tiefen, ruhigen Stellen bereits aufgesucht hat. Eine solche Stelle wählen wir zum Fange. Leise und vorsichtig schleichen wir uns an, die Stange in der rechten, den Haken mit dem Köderfischchen in der linken Hand. Gut zielend, setze ich ein, indem ich dabei plätscherndes Geräusch vermeide. Kaum liegt der Kork auf dem Wasser, so wird er auch schon hastig untergerissen; ich aber, ein so rasch erfolgendes Anbeißen nicht vermuthend, verspäte mich ein wenig und hebe aus, nachdem der Fisch vom Haken abgerissen ist. Ein zweiter wird angehängt. Diesmal verwende ich kein Auge von dem Kork, und meine Arme sind zum Ausheben gespannt. Es dauert zwei bis drei Minuten, und das Fischchen zieht immer noch seine ruhigen Kreise. Jetzt aber wird es unruhig; das ist das Zeichen, daß der lüsterne Räuber naht. Der Kork taucht unter, und in demselben Augenblicke hebe ich die Stange; ich fühle den Widerstand eines bedeutenden Hechtes; schon sehe ich ihn zur Hälfte über dem Wasser; da schlägt er mit dem Schwanze, und der Haken bricht entzwei. Fort ist der Räuber, um nicht sobald wieder anzubeißen.
"Ein neuer Haken und ein frisches Fischchen muß herbei. Versuchen wir es noch einmal an derselben Stelle. Eine Viertelstunde vergeht. Eben will ich ausheben, um zwanzig Schritt weiter einzusetzen; da reißt der Kork unter, und, glücklich geschmissen, fährt ein Vierpfünder über unsere Häupter hinweg aus dem Wasser und stürzt weit hinter uns mit lautem Anprall zu Boden. Der Haken sitzt, wie gewöhnlich, unmittelbar am Maulrande fest. Haben wir Glück, und sind die Hechte beißlustig, so machen wir noch gute Beute. So ein Alterweibersommertag bei leisem Süd oder Südwest, Das ist die rechte Gunst des Himmels für den Hechtangler. Habe ich doch in Gemein- schaft mit meinem Vater im Oktober des Jahres 1859 sechszehn Pfund Hechte in einem Tage geschmissen! Damals durften wir einsetzen, wo wir wollten, die Hechte zogen herunter und fuhren heraus wie nie vorher."
"Jm Frühjahre ist es umgekehrt; dann geht der Hecht aus der Tiefe den mehr seichteren Stellen zu, namentlich aber liebt er um diese Zeit die Krümmungen und Vorsprünge der Ufer, wo er nahe an den berieselten Gewässern und der lebhafteren Strömung auf Raub lauern kann. Auch setzt man um diese Zeit schon Mitte oder zu Ende des März am Ein- oder Ausfluß der Gräben, sowie in den Mühlbächen ein, wo sich der Hecht bis in die Nähe der Räder begibt. Jm Sommer hat mein Vater an ganz seichten Stellen, an denen er den Hecht rauben sah, ja sogar mitten in der Strömung mit bestem Erfolge eingesetzt; Das aber will verstanden sein."
"Unvergeßlich bleiben mir die schönen Sommer- und Herbstabende, welche ich meinem Vater gegenüber am Ufer der Nidda auf der Lauer sitzend verbrachte, um Hechte zu schmeißen. Der Unein- geweihte geht vorüber und fragt kopfschüttelnd: was denken die Beiden da drüben, wie mögen sie sich langweilen. Der Eingeweihte aber nimmt Platz an unserer Seite und, ob es gleich still um ihn her ist, die Gedankenwelt treibt ihr wunderbares Spiel gleich den Wellen, und die Phantasie zieht ihre Zauberkreise wie das Wasser. Von der Stunde an, in welcher ich den ersten Dreipfünder geschmissen, zieht mich das Rauschen des Wassers und das Schlagen der Hechte an, wie das feuchte Weib den Götheschen Fischer."
