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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Lacon. Chalcolepidier.
käfern deutlich entwickelt sind. Die linealen Schienen haben kurze Endsporen und fünfgliederige,
häufig unten lamellirte Tarsen, eine gleiche Ringzahl der Hinterleib. Eine Eigenthümlichkeit
zeichnet die meisten Glieder dieser Familie vor allen übrigen Käfern aus. Da sie nämlich in
Folge ihrer kurzen Beine sich vergeblich bemühen würden, auf diese wieder zu gelangen, wenn sie
auf den Rücken gefallen sind, hat die Natur ein anderes Auskunftsmittel getroffen: durch Empor-
schnellen und Umdrehen des Körpers in der Luft. Hierzu war nöthig eine ganz besondere
Beweglichkeit zwischen dem Vorderbrustringe und der hintern Körperpartie, ein Fortsatz jenes nach
hinten und eine Aushöhlung dafür im Vorderrande der Mittelbrust. Will der Käfer diese Vor-
theile benutzen, so macht er seinen Rücken hohl, Halsschild und Flügeldeckenspitze gegen eine feste
Unterlage und den Vorderbruststachel gegen den Vorderrand der Mittelbrust stemmend; indem er
nun durch die Brustmuskeln letzteren von hier ab in seine Grube schnellt, was mit einem
knipsenden Geräusche erfolgt, wird der ganze Körper in die Luft gefedert, dreht sich hier um und
fällt auf die Beine nieder; gelingt es bei ungünstigen Stützpunkten nicht das erste und zweite Mal,
so wiederholt der Käfer das Schnellen so oft, bis er seinen Zweck erreicht hat. Die Gewohnheiten
der verschiedenen Arten sind nicht dieselben; die einen, und zwar die meisten sitzen auf Blumen
oder Blättern und fliegen im Sonnenscheine umher, andere halten sich hinter Baumrinde auf,
unter Steinen oder der obern Erdschicht und kommen am Tage wenig zum Vorschein. Bei
herannahender Gefahr ziehen die meisten ihre Beine an und lassen sich, wie todt, herabfallen.
Die wurmförmigen, sehr festbepanzerten, sechsbeinigen Larven, von gewissen Arten unter dem
Namen der Drahtwürmer gekannt und gefürchtet, leben versteckt in der Erde oder faulendem
Holze von allerlei pflanzlichen, auch von thierischen Stoffen, und nicht immer sind es abgestorbene,
welche sie angreifen, sondern Wurzeln noch lebender, wie des Getreides, der Rüben, Knollen der
Kartoffeln, in welche sie sich hineinzubohren pflegen.

Jn den Sammlungen finden sich ungefähr dreitausend Arten, welche sich über alle Erdtheile
verbreiten, aber zu einem nicht unbedeutenden Theile weder beschrieben noch benannt sind. Sie
gehören durchschnittlich zu den mittelgroßen, ziemlich eintönigen Käfern und bildeten bei Latraille
mit den Bupresten und Eucnemiden zusammen die Gruppe der Scharfbrüstigen (Sternoxi),
bei Linne die Gattung Elater, welche heut zu Tage nur noch für verhältnißmäßig wenige
Arten aufrecht erhalten worden ist.

Bei einer Anzahl bieten die Nähte der Vorderbrust jederseits eine tiefe Furche zur Aufnahme
der Fühler, wie bei den Gattungen Adelocera, Lacon, Agrypnus, Dilobitarsus und anderen. Der
Lacon murinus ist einer unserer allergemeinsten Schnellkäfer und außer an dem eben angeführten
Merkmale, dem noch hinzugefügt werden kann, daß die Furche sich hinten schließt, an seiner
breiten Form und der überall dicht graubraunen und weiß marmorirten Beschuppung auf dem
schwarzen Untergrunde kenntlich. Der quere Vorderrücken buchtet sich hinten zweimal, hat einen
kurzen, ausgerandeten Mittellappen, und die länglich eiförmigen Flügeldecken wölben sich mehr, als
bei vielen anderen Arten. Er mißt 6 Linien in die Länge, 2 1/3 in die Breite. Westwood und
auch Blanchard (Regn. animal. de Cuvier, Ins. 1855 pl. XV. Fig. 7) bilden seine Larve ab.

