt Hinterindien, Siam, Cochinchina und die benachbarten Jnseln, namentlich Neuguinea und wird Schlangenfresser(Naja ophiophaga) genannt, weil sie unter ihrem verwandten Gelichter große Verheerungen anrichtet, nebenbei aber auch den Eidechsen eifrig nachstellt. Jhre Länge schwankt zwischen 4 bis 6 Fuß; die Färbung der Oberseite ist ein schwer zu bezeichnendes Qlivenbraun, die der Unterseite ein blässeres Gelbgrün; es gibt aber Spiel- arten, welche auf dem dunklen Grunde mit weißen Kreuzbändern gezeichnet sind.
"Zwei Stücken", erzählt Cantor, "welche ich gefangen hielt, wurde regelmäßig alle vierzehn Tage eine Schlange vorgeworfen, gleichviel, ob dieselbe giftig war oder nicht. Sobald sie eine solche erblickten, zischten sie laut, breiteten ihr Nackenschild aus, erhoben den Vordertheil ihres Leibes, verweilten in dieser Stellung, als ob sie sicher zielen wollten, jede Bewegung ihrer Beute beobachtend, und stürzten sich dann, ganz in derselben Weise wie die Brillenschlangen, auf das Opfer. Nachdem dieses vergiftet und getödtet worden war, verschlangen sie es und gaben sich hierauf etwa zwölf Stunden lang träger Ruhe hin.
"Der Schlangenfresser ist eine wüthende und gefährliche Schlange, welche nicht blos Stand hält, wenn sie angegriffen wird, sondern ihren Feind sogar verfolgt, wenn dieser ihr den Rücken zugedreht
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Jndiſche Brillenſchlange. Schlangenfreſſer.
Waſſer, welche auch die brennenden Schmerzen im Magen zu lindern ſchien. Nunmehr vermochte ſie mir die Stelle anzugeben, an welcher ſie verwundet worden war. Jch ließ ſie mit der Ariſtolochia reiben, und ſie war in Folge deſſen im Stande, ohne Hilfe umherzugehen. Jch befahl ihr, noch mindeſtens zwei Stunden auf- und niederzugehen, theilte ihr ſodann mit, daß ſie vollſtändig geneſen ſei und erlaubte ihr, ſich zu verabſchieden.“
Lowther erzählt noch ähnliche Fälle und verſichert, daß er mindeſtens zwanzig behandelt habe, bei denen die Anwendung der Ariſtolochia von dem vollſtändigſten Erfolge gekrönt geweſen ſei. Bei Verſuchen, welche an vergifteten Hunden gemacht wurden, ſtellte ſich heraus, daß dieſe Pflanze nicht als ein in allen Fällen brauchbares Mittel angeſehen werden darf, daß ſie bei gedachten Thieren ein entſetzliches Fieber hervorriefen, an welchem ſie jedesmal zu Grunde gingen. Dieſe verſchiedenartige Wirkung glaubt Lowther leicht erklären zu können, da ſich, nach ſeiner Behauptung, die Folgen der Vergiftung in ſehr verſchiedenartiger Weiſe zeigen.
Undenkbar iſt es nicht, daß der alte Ruf der Ariſtolochia ſich bewährt und ſie bei Schlangenver- giftungen als Heilmittel wirkt; bevor jedoch genaue Unterſuchungen gewiſſenhafter und vorurtheils- freier Aerzte vorliegen, dürfen wir uns ſchwerlich ſchmeicheln, nunmehr endlich ein unfehlbares Mittel gegen Schlangenvergiftungen gefunden zu haben.
