Die Laichzeit fällt in die Zeit der Weizenblüte, also in die Mitte des Juni, je nach der Witterung etwas früher oder später. Um diese Zeit sieht man das Weibchen gewöhnlich von zwei Männchen verfolgt, von einem Binsen- oder Nohrbüschel zum andern schwimmend und hier die Eier abgebend. Beide Geschlechter werden so von dem Fortpflanzungstriebe beeinflußt und beansprucht, daß sie alle Scheu vergessen und oft mit einem gewöhnlichen Hamen aus dem Wasser geschöpft werden können. Nach Blochs Schätzung setzt ein vierpfündiger Rogener gegen dreihunderttausend Eier ab; die Vermehrung ist also eine sehr starke. Die Jungen wachsen ziemlich schnell heran; doch vergehen immerhin gegen vier Jahr, bevor sie fortpflanzungsfähig werden. Jm ersten Jahre erreichen sie etwa 1/4, im zweiten 3/4, im dritten aber 2 bis 3 Pfund an Gewicht. Jhre Lebensdauer soll sich auf sechs bis zehn Jahre erstrecken, eine Schätzung, welche gewiß zu niedrig gegriffen sein dürste.
"Das fleisch der Schleyen ist sehr arg, vngesund, eines vnlieblichen geschmacks, dann sie möseln oder schmecken nach den Kaat vnd Lett, haben ein wüst, schlennig fleisch, dann sie an solche orten allein wohnen, geberen vnd vrsachen gern das kalt wehe, frieren oder feber. Jst ein speiß deß gemeinen Pöfels, wie wol etliche mäuler solche sehr begeren." Zu diesen Mäulern gehören unter anderen die britischen, denen doch andere, bessere Fische sehr oft vorkommen. Yarrell schätzt die Schleihe sehr hoch, Eckström ist derselben Meinung. Jch bekenne, daß ich mich mehr der Geßnerschen Ansicht zuneige, das Fleisch wenigstens dann erst leiden mag, wenn sein Eigener längere Zeit in reinem, fließenden Wasser gelebt hat und so gleichsam ausgewässert worden ist. Dem- ungeachtet kann man einen so anspruchslosen Fisch, wie die Schleihe ist, für die Teichwirthschaft nur empfehlen.
Von den alten Zeiten rühren noch einige sonderbare Sagen her, welche heutigentages noch geglaubt werden. "Die Schleyen vnd der Hecht haben anerborne freundschafft zusammen, dann allerley Fisch pflegen die Hecht zu fressen, außgenommen die Schleyen, man fängt sie auch gemeinglich beyde samhafft; so ist auch die sag, daß der Hecht verwund seine wunden an den leib der Schleyen streiche, vnd mit dem schleim also die wunden heyle, davon das sprichwort kommen ist bey den Frieß- lendern, die schleyen sey ein Artzt aller Fisch." Letztere Ansicht wird heutigentages noch von gar manchen Fischzüchtern geglaubt, auch von solchen, welche anderweitigen Aberglauben schon längst abgestreift haben. "Etlich der verfluchten Juden haben im brauch solch Fisch dem Rückgrad nach auf- zuschneiden, vm in hitzigen, brennenden febern, vff den Pulß der Hände vnd boden der Füsse zu legen, dann sie erlaben vnd kälten sehr mächtig. Etliche brauchen sie zu dem schmertzen des Haupts, vnd Podagra, dergleichen auch zu der Geelsucht, auff dem Nabel oder Leber lebendig gelegt, so eine darauff gestorben, binden sie eine andere darüber, dann der Schleyen werden sehr geel, als ob sie mit Saffran geferbet werden. Der Gall der Fisch wirt gelobt zu den bresten der ohren, flüß, würm vnd dergleichen. Von dem Eingeweyd oder geführ der Barben vnd Schleyen, pflegt man die Pferd zu purgiren." Ob die "verfluchten Juden" noch heutigentages Schleihen in dieser Weise benutzen, weiß ich nicht; daß es die gesegneten Christen nicht thun, sindet seine einfache Erklärung in dem Vorhandensein unfehlbarer Gnadenmittel ihrer Kirche: denn
"Wer eine Wachshand opfert, Dem heilt an der Hand die Wund', Und wer einen Wachsfuß opfert, Dem wird der Fuß gesund."
Die Barben(Barbus) tragen vier Bartfäden an der oberen Kinnlade des unterständigen Mundes, haben kurze Rücken- und Afterflossen, in deren ersteren sich ein ziemlich starker Knochenstrahl befindet und jederseits in drei Reihen zu zwei, drei und fünf gestellte, löffelförmige, d. h. kegelige, nach hinten hakig umgebogene, auf der hinteren Seite löffelförmig ausgehöhlte Schlundzähne.
Die Edelfiſche. Karpfen. Schleihen. Barben.
