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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Spinnenthiere. Zecken.
Ordnung der Spinnenthiere zu erheben. Jhr flacher, mehr oder weniger eiförmiger Körper,
obgleich mit horniger oder lederartiger Haut bekleidet, besitzt einen so hohen Grad von Dehnbar-
keit, daß er bei Zecken von einer Linie Länge bis zur Größe einer kleinen Bohne anschwellen
kann, wenn sie sich mit dem Blute eines Wohnthieres gemästet haben. Jn den meisten Fällen
erscheint die Hornbedeckung als ein Schild, welches nach hinten gerundet, übrigens bei den ver-
schiedenen Arten in verschiedenen Umrissen den vordersten Theil des Rückens deckt, sich wohl
auch vorn etwas ausbuchtet, um den sehr entwickelten Rüssel aufzunehmen. Dieser steht in der
Ruhelage nach vorn vor und erscheint wie ein abgesonderter Kopf, kann aber schon darum nur
fälschlich als solcher bezeichnet werden, weil die beiden Augen, falls sie vorhanden sind, an
einer seitlichen Ausbuchtung jenes Hornschildes (unpassend auch Kopfschild genannt) mehr oder
weniger deutlich wahrgenommen werden. Jn andern Fällen bedeckt das Hornschild fast den ganzen
Körperrücken, rundet sich aber auch hier nach hinten ab. Um den zusammengesetzten Bau der
Mundtheile und für denjenigen, welchen ein Holzbock schon einmal gezwickt hat, die Möglichkeit
des schmerzhaften Stiches zu veranschaulichen, wurden hier die des gemeinen Holzbockes (Ixodes
[Abbildung] Mundtheile des gemeinen Holzbocks
(Ixodes rieinus)
von der Unterseite und 50mal vergrößert.
ricinus) in funfzigmaliger Vergrößerung, und zwar von der
Unterseite abgebildet. Jn a erblickt man ein Stück Hüfte
der vordersten Beine, so wie in b das zwischen diesen letzteren
und dem sogenannten Kopfe von unten sichtbare Streifchen
des vorn ausgebuchteten Hornschildes. Die beweglich einge-
lenkte Hornplatte (c) stellt, wenn man sie richtig deuten will,
das Kinn dar, welchem sich die übrigen Mundtheile beweglich
anheften: die beiden, in der Ruhelage angedrückten, in der
Thätigkeit aber unter einem rechten Winkel abgelenkten Taster,
die aus vier Gliedern (d, e, f, g) bestehen und von denen
das letzte (g) dem vorletzten wie ein Deckelchen aufliegt,
ferner die an der Unterseite ihrer Spitze mit Zähnchen be-
wehrte, auf der Oberseite rinnenförmig ausgehöhlte Unter-
lippe
(h). Von den Kieferfühlern (Kinnbacken) ist hier
nur die hervorragende, gezähnte Spitze (i) sichtbar, indem sie,
jede aus zwei Gliedern bestehend, neben einander nicht nur
die Rinne der Unterlippe ausfüllen, sondern noch tief in den
Körper hineinragen und vor- und rückwärts geschoben werden
können. Will nun die Zecke einbeißen, so klammert sie sich
mit den Beinen an die Haut des Wohnthieres fest, biegt den
Rüssel senkrecht herab, stemmt ihn an die anzubohrende Stelle
und schiebt die Hakenspitzen der Kieferfühler in das Fleisch ein, indem sie dadurch der nachfolgenden
Unterlippe den Weg bahnt; jene dringen immer weiter ein: diese folgt nach und die nach hinten
gerichteten Zähne an beiden verhindern das Zurückweichen aus der entstandenen Wunde. Jst auf
diese Weise der Rüssel bis an seine Wurzel eingedrungen, so schlagen sich die Haken der Kiefer-
fühler ankerartig nach rechts und links, die Kiefertaster legen sich beiderseits der Wunde fest dem
Fleische an, und die Zecke, welche jetzt nicht mehr gewaltsam herausgezogen werden kann, ohne
daß der Rüssel zurückbleibt, hat die ihr zum Saugen genehme Stellung eingenommen. Der
Saugapparat selbst besteht aus einer feinen Chitinhaut, welche sich vom Rüssel, so wie von den
Seiten und dem überragendem Rande der Mundhöhle her in diese glockenförmig einstülpt. Die
gleichgestalteten Beine sind schlank und am Ende außer den beiden scharfen Krallen mit einer
Haftscheibe versehen, welche der Zecke das Hängenbleiben an dem einmal, und zwar nur mit
einem Fuße erfaßten Gegenstande ermöglicht. Die beiden einzigen Luftlöcher befinden sich in
einem Hornplättchen, welches jederseits hinter dem Hinterbeine am Körperrande leicht in die Augen

Die Spinnenthiere. Zecken.
