Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Gemeine Käfermilbe. Vogelmilbe. Fledermausmilbe.
der Flügel, jedoch auch diese an ihrer Wurzel so dicht über und über mit einer graugelben Milbe
besetzt ist, daß man auch nicht ein Pünktchen von ihrer wahren Oberfläche zu erkennen vermag.
Die Milbe gehört einer andern Gattung von mehr länglicher Form an.

Jn nächster Verwandtschaft zu den Käfermilben stehen die höchstens durch die verschiedene
Färbung, aber nicht durch einen Quereindruck in einen vordern und hintern, sackartigen Theil
geschiedenen Vogelmilben, welche der neuerdings weiter zerlegten Gattung Dermanysus ange-
hören. Sie haben einen langen, beweglichen, abwärts gebogenen Rüssel, deutlich gegliederte
Kiefertaster mit dickerem Grundgliede als die Gamasen, gleichlange Beine, deren vier vorderen sich
durch bedeutendere Stärke und größere Haftscheiben vor den hinteren auszeichnen; sie alle gelenken
nahe bei einander am Brustrande ein.

Von einer Art, der gemeinen Vogelmilbe (D. avium, auch gallinae oder hirundinis von
anderen Schriftstellern genannt), werden bisweilen die Stubenvögel während der Nacht sehr
heimgesucht. Wenn man beispielsweise einem Kanarienvogel ein gewisses Unbehagen, eifriges
Wühlen des Schnabels in den Federn anmerkt, und ihm hohle Schilfstengel als Stäbchen gibt,
auf denen er ruht, so kann man dann beim Ausklopfen derselben die höchst überraschende Erfahrung
machen, daß rothe Milben verschiedener Größe aus dem Jnnern des Rohres herausfallen. Diese
Thierchen verkriechen sich hier am Tage, wie die Bettwanzen in ihren Schlupfwinkeln, kommen
des Nachts aber aus ihren Verstecken hervor, um am Blute des armen Vogels ihren Hunger zu
stillen, suchen jedoch in der Mehrzahl vor Tagesanbruch dunkle Stellen, also jene Stäbchen zu
ihrem Versteck auf. Durch fleißiges Ausklopfen der letzteren kann man der Quälgeister bald Herr
werden, welche in manchen Fällen durch den in den Bauer gestreuten Sand an die Vögel kommen
mögen. Dieselbe, 3/5 Linie lange Vogelmilbe soll es auch sein, welche sich auf Taubenschlägen
und in Hühnerställen bei Tage versteckt hält und des Nachts an die betreffenden Vögel geht, um
Blut zu saugen, ja man hat sie sogar in unerträglich juckenden Hauthöhlen und Beulen bei
Menschen gefunden, wie Prof. Vogel mit Bestimmtheit nachweist. Andere Arten kommen auf
andern Vögeln vor und eine auf der Maus.

Auch die Fledermäuse werden an ihren Flughäuten und in den aus gleichem Stoffe gebildeten
Ohren von verschiedenen Spinnenthieren heimgesucht, welche man darum Fledermausmilben
genannt und auf mehrere Gattungen vertheilt hat, unter welchen Pteroptus am verbreitetsten zu
sein scheint. Der weiche, fast birnförmige Körper wird von dicken, groß bekrallten und mit einem
Saugnapf versehenen Beinen getragen, deren vier hinterste weit entfernt von den vorderen eingelenkt
sind. Die Kiefertaster laufen in ein langgestrecktes Glied aus. Vorzugsweise auf der gemeinen
Fledermaus (Vespertilio murinus) lebt die gelbgraue auf dem Rücken mit röthlichen Flecken und
braunen Wellen gezeichnete gemeine Fledermausmilbe (Pt. vespertilionis), von welcher
Nitzsch auf anatomischem Wege die Fortpflanzung nachwies. Als er im Juni (1825) mehrere
auffallend angeschwollene Weibchen öffnete, fand er meist drei, in einem Falle sogar vier, auf ver-
schiedenen Entwickelungsstufen stehende Junge. An den am wenigsten entwickelten ließen sich nur
sechs ungegliederte glatte Beine, zwei gleichfalls ungegliederte Taster und ein hinten gerade abge-
stutzter Körper, bei den am meisten ausgebildeten acht gegliederte mit Saugnäpfen versehene und
beborstete Beine und ein nach hinten etwas spitz verlaufender Körper erkennen. Somit bringen
die Weibchen lebendige Junge zur Welt, jedesmal eins, welches vorher aus dem sechsbeinigen in
den vollkommenen achtbeinigen Zustand übergegangen sein muß.



