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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Quermäuler. Menschenhaie. Hammerhaie.
Meer sprang, den Vogel auch wirklich holte und mit ihm das Schiff erreichte. Kaum aber saß die
alte Mumie, vom Seewasser noch triefend, wieder am Steuer, als am Hintertheile des Schiffes ein
Hai erschien und, nach Beute suchend, rechts und links am Kiel vorübersauste.

"Raschid, der Bootsmann, war sprachlos vor Schrecken und machte mich blos durch Zeichen
auf den ungebetenen Gast aufmerksam. Während dem erschien schnell wie ein Pfeil ein zweiter und
gleich darauf ein dritter Hai, der letztere von erstaunlicher Größe. Einstimmig beschloß man, Jagd
auf diese "Hiänen" des Meeres zu veranstalten. Ein zehn bis fünfzehn Zoll langer eiserner Angel-
haken sammt verhältnißmäßiger Kette ward hervorgeholt, ein halbgeräucherter Seefisch als Köder
daran gehängt, das Ganze an ein Tau befestigt und vom Hintertheil des Fahrzeuges aus dem
gefräßigen Ungethüm dargereicht. Noch war der Köder keine halbe Klafter unter Wasser, als schon
der kleinste der Fische in gerader Linie darauf zuschwamm, sich halb seitwärts neigte und anbiß. Der
Matrose, welcher das Angeltau führte, zog an, aber einen Augenblick zu früh; denn der Hai ließ
los, obschon nur, um gleich wieder besser und vollständiger zu fassen. Jm Triumph wurde er nun-
mehr an das Vordertheil des Schiffes gezogen, das Tau um eine Rolle geschlagen, die Last mit vereinten
Kräften über Bord gehoben und dort mit einem Hagel von Schlägen mittels Bootshaken, Beilen und
Prügeln behandelt und betäubt. Ein neuer Köder wurde auf die Angel gegeben, und fünf Minuten
später meldete sich der zweite Gast am Bord, woselbst ihm kein besseres Schicksal als seinem Kameraden
blühete. Jndeß war der größte außer Sicht gekommen, und erst nach einiger Zeit erschien er wieder.
Vergeblich boten wir ihm ein Stück Hammelfleisch dar; er umkreiste es ruhig, scheinbar ohne sich
darum zu kümmern. Nun tauchte man die Angel tiefer und tiefer. Bedächtig näherte sich der
Hai nochmals und biß ebenfalls an. Jhn lebend aufs Deck zu bringen, wagte man nicht, sondern
schoß ihm, während er zwischen Himmel und Erde schwebte, erst zwei Kugeln durch den Schädel,
führte in eine der Wunden einen Bootshaken ein und warf ihn nunmehr mit Mühe und Anstrengung
vollends auf das Schiff. Er maß über acht Fuß, und die Leute schätzten sein Gewicht auf mindestens
vier Centner.

"Da die Thiere noch immer nicht verendet hatten und so wüthend um sich schlugen, daß die
Schiffswandungen erzitterten, gossen ihnen die Matrosen einige Kübel voll süßen Wassers ein,
behauptend, daß dieses Mittel sogleich tödtend wirken solle. Freilich wurden ihnen nebenbei die
Schädel nachmals eingetrommelt und so der Tod wirklich herbeigeführt. Hierauf ging es an das Zer-
legen des Fanges. Die Leber, welche bei dem zuletzt gefangenen Stücke nicht weniger als drei Fuß
Länge hatte, wurde herausgenommen und in dem Haifischmagen selbst verpackt, um den zum Kalfatern
der Barken dienenden, hochgeschätzten Thran zu gewinnen. Brust-, Rücken- und Schwanzflossen
wurden abgeschnitten, um sie in Massaua zu verkaufen, von wo aus dieser Gegenstand nach Jndien
in Menge verführt wird, weil man hier die Flossen zum Poliren und als Abziehriemen für Metall-
gegenstände verwendet. Die Leiber warf man wieder in die See, weil das Fleisch von großen Haien
nicht genossen wird."