Jm ganzen tropischen und den warmen Theilen des nördlichen Amerika heimaten stattliche
Schnellkäfer, die bis 20 Linien Länge bei beträchtlicher Breite erlangen, besonders auffallen durch
das lange Halsschild, welches sich zweimal buchtet und im kurzen Mittellappen scharf ausschneidet
für das dreieckige Schildchen, dessen ausgerandete Spitze nach vorn sich richtet. Die Gattung
Chalcolepidius, welcher man diese schönen Thiere beizählt, kennzeichnet sich weiter noch durch eine
kurze Furche an der Unterseite des Prothorar für die nicht eben langen, vom vierten Gliede an
gesägten, nur in einem Falle (Ch. viridipilis) wedelartigen Fühler. Die vier ersten Tarsenglieder
nehmen an Länge ab und haben keine Haftlappen. Der Körper aller ist von glänzenden Schüppchen
und stellenweise von Haarfilz überzogen, die beide sich leicht abreiben und darum sehr verändertes
Aussehen ein und derselben Art hervorbringen können. Die Thiere leben auf den Blättern der

Lacon. Chalcolepidier.
käfern deutlich entwickelt ſind. Die linealen Schienen haben kurze Endſporen und fünfgliederige,
häufig unten lamellirte Tarſen, eine gleiche Ringzahl der Hinterleib. Eine Eigenthümlichkeit
zeichnet die meiſten Glieder dieſer Familie vor allen übrigen Käfern aus. Da ſie nämlich in
Folge ihrer kurzen Beine ſich vergeblich bemühen würden, auf dieſe wieder zu gelangen, wenn ſie
auf den Rücken gefallen ſind, hat die Natur ein anderes Auskunftsmittel getroffen: durch Empor-
ſchnellen und Umdrehen des Körpers in der Luft. Hierzu war nöthig eine ganz beſondere
Beweglichkeit zwiſchen dem Vorderbruſtringe und der hintern Körperpartie, ein Fortſatz jenes nach
hinten und eine Aushöhlung dafür im Vorderrande der Mittelbruſt. Will der Käfer dieſe Vor-
theile benutzen, ſo macht er ſeinen Rücken hohl, Halsſchild und Flügeldeckenſpitze gegen eine feſte
Unterlage und den Vorderbruſtſtachel gegen den Vorderrand der Mittelbruſt ſtemmend; indem er
nun durch die Bruſtmuskeln letzteren von hier ab in ſeine Grube ſchnellt, was mit einem
knipſenden Geräuſche erfolgt, wird der ganze Körper in die Luft gefedert, dreht ſich hier um und
fällt auf die Beine nieder; gelingt es bei ungünſtigen Stützpunkten nicht das erſte und zweite Mal,
ſo wiederholt der Käfer das Schnellen ſo oft, bis er ſeinen Zweck erreicht hat. Die Gewohnheiten
der verſchiedenen Arten ſind nicht dieſelben; die einen, und zwar die meiſten ſitzen auf Blumen
oder Blättern und fliegen im Sonnenſcheine umher, andere halten ſich hinter Baumrinde auf,
unter Steinen oder der obern Erdſchicht und kommen am Tage wenig zum Vorſchein. Bei
herannahender Gefahr ziehen die meiſten ihre Beine an und laſſen ſich, wie todt, herabfallen.
Die wurmförmigen, ſehr feſtbepanzerten, ſechsbeinigen Larven, von gewiſſen Arten unter dem
Namen der Drahtwürmer gekannt und gefürchtet, leben verſteckt in der Erde oder faulendem
Holze von allerlei pflanzlichen, auch von thieriſchen Stoffen, und nicht immer ſind es abgeſtorbene,
welche ſie angreifen, ſondern Wurzeln noch lebender, wie des Getreides, der Rüben, Knollen der
Kartoffeln, in welche ſie ſich hineinzubohren pflegen.

