Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.Bach- und Seeforelle. unbekannten Würmer und Kerbthiere hinzu, soviel man deren erlangen kann. Während der Fütterungmit dem gedachten Ersatzfutter, welche so lange fortgesetzt werden muß, als man die Fischchen in engeren Becken hält, hat man vor allen Dingen darauf zu sehen, daß der Strom des durchgehenden Wassers kräftig genug sei, weil im entgegengesetzten Falle sich leicht ein aus diesen Stoffen bestehender Bodensatz sich bildet, beim Verfaulen einen schleimigen Ueberzug des Bodens hervorruft und vielen Fischen den Tod bringt. Nach allen bis jetzt gesammelten Erfahrungen erscheint es überhaupt am Vortheilhaftesten, die ausgeschlüpften Fischchen, sobald die Witterung es erlaubt, in einen verhältniß- mäßig großen, gut gereinigten Teich zu bringen. Jn ihm geht zwar die Hälfte der eingesetzten Fischchen verloren, es wird jedoch durch jenes Verfahren soviel an Arbeitskraft erspart, daß der Verlust sich mehr als ausgleicht. Daß man einen derartigen Teich mit möglichster Sorgfalt aus- wählt, nöthigenfalls mit Brunnenkresse und ähnlichen Wasserpflanzen versieht, den Zu- und Abfluß durch feinmaschige Drahtnetze versichert, schädlichen Feinden nach Kräften entgegentritt, kurz den Teich unter beständiger Aufsicht hält, versteht sich von selbst. Jn diesem Teiche kann man übrigens immerhin auch etwas nachhelfen, indem man Ameiseneier, Gewürm etc. herbeischafft und den Fischchen vorwirft. Verfügt man über mehrere, zum Aussetzen der jungen Brut geeignete Teiche, und sind dieselben Soviel an dieser Stelle über den wichtigen, der Beachtung jedes denkenden Menschen werthen Weniger bekannt als die Bachforelle ist die verwandte Seeforelle (Trutta lacustris), welche "Mittelgeschöpf von doppelter Art, aus keinem und beiden, Sie heißt auch Grund-, Schweb- und Maiforelle, See-, Grund-, Schweb- und Mai- Die geschlechtlich entwickelte Form der Seeforelle macht sich, nach den Ergebnissen der Unter- Bach- und Seeforelle. unbekannten Würmer und Kerbthiere hinzu, ſoviel man deren erlangen kann. Während der Fütterungmit dem gedachten Erſatzfutter, welche ſo lange fortgeſetzt werden muß, als man die Fiſchchen in engeren Becken hält, hat man vor allen Dingen darauf zu ſehen, daß der Strom des durchgehenden Waſſers kräftig genug ſei, weil im entgegengeſetzten Falle ſich leicht ein aus dieſen Stoffen beſtehender Bodenſatz ſich bildet, beim Verfaulen einen ſchleimigen Ueberzug des Bodens hervorruft und vielen Fiſchen den Tod bringt. Nach allen bis jetzt geſammelten Erfahrungen erſcheint es überhaupt am Vortheilhafteſten, die ausgeſchlüpften Fiſchchen, ſobald die Witterung es erlaubt, in einen verhältniß- mäßig großen, gut gereinigten Teich zu bringen. Jn ihm geht zwar die Hälfte der eingeſetzten Fiſchchen verloren, es wird jedoch durch jenes Verfahren ſoviel an Arbeitskraft erſpart, daß der Verluſt ſich mehr als ausgleicht. Daß man einen derartigen Teich mit möglichſter Sorgfalt aus- wählt, nöthigenfalls mit Brunnenkreſſe und ähnlichen Waſſerpflanzen verſieht, den Zu- und Abfluß durch feinmaſchige Drahtnetze verſichert, ſchädlichen Feinden nach Kräften entgegentritt, kurz den Teich unter beſtändiger Aufſicht hält, verſteht ſich von ſelbſt. Jn dieſem Teiche kann man übrigens immerhin auch etwas nachhelfen, indem man Ameiſeneier, Gewürm ꝛc. herbeiſchafft und den Fiſchchen vorwirft. Verfügt man über mehrere, zum Ausſetzen der jungen Brut geeignete Teiche, und ſind dieſelben Soviel an dieſer Stelle über den wichtigen, der Beachtung jedes denkenden Menſchen werthen Weniger bekannt als die Bachforelle iſt die verwandte Seeforelle (Trutta lacustris), welche „Mittelgeſchöpf von doppelter Art, aus keinem und beiden, Sie heißt auch Grund-, Schweb- und Maiforelle, See-, Grund-, Schweb- und Mai- Die geſchlechtlich entwickelte Form der Seeforelle macht ſich, nach den Ergebniſſen der Unter- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0743" n="703"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Bach-</hi> und <hi rendition="#g">Seeforelle</hi>.</fw><lb/> unbekannten Würmer und Kerbthiere hinzu, ſoviel man deren erlangen kann. 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Wenn<lb/> man darauf achtet, den Forellen einer gewiſſen Größe immer die beutegerechten Jungen einer dieſer<lb/> Karpfenarten in genügender Menge zu verſchaffen, ſetzt man einen billigen oder werthloſen Stoff mit<lb/> größtem Vortheil in werthvolles Forellenfleiſch um und nützt ſomit auch ſolche Gewäſſer, deren<lb/> Bewohnerſchaft bis jetzt noch keinen Vortheil brachte, wirklich aus.</p><lb/> <p>Soviel an dieſer Stelle über den wichtigen, der Beachtung jedes denkenden Menſchen werthen<lb/> Gegenſtand. Jch habe nur eine Anregung geben und das Verfahren in ſeinen gröbſten Umriſſen<lb/> zeichnen wollen. 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Bach- und Seeforelle.
