sogenannte Driftnetze an, jedes von fünfzig Ellen Länge und zweiunddreißig Fuß Tiefe. Größere Fischerboote führen zuweilen so viele dieser Netze, daß sie auf eine englische Meile das Wasser bestellen können. Gegen Abend werden die Netze eingesenkt, mit Gewichten in die Tiefe gezogen und durch Korkstücke, luftgefüllte Schläuche und leere Fässer oben gehalten, sodaß sie je nach der Meerestiefe höher oder niedriger zu stehen kommen. Die Maschen sind genau so weit, daß ein junger Hering durchschlüpfen kann, während der Erwachsene bei seinem Mühen, sich durchzudrängen, mit den Kiemendeckeln hängen bleibt und so gefangen wird. Mit Tagesgrauen beginnt man die Netze aus- zulösen und schafft dann die gefangenen Fische so eilig als möglich an den Strand und bezüglich in den Arbeitsraum des Sulzers, weil der Hering um so besser wird, je eher er ins Salz kommt.
Ein Berichterstatter schildert einen Besuch unter den Heringsfischern. Mit einigen Gefährten verließ er in einer ungewöhnlich dunkeln und warmen, windstillen Nacht den Strand und ruderte in die See hinaus, der Fischereiflotte zu, von deren Vorhandensein man zuerst durch den Gefang der Fischer Kunde erhielt. Die Annäherung war einigermaßen schwierig, weil die Netze auf weithin sich breiteten und das Boot durch das Wirrsal von Netzen und Leinen kaum durchzukommen vermochte; warnende Rufe der Fischer regelten den Lauf des Fahrzeuges, bis dieses endlich sich im Mittelpunkte der Flotte befand. Hier war bereits Alles voller Leben und Thätigkeit, weil einzelne Netze sich schon mit Fischen angefüllt hatten, während andere nur einige von den Nachzüglern des Heeres gefangen zu haben schienen. Das Erscheinen der Fremden schien den Fischern viel Vergnügen zu gewähren. Man beeiferte sich allseitig, sie mit Heringen zu beschenken. Dies schien mit einiger Absichtlichkeit in so freigebiger Weise zu geschehen, daß das Boot bald überfüllt war, die Fremden buchstäblich zwischen Heringen sitzen und zuletzt flehentlich bitten mußten, weitere Gaben zu unterlassen.
Man vergleicht die Heringsfischerei treffend mit einem Glücksspiele. Jn einem Jahre bringt sie reichen Gewinn, in einem anderen deckt sie die Unkosten nicht. Jahre nach einander erscheinen die Heringe in einer und derselben Bucht, an einer und derselben Stelle zu Milliarden; plötzlich bleiben sie aus, und die Fischer, welche auf sie stellten, kehren mit leeren Booten heim. Sehr viel mag das unverständige Gebahren der Leute hierzu beitragen; unterliegt es ja doch keinem Zweifel mehr, daß gewisse Meerestheile buchstäblich rein ausgefischt worden sind. Jn der Nähe größerer Städte haben sich die Heringe zuerst verloren, in Buchten, welche den Fang besonders begünstigen, etwas später -- ein deutlicher Beweis, daß die Fische nicht weit wandern und alljährlich mehr oder weniger dieselben Plätze aufsuchen, um zu laichen. Weiter draußen im Meere ist die Richtung, wie leicht erklärlich, eine mehr zufällige; das eine Heer zieht bald hier, bald einige Meilen von der vermerkten Stelle vorüber. Jn Großbritannien fängt man jetzt an, die Frage ernsthaft zu erwägen, ob es nicht geboten ist, auch den Heringen wie anderen Fischen eine gewisse Schonzeit zu gewähren und den Fang der Sprotten, mit denen zahllose junge Heringe gefangen werden, zu einem gewissen Grade zu beschränken. Man lernt eben einsehen, daß man doch wohl im Stande ist, auch das Meer zu leeren und für die Zukunft eine noch gegenwärtig ungemein wichtige Erwerbsquelle sich zu verschließen.