Europäische Schiffer fangen die Haie in derselben Weise, winden sie so weit über das Wasser
empor, daß die Kiemenspalten vollständig frei kommen, lassen sie in dieser Lage sich abmatten, ziehen
sie dann auf Deck, hauen ihnen hier zuerst mit scharfen Aexten den Schwanz ab und benutzen sie in
ähnlicher Weise.

Unmittelbar nachdem ein Hai die Angel spürt, geberdet er sich wie rasend. Zuweilen dreht er sich
mit einer wunderbaren Schnelligkeit so lange um die eigene Axe, daß er das Tau zerschleist oder sich
so in ihm verfitzt, daß man nicht im Stande ist, ihn ohne Zerschneidung des Taues herauszulösen.
Von kleinen Booten aus darf man den Fang größerer Haie nicht betreiben, weil ein schwach bemanntes
Fahrzeug dieser Art nicht im Stande ist, der Kraft des Fisches zu begegnen.

Das Fleisch wird nur in Ausnahmsfällen gegessen. Es ist, wie Geßner sagt, "fest, harter
däuwung, gebirt viel wust, vnd ein melancholisch Blut". Ungefähr ebenso spricht sich Bennett
aus: "Als einen Nahrungsgegenstand", meint er, "kann man den Hai nicht betrachten, und auf den

Die Quermäuler. Menſchenhaie. Hammerhaie.
Meer ſprang, den Vogel auch wirklich holte und mit ihm das Schiff erreichte. Kaum aber ſaß die
alte Mumie, vom Seewaſſer noch triefend, wieder am Steuer, als am Hintertheile des Schiffes ein
Hai erſchien und, nach Beute ſuchend, rechts und links am Kiel vorüberſauſte.

Raſchid, der Bootsmann, war ſprachlos vor Schrecken und machte mich blos durch Zeichen
auf den ungebetenen Gaſt aufmerkſam. Während dem erſchien ſchnell wie ein Pfeil ein zweiter und
gleich darauf ein dritter Hai, der letztere von erſtaunlicher Größe. Einſtimmig beſchloß man, Jagd
auf dieſe „Hiänen“ des Meeres zu veranſtalten. Ein zehn bis fünfzehn Zoll langer eiſerner Angel-
haken ſammt verhältnißmäßiger Kette ward hervorgeholt, ein halbgeräucherter Seefiſch als Köder
daran gehängt, das Ganze an ein Tau befeſtigt und vom Hintertheil des Fahrzeuges aus dem
gefräßigen Ungethüm dargereicht. Noch war der Köder keine halbe Klafter unter Waſſer, als ſchon
der kleinſte der Fiſche in gerader Linie darauf zuſchwamm, ſich halb ſeitwärts neigte und anbiß. Der
Matroſe, welcher das Angeltau führte, zog an, aber einen Augenblick zu früh; denn der Hai ließ
los, obſchon nur, um gleich wieder beſſer und vollſtändiger zu faſſen. Jm Triumph wurde er nun-
mehr an das Vordertheil des Schiffes gezogen, das Tau um eine Rolle geſchlagen, die Laſt mit vereinten
Kräften über Bord gehoben und dort mit einem Hagel von Schlägen mittels Bootshaken, Beilen und
Prügeln behandelt und betäubt. Ein neuer Köder wurde auf die Angel gegeben, und fünf Minuten
ſpäter meldete ſich der zweite Gaſt am Bord, woſelbſt ihm kein beſſeres Schickſal als ſeinem Kameraden
blühete. Jndeß war der größte außer Sicht gekommen, und erſt nach einiger Zeit erſchien er wieder.
Vergeblich boten wir ihm ein Stück Hammelfleiſch dar; er umkreiſte es ruhig, ſcheinbar ohne ſich
darum zu kümmern. Nun tauchte man die Angel tiefer und tiefer. Bedächtig näherte ſich der
Hai nochmals und biß ebenfalls an. Jhn lebend aufs Deck zu bringen, wagte man nicht, ſondern
ſchoß ihm, während er zwiſchen Himmel und Erde ſchwebte, erſt zwei Kugeln durch den Schädel,
führte in eine der Wunden einen Bootshaken ein und warf ihn nunmehr mit Mühe und Anſtrengung
vollends auf das Schiff. Er maß über acht Fuß, und die Leute ſchätzten ſein Gewicht auf mindeſtens
vier Centner.

