Dunkle Linien fassen das Band seitlich ein und heben es von dem Grunde um so lebhafter ab. Die Schilder der Unterseite sind auf gelblichem Grunde schwarz gepunktet und getüpfelt. Je nach der Grundfärbung und dem mehr oder minder deutlich hervortretenden Zackenbande sieht die Sandotter verschieden aus, läßt sich jedoch ebenso wie die Kreuzotter, vielleicht noch leichter, unter allen Umständen erkennen und bestimmen. Jhre Länge übertrifft die der Verwandten um mehrere Zoll; Stücke jedoch von 23/4 Fuß gehören zu den größten Seltenheiten.
Die Sandotter bewohnt Ungarn, Jstrien, Dalmatien und das nördliche Jtalien, Griechenland, die Türkei und wahrscheinlich auch Kleinasien, vorzugsweise die Gebirge, in welchem sie bis zu bedeutenden Höhen emporsteigt. Effeldt fand sie auf seiner Sammlerreise nach Ungarn schon bei
[Abbildung]
Die Sandotter (Vipera ammodytes), 2/3 der nat. Größe.
Preßburg und von hierab überall nach Süden hin, besonders häufig in der Nähe von Mehadia an der Militärgrenze. Erber traf sie in Dalmatien, Erhard in den Weinbergen der Cykladen in großer Menge. Den Genannten danken wir Das, was wir über ihr Leben wissen.
Sie lebt einzeln, nach Effeldt jedoch selbst im Mai noch zuweilen paarweise, obschon dann die Begattungszeit vorüber ist, und wählt ihren Aufenthalt unter Steinen oder in Erdlöchern, auch im Gebüsch, nach Art der Kreuzotter. Jn den Mittagsstunden wurde sie von Effeldt nie beobachtet, wohl aber am frühen Morgen und in später Abendstunde; ja, unser Beobachter fand sie an solchen Orten, welche er übertages vergeblich abgesucht hatte, oft in ziemlicher Anzahl auf, wenn er an warmen Abenden eine Stunde nach Sonnenuntergang mit der Laterne in der Hand ausging, um sie zu suchen. "Auf diese Fangart", so erzählt er mir, "bin ich gekommen durch die Mittheilung eines ungarischen Bauern, welchen ich nach dem Thiere befragte und um seine Hilfe anging. Bei Tage, meinte der Mann, würde es schwer halten, solche Giftschlangen zu sammeln; abends aber habe Das
Die Schlangen. Vipern. Naſenvipern.
Dunkle Linien faſſen das Band ſeitlich ein und heben es von dem Grunde um ſo lebhafter ab. Die Schilder der Unterſeite ſind auf gelblichem Grunde ſchwarz gepunktet und getüpfelt. Je nach der Grundfärbung und dem mehr oder minder deutlich hervortretenden Zackenbande ſieht die Sandotter verſchieden aus, läßt ſich jedoch ebenſo wie die Kreuzotter, vielleicht noch leichter, unter allen Umſtänden erkennen und beſtimmen. Jhre Länge übertrifft die der Verwandten um mehrere Zoll; Stücke jedoch von 2¾ Fuß gehören zu den größten Seltenheiten.
Die Sandotter bewohnt Ungarn, Jſtrien, Dalmatien und das nördliche Jtalien, Griechenland, die Türkei und wahrſcheinlich auch Kleinaſien, vorzugsweiſe die Gebirge, in welchem ſie bis zu bedeutenden Höhen emporſteigt. Effeldt fand ſie auf ſeiner Sammlerreiſe nach Ungarn ſchon bei
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Die Sandotter (Vipera ammodytes), ⅔ der nat. Größe.
Preßburg und von hierab überall nach Süden hin, beſonders häufig in der Nähe von Mehadia an der Militärgrenze. Erber traf ſie in Dalmatien, Erhard in den Weinbergen der Cykladen in großer Menge. Den Genannten danken wir Das, was wir über ihr Leben wiſſen.