Ueber die Gesammtmenge von Heringen, welche alljährlich an den europäischen Küsten gefangen werden, läßt sich schwer ein Urtheil fällen; wahrscheinlich aber greift man nicht zu hoch, wenn man annimmt, daß, ein Jahr in das andere gerechnet, alljährlich über zehntausend Millionen Heringe gefischt werden. Jm Jahre 1855 beschäftigten sich in Schottland allein, abgesehen von 28,000 Sulzern und deren Gehilfen, vierzigtausend Männer mit der Heringsfischerei; elftausend Boote waren in Thätigkeit und 766,000 Fässer, zu 550 ausgewachsenen Fischen jedes einzelne, wurden gewonnen, an dieser Küste allein demnach über vierhundert Millionen Heringe gesalzen. Eine sehr erhebliche Anzahl der gefangenen Fische wird frisch gegessen, eine nicht minder beträchtliche geräuchert und als Böklinge verkauft; kurz, die angegebene Zahl wird wohl der erbeuteten Menge ziemlich entsprechen.
Die Edelfiſche. Heringe. Breitlinge.
ſogenannte Driftnetze an, jedes von fünfzig Ellen Länge und zweiunddreißig Fuß Tiefe. Größere Fiſcherboote führen zuweilen ſo viele dieſer Netze, daß ſie auf eine engliſche Meile das Waſſer beſtellen können. Gegen Abend werden die Netze eingeſenkt, mit Gewichten in die Tiefe gezogen und durch Korkſtücke, luftgefüllte Schläuche und leere Fäſſer oben gehalten, ſodaß ſie je nach der Meerestiefe höher oder niedriger zu ſtehen kommen. Die Maſchen ſind genau ſo weit, daß ein junger Hering durchſchlüpfen kann, während der Erwachſene bei ſeinem Mühen, ſich durchzudrängen, mit den Kiemendeckeln hängen bleibt und ſo gefangen wird. Mit Tagesgrauen beginnt man die Netze aus- zulöſen und ſchafft dann die gefangenen Fiſche ſo eilig als möglich an den Strand und bezüglich in den Arbeitsraum des Sulzers, weil der Hering um ſo beſſer wird, je eher er ins Salz kommt.
Ein Berichterſtatter ſchildert einen Beſuch unter den Heringsfiſchern. Mit einigen Gefährten verließ er in einer ungewöhnlich dunkeln und warmen, windſtillen Nacht den Strand und ruderte in die See hinaus, der Fiſchereiflotte zu, von deren Vorhandenſein man zuerſt durch den Gefang der Fiſcher Kunde erhielt. Die Annäherung war einigermaßen ſchwierig, weil die Netze auf weithin ſich breiteten und das Boot durch das Wirrſal von Netzen und Leinen kaum durchzukommen vermochte; warnende Rufe der Fiſcher regelten den Lauf des Fahrzeuges, bis dieſes endlich ſich im Mittelpunkte der Flotte befand. Hier war bereits Alles voller Leben und Thätigkeit, weil einzelne Netze ſich ſchon mit Fiſchen angefüllt hatten, während andere nur einige von den Nachzüglern des Heeres gefangen zu haben ſchienen. Das Erſcheinen der Fremden ſchien den Fiſchern viel Vergnügen zu gewähren. Man beeiferte ſich allſeitig, ſie mit Heringen zu beſchenken. Dies ſchien mit einiger Abſichtlichkeit in ſo freigebiger Weiſe zu geſchehen, daß das Boot bald überfüllt war, die Fremden buchſtäblich zwiſchen Heringen ſitzen und zuletzt flehentlich bitten mußten, weitere Gaben zu unterlaſſen.