„Da die Thiere noch immer nicht verendet hatten und ſo wüthend um ſich ſchlugen, daß die
Schiffswandungen erzitterten, goſſen ihnen die Matroſen einige Kübel voll ſüßen Waſſers ein,
behauptend, daß dieſes Mittel ſogleich tödtend wirken ſolle. Freilich wurden ihnen nebenbei die
Schädel nachmals eingetrommelt und ſo der Tod wirklich herbeigeführt. Hierauf ging es an das Zer-
legen des Fanges. Die Leber, welche bei dem zuletzt gefangenen Stücke nicht weniger als drei Fuß
Länge hatte, wurde herausgenommen und in dem Haifiſchmagen ſelbſt verpackt, um den zum Kalfatern
der Barken dienenden, hochgeſchätzten Thran zu gewinnen. Bruſt-, Rücken- und Schwanzfloſſen
wurden abgeſchnitten, um ſie in Maſſaua zu verkaufen, von wo aus dieſer Gegenſtand nach Jndien
in Menge verführt wird, weil man hier die Floſſen zum Poliren und als Abziehriemen für Metall-
gegenſtände verwendet. Die Leiber warf man wieder in die See, weil das Fleiſch von großen Haien
nicht genoſſen wird.“

Europäiſche Schiffer fangen die Haie in derſelben Weiſe, winden ſie ſo weit über das Waſſer
empor, daß die Kiemenſpalten vollſtändig frei kommen, laſſen ſie in dieſer Lage ſich abmatten, ziehen
ſie dann auf Deck, hauen ihnen hier zuerſt mit ſcharfen Aexten den Schwanz ab und benutzen ſie in
ähnlicher Weiſe.

Unmittelbar nachdem ein Hai die Angel ſpürt, geberdet er ſich wie raſend. Zuweilen dreht er ſich
mit einer wunderbaren Schnelligkeit ſo lange um die eigene Axe, daß er das Tau zerſchleiſt oder ſich
ſo in ihm verfitzt, daß man nicht im Stande iſt, ihn ohne Zerſchneidung des Taues herauszulöſen.
Von kleinen Booten aus darf man den Fang größerer Haie nicht betreiben, weil ein ſchwach bemanntes
Fahrzeug dieſer Art nicht im Stande iſt, der Kraft des Fiſches zu begegnen.