Die Laichzeit fällt in die Zeit der Weizenblüte, alſo in die Mitte des Juni, je nach der Witterung etwas früher oder ſpäter. Um dieſe Zeit ſieht man das Weibchen gewöhnlich von zwei Männchen verfolgt, von einem Binſen- oder Nohrbüſchel zum andern ſchwimmend und hier die Eier abgebend. Beide Geſchlechter werden ſo von dem Fortpflanzungstriebe beeinflußt und beanſprucht, daß ſie alle Scheu vergeſſen und oft mit einem gewöhnlichen Hamen aus dem Waſſer geſchöpft werden können. Nach Blochs Schätzung ſetzt ein vierpfündiger Rogener gegen dreihunderttauſend Eier ab; die Vermehrung iſt alſo eine ſehr ſtarke. Die Jungen wachſen ziemlich ſchnell heran; doch vergehen immerhin gegen vier Jahr, bevor ſie fortpflanzungsfähig werden. Jm erſten Jahre erreichen ſie etwa ¼, im zweiten ¾, im dritten aber 2 bis 3 Pfund an Gewicht. Jhre Lebensdauer ſoll ſich auf ſechs bis zehn Jahre erſtrecken, eine Schätzung, welche gewiß zu niedrig gegriffen ſein dürſte.
„Das fleiſch der Schleyen iſt ſehr arg, vngeſund, eines vnlieblichen geſchmacks, dann ſie möſeln oder ſchmecken nach den Kaat vnd Lett, haben ein wüſt, ſchlennig fleiſch, dann ſie an ſolche orten allein wohnen, geberen vnd vrſachen gern das kalt wehe, frieren oder feber. Jſt ein ſpeiß deß gemeinen Pöfels, wie wol etliche mäuler ſolche ſehr begeren.“ Zu dieſen Mäulern gehören unter anderen die britiſchen, denen doch andere, beſſere Fiſche ſehr oft vorkommen. Yarrell ſchätzt die Schleihe ſehr hoch, Eckſtröm iſt derſelben Meinung. Jch bekenne, daß ich mich mehr der Geßnerſchen Anſicht zuneige, das Fleiſch wenigſtens dann erſt leiden mag, wenn ſein Eigener längere Zeit in reinem, fließenden Waſſer gelebt hat und ſo gleichſam ausgewäſſert worden iſt. Dem- ungeachtet kann man einen ſo anſpruchsloſen Fiſch, wie die Schleihe iſt, für die Teichwirthſchaft nur empfehlen.
Von den alten Zeiten rühren noch einige ſonderbare Sagen her, welche heutigentages noch geglaubt werden. „Die Schleyen vnd der Hecht haben anerborne freundſchafft zuſammen, dann allerley Fiſch pflegen die Hecht zu freſſen, außgenommen die Schleyen, man fängt ſie auch gemeinglich beyde ſamhafft; ſo iſt auch die ſag, daß der Hecht verwund ſeine wunden an den leib der Schleyen ſtreiche, vnd mit dem ſchleim alſo die wunden heyle, davon das ſprichwort kommen iſt bey den Frieß- lendern, die ſchleyen ſey ein Artzt aller Fiſch.“ Letztere Anſicht wird heutigentages noch von gar manchen Fiſchzüchtern geglaubt, auch von ſolchen, welche anderweitigen Aberglauben ſchon längſt abgeſtreift haben. „Etlich der verfluchten Juden haben im brauch ſolch Fiſch dem Rückgrad nach auf- zuſchneiden, vm in hitzigen, brennenden febern, vff den Pulß der Hände vnd boden der Füſſe zu legen, dann ſie erlaben vnd kälten ſehr mächtig. Etliche brauchen ſie zu dem ſchmertzen des Haupts, vnd Podagra, dergleichen auch zu der Geelſucht, auff dem Nabel oder Leber lebendig gelegt, ſo eine darauff geſtorben, binden ſie eine andere darüber, dann der Schleyen werden ſehr geel, als ob ſie mit Saffran geferbet werden. Der Gall der Fiſch wirt gelobt zu den breſten der ohren, flüß, würm vnd dergleichen. Von dem Eingeweyd oder geführ der Barben vnd Schleyen, pflegt man die Pferd zu purgiren.“ Ob die „verfluchten Juden“ noch heutigentages Schleihen in dieſer Weiſe benutzen, weiß ich nicht; daß es die geſegneten Chriſten nicht thun, ſindet ſeine einfache Erklärung in dem Vorhandenſein unfehlbarer Gnadenmittel ihrer Kirche: denn
„Wer eine Wachshand opfert, Dem heilt an der Hand die Wund’, Und wer einen Wachsfuß opfert, Dem wird der Fuß geſund.“
Die Barben(Barbus) tragen vier Bartfäden an der oberen Kinnlade des unterſtändigen Mundes, haben kurze Rücken- und Afterfloſſen, in deren erſteren ſich ein ziemlich ſtarker Knochenſtrahl befindet und jederſeits in drei Reihen zu zwei, drei und fünf geſtellte, löffelförmige, d. h. kegelige, nach hinten hakig umgebogene, auf der hinteren Seite löffelförmig ausgehöhlte Schlundzähne.
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Die Edelfiſche. Karpfen. Schleihen. Barben.