Jn der Schweiz pflegt man, laut Tschudi, die Hechte während der Laichzeit zu schießen. "Früh vor Sonnenaufgang sieht man noch einzelne Feuer der übernachtenden Fischer und Jäger. Ehe der Tag anbricht, umstreifen diese das Seebecken bis zum hohen Mittage, den Stutzen oder die mit mehreren kleinen Kugeln geladene Büchse gegen den Wasserspiegel gesenkt. Bald bemerken sie eine leise, strichartige Bewegung in den klaren Wellen: der Hecht zieht wenige Zoll unter der Ober- fläche langsam dem Röhricht zu, um zu laichen. Der Jäger feuert, indem er das Gesetz der Strahlenbrechung im Wasser beachtet und etwa eine Hand breit vorhält. Selten verwundet die Kugel, welche im Wasser ihre Kraft theilweise verliert, den Fisch, Krachen und Wasserschwall aber betäuben ihn, daß er einige Zeit auf dem Rücken liegt und dann rasch mit einem Aste ans Ufer gefischt und getödtet werden kann."
Hecht.
tiefen, ruhigen Stellen bereits aufgeſucht hat. Eine ſolche Stelle wählen wir zum Fange. Leiſe und vorſichtig ſchleichen wir uns an, die Stange in der rechten, den Haken mit dem Köderfiſchchen in der linken Hand. Gut zielend, ſetze ich ein, indem ich dabei plätſcherndes Geräuſch vermeide. Kaum liegt der Kork auf dem Waſſer, ſo wird er auch ſchon haſtig untergeriſſen; ich aber, ein ſo raſch erfolgendes Anbeißen nicht vermuthend, verſpäte mich ein wenig und hebe aus, nachdem der Fiſch vom Haken abgeriſſen iſt. Ein zweiter wird angehängt. Diesmal verwende ich kein Auge von dem Kork, und meine Arme ſind zum Ausheben geſpannt. Es dauert zwei bis drei Minuten, und das Fiſchchen zieht immer noch ſeine ruhigen Kreiſe. Jetzt aber wird es unruhig; das iſt das Zeichen, daß der lüſterne Räuber naht. Der Kork taucht unter, und in demſelben Augenblicke hebe ich die Stange; ich fühle den Widerſtand eines bedeutenden Hechtes; ſchon ſehe ich ihn zur Hälfte über dem Waſſer; da ſchlägt er mit dem Schwanze, und der Haken bricht entzwei. Fort iſt der Räuber, um nicht ſobald wieder anzubeißen.
„Ein neuer Haken und ein friſches Fiſchchen muß herbei. Verſuchen wir es noch einmal an derſelben Stelle. Eine Viertelſtunde vergeht. Eben will ich ausheben, um zwanzig Schritt weiter einzuſetzen; da reißt der Kork unter, und, glücklich geſchmiſſen, fährt ein Vierpfünder über unſere Häupter hinweg aus dem Waſſer und ſtürzt weit hinter uns mit lautem Anprall zu Boden. Der Haken ſitzt, wie gewöhnlich, unmittelbar am Maulrande feſt. Haben wir Glück, und ſind die Hechte beißluſtig, ſo machen wir noch gute Beute. So ein Alterweiberſommertag bei leiſem Süd oder Südweſt, Das iſt die rechte Gunſt des Himmels für den Hechtangler. Habe ich doch in Gemein- ſchaft mit meinem Vater im Oktober des Jahres 1859 ſechszehn Pfund Hechte in einem Tage geſchmiſſen! Damals durften wir einſetzen, wo wir wollten, die Hechte zogen herunter und fuhren heraus wie nie vorher.“
