Die Spinnenthiere. Echte Spinnen. Trichterspinnen.
leicht bewältigt werden, selbst wenn sie die Spinne an Größe bedeutend übertreffen. Es gilt dies besonders von den Heuschrecken, deren sie viele vertilgt. Das Weibchen umspinnt seine zahlreichen, oft mehr denn zweihundert Eier mit einem kugeligen, nach der einen Seite etwas spitz aus- gezogenen, sehr festem Cocon von hellkaffeebrauner Farbe und 6 Linien Durchmesser. Die Eier sind nicht an einander geklebt, aber auch nicht frei, sondern durch unsichtbare Fädchen verbunden; denn wenn man an einem derselben zieht, so folgen andere gleich den Perlen auf einer Schnur nach. Herr Totti meint, daß ein Weibchen drei Cocons bereite, das erste mit 400, das letzte mit 100 Eiern, so daß sich die Gesammtzahl dieser auf mehr denn 700 beliefe, was allerdings ein Beweis von großer Fruchtbarkeit sein würde, über welche man sich jedoch bei zahlreicher Heuschrecken- kost nicht eben zu verwundern braucht.
Die in den Winkeln von Ställen, Scheunen, Kirchen und überhaupt von allen nicht öfter dem Werke der Reinigung unterworfenen Räumlichkeiten der Häuser ausgespannten dreieckigen Spinnengewebe, welche meist von darin abgelagertem Staube schwarz aussehen, kennt jedermann zur Genüge. Die verschiedenen Namen, wie Hausspinne, Fensterspinne, Winkelspinne (Tegenaria domestica), welche ihre Erbauerin führt, deuten auf ihren Aufenthalt hin. Sie breitet sich nicht nur über ganz Europa, sondern auch über das nördliche Afrika aus, überwintert bei uns im Jugendalter und ist durchschnittlich im Juni, das Männchen bei einer Länge von fünf Linien, das Weibchen von 8 bis 9 Linien, erwachsen. Die ockergelbe Grundfarbe des Körpers
[Abbildung]
Die Hausspinne (Tegenaria domestien). a Männchen und darunter die Augenstellung (letztere vergrößert und in Vorderansicht). b Weibchen auf dem Neste.
erscheint durch braune Zeichnungen gescheckt. Am Vorderleibe sind der Rand und ein Mittel- streifen des durch einen Quereindruck vom Rücken abgeschiedenen Kopftheiles, Strahlenlinien und jederseits drei Mondflecke auf diesem dunkler, am Hinterleibe eine Mittellinie rostroth oder braun- gelb, eine Fleckenreihe jederseits daneben gelb und dicht gedrängte Schrägstriche an den Seiten braun. Die ockergelben Beine, deren drittes Paar kürzer als die fast gleich langen übrigen ist, sind mit gezackten, dunklen Ringen geziert. Daß die obern Spinnwarzen wie zwei Schwänzchen den ovalen Hinterleib überragen, und wie die Stellung der Augen ist, erhellt aus der beigegebenen Abbildung.
Will die Spinne ihr Nest anlegen, so drückt sie das Spinnseld ihres Leibes ein paar Zoll von der Ecke entfernt gegen die Wand, spazirt im Winkel nach der andern Wand und befestigt
Die Spinnenthiere. Echte Spinnen. Trichterſpinnen.
leicht bewältigt werden, ſelbſt wenn ſie die Spinne an Größe bedeutend übertreffen. Es gilt dies beſonders von den Heuſchrecken, deren ſie viele vertilgt. Das Weibchen umſpinnt ſeine zahlreichen, oft mehr denn zweihundert Eier mit einem kugeligen, nach der einen Seite etwas ſpitz aus- gezogenen, ſehr feſtem Cocon von hellkaffeebrauner Farbe und 6 Linien Durchmeſſer. Die Eier ſind nicht an einander geklebt, aber auch nicht frei, ſondern durch unſichtbare Fädchen verbunden; denn wenn man an einem derſelben zieht, ſo folgen andere gleich den Perlen auf einer Schnur nach. Herr Totti meint, daß ein Weibchen drei Cocons bereite, das erſte mit 400, das letzte mit 100 Eiern, ſo daß ſich die Geſammtzahl dieſer auf mehr denn 700 beliefe, was allerdings ein Beweis von großer Fruchtbarkeit ſein würde, über welche man ſich jedoch bei zahlreicher Heuſchrecken- koſt nicht eben zu verwundern braucht.