Ordnung der Spinnenthiere zu erheben. Jhr flacher, mehr oder weniger eiförmiger Körper,
obgleich mit horniger oder lederartiger Haut bekleidet, beſitzt einen ſo hohen Grad von Dehnbar-
keit, daß er bei Zecken von einer Linie Länge bis zur Größe einer kleinen Bohne anſchwellen
kann, wenn ſie ſich mit dem Blute eines Wohnthieres gemäſtet haben. Jn den meiſten Fällen
erſcheint die Hornbedeckung als ein Schild, welches nach hinten gerundet, übrigens bei den ver-
ſchiedenen Arten in verſchiedenen Umriſſen den vorderſten Theil des Rückens deckt, ſich wohl
auch vorn etwas ausbuchtet, um den ſehr entwickelten Rüſſel aufzunehmen. Dieſer ſteht in der
Ruhelage nach vorn vor und erſcheint wie ein abgeſonderter Kopf, kann aber ſchon darum nur
fälſchlich als ſolcher bezeichnet werden, weil die beiden Augen, falls ſie vorhanden ſind, an
einer ſeitlichen Ausbuchtung jenes Hornſchildes (unpaſſend auch Kopfſchild genannt) mehr oder
weniger deutlich wahrgenommen werden. Jn andern Fällen bedeckt das Hornſchild faſt den ganzen
Körperrücken, rundet ſich aber auch hier nach hinten ab. Um den zuſammengeſetzten Bau der
Mundtheile und für denjenigen, welchen ein Holzbock ſchon einmal gezwickt hat, die Möglichkeit
des ſchmerzhaften Stiches zu veranſchaulichen, wurden hier die des gemeinen Holzbockes (Ixodes
[Abbildung] Mundtheile des gemeinen Holzbocks
(Ixodes rieinus)
von der Unterſeite und 50mal vergrößert.
ricinus) in funfzigmaliger Vergrößerung, und zwar von der
Unterſeite abgebildet. Jn a erblickt man ein Stück Hüfte
der vorderſten Beine, ſo wie in b das zwiſchen dieſen letzteren
und dem ſogenannten Kopfe von unten ſichtbare Streifchen
des vorn ausgebuchteten Hornſchildes. Die beweglich einge-
lenkte Hornplatte (c) ſtellt, wenn man ſie richtig deuten will,
das Kinn dar, welchem ſich die übrigen Mundtheile beweglich
anheften: die beiden, in der Ruhelage angedrückten, in der
Thätigkeit aber unter einem rechten Winkel abgelenkten Taſter,
die aus vier Gliedern (d, e, f, g) beſtehen und von denen
das letzte (g) dem vorletzten wie ein Deckelchen aufliegt,
ferner die an der Unterſeite ihrer Spitze mit Zähnchen be-
wehrte, auf der Oberſeite rinnenförmig ausgehöhlte Unter-
lippe
(h). Von den Kieferfühlern (Kinnbacken) iſt hier
nur die hervorragende, gezähnte Spitze (i) ſichtbar, indem ſie,
jede aus zwei Gliedern beſtehend, neben einander nicht nur
die Rinne der Unterlippe ausfüllen, ſondern noch tief in den
Körper hineinragen und vor- und rückwärts geſchoben werden
können. Will nun die Zecke einbeißen, ſo klammert ſie ſich
mit den Beinen an die Haut des Wohnthieres feſt, biegt den
Rüſſel ſenkrecht herab, ſtemmt ihn an die anzubohrende Stelle
und ſchiebt die Hakenſpitzen der Kieferfühler in das Fleiſch ein, indem ſie dadurch der nachfolgenden
Unterlippe den Weg bahnt; jene dringen immer weiter ein: dieſe folgt nach und die nach hinten
gerichteten Zähne an beiden verhindern das Zurückweichen aus der entſtandenen Wunde. Jſt auf
dieſe Weiſe der Rüſſel bis an ſeine Wurzel eingedrungen, ſo ſchlagen ſich die Haken der Kiefer-
fühler ankerartig nach rechts und links, die Kiefertaſter legen ſich beiderſeits der Wunde feſt dem
Fleiſche an, und die Zecke, welche jetzt nicht mehr gewaltſam herausgezogen werden kann, ohne
daß der Rüſſel zurückbleibt, hat die ihr zum Saugen genehme Stellung eingenommen. Der
Saugapparat ſelbſt beſteht aus einer feinen Chitinhaut, welche ſich vom Rüſſel, ſo wie von den
Seiten und dem überragendem Rande der Mundhöhle her in dieſe glockenförmig einſtülpt. Die
gleichgeſtalteten Beine ſind ſchlank und am Ende außer den beiden ſcharfen Krallen mit einer
Haftſcheibe verſehen, welche der Zecke das Hängenbleiben an dem einmal, und zwar nur mit
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einem Hornplättchen, welches jederſeits hinter dem Hinterbeine am Körperrande leicht in die Augen