Jn den Sammlungen finden ſich ungefähr dreitauſend Arten, welche ſich über alle Erdtheile
verbreiten, aber zu einem nicht unbedeutenden Theile weder beſchrieben noch benannt ſind. Sie
gehören durchſchnittlich zu den mittelgroßen, ziemlich eintönigen Käfern und bildeten bei Latraille
mit den Bupreſten und Eucnemiden zuſammen die Gruppe der Scharfbrüſtigen (Sternoxi),
bei Linné die Gattung Elater, welche heut zu Tage nur noch für verhältnißmäßig wenige
Arten aufrecht erhalten worden iſt.

Bei einer Anzahl bieten die Nähte der Vorderbruſt jederſeits eine tiefe Furche zur Aufnahme
der Fühler, wie bei den Gattungen Adelocera, Lacon, Agrypnus, Dilobitarsus und anderen. Der
Lacon murinus iſt einer unſerer allergemeinſten Schnellkäfer und außer an dem eben angeführten
Merkmale, dem noch hinzugefügt werden kann, daß die Furche ſich hinten ſchließt, an ſeiner
breiten Form und der überall dicht graubraunen und weiß marmorirten Beſchuppung auf dem
ſchwarzen Untergrunde kenntlich. Der quere Vorderrücken buchtet ſich hinten zweimal, hat einen
kurzen, ausgerandeten Mittellappen, und die länglich eiförmigen Flügeldecken wölben ſich mehr, als
bei vielen anderen Arten. Er mißt 6 Linien in die Länge, 2⅓ in die Breite. Weſtwood und
auch Blanchard (Regn. animal. de Cuvier, Ins. 1855 pl. XV. Fig. 7) bilden ſeine Larve ab.