Die in den Winkeln von Ställen, Scheunen, Kirchen und überhaupt von allen nicht öfter dem Werke der Reinigung unterworfenen Räumlichkeiten der Häuſer ausgeſpannten dreieckigen Spinnengewebe, welche meiſt von darin abgelagertem Staube ſchwarz ausſehen, kennt jedermann zur Genüge. Die verſchiedenen Namen, wie Hausſpinne, Fenſterſpinne, Winkelſpinne (Tegenaria domestica), welche ihre Erbauerin führt, deuten auf ihren Aufenthalt hin. Sie breitet ſich nicht nur über ganz Europa, ſondern auch über das nördliche Afrika aus, überwintert bei uns im Jugendalter und iſt durchſchnittlich im Juni, das Männchen bei einer Länge von fünf Linien, das Weibchen von 8 bis 9 Linien, erwachſen. Die ockergelbe Grundfarbe des Körpers
[Abbildung]
Die Hausſpinne (Tegenaria domestien). a Männchen und darunter die Augenſtellung (letztere vergrößert und in Vorderanſicht). b Weibchen auf dem Neſte.
erſcheint durch braune Zeichnungen geſcheckt. Am Vorderleibe ſind der Rand und ein Mittel- ſtreifen des durch einen Quereindruck vom Rücken abgeſchiedenen Kopftheiles, Strahlenlinien und jederſeits drei Mondflecke auf dieſem dunkler, am Hinterleibe eine Mittellinie roſtroth oder braun- gelb, eine Fleckenreihe jederſeits daneben gelb und dicht gedrängte Schrägſtriche an den Seiten braun. Die ockergelben Beine, deren drittes Paar kürzer als die faſt gleich langen übrigen iſt, ſind mit gezackten, dunklen Ringen geziert. Daß die obern Spinnwarzen wie zwei Schwänzchen den ovalen Hinterleib überragen, und wie die Stellung der Augen iſt, erhellt aus der beigegebenen Abbildung.
Will die Spinne ihr Neſt anlegen, ſo drückt ſie das Spinnſeld ihres Leibes ein paar Zoll von der Ecke entfernt gegen die Wand, ſpazirt im Winkel nach der andern Wand und befeſtigt
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Die Spinnenthiere. Echte Spinnen. Trichterſpinnen.
leicht bewältigt werden, ſelbſt wenn ſie die Spinne an Größe bedeutend übertreffen. Es gilt dies
beſonders von den Heuſchrecken, deren ſie viele vertilgt. Das Weibchen umſpinnt ſeine zahlreichen,
oft mehr denn zweihundert Eier mit einem kugeligen, nach der einen Seite etwas ſpitz aus-
gezogenen, ſehr feſtem Cocon von hellkaffeebrauner Farbe und 6 Linien Durchmeſſer. Die Eier
ſind nicht an einander geklebt, aber auch nicht frei, ſondern durch unſichtbare Fädchen verbunden;
denn wenn man an einem derſelben zieht, ſo folgen andere gleich den Perlen auf einer Schnur nach.
Herr Totti meint, daß ein Weibchen drei Cocons bereite, das erſte mit 400, das letzte mit
100 Eiern, ſo daß ſich die Geſammtzahl dieſer auf mehr denn 700 beliefe, was allerdings ein
Beweis von großer Fruchtbarkeit ſein würde, über welche man ſich jedoch bei zahlreicher Heuſchrecken-
koſt nicht eben zu verwundern braucht.
Die in den Winkeln von Ställen, Scheunen, Kirchen und überhaupt von allen nicht öfter
dem Werke der Reinigung unterworfenen Räumlichkeiten der Häuſer ausgeſpannten dreieckigen
Spinnengewebe, welche meiſt von darin abgelagertem Staube ſchwarz ausſehen, kennt jedermann
zur Genüge. Die verſchiedenen Namen, wie Hausſpinne, Fenſterſpinne, Winkelſpinne
(Tegenaria domestica), welche ihre Erbauerin führt, deuten auf ihren Aufenthalt hin. Sie breitet
ſich nicht nur über ganz Europa, ſondern auch über das nördliche Afrika aus, überwintert bei
uns im Jugendalter und iſt durchſchnittlich im Juni, das Männchen bei einer Länge von fünf
Linien, das Weibchen von 8 bis 9 Linien, erwachſen. Die ockergelbe Grundfarbe des Körpers
[Abbildung Die Hausſpinne (Tegenaria domestien). a Männchen und darunter die Augenſtellung (letztere vergrößert und in Vorderanſicht).
b Weibchen auf dem Neſte.]
erſcheint durch braune Zeichnungen geſcheckt. Am Vorderleibe ſind der Rand und ein Mittel-
ſtreifen des durch einen Quereindruck vom Rücken abgeſchiedenen Kopftheiles, Strahlenlinien und
jederſeits drei Mondflecke auf dieſem dunkler, am Hinterleibe eine Mittellinie roſtroth oder braun-
gelb, eine Fleckenreihe jederſeits daneben gelb und dicht gedrängte Schrägſtriche an den Seiten
braun. Die ockergelben Beine, deren drittes Paar kürzer als die faſt gleich langen übrigen iſt,
ſind mit gezackten, dunklen Ringen geziert. Daß die obern Spinnwarzen wie zwei Schwänzchen
den ovalen Hinterleib überragen, und wie die Stellung der Augen iſt, erhellt aus der beigegebenen
Abbildung.
Will die Spinne ihr Neſt anlegen, ſo drückt ſie das Spinnſeld ihres Leibes ein paar Zoll
von der Ecke entfernt gegen die Wand, ſpazirt im Winkel nach der andern Wand und befeſtigt
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/622>, abgerufen am 23.11.2024.
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