Die Laichzeit fällt in die Zeit der Weizenblüte, alſo in die Mitte des Juni, je nach der
Witterung etwas früher oder ſpäter. Um dieſe Zeit ſieht man das Weibchen gewöhnlich von zwei
Männchen verfolgt, von einem Binſen- oder Nohrbüſchel zum andern ſchwimmend und hier die Eier
abgebend. Beide Geſchlechter werden ſo von dem Fortpflanzungstriebe beeinflußt und beanſprucht,
daß ſie alle Scheu vergeſſen und oft mit einem gewöhnlichen Hamen aus dem Waſſer geſchöpft werden
können. Nach Blochs Schätzung ſetzt ein vierpfündiger Rogener gegen dreihunderttauſend Eier ab;
die Vermehrung iſt alſo eine ſehr ſtarke. Die Jungen wachſen ziemlich ſchnell heran; doch vergehen
immerhin gegen vier Jahr, bevor ſie fortpflanzungsfähig werden. Jm erſten Jahre erreichen ſie etwa
¼, im zweiten ¾, im dritten aber 2 bis 3 Pfund an Gewicht. Jhre Lebensdauer ſoll ſich auf ſechs
bis zehn Jahre erſtrecken, eine Schätzung, welche gewiß zu niedrig gegriffen ſein dürſte.
„Das fleiſch der Schleyen iſt ſehr arg, vngeſund, eines vnlieblichen geſchmacks, dann ſie möſeln
oder ſchmecken nach den Kaat vnd Lett, haben ein wüſt, ſchlennig fleiſch, dann ſie an ſolche orten
allein wohnen, geberen vnd vrſachen gern das kalt wehe, frieren oder feber. Jſt ein ſpeiß deß
gemeinen Pöfels, wie wol etliche mäuler ſolche ſehr begeren.“ Zu dieſen Mäulern gehören unter
anderen die britiſchen, denen doch andere, beſſere Fiſche ſehr oft vorkommen. Yarrell ſchätzt die
Schleihe ſehr hoch, Eckſtröm iſt derſelben Meinung. Jch bekenne, daß ich mich mehr der
Geßnerſchen Anſicht zuneige, das Fleiſch wenigſtens dann erſt leiden mag, wenn ſein Eigener
längere Zeit in reinem, fließenden Waſſer gelebt hat und ſo gleichſam ausgewäſſert worden iſt. Dem-
ungeachtet kann man einen ſo anſpruchsloſen Fiſch, wie die Schleihe iſt, für die Teichwirthſchaft
nur empfehlen.
Von den alten Zeiten rühren noch einige ſonderbare Sagen her, welche heutigentages noch
geglaubt werden. „Die Schleyen vnd der Hecht haben anerborne freundſchafft zuſammen, dann
allerley Fiſch pflegen die Hecht zu freſſen, außgenommen die Schleyen, man fängt ſie auch gemeinglich
beyde ſamhafft; ſo iſt auch die ſag, daß der Hecht verwund ſeine wunden an den leib der Schleyen
ſtreiche, vnd mit dem ſchleim alſo die wunden heyle, davon das ſprichwort kommen iſt bey den Frieß-
lendern, die ſchleyen ſey ein Artzt aller Fiſch.“ Letztere Anſicht wird heutigentages noch von gar
manchen Fiſchzüchtern geglaubt, auch von ſolchen, welche anderweitigen Aberglauben ſchon längſt
abgeſtreift haben. „Etlich der verfluchten Juden haben im brauch ſolch Fiſch dem Rückgrad nach auf-
zuſchneiden, vm in hitzigen, brennenden febern, vff den Pulß der Hände vnd boden der Füſſe zu legen,
dann ſie erlaben vnd kälten ſehr mächtig. Etliche brauchen ſie zu dem ſchmertzen des Haupts, vnd
Podagra, dergleichen auch zu der Geelſucht, auff dem Nabel oder Leber lebendig gelegt, ſo eine darauff
geſtorben, binden ſie eine andere darüber, dann der Schleyen werden ſehr geel, als ob ſie mit Saffran
geferbet werden. Der Gall der Fiſch wirt gelobt zu den breſten der ohren, flüß, würm vnd dergleichen.
Von dem Eingeweyd oder geführ der Barben vnd Schleyen, pflegt man die Pferd zu purgiren.“
Ob die „verfluchten Juden“ noch heutigentages Schleihen in dieſer Weiſe benutzen, weiß ich nicht;
daß es die geſegneten Chriſten nicht thun, ſindet ſeine einfache Erklärung in dem Vorhandenſein
unfehlbarer Gnadenmittel ihrer Kirche: denn
„Wer eine Wachshand opfert,
Dem heilt an der Hand die Wund’,
Und wer einen Wachsfuß opfert,
Dem wird der Fuß geſund.“
Die Barben (Barbus) tragen vier Bartfäden an der oberen Kinnlade des unterſtändigen
Mundes, haben kurze Rücken- und Afterfloſſen, in deren erſteren ſich ein ziemlich ſtarker Knochenſtrahl
befindet und jederſeits in drei Reihen zu zwei, drei und fünf geſtellte, löffelförmige, d. h. kegelige,
nach hinten hakig umgebogene, auf der hinteren Seite löffelförmig ausgehöhlte Schlundzähne.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/692>, abgerufen am 22.12.2024.
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