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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Molukkenkrebs. Kiemenfüßler.
die hinteren Schwimmfüße. Die Jungen haben jedoch im Uebrigen schon das ganze Gepräge
ihrer Eltern.

Ueber ihre Lebensweise schreibt Pöppig: "Die Limulus bewohnen die asiatischen Meere von
den Mollukken bis Japan, die Antillen und die Küste des südlichen Nordamerika. Sie schwimmen
schlecht, kriechen noch langsamer, kommen bei trübem Wetter dennoch häufig aus Land und schieben
sich, beweglichen Schilden vergleichbar, über sandige Strecken fort. Jm Meere verweilen sie meist
nur an tiefen Orten, können Hitze durchaus nicht vertragen und vergraben sich in den Sand,
wenn bei ihren Ausflügen die Sonne sie überrascht. Jhre Nahrung ist nur animalisch." Jm
südlichen Nordamerika soll man sie als Schweinefutter verwenden, und in China ißt man ihre
Eier. Daß die Wilden sich der Schwanzstacheln als Lanzenspitzen bedienen, versteht sich eigentlich
von selbst.

Die Verwandtschaft der Molukkenkrebse zu den übrigen Krebsen ist keineswegs klar. So sehr
man, bei oberflächlicher Berücksichtigung ihrer Größe und ihres so entwickelten Panzers geneigt
sein möchte, sie den Zehnfüßern anzureihen, so wenig geht dieß an bei der gänzlich abweichenden
Ausbildung und Vertheilung der Gliedmaßen, zu denen einzelne Naturforscher sogar die aller-
dings beweglichen Nadeln des hinteren Schildes rechnen zu müssen glauben. Andere, vielleicht
nähere Beziehungen ergeben sich zu der nun folgenden Ordnung der Kiemenfüßler und den ganz
vorweltlichen Trilobiten.

Wir werfen hier zum ersten Male in unserem Abschnitt einen, uns in dem vorliegenden Falle
leider nicht Aufschluß gebenden Blick auf die Vorwelt. Ueberall, wo uns aus der Vergleichung
mit der gegenwärtigen Schöpfung die Verwandtschaftsverhältnisse der uns gerade beschäftigenden
Thiere nicht klar werden, haben wir die Aufschlüsse in ihren untergegangenen Vorfahren und deren
Beziehungen zu ihren einstigen Umgebungen zu suchen. Wir werden in der Folge wiederholt
diesen lohnenden Weg einschlagen, auf welchem allein wir die Lebewelt als eine Einheit verstehn
können, nicht als eine bloße Zusammenraffung unverbundener Curiositäten. Auch die Betrachtung
des heutigen Limulus an sich und in Verbindung mit den anderen jetzt lebenden Krebsen läßt
uns unbefriedigt, sein Leben, wozu auch die Geschichte seines Lebens während der Entwicklung der
Erde gehört, bleibt uns unklar. Wir kennen limulusartige Krebse aus verhältnißmäßig frühen
Erdperioden; allein sie machen die systematische Stellung nicht deutlicher. Der lithographische
Sandstein von Solenhofen, der eine Reihe der merkwürdigsten, unsere Ansichten über die Ent-
wicklung der Thierwelt klärenden Fossile geliefert hat, und einige andere Schichten bergen Krebse,
die sich den Molukkenkrebsen unmittelbar anschließen. Die eigentlichen Verbindungsglieder zu
den anderen Ordnungen harren aber noch ihrer Entdeckung.



Fünste Ordnung.
Kiemenfüßler (Branchiopoda).

Die meisten zu dieser großen Abtheilung gehörigen Krebse besitzen eine schildförmige oder
muschelähnliche Schale, welche, von der Rückenhaut ausgehend, den Körper bis auf die Spitzen
der Gliedmaßen zu verhüllen pflegt. Abgesehen aber von dieser, nicht allen Gattungen zukom-
menden Decke, scheiden sie sich von den übrigen Krebsen durch ein minder deutliches Zerfallen des
Körpers in gesonderte größere Abschnitte und den mehr oder minder vollständigen Mangel eines
Brusttheiles mit seinen Gliedmaßen. Es fehlen also häufig die Gliedmaßen, welche den Hülfs-

Molukkenkrebs. Kiemenfüßler.
die hinteren Schwimmfüße. Die Jungen haben jedoch im Uebrigen ſchon das ganze Gepräge
ihrer Eltern.