Die Zecken oder Holzböcke (Ixodidae) weichen in mehr als einer Beziehung so von den
übrigen Milben ab, daß einzelne Forscher hinreichenden Grund darin fanden, sie zu einer besonderen

Gemeine Käfermilbe. Vogelmilbe. Fledermausmilbe.
der Flügel, jedoch auch dieſe an ihrer Wurzel ſo dicht über und über mit einer graugelben Milbe
beſetzt iſt, daß man auch nicht ein Pünktchen von ihrer wahren Oberfläche zu erkennen vermag.
Die Milbe gehört einer andern Gattung von mehr länglicher Form an.

Jn nächſter Verwandtſchaft zu den Käfermilben ſtehen die höchſtens durch die verſchiedene
Färbung, aber nicht durch einen Quereindruck in einen vordern und hintern, ſackartigen Theil
geſchiedenen Vogelmilben, welche der neuerdings weiter zerlegten Gattung Dermanysus ange-
hören. Sie haben einen langen, beweglichen, abwärts gebogenen Rüſſel, deutlich gegliederte
Kiefertaſter mit dickerem Grundgliede als die Gamaſen, gleichlange Beine, deren vier vorderen ſich
durch bedeutendere Stärke und größere Haftſcheiben vor den hinteren auszeichnen; ſie alle gelenken
nahe bei einander am Bruſtrande ein.

Von einer Art, der gemeinen Vogelmilbe (D. avium, auch gallinae oder hirundinis von
anderen Schriftſtellern genannt), werden bisweilen die Stubenvögel während der Nacht ſehr
heimgeſucht. Wenn man beiſpielsweiſe einem Kanarienvogel ein gewiſſes Unbehagen, eifriges
Wühlen des Schnabels in den Federn anmerkt, und ihm hohle Schilfſtengel als Stäbchen gibt,
auf denen er ruht, ſo kann man dann beim Ausklopfen derſelben die höchſt überraſchende Erfahrung
machen, daß rothe Milben verſchiedener Größe aus dem Jnnern des Rohres herausfallen. Dieſe
Thierchen verkriechen ſich hier am Tage, wie die Bettwanzen in ihren Schlupfwinkeln, kommen
des Nachts aber aus ihren Verſtecken hervor, um am Blute des armen Vogels ihren Hunger zu
ſtillen, ſuchen jedoch in der Mehrzahl vor Tagesanbruch dunkle Stellen, alſo jene Stäbchen zu
ihrem Verſteck auf. Durch fleißiges Ausklopfen der letzteren kann man der Quälgeiſter bald Herr
werden, welche in manchen Fällen durch den in den Bauer geſtreuten Sand an die Vögel kommen
mögen. Dieſelbe, ⅗ Linie lange Vogelmilbe ſoll es auch ſein, welche ſich auf Taubenſchlägen
und in Hühnerſtällen bei Tage verſteckt hält und des Nachts an die betreffenden Vögel geht, um
Blut zu ſaugen, ja man hat ſie ſogar in unerträglich juckenden Hauthöhlen und Beulen bei
Menſchen gefunden, wie Prof. Vogel mit Beſtimmtheit nachweiſt. Andere Arten kommen auf
andern Vögeln vor und eine auf der Maus.

Auch die Fledermäuſe werden an ihren Flughäuten und in den aus gleichem Stoffe gebildeten
Ohren von verſchiedenen Spinnenthieren heimgeſucht, welche man darum Fledermausmilben
genannt und auf mehrere Gattungen vertheilt hat, unter welchen Pteroptus am verbreitetſten zu
ſein ſcheint. Der weiche, faſt birnförmige Körper wird von dicken, groß bekrallten und mit einem
Saugnapf verſehenen Beinen getragen, deren vier hinterſte weit entfernt von den vorderen eingelenkt
ſind. Die Kiefertaſter laufen in ein langgeſtrecktes Glied aus. Vorzugsweiſe auf der gemeinen
Fledermaus (Vespertilio murinus) lebt die gelbgraue auf dem Rücken mit röthlichen Flecken und
braunen Wellen gezeichnete gemeine Fledermausmilbe (Pt. vespertilionis), von welcher
Nitzſch auf anatomiſchem Wege die Fortpflanzung nachwies. Als er im Juni (1825) mehrere
auffallend angeſchwollene Weibchen öffnete, fand er meiſt drei, in einem Falle ſogar vier, auf ver-
ſchiedenen Entwickelungsſtufen ſtehende Junge. An den am wenigſten entwickelten ließen ſich nur
ſechs ungegliederte glatte Beine, zwei gleichfalls ungegliederte Taſter und ein hinten gerade abge-
ſtutzter Körper, bei den am meiſten ausgebildeten acht gegliederte mit Saugnäpfen verſehene und
beborſtete Beine und ein nach hinten etwas ſpitz verlaufender Körper erkennen. Somit bringen
die Weibchen lebendige Junge zur Welt, jedesmal eins, welches vorher aus dem ſechsbeinigen in
den vollkommenen achtbeinigen Zuſtand übergegangen ſein muß.