unbekannten Würmer und Kerbthiere hinzu, ſoviel man deren erlangen kann. Während der Fütterung
mit dem gedachten Erſatzfutter, welche ſo lange fortgeſetzt werden muß, als man die Fiſchchen in
engeren Becken hält, hat man vor allen Dingen darauf zu ſehen, daß der Strom des durchgehenden
Waſſers kräftig genug ſei, weil im entgegengeſetzten Falle ſich leicht ein aus dieſen Stoffen beſtehender
Bodenſatz ſich bildet, beim Verfaulen einen ſchleimigen Ueberzug des Bodens hervorruft und vielen
Fiſchen den Tod bringt. Nach allen bis jetzt geſammelten Erfahrungen erſcheint es überhaupt am
Vortheilhafteſten, die ausgeſchlüpften Fiſchchen, ſobald die Witterung es erlaubt, in einen verhältniß-
mäßig großen, gut gereinigten Teich zu bringen. Jn ihm geht zwar die Hälfte der eingeſetzten
Fiſchchen verloren, es wird jedoch durch jenes Verfahren ſoviel an Arbeitskraft erſpart, daß der
Verluſt ſich mehr als ausgleicht. Daß man einen derartigen Teich mit möglichſter Sorgfalt aus-
wählt, nöthigenfalls mit Brunnenkreſſe und ähnlichen Waſſerpflanzen verſieht, den Zu- und Abfluß
durch feinmaſchige Drahtnetze verſichert, ſchädlichen Feinden nach Kräften entgegentritt, kurz den
Teich unter beſtändiger Aufſicht hält, verſteht ſich von ſelbſt. Jn dieſem Teiche kann man übrigens
immerhin auch etwas nachhelfen, indem man Ameiſeneier, Gewürm ꝛc. herbeiſchafft und den
Fiſchchen vorwirft.
Verfügt man über mehrere, zum Ausſetzen der jungen Brut geeignete Teiche, und ſind dieſelben
groß genug, ſo kann man in ihnen die jungen Forellen auch während des zweiten Sommers halten,
muß aber nunmehr für kräftigere Nahrung ſorgen und ſolche in überreichlicher Menge beſchaffen.
Dies geſchieht durch Einſetzen von Futterfiſchen, und hierzu eignen ſich nun alle kleineren Arten
der Karpfenfamilie, deren Fleiſch geringen Werth hat, anfänglich namentlich Elritzen und Bitterlinge,
ſpäter Grundeln, Barben, Brachſen, Blicken, Lauben, Rothaugen, Plötzen, Karauſchen u. a. Wenn
man darauf achtet, den Forellen einer gewiſſen Größe immer die beutegerechten Jungen einer dieſer
Karpfenarten in genügender Menge zu verſchaffen, ſetzt man einen billigen oder werthloſen Stoff mit
größtem Vortheil in werthvolles Forellenfleiſch um und nützt ſomit auch ſolche Gewäſſer, deren
Bewohnerſchaft bis jetzt noch keinen Vortheil brachte, wirklich aus.
Soviel an dieſer Stelle über den wichtigen, der Beachtung jedes denkenden Menſchen werthen
Gegenſtand. Jch habe nur eine Anregung geben und das Verfahren in ſeinen gröbſten Umriſſen
zeichnen wollen. Wer ſich der Sache ſelbſt annehmen will, findet die ihm nöthigen Unterrichtsmittel
leicht genug.
Weniger bekannt als die Bachforelle iſt die verwandte Seeforelle (Trutta lacustris), welche
ſchon Auſonius bezeichnet als ein
„Mittelgeſchöpf von doppelter Art, aus keinem und beiden,
Noch nicht Salm und Forelle nicht mehr, zweideutiges Weſen.“
Sie heißt auch Grund-, Schweb- und Maiforelle, See-, Grund-, Schweb- und Mai-
föhre, Jnn-, Jll- und Rheinanke, Silber-, Herbſtlachs, Zal- oder Salfiſch, und iſt
noch heutigentages ein zwei-, ja ſogar mehrdeutiges Weſen, über welches die Anſchauungen der
Fiſchkundigen ſehr weit auseinandergehen. Wahrſcheinlich thun wir wohl, wenn wir uns Siebold
anſchließen, deſſen Forſchungen die größte Bürgſchaft für richtige Abgrenzung der betreffenden Art
zu gewähren ſcheinen.
Die geſchlechtlich entwickelte Form der Seeforelle macht ſich, nach den Ergebniſſen der Unter-
ſuchungen dieſes ausgezeichneten Fiſchkundigen, durch ihre dickere, plumpere Leibesgeſtalt kenntlich.
Jhr Kopf beſitzt im Vergleiche zu den übrigen Verhältniſſen des Körpers einen bedeutenden Umfang;
die Schnauze iſt verhältnißmäßig ſtumpf, was beſonders durch das entwickelte Zwiſchenkieferbein
veranlaßt wird, die vordere, kurze Pflugſcharbeinplatte dreieckig und am queren Hinterrande mit drei
bis vier Zähnen beſetzt, der ſehr lange, derbe Stiel auf der Gaumenfläche ſeicht ausgehöhlt und mit
einer ſtarken, hohen, bezahnten Längsleiſte verſehen; die Zähne, welche ihn bewehren, ſind ſehr ſtark
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