Ueber ihre Lebensweiſe ſchreibt Pöppig: „Die Limulus bewohnen die aſiatiſchen Meere von
den Mollukken bis Japan, die Antillen und die Küſte des ſüdlichen Nordamerika. Sie ſchwimmen
ſchlecht, kriechen noch langſamer, kommen bei trübem Wetter dennoch häufig aus Land und ſchieben
ſich, beweglichen Schilden vergleichbar, über ſandige Strecken fort. Jm Meere verweilen ſie meiſt
nur an tiefen Orten, können Hitze durchaus nicht vertragen und vergraben ſich in den Sand,
wenn bei ihren Ausflügen die Sonne ſie überraſcht. Jhre Nahrung iſt nur animaliſch.“ Jm
ſüdlichen Nordamerika ſoll man ſie als Schweinefutter verwenden, und in China ißt man ihre
Eier. Daß die Wilden ſich der Schwanzſtacheln als Lanzenſpitzen bedienen, verſteht ſich eigentlich
von ſelbſt.

Die Verwandtſchaft der Molukkenkrebſe zu den übrigen Krebſen iſt keineswegs klar. So ſehr
man, bei oberflächlicher Berückſichtigung ihrer Größe und ihres ſo entwickelten Panzers geneigt
ſein möchte, ſie den Zehnfüßern anzureihen, ſo wenig geht dieß an bei der gänzlich abweichenden
Ausbildung und Vertheilung der Gliedmaßen, zu denen einzelne Naturforſcher ſogar die aller-
dings beweglichen Nadeln des hinteren Schildes rechnen zu müſſen glauben. Andere, vielleicht
nähere Beziehungen ergeben ſich zu der nun folgenden Ordnung der Kiemenfüßler und den ganz
vorweltlichen Trilobiten.

Wir werfen hier zum erſten Male in unſerem Abſchnitt einen, uns in dem vorliegenden Falle
leider nicht Aufſchluß gebenden Blick auf die Vorwelt. Ueberall, wo uns aus der Vergleichung
mit der gegenwärtigen Schöpfung die Verwandtſchaftsverhältniſſe der uns gerade beſchäftigenden
Thiere nicht klar werden, haben wir die Aufſchlüſſe in ihren untergegangenen Vorfahren und deren
Beziehungen zu ihren einſtigen Umgebungen zu ſuchen. Wir werden in der Folge wiederholt
dieſen lohnenden Weg einſchlagen, auf welchem allein wir die Lebewelt als eine Einheit verſtehn
können, nicht als eine bloße Zuſammenraffung unverbundener Curioſitäten. Auch die Betrachtung
des heutigen Limulus an ſich und in Verbindung mit den anderen jetzt lebenden Krebſen läßt
uns unbefriedigt, ſein Leben, wozu auch die Geſchichte ſeines Lebens während der Entwicklung der
Erde gehört, bleibt uns unklar. Wir kennen limulusartige Krebſe aus verhältnißmäßig frühen
Erdperioden; allein ſie machen die ſyſtematiſche Stellung nicht deutlicher. Der lithographiſche
Sandſtein von Solenhofen, der eine Reihe der merkwürdigſten, unſere Anſichten über die Ent-
wicklung der Thierwelt klärenden Foſſile geliefert hat, und einige andere Schichten bergen Krebſe,
die ſich den Molukkenkrebſen unmittelbar anſchließen. Die eigentlichen Verbindungsglieder zu
den anderen Ordnungen harren aber noch ihrer Entdeckung.



Fünſte Ordnung.
Kiemenfüßler (Branchiopoda).

Die meiſten zu dieſer großen Abtheilung gehörigen Krebſe beſitzen eine ſchildförmige oder
muſchelähnliche Schale, welche, von der Rückenhaut ausgehend, den Körper bis auf die Spitzen
der Gliedmaßen zu verhüllen pflegt. Abgeſehen aber von dieſer, nicht allen Gattungen zukom-
menden Decke, ſcheiden ſie ſich von den übrigen Krebſen durch ein minder deutliches Zerfallen des
Körpers in geſonderte größere Abſchnitte und den mehr oder minder vollſtändigen Mangel eines
Bruſttheiles mit ſeinen Gliedmaßen. Es fehlen alſo häufig die Gliedmaßen, welche den Hülfs-