Wenn man die Ruſſenberg’ſche Angabe kennt, daß im Jahre 1834 auf Ceylon zwanzig Menſchen durch den Biß giftiger Schlangen, vorzüglich der Brillenſchlange, ſtarben, oder durch Tennent erfährt, daß von den hundert und zwölf Menſchen, welche vom Jahre 1851 bis 1855 auf demſelben Eilande von wilden Thieren getödtet wurden, achtundſechzig dem Biß giftiger Schlangen erlagen, gelangt man nothwendigerweiſe zu der Anſicht, daß die Anzahl der Feinde dieſer gefährlichen Kriechthiere nicht eben groß ſein kann. Und doch wiſſen die Jndier von einer ziemlichen Anzahl kleinerer Raubſäugethiere, den Mungos voran, und von verſchiedenen Raubvögeln zu erzählen, welche dem giftigen Gewürm eifrig nachſtellen ſollen. Als beachtenswerth möge noch erwähnt ſein, daß man eine Vermehrung der Schlangen überall da gefunden hat oder doch gefunden haben will, wo man Pfauen und anderen Wildhühnern eifrig nachſtellte und ſie demzufolge ſehr verminderte. Hier- aus würde alſo hervorgehen, daß dieſe großen und ſtolzen Hühner mit den Brillenſchlangen ebenſo verfahren, wie unſere Haushühner mit der Kreuzotter. Auch von den Hirſchen Ceylons behauptet man, daß ſie viele Schlangen vertilgen, indem ſie plötzlich mit allen vier Läufen zugleich auf ſie ſpringen und ſie durch Stampfen tödten.
Eine zweite Art der Sippe bewohnt Hinterindien, Siam, Cochinchina und die benachbarten Jnſeln, namentlich Neuguinea und wird Schlangenfreſſer(Naja ophiophaga) genannt, weil ſie unter ihrem verwandten Gelichter große Verheerungen anrichtet, nebenbei aber auch den Eidechſen eifrig nachſtellt. Jhre Länge ſchwankt zwiſchen 4 bis 6 Fuß; die Färbung der Oberſeite iſt ein ſchwer zu bezeichnendes Qlivenbraun, die der Unterſeite ein bläſſeres Gelbgrün; es gibt aber Spiel- arten, welche auf dem dunklen Grunde mit weißen Kreuzbändern gezeichnet ſind.
„Zwei Stücken“, erzählt Cantor, „welche ich gefangen hielt, wurde regelmäßig alle vierzehn Tage eine Schlange vorgeworfen, gleichviel, ob dieſelbe giftig war oder nicht. Sobald ſie eine ſolche erblickten, ziſchten ſie laut, breiteten ihr Nackenſchild aus, erhoben den Vordertheil ihres Leibes, verweilten in dieſer Stellung, als ob ſie ſicher zielen wollten, jede Bewegung ihrer Beute beobachtend, und ſtürzten ſich dann, ganz in derſelben Weiſe wie die Brillenſchlangen, auf das Opfer. Nachdem dieſes vergiftet und getödtet worden war, verſchlangen ſie es und gaben ſich hierauf etwa zwölf Stunden lang träger Ruhe hin.
„Der Schlangenfreſſer iſt eine wüthende und gefährliche Schlange, welche nicht blos Stand hält, wenn ſie angegriffen wird, ſondern ihren Feind ſogar verfolgt, wenn dieſer ihr den Rücken zugedreht
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Jndiſche Brillenſchlange. Schlangenfreſſer.
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reiben, und ſie war in Folge deſſen im Stande, ohne Hilfe umherzugehen. Jch befahl ihr, noch
mindeſtens zwei Stunden auf- und niederzugehen, theilte ihr ſodann mit, daß ſie vollſtändig geneſen
ſei und erlaubte ihr, ſich zu verabſchieden.“
Lowther erzählt noch ähnliche Fälle und verſichert, daß er mindeſtens zwanzig behandelt habe,
bei denen die Anwendung der Ariſtolochia von dem vollſtändigſten Erfolge gekrönt geweſen ſei. Bei
Verſuchen, welche an vergifteten Hunden gemacht wurden, ſtellte ſich heraus, daß dieſe Pflanze nicht
als ein in allen Fällen brauchbares Mittel angeſehen werden darf, daß ſie bei gedachten Thieren ein
entſetzliches Fieber hervorriefen, an welchem ſie jedesmal zu Grunde gingen. Dieſe verſchiedenartige
Wirkung glaubt Lowther leicht erklären zu können, da ſich, nach ſeiner Behauptung, die Folgen der
Vergiftung in ſehr verſchiedenartiger Weiſe zeigen.