Die Zecken oder Holzböcke (Ixodidae) weichen in mehr als einer Beziehung ſo von den
übrigen Milben ab, daß einzelne Forſcher hinreichenden Grund darin fanden, ſie zu einer beſonderen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <floatingText>
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <div n="3">
                <p><pb facs="#f0643" n="605"/><fw place="top" type="header">Gemeine Käfermilbe. Vogelmilbe. Fledermausmilbe.</fw><lb/>
der Flügel, jedoch auch die&#x017F;e an ihrer Wurzel &#x017F;o dicht über und über mit einer graugelben Milbe<lb/>
be&#x017F;etzt i&#x017F;t, daß man auch nicht ein Pünktchen von ihrer wahren Oberfläche zu erkennen vermag.<lb/>
Die Milbe gehört einer andern Gattung von mehr länglicher Form an.</p><lb/>
                <p>Jn näch&#x017F;ter Verwandt&#x017F;chaft zu den Käfermilben &#x017F;tehen die höch&#x017F;tens durch die ver&#x017F;chiedene<lb/>
Färbung, aber nicht durch einen Quereindruck in einen vordern und hintern, &#x017F;ackartigen Theil<lb/>
ge&#x017F;chiedenen <hi rendition="#g">Vogelmilben,</hi> welche der neuerdings weiter zerlegten Gattung <hi rendition="#aq">Dermanysus</hi> ange-<lb/>
hören. Sie haben einen langen, beweglichen, abwärts gebogenen Rü&#x017F;&#x017F;el, deutlich gegliederte<lb/>
Kieferta&#x017F;ter mit dickerem Grundgliede als die Gama&#x017F;en, gleichlange Beine, deren vier vorderen &#x017F;ich<lb/>
durch bedeutendere Stärke und größere Haft&#x017F;cheiben vor den hinteren auszeichnen; &#x017F;ie alle gelenken<lb/>
nahe bei einander am Bru&#x017F;trande ein.</p><lb/>
                <p>Von einer Art, der <hi rendition="#g">gemeinen Vogelmilbe</hi> (<hi rendition="#aq">D. avium,</hi> auch <hi rendition="#aq">gallinae</hi> oder <hi rendition="#aq">hirundinis</hi> von<lb/>
anderen Schrift&#x017F;tellern genannt), werden bisweilen die Stubenvögel während der Nacht &#x017F;ehr<lb/>
heimge&#x017F;ucht. Wenn man bei&#x017F;pielswei&#x017F;e einem Kanarienvogel ein gewi&#x017F;&#x017F;es Unbehagen, eifriges<lb/>
Wühlen des Schnabels in den Federn anmerkt, und ihm hohle Schilf&#x017F;tengel als Stäbchen gibt,<lb/>
auf denen er ruht, &#x017F;o kann man dann beim Ausklopfen der&#x017F;elben die höch&#x017F;t überra&#x017F;chende Erfahrung<lb/>
machen, daß rothe Milben ver&#x017F;chiedener Größe aus dem Jnnern des Rohres herausfallen. Die&#x017F;e<lb/>
Thierchen verkriechen &#x017F;ich hier am Tage, wie die Bettwanzen in ihren Schlupfwinkeln, kommen<lb/>
des Nachts aber aus ihren Ver&#x017F;tecken hervor, um am Blute des armen Vogels ihren Hunger zu<lb/>
&#x017F;tillen, &#x017F;uchen jedoch in der Mehrzahl vor Tagesanbruch dunkle Stellen, al&#x017F;o jene Stäbchen zu<lb/>
ihrem Ver&#x017F;teck auf. Durch fleißiges Ausklopfen der letzteren kann man der Quälgei&#x017F;ter bald Herr<lb/>
werden, welche in manchen Fällen durch den in den Bauer ge&#x017F;treuten Sand an die Vögel kommen<lb/>
mögen. Die&#x017F;elbe, &#x2157; Linie lange Vogelmilbe &#x017F;oll es auch &#x017F;ein, welche &#x017F;ich auf Tauben&#x017F;chlägen<lb/>
und in Hühner&#x017F;tällen bei Tage ver&#x017F;teckt hält und des Nachts an die betreffenden Vögel geht, um<lb/>
Blut zu &#x017F;augen, ja man hat &#x017F;ie &#x017F;ogar in unerträglich juckenden Hauthöhlen und Beulen bei<lb/>
Men&#x017F;chen gefunden, wie Prof. <hi rendition="#g">Vogel</hi> mit Be&#x017F;timmtheit nachwei&#x017F;t. Andere Arten kommen auf<lb/>