Man vergleicht die Heringsfiſcherei treffend mit einem Glücksſpiele. Jn einem Jahre bringt ſie reichen Gewinn, in einem anderen deckt ſie die Unkoſten nicht. Jahre nach einander erſcheinen die Heringe in einer und derſelben Bucht, an einer und derſelben Stelle zu Milliarden; plötzlich bleiben ſie aus, und die Fiſcher, welche auf ſie ſtellten, kehren mit leeren Booten heim. Sehr viel mag das unverſtändige Gebahren der Leute hierzu beitragen; unterliegt es ja doch keinem Zweifel mehr, daß gewiſſe Meerestheile buchſtäblich rein ausgefiſcht worden ſind. Jn der Nähe größerer Städte haben ſich die Heringe zuerſt verloren, in Buchten, welche den Fang beſonders begünſtigen, etwas ſpäter — ein deutlicher Beweis, daß die Fiſche nicht weit wandern und alljährlich mehr oder weniger dieſelben Plätze aufſuchen, um zu laichen. Weiter draußen im Meere iſt die Richtung, wie leicht erklärlich, eine mehr zufällige; das eine Heer zieht bald hier, bald einige Meilen von der vermerkten Stelle vorüber. Jn Großbritannien fängt man jetzt an, die Frage ernſthaft zu erwägen, ob es nicht geboten iſt, auch den Heringen wie anderen Fiſchen eine gewiſſe Schonzeit zu gewähren und den Fang der Sprotten, mit denen zahlloſe junge Heringe gefangen werden, zu einem gewiſſen Grade zu beſchränken. Man lernt eben einſehen, daß man doch wohl im Stande iſt, auch das Meer zu leeren und für die Zukunft eine noch gegenwärtig ungemein wichtige Erwerbsquelle ſich zu verſchließen.
Ueber die Geſammtmenge von Heringen, welche alljährlich an den europäiſchen Küſten gefangen werden, läßt ſich ſchwer ein Urtheil fällen; wahrſcheinlich aber greift man nicht zu hoch, wenn man annimmt, daß, ein Jahr in das andere gerechnet, alljährlich über zehntauſend Millionen Heringe gefiſcht werden. Jm Jahre 1855 beſchäftigten ſich in Schottland allein, abgeſehen von 28,000 Sulzern und deren Gehilfen, vierzigtauſend Männer mit der Heringsfiſcherei; elftauſend Boote waren in Thätigkeit und 766,000 Fäſſer, zu 550 ausgewachſenen Fiſchen jedes einzelne, wurden gewonnen, an dieſer Küſte allein demnach über vierhundert Millionen Heringe geſalzen. Eine ſehr erhebliche Anzahl der gefangenen Fiſche wird friſch gegeſſen, eine nicht minder beträchtliche geräuchert und als Böklinge verkauft; kurz, die angegebene Zahl wird wohl der erbeuteten Menge ziemlich entſprechen.
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Die Edelfiſche. Heringe. Breitlinge.
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Fiſcherboote führen zuweilen ſo viele dieſer Netze, daß ſie auf eine engliſche Meile das Waſſer beſtellen
können. Gegen Abend werden die Netze eingeſenkt, mit Gewichten in die Tiefe gezogen und durch
Korkſtücke, luftgefüllte Schläuche und leere Fäſſer oben gehalten, ſodaß ſie je nach der Meerestiefe
höher oder niedriger zu ſtehen kommen. Die Maſchen ſind genau ſo weit, daß ein junger Hering
durchſchlüpfen kann, während der Erwachſene bei ſeinem Mühen, ſich durchzudrängen, mit den
Kiemendeckeln hängen bleibt und ſo gefangen wird. Mit Tagesgrauen beginnt man die Netze aus-
zulöſen und ſchafft dann die gefangenen Fiſche ſo eilig als möglich an den Strand und bezüglich in
den Arbeitsraum des Sulzers, weil der Hering um ſo beſſer wird, je eher er ins Salz kommt.