Undenkbar iſt es nicht, daß der alte Ruf der Ariſtolochia ſich bewährt und ſie bei Schlangenver-
giftungen als Heilmittel wirkt; bevor jedoch genaue Unterſuchungen gewiſſenhafter und vorurtheils-
freier Aerzte vorliegen, dürfen wir uns ſchwerlich ſchmeicheln, nunmehr endlich ein unfehlbares Mittel
gegen Schlangenvergiftungen gefunden zu haben.
Wenn man die Ruſſenberg’ſche Angabe kennt, daß im Jahre 1834 auf Ceylon zwanzig
Menſchen durch den Biß giftiger Schlangen, vorzüglich der Brillenſchlange, ſtarben, oder durch
Tennent erfährt, daß von den hundert und zwölf Menſchen, welche vom Jahre 1851 bis 1855 auf
demſelben Eilande von wilden Thieren getödtet wurden, achtundſechzig dem Biß giftiger Schlangen
erlagen, gelangt man nothwendigerweiſe zu der Anſicht, daß die Anzahl der Feinde dieſer gefährlichen
Kriechthiere nicht eben groß ſein kann. Und doch wiſſen die Jndier von einer ziemlichen Anzahl
kleinerer Raubſäugethiere, den Mungos voran, und von verſchiedenen Raubvögeln zu erzählen, welche
dem giftigen Gewürm eifrig nachſtellen ſollen. Als beachtenswerth möge noch erwähnt ſein, daß
man eine Vermehrung der Schlangen überall da gefunden hat oder doch gefunden haben will, wo
man Pfauen und anderen Wildhühnern eifrig nachſtellte und ſie demzufolge ſehr verminderte. Hier-
aus würde alſo hervorgehen, daß dieſe großen und ſtolzen Hühner mit den Brillenſchlangen ebenſo
verfahren, wie unſere Haushühner mit der Kreuzotter. Auch von den Hirſchen Ceylons behauptet
man, daß ſie viele Schlangen vertilgen, indem ſie plötzlich mit allen vier Läufen zugleich auf ſie
ſpringen und ſie durch Stampfen tödten.
Eine zweite Art der Sippe bewohnt Hinterindien, Siam, Cochinchina und die benachbarten
Jnſeln, namentlich Neuguinea und wird Schlangenfreſſer (Naja ophiophaga) genannt, weil ſie
unter ihrem verwandten Gelichter große Verheerungen anrichtet, nebenbei aber auch den Eidechſen
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ſchwer zu bezeichnendes Qlivenbraun, die der Unterſeite ein bläſſeres Gelbgrün; es gibt aber Spiel-
arten, welche auf dem dunklen Grunde mit weißen Kreuzbändern gezeichnet ſind.
„Zwei Stücken“, erzählt Cantor, „welche ich gefangen hielt, wurde regelmäßig alle vierzehn
Tage eine Schlange vorgeworfen, gleichviel, ob dieſelbe giftig war oder nicht. Sobald ſie eine ſolche
erblickten, ziſchten ſie laut, breiteten ihr Nackenſchild aus, erhoben den Vordertheil ihres Leibes,
verweilten in dieſer Stellung, als ob ſie ſicher zielen wollten, jede Bewegung ihrer Beute beobachtend,
und ſtürzten ſich dann, ganz in derſelben Weiſe wie die Brillenſchlangen, auf das Opfer. Nachdem
dieſes vergiftet und getödtet worden war, verſchlangen ſie es und gaben ſich hierauf etwa zwölf
Stunden lang träger Ruhe hin.
„Der Schlangenfreſſer iſt eine wüthende und gefährliche Schlange, welche nicht blos Stand hält,
wenn ſie angegriffen wird, ſondern ihren Feind ſogar verfolgt, wenn dieſer ihr den Rücken zugedreht
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/297>, abgerufen am 22.12.2024.
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