Sie lebt einzeln, nach Effeldt jedoch ſelbſt im Mai noch zuweilen paarweiſe, obſchon dann die Begattungszeit vorüber iſt, und wählt ihren Aufenthalt unter Steinen oder in Erdlöchern, auch im Gebüſch, nach Art der Kreuzotter. Jn den Mittagsſtunden wurde ſie von Effeldt nie beobachtet, wohl aber am frühen Morgen und in ſpäter Abendſtunde; ja, unſer Beobachter fand ſie an ſolchen Orten, welche er übertages vergeblich abgeſucht hatte, oft in ziemlicher Anzahl auf, wenn er an warmen Abenden eine Stunde nach Sonnenuntergang mit der Laterne in der Hand ausging, um ſie zu ſuchen. „Auf dieſe Fangart“, ſo erzählt er mir, „bin ich gekommen durch die Mittheilung eines ungariſchen Bauern, welchen ich nach dem Thiere befragte und um ſeine Hilfe anging. Bei Tage, meinte der Mann, würde es ſchwer halten, ſolche Giftſchlangen zu ſammeln; abends aber habe Das
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Die Schlangen. Vipern. Naſenvipern.
Dunkle Linien faſſen das Band ſeitlich ein und heben es von dem Grunde um ſo lebhafter ab. Die
Schilder der Unterſeite ſind auf gelblichem Grunde ſchwarz gepunktet und getüpfelt. Je nach der
Grundfärbung und dem mehr oder minder deutlich hervortretenden Zackenbande ſieht die Sandotter
verſchieden aus, läßt ſich jedoch ebenſo wie die Kreuzotter, vielleicht noch leichter, unter allen
Umſtänden erkennen und beſtimmen. Jhre Länge übertrifft die der Verwandten um mehrere Zoll;
Stücke jedoch von 2¾ Fuß gehören zu den größten Seltenheiten.
Die Sandotter bewohnt Ungarn, Jſtrien, Dalmatien und das nördliche Jtalien, Griechenland,
die Türkei und wahrſcheinlich auch Kleinaſien, vorzugsweiſe die Gebirge, in welchem ſie bis zu
bedeutenden Höhen emporſteigt. Effeldt fand ſie auf ſeiner Sammlerreiſe nach Ungarn ſchon bei
[Abbildung Die Sandotter (Vipera ammodytes), ⅔ der nat. Größe.]
Preßburg und von hierab überall nach Süden hin, beſonders häufig in der Nähe von Mehadia an
der Militärgrenze. Erber traf ſie in Dalmatien, Erhard in den Weinbergen der Cykladen in
großer Menge. Den Genannten danken wir Das, was wir über ihr Leben wiſſen.
Sie lebt einzeln, nach Effeldt jedoch ſelbſt im Mai noch zuweilen paarweiſe, obſchon dann die
Begattungszeit vorüber iſt, und wählt ihren Aufenthalt unter Steinen oder in Erdlöchern, auch im
Gebüſch, nach Art der Kreuzotter. Jn den Mittagsſtunden wurde ſie von Effeldt nie beobachtet,
wohl aber am frühen Morgen und in ſpäter Abendſtunde; ja, unſer Beobachter fand ſie an ſolchen
Orten, welche er übertages vergeblich abgeſucht hatte, oft in ziemlicher Anzahl auf, wenn er an
warmen Abenden eine Stunde nach Sonnenuntergang mit der Laterne in der Hand ausging, um ſie
zu ſuchen. „Auf dieſe Fangart“, ſo erzählt er mir, „bin ich gekommen durch die Mittheilung eines
ungariſchen Bauern, welchen ich nach dem Thiere befragte und um ſeine Hilfe anging. Bei Tage,
meinte der Mann, würde es ſchwer halten, ſolche Giftſchlangen zu ſammeln; abends aber habe Das
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/332>, abgerufen am 22.12.2024.
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