Das Fleiſch wird nur in Ausnahmsfällen gegeſſen. Es iſt, wie Geßner ſagt, „feſt, harter
däuwung, gebirt viel wuſt, vnd ein melancholiſch Blut“. Ungefähr ebenſo ſpricht ſich Bennett
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[782/0824] Die Quermäuler. Menſchenhaie. Hammerhaie. Meer ſprang, den Vogel auch wirklich holte und mit ihm das Schiff erreichte. Kaum aber ſaß die alte Mumie, vom Seewaſſer noch triefend, wieder am Steuer, als am Hintertheile des Schiffes ein Hai erſchien und, nach Beute ſuchend, rechts und links am Kiel vorüberſauſte. „Raſchid, der Bootsmann, war ſprachlos vor Schrecken und machte mich blos durch Zeichen auf den ungebetenen Gaſt aufmerkſam. Während dem erſchien ſchnell wie ein Pfeil ein zweiter und gleich darauf ein dritter Hai, der letztere von erſtaunlicher Größe. Einſtimmig beſchloß man, Jagd auf dieſe „Hiänen“ des Meeres zu veranſtalten. Ein zehn bis fünfzehn Zoll langer eiſerner Angel- haken ſammt verhältnißmäßiger Kette ward hervorgeholt, ein halbgeräucherter Seefiſch als Köder daran gehängt, das Ganze an ein Tau befeſtigt und vom Hintertheil des Fahrzeuges aus dem gefräßigen Ungethüm dargereicht. Noch war der Köder keine halbe Klafter unter Waſſer, als ſchon der kleinſte der Fiſche in gerader Linie darauf zuſchwamm, ſich halb ſeitwärts neigte und anbiß. Der Matroſe, welcher das Angeltau führte, zog an, aber einen Augenblick zu früh; denn der Hai ließ los, obſchon nur, um gleich wieder beſſer und vollſtändiger zu faſſen. Jm Triumph wurde er nun- mehr an das Vordertheil des Schiffes gezogen, das Tau um eine Rolle geſchlagen, die Laſt mit vereinten Kräften über Bord gehoben und dort mit einem Hagel von Schlägen mittels Bootshaken, Beilen und Prügeln behandelt und betäubt. Ein neuer Köder wurde auf die Angel gegeben, und fünf Minuten ſpäter meldete ſich der zweite Gaſt am Bord, woſelbſt ihm kein beſſeres Schickſal als ſeinem Kameraden blühete. Jndeß war der größte außer Sicht gekommen, und erſt nach einiger Zeit erſchien er wieder. Vergeblich boten wir ihm ein Stück Hammelfleiſch dar; er umkreiſte es ruhig, ſcheinbar ohne ſich darum zu kümmern. Nun tauchte man die Angel tiefer und tiefer. Bedächtig näherte ſich der Hai nochmals und biß ebenfalls an. Jhn lebend aufs Deck zu bringen, wagte man nicht, ſondern ſchoß ihm, während er zwiſchen Himmel und Erde ſchwebte, erſt zwei Kugeln durch den Schädel, führte in eine der Wunden einen Bootshaken ein und warf ihn nunmehr mit Mühe und Anſtrengung vollends auf das Schiff. Er maß über acht Fuß, und die Leute ſchätzten ſein Gewicht auf mindeſtens vier Centner. „Da die Thiere noch immer nicht verendet hatten und ſo wüthend um ſich ſchlugen, daß die Schiffswandungen erzitterten, goſſen ihnen die Matroſen einige Kübel voll ſüßen Waſſers ein, behauptend, daß dieſes Mittel ſogleich tödtend wirken ſolle. Freilich wurden ihnen nebenbei die Schädel nachmals eingetrommelt und ſo der Tod wirklich herbeigeführt. Hierauf ging es an das Zer- legen des Fanges. Die Leber, welche bei dem zuletzt gefangenen Stücke nicht weniger als drei Fuß Länge hatte, wurde herausgenommen und in dem Haifiſchmagen ſelbſt verpackt, um den zum Kalfatern der Barken dienenden, hochgeſchätzten Thran zu gewinnen. Bruſt-, Rücken- und Schwanzfloſſen wurden abgeſchnitten, um ſie in Maſſaua zu verkaufen, von wo aus dieſer Gegenſtand nach Jndien in Menge verführt wird, weil man hier die Floſſen zum Poliren und als Abziehriemen für Metall- gegenſtände verwendet. Die Leiber warf man wieder in die See, weil das Fleiſch von großen Haien nicht genoſſen wird.“ Europäiſche Schiffer fangen die Haie in derſelben Weiſe, winden ſie ſo weit über das Waſſer empor, daß die Kiemenſpalten vollſtändig frei kommen, laſſen ſie in dieſer Lage ſich abmatten, ziehen ſie dann auf Deck, hauen ihnen hier zuerſt mit ſcharfen Aexten den Schwanz ab und benutzen ſie in ähnlicher Weiſe. Unmittelbar nachdem ein Hai die Angel ſpürt, geberdet er ſich wie raſend. Zuweilen dreht er ſich mit einer wunderbaren Schnelligkeit ſo lange um die eigene Axe, daß er das Tau zerſchleiſt oder ſich ſo in ihm verfitzt, daß man nicht im Stande iſt, ihn ohne Zerſchneidung des Taues herauszulöſen. Von kleinen Booten aus darf man den Fang größerer Haie nicht betreiben, weil ein ſchwach bemanntes Fahrzeug dieſer Art nicht im Stande iſt, der Kraft des Fiſches zu begegnen. Das Fleiſch wird nur in Ausnahmsfällen gegeſſen. Es iſt, wie Geßner ſagt, „feſt, harter däuwung, gebirt viel wuſt, vnd ein melancholiſch Blut“. Ungefähr ebenſo ſpricht ſich Bennett aus: „Als einen Nahrungsgegenſtand“, meint er, „kann man den Hai nicht betrachten, und auf den

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 782. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/824>, abgerufen am 01.06.2024.