Jm ganzen tropiſchen und den warmen Theilen des nördlichen Amerika heimaten ſtattliche
Schnellkäfer, die bis 20 Linien Länge bei beträchtlicher Breite erlangen, beſonders auffallen durch
das lange Halsſchild, welches ſich zweimal buchtet und im kurzen Mittellappen ſcharf ausſchneidet
für das dreieckige Schildchen, deſſen ausgerandete Spitze nach vorn ſich richtet. Die Gattung
Chalcolepidius, welcher man dieſe ſchönen Thiere beizählt, kennzeichnet ſich weiter noch durch eine
kurze Furche an der Unterſeite des Prothorar für die nicht eben langen, vom vierten Gliede an
geſägten, nur in einem Falle (Ch. viridipilis) wedelartigen Fühler. Die vier erſten Tarſenglieder
nehmen an Länge ab und haben keine Haftlappen. Der Körper aller iſt von glänzenden Schüppchen
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[85/0103] Lacon. Chalcolepidier. käfern deutlich entwickelt ſind. Die linealen Schienen haben kurze Endſporen und fünfgliederige, häufig unten lamellirte Tarſen, eine gleiche Ringzahl der Hinterleib. Eine Eigenthümlichkeit zeichnet die meiſten Glieder dieſer Familie vor allen übrigen Käfern aus. Da ſie nämlich in Folge ihrer kurzen Beine ſich vergeblich bemühen würden, auf dieſe wieder zu gelangen, wenn ſie auf den Rücken gefallen ſind, hat die Natur ein anderes Auskunftsmittel getroffen: durch Empor- ſchnellen und Umdrehen des Körpers in der Luft. Hierzu war nöthig eine ganz beſondere Beweglichkeit zwiſchen dem Vorderbruſtringe und der hintern Körperpartie, ein Fortſatz jenes nach hinten und eine Aushöhlung dafür im Vorderrande der Mittelbruſt. Will der Käfer dieſe Vor- theile benutzen, ſo macht er ſeinen Rücken hohl, Halsſchild und Flügeldeckenſpitze gegen eine feſte Unterlage und den Vorderbruſtſtachel gegen den Vorderrand der Mittelbruſt ſtemmend; indem er nun durch die Bruſtmuskeln letzteren von hier ab in ſeine Grube ſchnellt, was mit einem knipſenden Geräuſche erfolgt, wird der ganze Körper in die Luft gefedert, dreht ſich hier um und fällt auf die Beine nieder; gelingt es bei ungünſtigen Stützpunkten nicht das erſte und zweite Mal, ſo wiederholt der Käfer das Schnellen ſo oft, bis er ſeinen Zweck erreicht hat. Die Gewohnheiten der verſchiedenen Arten ſind nicht dieſelben; die einen, und zwar die meiſten ſitzen auf Blumen oder Blättern und fliegen im Sonnenſcheine umher, andere halten ſich hinter Baumrinde auf, unter Steinen oder der obern Erdſchicht und kommen am Tage wenig zum Vorſchein. Bei herannahender Gefahr ziehen die meiſten ihre Beine an und laſſen ſich, wie todt, herabfallen. Die wurmförmigen, ſehr feſtbepanzerten, ſechsbeinigen Larven, von gewiſſen Arten unter dem Namen der Drahtwürmer gekannt und gefürchtet, leben verſteckt in der Erde oder faulendem Holze von allerlei pflanzlichen, auch von thieriſchen Stoffen, und nicht immer ſind es abgeſtorbene, welche ſie angreifen, ſondern Wurzeln noch lebender, wie des Getreides, der Rüben, Knollen der Kartoffeln, in welche ſie ſich hineinzubohren pflegen. Jn den Sammlungen finden ſich ungefähr dreitauſend Arten, welche ſich über alle Erdtheile verbreiten, aber zu einem nicht unbedeutenden Theile weder beſchrieben noch benannt ſind. Sie gehören durchſchnittlich zu den mittelgroßen, ziemlich eintönigen Käfern und bildeten bei Latraille mit den Bupreſten und Eucnemiden zuſammen die Gruppe der Scharfbrüſtigen (Sternoxi), bei Linné die Gattung Elater, welche heut zu Tage nur noch für verhältnißmäßig wenige Arten aufrecht erhalten worden iſt. Bei einer Anzahl bieten die Nähte der Vorderbruſt jederſeits eine tiefe Furche zur Aufnahme der Fühler, wie bei den Gattungen Adelocera, Lacon, Agrypnus, Dilobitarsus und anderen. Der Lacon murinus iſt einer unſerer allergemeinſten Schnellkäfer und außer an dem eben angeführten Merkmale, dem noch hinzugefügt werden kann, daß die Furche ſich hinten ſchließt, an ſeiner breiten Form und der überall dicht graubraunen und weiß marmorirten Beſchuppung auf dem ſchwarzen Untergrunde kenntlich. Der quere Vorderrücken buchtet ſich hinten zweimal, hat einen kurzen, ausgerandeten Mittellappen, und die länglich eiförmigen Flügeldecken wölben ſich mehr, als bei vielen anderen Arten. Er mißt 6 Linien in die Länge, 2⅓ in die Breite. Weſtwood und auch Blanchard (Regn. animal. de Cuvier, Ins. 1855 pl. XV. Fig. 7) bilden ſeine Larve ab. Jm ganzen tropiſchen und den warmen Theilen des nördlichen Amerika heimaten ſtattliche Schnellkäfer, die bis 20 Linien Länge bei beträchtlicher Breite erlangen, beſonders auffallen durch das lange Halsſchild, welches ſich zweimal buchtet und im kurzen Mittellappen ſcharf ausſchneidet für das dreieckige Schildchen, deſſen ausgerandete Spitze nach vorn ſich richtet. Die Gattung Chalcolepidius, welcher man dieſe ſchönen Thiere beizählt, kennzeichnet ſich weiter noch durch eine kurze Furche an der Unterſeite des Prothorar für die nicht eben langen, vom vierten Gliede an geſägten, nur in einem Falle (Ch. viridipilis) wedelartigen Fühler. Die vier erſten Tarſenglieder nehmen an Länge ab und haben keine Haftlappen. Der Körper aller iſt von glänzenden Schüppchen und ſtellenweiſe von Haarfilz überzogen, die beide ſich leicht abreiben und darum ſehr verändertes Ausſehen ein und derſelben Art hervorbringen können. Die Thiere leben auf den Blättern der

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/103>, abgerufen am 23.11.2024.