andern Vögeln vor und eine auf der Maus.</p><lb/>
                <p>Auch die Fledermäu&#x017F;e werden an ihren Flughäuten und in den aus gleichem Stoffe gebildeten<lb/>
Ohren von ver&#x017F;chiedenen Spinnenthieren heimge&#x017F;ucht, welche man darum <hi rendition="#g">Fledermausmilben</hi><lb/>
genannt und auf mehrere Gattungen vertheilt hat, unter welchen <hi rendition="#aq">Pteroptus</hi> am verbreitet&#x017F;ten zu<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;cheint. Der weiche, fa&#x017F;t birnförmige Körper wird von dicken, groß bekrallten und mit einem<lb/>
Saugnapf ver&#x017F;ehenen Beinen getragen, deren vier hinter&#x017F;te weit entfernt von den vorderen eingelenkt<lb/>
&#x017F;ind. Die Kieferta&#x017F;ter laufen in ein langge&#x017F;trecktes Glied aus. Vorzugswei&#x017F;e auf der gemeinen<lb/>
Fledermaus (<hi rendition="#aq">Vespertilio murinus</hi>) lebt die gelbgraue auf dem Rücken mit röthlichen Flecken und<lb/>
braunen Wellen gezeichnete <hi rendition="#g">gemeine Fledermausmilbe</hi> (<hi rendition="#aq">Pt. vespertilionis</hi>), von welcher<lb/><hi rendition="#g">Nitz&#x017F;ch</hi> auf anatomi&#x017F;chem Wege die Fortpflanzung nachwies. Als er im Juni (1825) mehrere<lb/>
auffallend ange&#x017F;chwollene Weibchen öffnete, fand er mei&#x017F;t drei, in einem Falle &#x017F;ogar vier, auf ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Entwickelungs&#x017F;tufen &#x017F;tehende Junge. An den am wenig&#x017F;ten entwickelten ließen &#x017F;ich nur<lb/>
&#x017F;echs ungegliederte glatte Beine, zwei gleichfalls ungegliederte Ta&#x017F;ter und ein hinten gerade abge-<lb/>
&#x017F;tutzter Körper, bei den am mei&#x017F;ten ausgebildeten acht gegliederte mit Saugnäpfen ver&#x017F;ehene und<lb/>
bebor&#x017F;tete Beine und ein nach hinten etwas &#x017F;pitz verlaufender Körper erkennen. Somit bringen<lb/>
die Weibchen lebendige Junge zur Welt, jedesmal eins, welches vorher aus dem &#x017F;echsbeinigen in<lb/>
den vollkommenen achtbeinigen Zu&#x017F;tand übergegangen &#x017F;ein muß.</p><lb/>
                <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
                <p>Die <hi rendition="#g">Zecken</hi> oder <hi rendition="#g">Holzböcke</hi> (<hi rendition="#aq">Ixodidae</hi>) weichen in mehr als einer Beziehung &#x017F;o von den<lb/>
übrigen Milben ab, daß einzelne For&#x017F;cher hinreichenden Grund darin fanden, &#x017F;ie zu einer be&#x017F;onderen<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </body>
      </floatingText>
    </body>
  </text>
</TEI>
[605/0643] Gemeine Käfermilbe. Vogelmilbe. Fledermausmilbe. der Flügel, jedoch auch dieſe an ihrer Wurzel ſo dicht über und über mit einer graugelben Milbe beſetzt iſt, daß man auch nicht ein Pünktchen von ihrer wahren Oberfläche zu erkennen vermag. Die Milbe gehört einer andern Gattung von mehr länglicher Form an. Jn nächſter Verwandtſchaft zu den Käfermilben ſtehen die höchſtens durch die verſchiedene Färbung, aber nicht durch einen Quereindruck in einen vordern und hintern, ſackartigen Theil geſchiedenen Vogelmilben, welche der neuerdings weiter zerlegten Gattung Dermanysus ange- hören. Sie haben einen langen, beweglichen, abwärts gebogenen Rüſſel, deutlich gegliederte Kiefertaſter mit dickerem Grundgliede als die Gamaſen, gleichlange Beine, deren vier vorderen ſich durch bedeutendere