„Jm Frühjahre iſt es umgekehrt; dann geht der Hecht aus der Tiefe den mehr ſeichteren Stellen zu, namentlich aber liebt er um dieſe Zeit die Krümmungen und Vorſprünge der Ufer, wo er nahe an den berieſelten Gewäſſern und der lebhafteren Strömung auf Raub lauern kann. Auch ſetzt man um dieſe Zeit ſchon Mitte oder zu Ende des März am Ein- oder Ausfluß der Gräben, ſowie in den Mühlbächen ein, wo ſich der Hecht bis in die Nähe der Räder begibt. Jm Sommer hat mein Vater an ganz ſeichten Stellen, an denen er den Hecht rauben ſah, ja ſogar mitten in der Strömung mit beſtem Erfolge eingeſetzt; Das aber will verſtanden ſein.“
„Unvergeßlich bleiben mir die ſchönen Sommer- und Herbſtabende, welche ich meinem Vater gegenüber am Ufer der Nidda auf der Lauer ſitzend verbrachte, um Hechte zu ſchmeißen. Der Unein- geweihte geht vorüber und fragt kopfſchüttelnd: was denken die Beiden da drüben, wie mögen ſie ſich langweilen. Der Eingeweihte aber nimmt Platz an unſerer Seite und, ob es gleich ſtill um ihn her iſt, die Gedankenwelt treibt ihr wunderbares Spiel gleich den Wellen, und die Phantaſie zieht ihre Zauberkreiſe wie das Waſſer. Von der Stunde an, in welcher ich den erſten Dreipfünder geſchmiſſen, zieht mich das Rauſchen des Waſſers und das Schlagen der Hechte an, wie das feuchte Weib den Götheſchen Fiſcher.“
Jn der Schweiz pflegt man, laut Tſchudi, die Hechte während der Laichzeit zu ſchießen. „Früh vor Sonnenaufgang ſieht man noch einzelne Feuer der übernachtenden Fiſcher und Jäger. Ehe der Tag anbricht, umſtreifen dieſe das Seebecken bis zum hohen Mittage, den Stutzen oder die mit mehreren kleinen Kugeln geladene Büchſe gegen den Waſſerſpiegel geſenkt. Bald bemerken ſie eine leiſe, ſtrichartige Bewegung in den klaren Wellen: der Hecht zieht wenige Zoll unter der Ober- fläche langſam dem Röhricht zu, um zu laichen. Der Jäger feuert, indem er das Geſetz der Strahlenbrechung im Waſſer beachtet und etwa eine Hand breit vorhält. Selten verwundet die Kugel, welche im Waſſer ihre Kraft theilweiſe verliert, den Fiſch, Krachen und Waſſerſchwall aber betäuben ihn, daß er einige Zeit auf dem Rücken liegt und dann raſch mit einem Aſte ans Ufer gefiſcht und getödtet werden kann.“
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Hecht.
tiefen, ruhigen Stellen bereits aufgeſucht hat. Eine ſolche Stelle wählen wir zum Fange. Leiſe
und vorſichtig ſchleichen wir uns an, die Stange in der rechten, den Haken mit dem Köderfiſchchen in
der linken Hand. Gut zielend, ſetze ich ein, indem ich dabei plätſcherndes Geräuſch vermeide. Kaum
liegt der Kork auf dem Waſſer, ſo wird er auch ſchon haſtig untergeriſſen; ich aber, ein ſo raſch
erfolgendes Anbeißen nicht vermuthend, verſpäte mich ein wenig und hebe aus, nachdem der Fiſch
vom Haken abgeriſſen iſt. Ein zweiter wird angehängt. Diesmal verwende ich kein Auge von dem
Kork, und meine Arme ſind zum Ausheben geſpannt. Es dauert zwei bis drei Minuten, und das
Fiſchchen zieht immer noch ſeine ruhigen Kreiſe. Jetzt aber wird es unruhig; das iſt das Zeichen,
daß der lüſterne Räuber naht. Der Kork taucht unter, und in demſelben Augenblicke hebe ich die
Stange; ich fühle den Widerſtand eines bedeutenden Hechtes; ſchon ſehe ich ihn zur Hälfte über dem
Waſſer; da ſchlägt er mit dem Schwanze, und der Haken bricht entzwei. Fort iſt der Räuber, um
nicht ſobald wieder anzubeißen.