Ein Berichterſtatter ſchildert einen Beſuch unter den Heringsfiſchern. Mit einigen Gefährten
verließ er in einer ungewöhnlich dunkeln und warmen, windſtillen Nacht den Strand und ruderte in
die See hinaus, der Fiſchereiflotte zu, von deren Vorhandenſein man zuerſt durch den Gefang der
Fiſcher Kunde erhielt. Die Annäherung war einigermaßen ſchwierig, weil die Netze auf weithin ſich
breiteten und das Boot durch das Wirrſal von Netzen und Leinen kaum durchzukommen vermochte;
warnende Rufe der Fiſcher regelten den Lauf des Fahrzeuges, bis dieſes endlich ſich im Mittelpunkte der
Flotte befand. Hier war bereits Alles voller Leben und Thätigkeit, weil einzelne Netze ſich ſchon
mit Fiſchen angefüllt hatten, während andere nur einige von den Nachzüglern des Heeres gefangen
zu haben ſchienen. Das Erſcheinen der Fremden ſchien den Fiſchern viel Vergnügen zu gewähren.
Man beeiferte ſich allſeitig, ſie mit Heringen zu beſchenken. Dies ſchien mit einiger Abſichtlichkeit
in ſo freigebiger Weiſe zu geſchehen, daß das Boot bald überfüllt war, die Fremden buchſtäblich
zwiſchen Heringen ſitzen und zuletzt flehentlich bitten mußten, weitere Gaben zu unterlaſſen.
Man vergleicht die Heringsfiſcherei treffend mit einem Glücksſpiele. Jn einem Jahre bringt
ſie reichen Gewinn, in einem anderen deckt ſie die Unkoſten nicht. Jahre nach einander erſcheinen die
Heringe in einer und derſelben Bucht, an einer und derſelben Stelle zu Milliarden; plötzlich bleiben
ſie aus, und die Fiſcher, welche auf ſie ſtellten, kehren mit leeren Booten heim. Sehr viel mag das
unverſtändige Gebahren der Leute hierzu beitragen; unterliegt es ja doch keinem Zweifel mehr, daß
gewiſſe Meerestheile buchſtäblich rein ausgefiſcht worden ſind. Jn der Nähe größerer Städte haben
ſich die Heringe zuerſt verloren, in Buchten, welche den Fang beſonders begünſtigen, etwas ſpäter —
ein deutlicher Beweis, daß die Fiſche nicht weit wandern und alljährlich mehr oder weniger dieſelben
Plätze aufſuchen, um zu laichen. Weiter draußen im Meere iſt die Richtung, wie leicht erklärlich, eine
mehr zufällige; das eine Heer zieht bald hier, bald einige Meilen von der vermerkten Stelle vorüber.
Jn Großbritannien fängt man jetzt an, die Frage ernſthaft zu erwägen, ob es nicht geboten iſt, auch
den Heringen wie anderen Fiſchen eine gewiſſe Schonzeit zu gewähren und den Fang der Sprotten,
mit denen zahlloſe junge Heringe gefangen werden, zu einem gewiſſen Grade zu beſchränken. Man
lernt eben einſehen, daß man doch wohl im Stande iſt, auch das Meer zu leeren und für die Zukunft
eine noch gegenwärtig ungemein wichtige Erwerbsquelle ſich zu verſchließen.
Ueber die Geſammtmenge von Heringen, welche alljährlich an den europäiſchen Küſten gefangen
werden, läßt ſich ſchwer ein Urtheil fällen; wahrſcheinlich aber greift man nicht zu hoch, wenn man
annimmt, daß, ein Jahr in das andere gerechnet, alljährlich über zehntauſend Millionen Heringe
gefiſcht werden. Jm Jahre 1855 beſchäftigten ſich in Schottland allein, abgeſehen von 28,000
Sulzern und deren Gehilfen, vierzigtauſend Männer mit der Heringsfiſcherei; elftauſend Boote
waren in Thätigkeit und 766,000 Fäſſer, zu 550 ausgewachſenen Fiſchen jedes einzelne, wurden
gewonnen, an dieſer Küſte allein demnach über vierhundert Millionen Heringe geſalzen. Eine
ſehr erhebliche Anzahl der gefangenen Fiſche wird friſch gegeſſen, eine nicht minder beträchtliche
geräuchert und als Böklinge verkauft; kurz, die angegebene Zahl wird wohl der erbeuteten Menge
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/766>, abgerufen am 22.12.2024.
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