Stärke und größere Haftſcheiben vor den hinteren auszeichnen; ſie alle gelenken nahe bei einander am Bruſtrande ein. Von einer Art, der gemeinen Vogelmilbe (D. avium, auch gallinae oder hirundinis von anderen Schriftſtellern genannt), werden bisweilen die Stubenvögel während der Nacht ſehr heimgeſucht. Wenn man beiſpielsweiſe einem Kanarienvogel ein gewiſſes Unbehagen, eifriges Wühlen des Schnabels in den Federn anmerkt, und ihm hohle Schilfſtengel als Stäbchen gibt, auf denen er ruht, ſo kann man dann beim Ausklopfen derſelben die höchſt überraſchende Erfahrung machen, daß rothe Milben verſchiedener Größe aus dem Jnnern des Rohres herausfallen. Dieſe Thierchen verkriechen ſich hier am Tage, wie die Bettwanzen in ihren Schlupfwinkeln, kommen des Nachts aber aus ihren Verſtecken hervor, um am Blute des armen Vogels ihren Hunger zu ſtillen, ſuchen jedoch in der Mehrzahl vor Tagesanbruch dunkle Stellen, alſo jene Stäbchen zu ihrem Verſteck auf. Durch fleißiges Ausklopfen der letzteren kann man der Quälgeiſter bald Herr werden, welche in manchen Fällen durch den in den Bauer geſtreuten Sand an die Vögel kommen mögen. Dieſelbe, ⅗ Linie lange Vogelmilbe ſoll es auch ſein, welche ſich auf Taubenſchlägen und in Hühnerſtällen bei Tage verſteckt hält und des Nachts an die betreffenden Vögel geht, um Blut zu ſaugen, ja man hat ſie ſogar in unerträglich juckenden Hauthöhlen und Beulen bei Menſchen gefunden, wie Prof. Vogel mit Beſtimmtheit nachweiſt. Andere Arten kommen auf andern Vögeln vor und eine auf der Maus. Auch die Fledermäuſe werden an ihren Flughäuten und in den aus gleichem Stoffe gebildeten Ohren von verſchiedenen Spinnenthieren heimgeſucht, welche man darum Fledermausmilben genannt und auf mehrere Gattungen vertheilt hat, unter welchen Pteroptus am verbreitetſten zu ſein ſcheint. Der weiche, faſt birnförmige Körper wird von dicken, groß bekrallten und mit einem Saugnapf verſehenen Beinen getragen, deren vier hinterſte weit entfernt von den vorderen eingelenkt ſind. Die Kiefertaſter laufen in ein langgeſtrecktes Glied aus. Vorzugsweiſe auf der gemeinen Fledermaus (Vespertilio murinus) lebt die gelbgraue auf dem Rücken mit röthlichen Flecken und braunen Wellen gezeichnete gemeine Fledermausmilbe (Pt. vespertilionis), von welcher Nitzſch auf anatomiſchem Wege die Fortpflanzung nachwies. Als er im Juni (1825) mehrere auffallend angeſchwollene Weibchen öffnete, fand er meiſt drei, in einem Falle ſogar vier, auf ver- ſchiedenen Entwickelungsſtufen ſtehende Junge. An den am wenigſten entwickelten ließen ſich nur ſechs ungegliederte glatte Beine, zwei gleichfalls ungegliederte Taſter und ein hinten gerade abge- ſtutzter Körper, bei den am meiſten ausgebildeten acht gegliederte mit Saugnäpfen verſehene und beborſtete Beine und ein nach hinten etwas ſpitz verlaufender Körper erkennen. Somit bringen die Weibchen lebendige Junge zur Welt, jedesmal eins, welches vorher aus dem ſechsbeinigen in den vollkommenen achtbeinigen Zuſtand übergegangen ſein muß. Die Zecken oder Holzböcke (Ixodidae) weichen in mehr als einer Beziehung ſo von den übrigen Milben ab, daß einzelne Forſcher hinreichenden Grund darin fanden, ſie zu einer beſonderen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/643
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 605. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/643>, abgerufen am 26.06.2024.