„Ein neuer Haken und ein friſches Fiſchchen muß herbei. Verſuchen wir es noch einmal an
derſelben Stelle. Eine Viertelſtunde vergeht. Eben will ich ausheben, um zwanzig Schritt weiter
einzuſetzen; da reißt der Kork unter, und, glücklich geſchmiſſen, fährt ein Vierpfünder über unſere
Häupter hinweg aus dem Waſſer und ſtürzt weit hinter uns mit lautem Anprall zu Boden. Der
Haken ſitzt, wie gewöhnlich, unmittelbar am Maulrande feſt. Haben wir Glück, und ſind die Hechte
beißluſtig, ſo machen wir noch gute Beute. So ein Alterweiberſommertag bei leiſem Süd oder
Südweſt, Das iſt die rechte Gunſt des Himmels für den Hechtangler. Habe ich doch in Gemein-
ſchaft mit meinem Vater im Oktober des Jahres 1859 ſechszehn Pfund Hechte in einem Tage
geſchmiſſen! Damals durften wir einſetzen, wo wir wollten, die Hechte zogen herunter und fuhren
heraus wie nie vorher.“
„Jm Frühjahre iſt es umgekehrt; dann geht der Hecht aus der Tiefe den mehr ſeichteren
Stellen zu, namentlich aber liebt er um dieſe Zeit die Krümmungen und Vorſprünge der Ufer, wo
er nahe an den berieſelten Gewäſſern und der lebhafteren Strömung auf Raub lauern kann. Auch
ſetzt man um dieſe Zeit ſchon Mitte oder zu Ende des März am Ein- oder Ausfluß der Gräben,
ſowie in den Mühlbächen ein, wo ſich der Hecht bis in die Nähe der Räder begibt. Jm Sommer
hat mein Vater an ganz ſeichten Stellen, an denen er den Hecht rauben ſah, ja ſogar mitten in der
Strömung mit beſtem Erfolge eingeſetzt; Das aber will verſtanden ſein.“
„Unvergeßlich bleiben mir die ſchönen Sommer- und Herbſtabende, welche ich meinem Vater
gegenüber am Ufer der Nidda auf der Lauer ſitzend verbrachte, um Hechte zu ſchmeißen. Der Unein-
geweihte geht vorüber und fragt kopfſchüttelnd: was denken die Beiden da drüben, wie mögen ſie ſich
langweilen. Der Eingeweihte aber nimmt Platz an unſerer Seite und, ob es gleich ſtill um ihn her
iſt, die Gedankenwelt treibt ihr wunderbares Spiel gleich den Wellen, und die Phantaſie zieht ihre
Zauberkreiſe wie das Waſſer. Von der Stunde an, in welcher ich den erſten Dreipfünder geſchmiſſen,
zieht mich das Rauſchen des Waſſers und das Schlagen der Hechte an, wie das feuchte Weib den
Götheſchen Fiſcher.“
Jn der Schweiz pflegt man, laut Tſchudi, die Hechte während der Laichzeit zu ſchießen.
„Früh vor Sonnenaufgang ſieht man noch einzelne Feuer der übernachtenden Fiſcher und Jäger.
Ehe der Tag anbricht, umſtreifen dieſe das Seebecken bis zum hohen Mittage, den Stutzen oder die
mit mehreren kleinen Kugeln geladene Büchſe gegen den Waſſerſpiegel geſenkt. Bald bemerken ſie
eine leiſe, ſtrichartige Bewegung in den klaren Wellen: der Hecht zieht wenige Zoll unter der Ober-
fläche langſam dem Röhricht zu, um zu laichen. Der Jäger feuert, indem er das Geſetz der
Strahlenbrechung im Waſſer beachtet und etwa eine Hand breit vorhält. Selten verwundet die
Kugel, welche im Waſſer ihre Kraft theilweiſe verliert, den Fiſch, Krachen und Waſſerſchwall aber
betäuben ihn, daß er einige Zeit auf dem Rücken liegt und dann raſch mit einem Aſte ans Ufer
gefiſcht und getödtet werden kann.“
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/757>, abgerufen am 22.12.2024.
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