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[656/0700] Molukkenkrebs. Kiemenfüßler. die hinteren Schwimmfüße. Die Jungen haben jedoch im Uebrigen ſchon das ganze Gepräge ihrer Eltern. Ueber ihre Lebensweiſe ſchreibt Pöppig: „Die Limulus bewohnen die aſiatiſchen Meere von den Mollukken bis Japan, die Antillen und die Küſte des ſüdlichen Nordamerika. Sie ſchwimmen ſchlecht, kriechen noch langſamer, kommen bei trübem Wetter dennoch häufig aus Land und ſchieben ſich, beweglichen Schilden vergleichbar, über ſandige Strecken fort. Jm Meere verweilen ſie meiſt nur an tiefen Orten, können Hitze durchaus nicht vertragen und vergraben ſich in den Sand, wenn bei ihren Ausflügen die Sonne ſie überraſcht. Jhre Nahrung iſt nur animaliſch.“ Jm ſüdlichen Nordamerika ſoll man ſie als Schweinefutter verwenden, und in China ißt man ihre Eier. Daß die Wilden ſich der Schwanzſtacheln als Lanzenſpitzen bedienen, verſteht ſich eigentlich von ſelbſt. Die Verwandtſchaft der Molukkenkrebſe zu den übrigen Krebſen iſt keineswegs klar. So ſehr man, bei oberflächlicher Berückſichtigung ihrer Größe und ihres ſo entwickelten Panzers geneigt ſein möchte, ſie den Zehnfüßern anzureihen, ſo wenig geht dieß an bei der gänzlich abweichenden Ausbildung und Vertheilung der Gliedmaßen, zu denen einzelne Naturforſcher ſogar die aller- dings beweglichen Nadeln des hinteren Schildes rechnen zu müſſen glauben. Andere, vielleicht nähere Beziehungen ergeben ſich zu der nun folgenden Ordnung der Kiemenfüßler und den ganz vorweltlichen Trilobiten. Wir werfen hier zum erſten Male in unſerem Abſchnitt einen, uns in dem vorliegenden Falle leider nicht Aufſchluß gebenden Blick auf die Vorwelt. Ueberall, wo uns aus der Vergleichung mit der gegenwärtigen Schöpfung die Verwandtſchaftsverhältniſſe der uns gerade beſchäftigenden Thiere nicht klar werden, haben wir die Aufſchlüſſe in ihren untergegangenen Vorfahren und deren Beziehungen zu ihren einſtigen Umgebungen zu ſuchen. Wir werden in der Folge wiederholt dieſen lohnenden Weg einſchlagen, auf welchem allein wir die Lebewelt als eine Einheit verſtehn können, nicht als eine bloße Zuſammenraffung unverbundener Curioſitäten. Auch die Betrachtung des heutigen Limulus an ſich und in Verbindung mit den anderen jetzt lebenden Krebſen läßt uns unbefriedigt, ſein Leben, wozu auch die Geſchichte ſeines Lebens während der Entwicklung der Erde gehört, bleibt uns unklar. Wir kennen limulusartige Krebſe aus verhältnißmäßig frühen Erdperioden; allein ſie machen die ſyſtematiſche Stellung nicht deutlicher. Der lithographiſche Sandſtein von Solenhofen, der eine Reihe der merkwürdigſten, unſere Anſichten über die Ent- wicklung der Thierwelt klärenden Foſſile geliefert hat, und einige andere Schichten bergen Krebſe, die ſich den Molukkenkrebſen unmittelbar anſchließen. Die eigentlichen Verbindungsglieder zu den anderen Ordnungen harren aber noch ihrer Entdeckung. Fünſte Ordnung. Kiemenfüßler (Branchiopoda). Die meiſten zu dieſer großen Abtheilung gehörigen Krebſe beſitzen eine ſchildförmige oder muſchelähnliche Schale, welche, von der Rückenhaut ausgehend, den Körper bis auf die Spitzen der Gliedmaßen zu verhüllen pflegt. Abgeſehen aber von dieſer, nicht allen Gattungen zukom- menden Decke, ſcheiden ſie ſich von den übrigen Krebſen durch ein minder deutliches Zerfallen des Körpers in geſonderte größere Abſchnitte und den mehr oder minder vollſtändigen Mangel eines Bruſttheiles mit ſeinen Gliedmaßen. Es fehlen alſo häufig die Gliedmaßen, welche den Hülfs-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/700>, abgerufen am 27.11.2024.