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[606/0644] Die Spinnenthiere. Zecken. Ordnung der Spinnenthiere zu erheben. Jhr flacher, mehr oder weniger eiförmiger Körper, obgleich mit horniger oder lederartiger Haut bekleidet, beſitzt einen ſo hohen Grad von Dehnbar- keit, daß er bei Zecken von einer Linie Länge bis zur Größe einer kleinen Bohne anſchwellen kann, wenn ſie ſich mit dem Blute eines Wohnthieres gemäſtet haben. Jn den meiſten Fällen erſcheint die Hornbedeckung als ein Schild, welches nach hinten gerundet, übrigens bei den ver- ſchiedenen Arten in verſchiedenen Umriſſen den vorderſten Theil des Rückens deckt, ſich wohl auch vorn etwas ausbuchtet, um den ſehr entwickelten Rüſſel aufzunehmen. Dieſer ſteht in der Ruhelage nach vorn vor und erſcheint wie ein abgeſonderter Kopf, kann aber ſchon darum nur fälſchlich als ſolcher bezeichnet werden, weil die beiden Augen, falls ſie vorhanden ſind, an einer ſeitlichen Ausbuchtung jenes Hornſchildes (unpaſſend auch Kopfſchild genannt) mehr oder weniger deutlich wahrgenommen werden. Jn andern Fällen bedeckt das Hornſchild faſt den ganzen Körperrücken, rundet ſich aber auch hier nach hinten ab. Um den zuſammengeſetzten Bau der Mundtheile und für denjenigen, welchen ein Holzbock ſchon einmal gezwickt hat, die Möglichkeit des ſchmerzhaften Stiches zu veranſchaulichen, wurden hier die des gemeinen Holzbockes (Ixodes [Abbildung Mundtheile des gemeinen Holzbocks (Ixodes rieinus) von der Unterſeite und 50mal vergrößert.] ricinus) in funfzigmaliger Vergrößerung, und zwar von der Unterſeite abgebildet. Jn a erblickt man ein Stück Hüfte der vorderſten Beine, ſo wie in b das zwiſchen dieſen letzteren und dem ſogenannten Kopfe von unten ſichtbare Streifchen des vorn ausgebuchteten Hornſchildes. Die beweglich einge- lenkte Hornplatte (c) ſtellt, wenn man ſie richtig deuten will, das Kinn dar, welchem ſich die übrigen Mundtheile beweglich anheften: die beiden, in der Ruhelage angedrückten, in der Thätigkeit aber unter einem rechten Winkel abgelenkten Taſter, die aus vier Gliedern (d, e, f, g) beſtehen und von denen das letzte (g) dem vorletzten wie ein Deckelchen aufliegt, ferner die an der Unterſeite ihrer Spitze mit Zähnchen be- wehrte, auf der Oberſeite rinnenförmig ausgehöhlte Unter- lippe (h). Von den Kieferfühlern (Kinnbacken) iſt hier nur die hervorragende, gezähnte Spitze (i) ſichtbar, indem ſie, jede aus zwei Gliedern beſtehend, neben einander nicht nur die Rinne der Unterlippe ausfüllen, ſondern noch tief in den Körper hineinragen und vor- und rückwärts geſchoben werden können. Will nun die Zecke einbeißen, ſo klammert ſie ſich mit den Beinen an die Haut des Wohnthieres feſt, biegt den Rüſſel ſenkrecht herab, ſtemmt ihn an die anzubohrende Stelle und ſchiebt die Hakenſpitzen der Kieferfühler in das Fleiſch ein, indem ſie dadurch der nachfolgenden Unterlippe den Weg bahnt; jene dringen immer weiter ein: dieſe folgt nach und die nach hinten gerichteten Zähne an beiden verhindern das Zurückweichen aus der entſtandenen Wunde. Jſt auf dieſe Weiſe der Rüſſel bis an ſeine Wurzel eingedrungen, ſo ſchlagen ſich die Haken der Kiefer- fühler ankerartig nach rechts und links, die Kiefertaſter legen ſich beiderſeits der Wunde feſt dem Fleiſche an, und die Zecke, welche jetzt nicht mehr gewaltſam herausgezogen werden kann, ohne daß der Rüſſel zurückbleibt, hat die ihr zum Saugen genehme Stellung eingenommen. Der Saugapparat ſelbſt beſteht aus einer feinen Chitinhaut, welche ſich vom Rüſſel, ſo wie von den Seiten und dem überragendem Rande der Mundhöhle her in dieſe glockenförmig einſtülpt. Die gleichgeſtalteten Beine ſind ſchlank und am Ende außer den beiden ſcharfen Krallen mit einer Haftſcheibe verſehen, welche der Zecke das Hängenbleiben an dem einmal, und zwar nur mit einem Fuße erfaßten Gegenſtande ermöglicht. Die beiden einzigen Luftlöcher befinden ſich in einem Hornplättchen, welches jederſeits hinter dem Hinterbeine am Körperrande leicht in die Augen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 606. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/644>, abgerufen am 23.11.2024.